kitium
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Es wäre irgendwie schön, wenn man sich auf ein neues Wort für das, was klassische Musiker gemeinhin im späten 20. Jahrhundert gemacht haben, einigen würde. "Interpretation" müsste heißen, eine Aussage für Gegenwärtige verständlich zu machen. Das ist vielleicht eher das, was Busoni mit Schönbergs Op. 11 versuchte. Oder was Bernstein fürs Fernsehen machte. Oder wie Schweitzer über Bach schrieb. "Wiedergabe" trifft nicht wirklich zu, denn die Noten und die Aufführungspraxis geben zusammen noch bei weitem nicht alles vor, und es wird dementsprechend viel Wesentliches neu erfunden. Für mich ist "Spiel" noch das treffendste, im Sinne dessen, was Schauspieler an einem Theater aus Texten machen. Leider ist es ein mit bereits zu vielen Bedeutungen überladenes Wort. "Repräsentation" finde ich nicht schlecht, sowohl etymologisch als auch angesichts der aktuellen Konnotationen.Für mich bedeutet Interpretation die Wiedergabe eines feststehenden Notentextes, möglichst im Sinne des Komponisten (darin liegt die Interpretation), welches ja i.d.R. schon einiges an Spielräumen beinhaltet. Wenn ich ein mehrere hundert Jahre altes Volkslied wie von dir verlinkt als Grundlage nehme, dann schaffe ich etwas Eigenes. Wenn also Jazzer z.B. einen der vielen grandiosen Songs von George Gershwin nehmen, die er für seine Musicals komponiert hat, dann sind diese nur der Ausgangspunkt für ihre ganz eigene musikalische Auseinandersetzung mit diesem musikalischen Material. Und das ist für mich das Spannende, dass man einen Standard wie But Not for Me aus Girl Crazy z.B. als traurige Ballade oder als swingende Up-Tempo Nummer spielen kann, es funktioniert.