Virtuoses Klavierspiel nur durch Auswendiglernen??

Und deshalb habe ich dich gefragt was du davon haltest? Von diesen Fingerübungen.
@playitagain eigentlich hat @mick deine Frage schon ausreichend beantwortet.

Trotzdem verrate ich dir: ich halte sehr viel von Liszts technischen Studien, von Brahms 51 Übungen, von Busonis Übungen und von Cortots Übungen (sowohl die Übungen als auch die speziellen Übungsvarianten zu Chopin), und ich halte sehr viel von den Etüden von Chopin, Liszt, Saint-Saens, Debussy, Rachmaninov, Skrjabin, Ligeti.

Aber nichts davon werde ich Hobbyspielern empfehlen, welche eventuell irrend glauben, dass diese Übungen und (Konzert)Etüden wie eine Abnehmpille wirken... Denn jeder (!!) der noch nicht (und wahrscheinlich nie...) über geschmeidige, elastische und lockere Bewegungsweisen beim Klavier spielen verfügt - und das sind freundlich geschätzt mehr als 90% aller Hobbyspieler! - wird von diesen Übungen und den Konzertetüden sowieso maßlos überfordert sein!

Wenn überhaupt, dann sind ein paar wenige der Liszt-, Brahms-, Busoni- und Cortotübungen UNTER GEKONNTER ANLEITUNG (guter Unterricht!) eventuell hilfreich - aber dazu muss man schon einen recht hohen manuellen Level erreicht haben (siehe was @mick mitgeteilt hat)

Wenn du partout einen ungefähren Vergleich benötigst: man muss mindestens alle (!!) Walzer von Chopin, Beethovens c-moll Variationen, einige Praeludien und Fugen aus WTK und Sachen wie Webers Aufforderung zum Tanz und Chatschaturjans Tokkata richtig gut vorspielreif/prüfungsreif drauf haben - hat man das nicht, ist die Kollektion der guten Übungen halt noch zu schwierig. Pech, dumm gelaufen.

...dein Unterricht empfiehlt dir Hanon? Bon, mach das... deine Lehrkraft wird schon wissen, was für dich passend ist.

(es hätte die Option gegeben, mit Busoni Sachen zu beginnen - aber wenn man das versäumt hat, aus welchen Gründen auch immer, dann ist es eh zu spät... dann fasst man die besser erst an, wenn man mindestens alle Grandes Valses brillantes von Chopin geschmeidig und ermüdungsfrei hinlegen kann)
 
Pardon allerseits: mit der dämlichen Überschrift des Fadens hat der vorige Beitrag nichts zu tun.

Durch pures auswendig lernen eines Notentextes (was und wie auch immer das sein mag) erwirbt niemand die Fähigkeit, virtuos Klavier zu spielen.

Wer die Fähigkeit schon hat, der ist in der Lage, sowohl für Laien verblüffend gut vom Blatt zu spielen als auch ohne üben Sachen vortragsreif zu spielen, die Laien selbst mit viel üben überfordern.
 
Op. 10,2 ist ein wahnsinnig schweres Stück. Da hat wohl der Teufel Chopin die Hand geführt.
Innerhalb der insgesamt 27 Etüden von Chopin gehört sie zu den schwierigeren, aber keinesfalls ist sie ultraschwierig: da gibt es noch weitaus ärgeres!
Wenn man begriffen hat, was da abläuft, ist das vermeintliche Biest schon domestiziert (und hat nur noch paar wenige hakelige Details) - wenn man allerdings weder motorisch noch musikalisch begreift, was da geschieht, dann wird das üben zur Quälerei...
Und ich höre im Mittelteil immer seine Lachsalven, wenn ich es spiele.
...es mag dich grämen, aber das geht nicht jedem so.
Gehört nicht zum Thema des Fadens, ist aber dennoch interessant: sind die aufwärts oder die abwärts Bewegungen schwieriger?
 
Zunächst danke @mick und @rolf für eure Ausführungen.

Denn jeder (!!) der noch nicht (und wahrscheinlich nie...) über geschmeidige, elastische und lockere Bewegungsweisen beim Klavier spielen verfügt - und das sind freundlich geschätzt mehr als 90% aller Hobbyspieler!
Jetzt muss ich mich aber fragen warum das so ist?
Lernen wir Hobbyspieler das falsch?
Haben wir zu wenig Übungezeit um es richtig zu lernen?
Oder warum ist das so?
Weil an und für sich ist es nicht einsichtig warum wir Hobbykrabbler das nicht erlernen können.

