Was MUSIK ist…

  • Ersteller des Themas Dreiklang
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die künstlerischen Vorlagen (Werke) sind mehr als die Summe ihrer Interpretationen (Darstellungen)

"Mehr" sind sie also deswegen, weil sie die Fähigkeit haben, sich "zu verschiedenartigen Interpretationen zu entfalten".

Und "mehr" sind die künstlerischen Vorlagen auch deswegen, weil nur sie die Vorgaben enthalten, aufgrund derer die Interpretationen dann gestaltet werden.

Von einer Interpretation kann man nie auf eine Partitur "zurückschließen" - außer man kennt diese Partitur eben bereits en détail.
 
Hallo Dreiklang,

warum bzw. mit welchem Ziel möchtest Du eigentlich überhaupt eine Definition für "Musik" finden? (Interessiert mich wirklich!)

Ich habe den Eindruck, Du möchtest Musik (und ähnlich in einem anderen Faden Kunst) möglichst mit ausschließlich technischen Merkmalen definieren, ohne "Esoterik", wie du weiter vorn hier schreibst. Ich habe große Zweifel daran, dass das überhaupt möglich ist, versuche aber mal für den Moment mich darauf einzulassen.

Deine aktuelle Definition "organisierter Schall, der mit den Ohren aufgenommen wird" ist meiner Meinung nach zu eng oder geht eigentlich sogar am Kern der Sache vorbei. Sie vernachlässigt nämlich, indem sie sich auf die Aufnahme des "Signals" fokussiert (wenn wir mal in der technischen Sprache bleiben), den wesentlichen Teil des Signalweges, nämlich die Signalverarbeitung "zwischen den Ohren", im Gehirn. Erst durch eine emotionale wie auch intellektuelle Auseinandersetzung wird Musik "entschlüsselt" und "erlebt". Nicht zu vergessen, dass es eine Rückwirkung auf das und eine Verstärkung des emotionalen Erlebens durch die intellektuelle Auseinandersetzung mit der Musik gibt. Wenn man dies akzeptiert, ist es auch nicht mehr schwer sich vorzustellen, dass es neben dem Ohr noch andere "Rezeptoren" für Musik geben kann, z.B. die Augen beim Lesen eines Notentextes. Oder eine Erinnerung an gehörte oder gelesene Musik, die ausschließlich im Kopf stattfindet.

Viele Grüße, Anna
 
Liebe Anna,

warum bzw. mit welchem Ziel möchtest Du eigentlich überhaupt eine Definition für "Musik" finden? (Interessiert mich wirklich!)

Nun, weil so etwas mitunter ganz interessant ist. Und weil es manchmal offenbar notwendig ist (ich habe das im Startpost zu erläutern versucht).

Ich schrieb übrigens auch schon, daß selbst in der WP-Definition wichtige Dinge fehlen. Es wird dazu demnächst noch ein Post von mir geben.

Und bestimmte Dinge kann man einfach nicht durch einen einzigen Begriff definieren (wie etwa Musik durch "organisierten Schall").

Dieses Faktum ist mir aber vollauf bewußt, bzw. bekannt.

Viele Grüße.
 
Ich versuche einmal eine Zwischen-Zusammenfassung, ausgehend von der Definition von Musik in Wikipedia. Ich zitiere diese mal hier hinein, denn Wikipedia-Artikel können sich mit der Zeit auch mal ändern.

Zitat von http://de.wikipedia.org/wiki/Musik:
Musik (μουσικὴ [τέχνη]: mousikē technē: „musische Kunst“) ist eine organisierte Form von Schallereignissen. Zu ihrer Erzeugung wird akustisches Material – Töne und Geräusche innerhalb des für den Menschen hörbaren Bereichs –, das einerseits physikalischen Eigengesetzlichkeiten, wie zum Beispiel der Obertonreihe oder Zahlenverhältnissen unterliegt, andererseits durch die Art seiner Erzeugung mit der menschlichen Stimme, mit Musikinstrumenten, elektrischen Tongeneratoren oder anderen Schallquellen gewisse Charakteristika aufweist, vom Menschen geordnet.(...)

