Virtuoses Klavierspiel nur durch Auswendiglernen??

Frage mal die Meister vor sagen wir mal 1860/70 ungefähr, da war es doch gsnz normal, dass die Noten auflagen und ein Befähigter blätterte um.
Ohne Zweifel ist es doch der Perfektionswahn der industriealisierten Moderne, der das unbedingte Auswendigspiel flächendeckend erzwang.

Da kenn ich einen, der just zu der Zeit lebte, der hat viel, viel improvisiert ( was die Notenausgaben, die zu späterer Zeit erschienen, sehr schwierig machte, hätte es nicht seinen "Nachlassverwalter" gegeben... ).

Viel wurde improvisiert. Der "alternativ-Weg" ?? :-)

LG, Olli / LMG
 
Diesen Placebo-Effekt kenne ich auch. Der ging sogar so weit, dass in Zeiten, in denen ich Barpiano-Musik gespielt habe, überhaupt nur irgendwelche Noten aufgestellt sein mussten, um ruhig und entspannt zu spielen. Der Blick aus dem Augenwinkel auf ein weißes Blatt mit schwarzen Punkten reichte aus, um mich sicher zu fühlen.

Ist natürlich eine Krücke

(À part: Wie bist Du darüber hinweggekommen? )
 
Naja, der Placebo-Effekt ist halt entzaubert, sobald man ihn durchschaut hat.
 
Jepp. Soweit die Theorie.
Ich wiederhole mich:


Lass mich raten: Du hast die Noten einfach nicht aufgestellt. Man braucht sie ja nicht. Man kennt und kann das Stück ja.
Was sagte Deine Amygdala dazu? Wie glättetest Du die Wogen, die das limbische System durchrauschten?
Lass mich wieder raten: Expositionstherapie. Einfach machen. Durchstehen.

Danke, brauchst nicht mehr anworten. :005:
 
Als Amateur habe ich mir, nachdem ich früher immer automatisch "auswendig" gespielt und den Text ignoriert habe, angewöhnt, so gut wie immer die Noten auf dem Pult zu haben, gerade weil ich gern ein größeres Repertoire pflege.

Dabei geht es bei besser geübten Stücken nicht um einzelne Noten, die dann längst audiomotorisch verinnerlicht sind, sondern hauptsächlich um Vortragsanweisungen, die ich mir halt nicht so gut merken kann.

Natürlich hat das nichts mit "Professionell Klavierspielen" zu tun, aber ich wollte auch mal was aus der Amateurecke einwerfen.
 
vielleicht dämmert euch, warum Horowitz, Haskil, Perlemuter u.a. bei dem "technisch überforderten" Unterricht nahmen
Jetzt wird es aber spannend:
Cortot gibt viele Übungen an, die man darf es ruhig als Fingerübungen sehen, jeden Tag zu üben seine. Auch der Herr Kratzert verweißt auf den Cortot und empfiehlt auch seine Übungen 1) Serie B und zwar täglich.
Da du ja viel von beiden Herren haltest, wie der geneigte Leser weiß, so drängt sich nun das Fraglein auf ob du wohl auch solche Übungen propagierst. Ist jetzt die Katze aus dem Sack?
 

Jetzt wird es aber spannend:
Cortot gibt viele Übungen an, die man darf es ruhig als Fingerübungen sehen, jeden Tag zu üben seine. Auch der Herr Kratzert verweißt auf den Cortot und empfiehlt auch seine Übungen 1) Serie B und zwar täglich.
Da du ja viel von beiden Herren haltest, wie der geneigte Leser weiß, so drängt sich nun das Fraglein auf ob du wohl auch solche Übungen propagierst. Ist jetzt die Katze aus dem Sack?
warum?
etwa wegen der orthographischen und grammatikalischen Unzulänglichkeiten?
 
...Sack und Katze sind Aufgabenbereich des Claviotierschutzbeauftragten...
Man kann von jedem Pianisten gelungene und weniger gelungene Aufnahmen finden; wenn man die gelungenen von Cortot ausblendet und nur die nicht gelungenen hervorkramt und dann blabla-der-und-seine-Tipps-taugt-nüscht macht: wie intelligent ist das?
@Tastimo du kannst auch sehr gelungene Aufnahmen von Chopinetüden mit Cortot finden; niemand misst Horowitz einzig an seiner op.101 Aufnahme...
 
das kann ich nicht nachvollziehen.
Umgekehrt wird bei mir ein Schuh draus: nach Noten zu spielen würde bei mir so viel Kapazität binden, dass ich nix mehr auf die Tasten brächte. Der Signalweg ist unzweifelhaft kürzer ohne die sensorische Aufgabe der Augen und die Umsetzung in der CPU in ein Aktionspotenzial.