Das mit den Bewegungen hast jetzt schon mehrfach erwähnt ist dir also sehr wichtig.
Ist auch für mich ein interessantes Thema ...
 
Zuletzt bearbeitet:

Chiarina,

ich habe alles gelesen und verstanden. Mit deinen Details kann ich dann auch die Aussage des Herrn Aimard ein wenig besser nachvollziehen. Für mich persönlich gilt mein Statement dennoch. Ich kann mich nicht erinnern, jemals ein Stück nach Noten gespielt zu haben. Ich bin (leider) ein sehr langsamer Lerner. Ich muss neue Sachen sehr oft spielen um sie in's Hirn zu kriegen. Wenn ich das dann getan habe, dann kann ich es auch auswendig. Die Kombination aus Sensorik, Verarbeitung und Motorik ist bei mir so langsam, dass auch Blattspiel 0% funktioniert.

Der Hartmut
 
(1) Jetzt muss ich mich aber fragen warum das so ist?
(2) Weil an und für sich ist es nicht einsichtig warum wir Hobbykrabbler das nicht erlernen können.
,(3) Das mit den Bewegungen hast jetzt schon mehrfach erwähnt ist dir also sehr wichtig.
(1) warum, weiß ich auch nicht - Gottes Wille? Teufels Bosheit?
(2) @playitagain da stellst du eine ganz zentrale Frage! In aller Kürze: natürlich ist das erlernbar - aber es wird allermeistens leider (!) nicht gemacht. Warum das leider so geschieht, kann ich dir nicht beantworten. Ich halte die Grundlagen einer musikalischen Klanggestaltung (Melodien kantabel gestalten, sinnvoll Klangschichten differenzieren, ermüdungsfreie geschmeidige, elastische Bewegungen, sinnvolle Pedalisierung etc) eigentlich nicht für sonderlich schwierig, ebenso halte ich das begreifen von musikalischen Zusammenhängen (Phrasierungen, Artikulation, harmonische Spannungsverläufe etc) auch nicht für sonderlich schwierig - aber leider geht es vielen Hobbyspielern nicht so... Für mich ist eigentlich völlig unverständlich, warum irgendwer daran scheitert, das Regentropfenprelude "auf Profiniveau" überzeugend zu spielen: weder für die Finger noch für den Verstand gibt es da irgendwelche Schwierigkeiten - vorausgesetzt, man beherrscht die Grundlagen... mein pessimistischer Eindruck ist, dass zumeist die Grundlagen nicht begriffen und beherrscht sind (warum das so ist, das interessiert mich nicht)
(3) nein, das ist mir nicht "wichtig", mir ist piepegal, ob irgendwer das kann oder nicht - interessant wird es erst, wo das (zählt zu den Grundlagen) längst beherrscht ist und wo man solchen grob gesagt Trivialkram (Grundlagen, elastische Geschmeidigkeit, Fingersätze etc blabla) nicht erklären muss! Klar, für dich stellt sich die Frage, wie man dahin kommt - das musst du für dich mit deiner Lehrkraft klären...

...du bist ja findig und rege wie Benedix Grünlich ;-) und kannst dir ergo, um Vergleichsmaßstäbe zu haben, anschauen auf welcher "Hennen-Stufe" sich der Hochzeitszug auf Troldhaugen von Edvard Grieg befindet und du kannst dir auch gerne dieses wunderschöne (!) Klavierstück anhören und versuchen, es zu spielen. Ich halte es für musikalisch leicht verständlich und für technisch völlig harmlos, habe es nie "üben" müssen, sondern zweimal vom Blatt gespielt und fertig - das ist keine Missachtung! Ich mag das Stück sehr erkläre gerne die raffinierten Feinheiten dieser herrlichen Miniatur!! --- ich finde: wer die Grundlagen (!) der musikalischen Gestaltung und der geschmeidigen Spieltechnik(en) drauf hat, der sollte sowas ohne üben nach paarmal Blattspiel vortragsreif hinlegen können! Das zu können halte ich für "Grundlagen" - du kannst dich nun mit diesem wunderschönen Klavierstück befassen und austesten, ob du über die Grundlagen verfügst (ob dir das hilfreich ist, kann ich nicht wissen - aber ich weiß und kann darlegen, was grundlegende Angelegenheiten des Klavierspiels sind) -‐----- und erst dann, wenn sowas gekonnt ist, kann man sich sinnvoll und nützlich mit Übungen von Brahms, Busoni, Cortot befassen.
 