Das klingt schonmal nicht schlecht, finde ich. Fehlen tut aber das folgende:

1) Musik hat eine emotionale Wirkung auf Menschen
2) Musik hat eine lustvolle Seite (ich weiß, das Attribut "lustvoll" war in vergangenen Jahrzehnten etwas verpönt. Wir erleben dieser Zeit, daß sich das langsam zu ändern beginnt)
3) In Musik kann der Mensch verschiedene übergeordnete Strukturen wahrnehmen
4) Man kann Musik auch "innerlich hören", d.h. nur im eigenen Bewußtsein wahrnehmen.

Der vierte Punkt ist ein wichtiger Nebenaspekt von Musik, der m.E. mit reingehört. Wenn ich eine Sinfonie, oder ein Musikstück, mir im Bewußtsein "durchhöre", dann ist auch das "Musik" - allerdings keine solche, wie sie sonst größtenteils von den Menschen erlebt und erfahren wird.

Und selbst Musikexperten, die unbekannte Partituren "innerlich hörend" lesen können, sind begierig auf die Musik als Schallereignis (sonst bräuchten sie u.a. keine Musikabende, Konzerte oder dgl. besuchen).

Alles, was die Kunstmusik betrifft, gehört dann in ein nachgelagertes Kapitel (über Kunstmusik).
 
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3K, bevor Du Wiki "verbesserst":

Die Frage lautet : Was ist Musik? Und eine Definition ist umso besser, je kürzer sie ist. Organisierter Schall ist richtig! Um nicht zu sagen: Perfekt!

Niemand will etwas über die Wirkung von M. wissen, wenn die Ursprungsfrage anders lautet!
 
eine Definition ist umso besser, je kürzer sie ist.

Das ist absolut richtig. Aber, schon Einstein sagte mal: man soll Dinge so einfach machen wie möglich - aber nicht einfacher.

Wenn man einen vielschichtigen Begriff definieren will, muß man sich fragen, und diese Frage ist sicher schwierig: was gehört alles zum Wesenskern dieses Begriffes hinzu? Was muß man alles sagen (allerdings, so wenig wie nur irgend möglich), um einen vielschichtigen Begriff zu beschreiben, so zu beschreiben, daß unwissende Menschen ein gutes Abbild von diesem Begriff erhalten?

Streicht man die "emotionale Wirkung", dann unterschlägt man das, weshalb Menschen füreinander Musik machen und machten.

Läßt man das "lustvolle Empfinden" weg, verliert man den Aspekt, wie bewegend und ergreifend Musik in jeder Hinsicht sein kann. Und diesen Aspekt sollten Menschen wissen, die nur oberflächliche Erfahrungen mit Musik gemacht haben.

Die "übergeordneten Strukturen" sind wichtig, denn Musik ist keinesfalls eine bloße "Ordnung" wie eine mehrfarbige Edelsteinkette. Sie ist Steigerung, Wechsel, Nachlassen, wieder Spannung aufbauen, zu einem Ende, zu einem Konsens kommen, Variation, Spiel mit wiederkehrenden Elementen, Ideen, und auch Kontrasten - all das finde ich wichtig.

Das "innerliche Hören" würde ich nicht rausschmeißen, weil alle hier, die diesen Aspekt zurecht betonten (und er findet sich ja auch schon in meinem Startpost), ganz schlicht und einfach Recht damit haben. Man erinnert sich ja auch an Musik, an Melodien beispielsweise, man erkennt sie wieder. Das ist ebenfalls etwas, das über reinen Schall hinausgeht.

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Ob mein "Definitionsvorschlag" oben der Weisheit letzter Schluß ist, weiß ich selbst nicht. Aber vielleicht ergeben sich ja später noch weitere Argumente, oder Aspekte, wer weiß? Oder in drei, oder sechs, Monaten?

Ich habe übrigens Stand heute nicht vor, Wikipedia selbst zu verändern. Auf mögliche Edit-Wars kann ich verzichten.
 
Vielleicht sollte man sich damit abfinden, daß sich ein vielschichtig konnotierter Begriff oft gar nicht formal sauber definieren lässt und eine Definition in ihrer Anwendbarkeit auf Grenzen stoßen muß.
Das innere Hören wurde hier deshalb betont, weil Du die eigentlich nicht schlechte Definition "organisierter Schall" überinterprätiert hast und schrifliche Darstellungen explizit als "Nichtmusik" (ist ja kein Schall) ausklammern wolltest.
Alle wichtigen Aspekte in die Definition aufnehmen zu wollen erscheint mir ein hoffnungsloses wie unsinniges Unterfangen, füllen diese doch ganze Bücher.