Das Auswendig- Spielen mag für unterschiedliche Leute unterschiedliche Auswirkungen und Vorteile haben, bei mir ist es definitiv so, dass ich ein Stück überhaupt NUR dann spielen kann, wenn ich es auswendig kann.

Der Hartmut

Lieber Hartmut,

Aimard arbeitet auch so, dass er Werke rein mental erarbeitet, bevor er sie spielt. Er ist einer der allerbesten Pianisten und spielt oft moderne Musik, Uraufführungen u.a..

Solche Stücke auswendig zu spielen, bindet tatsächlich sehr viel Hirnkapazität. Folge: man kann z.B. nicht so viele neue Stücke lernen.

Auch für Werke von Bach kann das gelten. Einen reinen Bach-Abend auswendig zu geben, braucht sehr viel Übezeit zur Absicherung und das muss nicht sein. Inwendig kann man die Werke trotzdem, verstanden hat man sie.

Und so spielen vermehrt Pianisten nach Noten. Igor Levit eine Schostakowitsch-Sonate, Tzimon Barto sowieso immer mit Umblätterer (sehr lustig, wie er bei der Camapnella aufs Blatt schaut und nicht auf die Tastatur :D) .... .

Ich habe sehr viel Kammermusik gemacht und dabei nie auswendig gespielt. Es kostet nur unnötig Zeit, so etwas auswendig zu lernen, bringt wenig und man kann nicht so viele neue Stücke lernen wie man will. Warum sollte man eine Brahms-Sonate auswendig begleiten müssen, warum sollte man nur zum Verständnis fähig sein, wenn man das Stück auswendig kann.

Gallionen von Kammermusikern und Liedbegleitern wären dann disqualifiziert. :)

Versteh mich nicht falsch: ich bin ein sehr großer Fan vom auswendigen Spiel, das sich allerdings aus meiner Beschäftigung mit einem Solostück fast automatisch ergibt. Der Notentext stört mich da - es geht mir wie dir. Aber die Absicherung eines Stücks zum Zweck der Konzertaufführung kann sehr viel Zeit kosten und das muss nicht immer sein. :)

Liebe Grüße

chiarina
 
seine-Tipps-taugt-nüscht macht: wie intelligent ist das?
Da fühle ich mich nicht angesprochen du meinst hier einen anderen.
Habe nichts, aber auch schon gar nichts, gegen Kratzert und Cortot. Im Gegenteil, finde den R. Kratzert (damit meine ich sein Buch) großteils sehr gelungen was er schreibt.
Kratzert schreibt eben auch von den Fingerübungen und verweißt auf die von Cortot. Das ist so.

Und deshalb habe ich dich gefragt was du davon haltest? Von diesen Fingerübungen.
 
...ihr zwei Kenner und Könner dürft euch jetzt eine Aufnahme vom technisch überforderten Cortot anhören:


View: https://www.youtube.com/watch?v=TSDhxxB_IyQ

hach..., ich hätt, ehrlich gesagt, nichts dagegen, wenn ich mich einen ebenso unbegabten Tastenschänder schimpfen dürfte...:005:

Aber wenn die Frage schon im Raum steht: Deine, und die der anderen Profis Meinung zu den täglichen cortot'schen Fingerübungen würde mich ebenfalls sehr interessieren
 
Und deshalb habe ich dich gefragt was du davon haltest? Von diesen Fingerübungen.

Du hast zwar nicht mich gefragt, aber ich antworte trotzdem: Für jemanden auf deinem Niveau und mit deiner Übezeit sind solche Übungen sinnlos. Ab dem Stadium, in dem man schwierigere Beethoven-Sonaten bewältigt und die tägliche Übezeit deutlich mehr als 4 Stunden beträgt, kann man davon profitieren, aber nur, wenn man absolut richtig damit umgeht.
 
Mein KL sagt ja immer ich soll 5 Minuten täglich den Hanon spielen (aber auch nicht länger).
Für Geschmeidigkeit und Geläufigkeit.
 

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