Zitat von Wilhelm II. Kaiser des Deutschen Reiches und König von Preußen:
Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist nur eine vorübergehende Erscheinung.
Ich stelle mir gerade bildlich vor, wie unsere Wohngegenden nicht von Garagen, sondern von Pferdeställen übersäät sind und die Häufigkeit von Pferdeäpfeln auf den Straßen zunimmt, je näher man zum Aldi-Parkplatz kommt. Wenn der Aldi dann einmal täglich seine Lieferung bekommt, wird das dann zu einem richtigen Ereignis: 300 Pferde, die einen Sattelauflieger im Schrittempo in Richtung Lieferantenrampe ziehen...
Ich weiß es nicht, aber ich vermute stark, dass die ersten Versuche, ein Klavier elektronisch nachzubilden, noch ganz ohne "Hammertasten" und mit dem enormen Bedarf an Fantasie, sich darunter einen Klavierklang vorzustellen, trotz allem noch ziemliche Begeisterungsstürme ausgelöst haben. Und mir kommt es so vor, die Miesmacher werden umso lauter, je ausgereifter und perfekter die technische Entwicklung bei den Digis wird. In einer Zeit wohlgemerkt, wo etwa das Digital-Cembalo Roland C-30 bereits in öffentlichen konzertanten Aufführungen gespielt wird. Es ist wohl so eine psychologische Kiste, ganz ähnlich wie bei der Beurteilung eines Pianisten: spielt ein Amateur öffentlich Chopin, kriegt er standing ovations. Spielt ein Pianist von Weltrang, wird er beim kleinsten Tempi-Fehler von den Rezensenten in der Luft zerrissen. Nach dieser Logik ist die steigende Verächtlichmachung der Digitalpianos geradezu erst recht der Beweis dafür, dass sie heute durchaus ernstzunehmde Instrumente sind.
Anstatt sich zu freuen, dass heute selbst die Kinder des Mietwohnungs-Proletariats ein Digitalpiano sich erstens leisten und zweitens im Einklang mit ihren Nachbarn auch tag und nacht betreiben können, wird es von manchen verbal in die Tonne getreten, weil es ja nicht zu 100% an einen 2,50-Meter-Steinway-Flügel für 200.000 Euro herankommt. Ich sehe in den Digis einen Segen und ein Geschenk des Himmels. Ja und - meine Fresse! - wer selbst am teuersten Digi das originale Klangabstrahlverhalten "vom Horowitz seinem Privatflügel" vermisst, der kann sich auch zu noch vertretbaren Preisen ein Setup mit Highend-Elektrostaten zusammenbauen - um dann vor lauter Schreck zu bemerken, dass er ganz vergessen hat, dass ihm das in seiner Mietwohnung sowieso nichts nützt.
Ich finde die Miesmacherei so skurril, dass sie mich schon amüsiert. Es bestätigt mir auch meine Einschätzung, dass noch nie in der Geschichte die Leute so verklemmt gewesen sein können, wie heute. Die Komponisten und Instrumentalisten in Barock, Klassik und Romantik haben sich auf jede technische Neuerung gestürzt, als ob sie sie kaum erwarten konnten. Das Pianoforte hatte das Cembalo in Nullkommanichts zum Schnee von gestern degradiert und sicher niemand, ich betone NIEMAND hat sich darüber aufgeregt, dass man auf einem Tasteninstrument (ich spreche von der Kirchenorgel) versucht, Blasinstrumente nachzuahmen oder auf einem Cembalo ein Zupfinstrument (die Laute). Die Sakralorgel war gar nichts anderes, als sozusagen der erste Synthesizer der Geschichte! Und ich habe bisher noch nichts davon gelesen, dass Johann Sebastian Bach sich etwa mit verächtlicher Abscheu dazu überwinden musste, eine Blockflöte, ein Horn und eine Trombone auf einem Tasteninstrument zu imitieren.