Zu 2)
Es ist möglicherweise ähnlich wie beim Erlernen einer Fremdsprache: Lernt man sie als Kind bis zu einem Alter von ca. 9 Jahren, so kann man sie noch fast wie die Muttersprache beherrschen. Auch lernt man sie bis zu diesem Alter akzentfrei.

Lernt man in späteren Jahren eine Fremdsprache, so ist meist ein mehr oder weniger starker Akzent hörbar.

Mir fällt ein, dass es das Phänomen gibt, dass sehr gute Musiker manchmal sehr schlechte Lehrer und Professoren sind, weil sie alles wie selbstverständlich beherrschen, aber genau deshalb überhaupt keine Vorstellung davon haben, dass und warum Schüler gewisse Widerstände zu überwinden haben.

Lehrer dagegen, die als Musiker nicht genial sind und sich einen harten Weg erarbeiten mussten, können sich oft viel besser in die Perspektive des Schülers hineinversetzen.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Mir fällt ein, dass es das Phänomen gibt, dass sehr gute Musiker manchmal sehr schlechte Lehrer und Professoren sind, weil sie alles wie selbstverständlich beherrschen, aber genau deshalb überhaupt keine Vorstellung davon haben, dass und warum Schüler gewisse Widerstände zu überwinden haben.

Logo, wie soll man auch erklären, was einem von innen heraus selbstverständlich ist. Vielleicht akzeptieren manche Leute endlich mal, dass es so etwas wie Talent gibt, dass nicht "jeder" es hat und schon gar nicht ausgerechnet in dem von ihm gewünschten Bereich.
 

Logo, wie soll man auch erklären, was einem von innen heraus selbstverständlich ist. Vielleicht akzeptieren manche Leute endlich mal, dass es so etwas wie Talent gibt, dass nicht "jeder" es hat und schon gar nicht ausgerechnet in dem von ihm gewünschten Bereich.
Richtig. Entscheidend ist eben, dass die Voraussetzungen völlig unterschiedlich sind. Das erklärt ergänzend zu @rolf ‘s Ausführungen, warum erwachsene Hobby-Spieler eben bestimmte Bewegungen nicht so einfach spielen können wie die genialen Könner.
 
Vielleicht akzeptieren manche Leute endlich mal, dass es so etwas wie Talent gibt, dass nicht "jeder" es hat und schon gar nicht ausgerechnet in dem von ihm gewünschten Bereich.
Wohl ging der Fragesteller dieses Threads (und anderer ähnlich sinnvoller Fäden) davon aus, dass mit der Menge der Antworten das Schwarmtalent auf ihn übergehen möge....
 
akzeptieren manche Leute endlich mal, dass es so etwas wie Talent gibt,
Vorsicht, Talent ist nur eine Momentaufnahme.
Da konnt ich dir jetzt von meiner (kurze) Reiteerfahrung mit Pferden erzählen, aber das würde den Fadentitelrahmen sprengen.:-D

Lehrer dagegen, die als Musiker nicht genial sind und sich einen harten Weg erarbeiten mussten, können sich oft viel besser in die Perspektive des Schülers hineinversetzen.
Ja das denke ich auch, wird oft so sein.
Muss jedoch nicht immer so sein, z. Bsp.:
Diego Maradonna begnadeter Kicker seiner Zeit, schlechter Trainer, aber
Ernst Happel, sehr guter Spieler und weltklasse Trainer ;-)

Sich auf das Niveau, Gedanken und (technische) Probleme eines Schülers einzustellen/umzustellen das zeichnet einen guten KL aus.

anschauen auf welcher "Hennen-Stufe" sich der Hochzeitszug auf Troldhaugen von Edvard Grieg befindet und du kannst dir auch gerne dieses wunderschöne (!) Klavierstück anhören und versuchen, es zu spielen.
Henne 6 das Stück ist. Nehme das auf meine Liste auf, denn es gefällt mir und erscheint machbar. Ein paar Knacknüsse = üble Stellen sind da schon dabei allerdings ...

Aber man steigert sich ja mit der Herausforderung.
 
Talent ist sicherlich mehr als eine Momentaufnahme, sollte aber auch nicht überbewertet werden.

Wenn ich so mein musizierendes Umfeld betrachte, stelle ich fest, dass das größte Talent nichts nützt, wenn es nicht von außen oder einem selbst gefördert wird. Da kommen oft die weniger Talentierten mit mehr Fleiß deutlich weiter.
 
