Ich glaube, jetzt weiß ich genau, was du meinst. Das, was bei Minute 21 komponiert ist, sind Arpeggien. Also gebrochene Akkorde. Die jeweils dritten Töne dieser Arpeggien nimmt das Ohr als Oberstimme wahr, unterstützt durch eine entsprechende dynamische Gestaltung. Diese Töne verbindet das Ohr zu einer Melodie, es sind übrigens die gleichen Töne wie in der Unterstimme. Die Melodietöne blitzen aber immer nur kurz auf, sodass es, wie du schreibst, nicht wie eine Melodie im gewohnten Sinne klingt, sondern sie ist immer wieder kurz unterbrochen. Wenn die Melodie nicht unterbrochen wäre, müsste man die Melodietöne länger spielen. Dann würde aber der stürmische Charakter der Passage verlorengehen.
Etwas ganz Ähnliches gibt es übrigens auch z.B. bei Bach. Ich habe jetzt nur ein kurzes Beispiel gefunden (ist im Anhang). Im oberen Takt steht e-g-d-g-c. Das Ohr nimmt diese Tonfolge nicht komplett als Melodie wahr, sondern sortiert die Töne, und zwar nach statischen (g) und beweglichen Tönen (e-d-c). Dadurch nimmt es nur die beweglichen Töne als Melodie wahr. Man nennt das auch „latente Mehrstimmigkeit“, weil eine Stimme als mehrere Ebenen wahrgenommen wird.
Das Gleiche geschieht auch im Takt darunter.