P.S.: Eine Definition zählt ohnehin nicht alle, auch nicht alle wichtigen Aspekte auf. Eine formale Definition, wo sie denn möglich und sinnvoll ist, wie etwa in der Mathematik, nennt gerade so viele Aspekte, wie nötig sind, um alle anderen ableiten zu können.
 
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Läßt man das "lustvolle Empfinden" weg, verliert man den Aspekt, wie bewegend und ergreifend Musik in jeder Hinsicht sein kann.
welche "Lust" empfindet "man" denn, wenn man Chopins Trauermarsch, Wagners Todverkündung oder Beethovens arioso dolente anhört?... (bitte beachten: alle drei sind sehr prominente Elemente der Sammelmenge "geordneter Schall") :D:D:D
 
Das innere Hören wurde hier deshalb betont, weil Du die eigentlich nicht schlechte Definition "organisierter Schall" überinterprätiert hast und schrifliche Darstellungen explizit als "Nichtmusik" (ist ja kein Schall) ausklammern wolltest.

Nicht ganz, soweit ich mich erinnere ;) Ich habe die Partitur auf den Rang einer "Beschreibung von Musik" (bzw. eine schriftliche Repräsentation von Musik) verwiesen, während Andere sie als Musik selbst sehen wollten ;)

Ist aber nicht so wichtig. Interessanter ist schon dieses:

Alle wichtigen Aspekte in die Definition aufnehmen zu wollen erscheint mir ein hoffnungsloses wie unsinniges Unterfangen, füllen diese doch ganze Bücher.

Denn damit haben wir (danke dafür ;)) den Punkt 5, der in die Definition hineingehört:

5) Die Theorie der Musik wird im Rahmen der Musikwissenschaft abgehandelt.

Damit sind dann die Fachbücher etc. mit drin. Ich glaube auch nicht, daß eine Definition von Musik ganze Bücher füllen müßte. Das wäre, im Gegensatz zu Fishermans Ansatz, der gegenteilige Weg, und das andere Extrem. Die Wahrheit wird, wie so oft, irgendwo in der Mitte liegen.
 
welche "Lust" empfindet "man" denn, wenn man Chopins Trauermarsch, Wagners Todverkündung oder Beethovens arioso dolente anhört?... (bitte beachten: alle drei sind sehr prominente Elemente der Sammelmenge "geordneter Schall") :D:D:D

d'accord, rolf. War mir selbst inzwischen auch schon aufgefallen :cool:

Besser wäre es etwa, von einem "sehr tiefen bzw. sehr intensiven emotionalem Empfinden" zu sprechen. "Lustvoll" streichen wir wieder.
 
Ich habe die Partitur auf den Rang einer "Beschreibung von Musik" (bzw. eine schriftliche Repräsentation von Musik) verwiesen, während Andere sie als Musik selbst sehen wollten ;)
das ist jetzt wirklich erstaunlich... du meinst also, wenn Beethoven paar Notenblätter mit dem Titel op.106 vollkrakelt, dann beschreibt er damit seine Sonate, d.h. er schreibt sie nicht auf sondern er deskribiert sie?...???... ... dir ist klar, dass das hahnebüchener Unsinn wäre, wenn du das so meinen solltest...
 

Meine Hochkommas dort waren bewußt gesetzt ;) (aber Du hast völlig recht).

Wir hatten uns bisher auf folgendes dahingehend geeinigt:

"In einer Partitur wird Musik schriftlich festgehalten".

Ich denke, so stimmt's.
 

das hat mich darauf gebracht, daß Musik zu den Künsten gehört, und auch das muß in der Definition von Musik erwähnt werden. Damit hängt die Definition von Musik auch von der (oder einer möglichen) Definition von Kunst ab.

Zum Thema "innerliches Hören" wäre es interessant zu wissen, was eigentlich im menschlichen Körper dabei passiert. Ich stelle mir vor, dass dabei dieselben Gehirnteile aktiviert werden wie wenn man die Melodie aktiv hört (also über dem Weg Aktivierung des Hörnervs im Innenohr durch Schallübertragung)?

Ich denke, das Hörzentrum im Gehirn wird auf jeden Fall daran beteiligt sein. Der "Input" ist aber mit Sicherheit nicht der Hörnerv, sondern das sind dann andere Hirnareale.
 
