Ich persönlich würde in einer Probestunde ein Stück mitbringen, was ich schon gut auswendig und einigermaßen fehlerfrei spielen kann. Vermutlich beginnt die Probestunde damit, dass ich das auch spiele - und dann warte ich ab, was passiert. Idealerweise (bei ausreichend Zeit und einem nicht allzulangen Stück, sagen wir max. gut 10 Minuten Länge) lässt mich der Lehrer zu Ende spielen, dann gibt er Äußerungen dazu ab, inhaltlich z.B.: Notentext genauer beachten - Einzeichnungen z.B. zu Phrasierung, Artikulation, Dynamik, Agogik, Tempo, Charakter (dolcissimo), Spielweise (legato, leggiero, martellato); gesanglicheres Spiel, bessere musikalische Ausdrucksweise ("verständlicher Ausdrücken, was man sagen will / soll"), Farbschattierungen und Charakterwechsel (dur => moll, fröhlich => melancholisch usw.), Pedalspiel, Körperhaltung und Bewegung.
Am besten demonstriert er das auch alles selber. Das ist schön, aber kein Muss - hauptsache, er kann es verständlich und glaubhaft vermitteln und erklären.
Wenn ich etwas auch nach mehrmaligen probieren nicht umsetzen kann, gibt er mir technische Hinweise.
Idealerweise unterhält er sich mit mir in Zimmerlautstärke, schlägt mir nicht meine Noten um die Ohren und beschimpft mich nicht wüst. Obwohl einen das andererseits niemals mehr vergessen lässt, was man "falsch" gemacht hat :D
(Meine aktuelle Lehrerin erzählte mir, Bashkirov hätte ihr nach dem 1. Takt Chopin-Klavierkonzert die Noten vom Pult gerissen und durchs Zimmer geworfen und "legato" gebrüllt. -- Sie hats offenbar bis gestern nicht vergessen... Außerdem sei sie die schlechteste der Klasse gewesen. Heute hat sie es immerhin zur Professur an einem angesehenen Konservatorium gebracht und hat ein paar Schüler, die Wettbewerbe gewinnen. Ich hoffe dennoch, dass sie ein klitzekleines bisschen mehr Pädagogisches Gespühr besitzt, aber bisher sieht es zum Glück ganz so aus)