Gestern habe ich mir für gute 50 Piepen in der Kölner Philharmonie JojaWendt angesehen. Der ist mir mal im Fernsehen aufgefallen als jemand, der prima Klavier spielt.
Zunächst das Positive: Der Mann kam gut 'rüber. Er hatte eine ganz geschickte Art der Moderation, war witzig und intelligent. Wenn man ein Publikum für sich gewinnen will, muss man zuallererst einmal nett zu ihm sein. Das konnte der Profi wie aus dem Effeff. Natürlich versuchte er, das Kölner Publikum einzuwickeln und er machte das ganz geschickt, u. a. mit dem hier immer funktionierenden Mittel des – gutmütigen – Düsseldorf-Bashing. Vielleicht war er eine Spur zu sehr von sich eingenommen. Aber mir ist ein selbstbewusster und offensiver Künstler lieber als ein allzu sehr zurückhaltender.
Was wurde gegeben? Blues- und Boogienummern, eigene Kompositionen und Klassik, Joja Wendt macht vor nix halt. Darin erinnert er mich an den Lieblingsfiddler der Deutschen, David Garrett. Ich finde, das sind irgendwie Brüder im Geiste. Beide haben erkannt, dass man so richtig Kohle anscheinend erst auf dem kombinierten Klassik- plus Unterhaltungsmarkt verdient – Zielgruppenvergrößerung.
Die Boogienummern waren schon ganz okay, aber: Boogie ist ein Stil am Klavier, der schnell langweilt. Kennste eine Nummer, kennste auch die nächste – die geht im Zweifelsfall genauso wie die erste, nur schneller. Und zweitens gibt es hier bei uns in Deutschland ein paar Namen, die machen Herrn Wendt im Boogie allerdings noch etwas vor. Die rechte Hand von ihm fand ich teilweise wenig kreativ.
„Rhapsody In Blue“ (arr. JW), „Asturias“ (arr. JW), „Halle des Bergkönig“ (arr. JW), “Vier Jahreszeiten - Sommer“ (arr. JW); das waren vier Klassikstücke, ausgesucht natürlich nach ihrer Kompatibilität mit dem Normaloklassikfan.
Eigentlich sind diese vier Stücke eine todsichere Bank. Die kennt jeder und die mag auch jeder. Warum aber musste Herr Wendt seine eigenen Arrangements verwenden? Diese Stücke sind Megahits und das sind sie, weil sie ordentlich abgehen – etwas, wovon Wendts schon fast unbeholfene Versionen weit entfernt waren. Von den Quattro Stagioni gibt es mittlerweile erstklassige Arrangements zu kaufen, deutlich bessere als das, was er da spielte. Der Gershwin klang einfach nur matschig und Asturias und den Bergkönig kann auch der Herr Wendt mit seinem gusseisernen Selbstbewusstsein nicht besser arrangieren als die Komponisten - aber durchaus schlechter.
Außerdem gab es zu bewundern einen Sänger/Posaunisten – nun ja – und eine Cellistin/Sängerin, der eine Modeberatung sehr gut getan hätte – nun ja. Ach ja, der Künstler benutzte einen Flügel mit Hydraulikstempel, der auf Knopfdruck hochsprang und den Deckel auf- und zuklappen konnte, superaufregend - nun ja. Vielleicht war das Teil deshalb klanglich gehandicapt.
Muss ich da noch einmal hin? Nee, glaube ich nicht.
CW