Zum Thema "innerliches Hören" wäre es interessant zu wissen, was eigentlich im menschlichen Körper dabei passiert.
physiologisch-anatomisch ist das sicher interessant, aber ändert oder bewirkt das irgendwas?
angenommen man würde herausfinden, dass Nerv Nr.27b (oder sonstwas cerebrales) im Hinterkopf links für "inneres hören" zuständig ist: was können wir aktiv damit anfangen und daraus lernen? können wir in unsere Köpfe hineingreifen und dort Stellschrauben drehen, damit irgendwas besser oder schlechter läuft oder gar begriffen wird?
 
Ich denke auch nicht, dass der Input vom Hörnerv kommt (der Schall gibt es ja nicht), sondern dass von woanders her kommt. Nur von wo kommt das dann? Und werden diese unterschiedlichen Inputs dann im selben Zentrum verarbeitet? Und wäre das bei der Defition wichtig? Sprich, wird Musik dann zur Musik, wo es im Gehirn als solche wahrgenommen wird?

[...]

Und in dem Zusammenhang sehe ich die Partitur als eine Art "Medium", wo die Musik, die im Gehirn des Komponisten existiert (sein Hörzentrum oder Musikzentrum oder was auch immer das ist - ich weiß nicht, inwiefern es neurobiologische Forschung dazu gibt - ist beim Komponieren sicherlich aktiviert), in Schriftform festgehalten wird. (vgl. auch Schwierigkeiten beim Transkribieren von mündlich überlieferten ausländischen Volksmusikdarbietungen vom Band)


Hi Lotusblume!

ich hörte, so ein Anfängerklavierlehrer hätte da mal ansatzweise was zu gesagt, auf einer Neurobiologievorlesung in 11 Teilen. Hören wir mal rein, unter der Prämisse, dass beim stillen Lesen ein


im Kopf entsteht. Also:

"Unser Spielen, Üben und Lernen - dies alles ist untrennbar verbunden mit unserem Zentralnervensystem. Wir haben 3 Arten von Nervenzellen - oder Neuronen: Die sensorischen - oder Rezeptor-Zellen, die Impulse von außerhalb zum Gehirn leiten; die motorischen - oder Effektor-Zellen, die Impulse vom Gehirn zu den Muskeln leiten; und die "zwischengeschalteten" ( "intercalated" ) oder Conductor - Zellen, die sich auf sehr komplizierte Weise zu den beiden anderen Arten hinzugesellen, indem sie unterschiedliche Wahrnehmungen vervollständigen und transformieren. So haben wir einen vollständigen Mechanismus, der zuerst wahrnimmt ( durch Sinnesorgane ), sich dann durch Bewegung selbst auszudrücken vermag und schließlich in der Lage ist, verschiedene Bereiche der Sinne miteinander zu assoziieren und eine Art eines "Eindrucks" in eine andere zu transformieren."

Hatte Kratzert davon auch gesprochen ? :D:D:D:D

LG, Olli.
 

Darf ich aus der die Wahrheit und nichts als die Wahrheit enthaltende Gedächtnisstütze für Vergessliche zitieren?

Denn damit haben wir (danke dafür ;)) den Punkt 5, der in die Definition hineingehört:
AAAARGGGHHHHHHHH!!!!
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Darf ich aus der die Wahrheit und nichts als die Wahrheit enthaltenden Gedächtnisstütze für Vergessliche zitieren?

Und darf ich Dich auf die bisher stattgefundenen Diskussionen hier im Faden hinweisen...? Es gilt (wie schon mehrfach angesprochen, und da waren wir uns alle einig): "In einer Partitur wird Musik schriftlich festgehalten".

@rolf

die bisherigen Definitionsversuche (und das ist noch sehr freundlich gesagt) von Musik,

der "Fachwelt", sind ja bestimmt in gewissen Standard-Musiklexika zu finden (Brockhaus-Riemann, MGG, New Grove). Weil diese z.T. sehr teuer sind, und ich sie bisher nicht benötigte, habe ich diese nicht.

Aber Du, rolf, oder andere, könnten die entsprechenden Definitionen von Musik, ja hier in den Faden zitieren? Vielleicht bieten diese Definitionen ja weitere interessante Aspekte an.
 

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