Ich bin (leider) ein sehr langsamer Lerner. Ich muss neue Sachen sehr oft spielen um sie in's Hirn zu kriegen. Wenn ich das dann getan habe, dann kann ich es auch auswendig. Die Kombination aus Sensorik, Verarbeitung und Motorik ist bei mir so langsam, dass auch Blattspiel 0% funktioniert.

Lieber Hartmut,

ich kann das, was du schreibst, gut nachvollziehen! Jeder lernt anders und es ist auch wichtig, herauszufinden, wie man selbst am besten und effektivsten lernt!

Wenn ich allerdings deine Aussagen oben lese, regt sich in mir ein gewisser Widerspruchsgeist. :003: Ich kenne dich natürlich nicht und kann nicht das Geringste beurteilen, aber aus meiner Erfahrung heraus können auch ungünstige Herangehensweisen und Gewohnheiten dafür verantwortlich sein! :001: Sind es tatsächlich sehr oft!

Was z.B. Blattspiel angeht, so kann das in einem gewissen Rahmen jeder lernen, der's lernen will. Man muss es halt üben und regelmäßig machen, am besten unter Anleitung eines Lehrers oder der Vorgabe einer speziellen Blattspielschule.

Wie gut du als Blattspieler wirst auch bei viel Übung, hat selbstverständlich auch mit Veranlagung etc. zu tun. Aber deutlich mehr als 0% ist in jedem Fall drin! :003:

Vorsicht, Talent ist nur eine Momentaufnahme.

Talent ist nicht nur eine Momentaufnahme. Jemand mit einer motorische Begabung z.B. findet generell leichter zweckmäßige und ökonomische Bewegungen, ist automatisch durchlässiger. Mit einem guten Gedächtnis ausgestattet lernt es sich generell leichter, mit Intelligenz ausgestattet ebenso.

Aber wie auch @Tastimo schon gesagt hat, ist Talent kein Garant für die Ausbildung dieser Fähigkeiten. Die Diskussion darüber hatten wir aber hier schon reichlich. :)

Liebe Grüße

chiarina
 
[...]Die Kombination aus Sensorik, Verarbeitung und Motorik ist bei mir so langsam, dass auch Blattspiel 0% funktioniert.[...]

Das kann ich mir ebenfalls nicht vorstellen, Hartmut.

Lieber Hartmut,

ich kann das, was du schreibst, gut nachvollziehen! Jeder lernt anders und es ist auch wichtig, herauszufinden, wie man selbst am besten und effektivsten lernt!

Wenn ich allerdings deine Aussagen oben lese, regt sich in mir ein gewisser Widerspruchsgeist. :003: Ich kenne dich natürlich nicht und kann nicht das Geringste beurteilen, aber aus meiner Erfahrung heraus können auch ungünstige Herangehensweisen und Gewohnheiten dafür verantwortlich sein! :001: Sind es tatsächlich sehr oft!

Was z.B. Blattspiel angeht, so kann das in einem gewissen Rahmen jeder lernen, der's lernen will. Man muss es halt üben und regelmäßig machen, am besten unter Anleitung eines Lehrers oder der Vorgabe einer speziellen Blattspielschule.

Wie gut du als Blattspieler wirst auch bei viel Übung, hat selbstverständlich auch mit Veranlagung etc. zu tun. Aber deutlich mehr als 0% ist in jedem Fall drin! :003:



Talent ist nicht nur eine Momentaufnahme. Jemand mit einer motorische Begabung z.B. findet generell leichter zweckmäßige und ökonomische Bewegungen, ist automatisch durchlässiger. Mit einem guten Gedächtnis ausgestattet lernt es sich generell leichter, mit Intelligenz ausgestattet ebenso.

Aber wie auch @Tastimo schon gesagt hat, ist Talent kein Garant für die Ausbildung dieser Fähigkeiten. Die Diskussion darüber hatten wir aber hier schon reichlich. :)

Liebe Grüße

chiarina

@chiarina : Like...

LG, Olli!!
 
Zuletzt bearbeitet:
wenn man allerdings weder motorisch noch musikalisch begreift, was da geschieht, dann wird das üben zur Quälerei...
Das gilt für alle "Handwerke", eine Bekannte ist ohne Freude und Geschick zum Handwerk , zum handgreiflichen detailierten Gestalten Zahnärztin geworden (1,0 Abi) , sie ist heute in der Politik.... ;-)

Eine andere gute Freundin mit 3,1 Abi aber begnadeter Handwerklichkeit ist Zahnmedizin-Professorin und Ordinaria!

Man braucht Lust und Leidenschaft am minutiösen geistbeseeltem Handwerk und in der Kunst halt noch Kunstgestaltungswillen.
 

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