unabhängigkeit der hände, oder doch gegenseitige abhängigkeit?

A

adatschio

Dabei seit
22. Okt. 2009
Beiträge
181
Reaktionen
1
ein gespräch dass ich mit einem freund führte. hier die zusammenfassung:

wenn ich ein stück einstudiere, übe ich zuerst mit beiden hände getrennt, um danach die gespielten noten zu verbinden.
das führt aber nicht wirklich zu einer unabhängigkeit der linken und rechten hand (hand independence), sondern zu gegenseitiger abhängigkeit (hand interdependence).

die frage lautet: wie übe ich konkret die unabhängigkeit der hände?

beispiel bach inventionen:

linke und rechte hand spielen eigenständige melodien (die aber natürlich auch einen harmonischen kontext ergeben).
üblicherweise übt man beide hände eigenständig und übt dann nochmal extra das zusammenspiel (wie oben beschrieben). für dieses zusammenspiel-üben wäre ein alternativer ansatz denkbar.

sobald beide hände "sitzen", nehme ich bspw. einige takte der oberstimme, am besten eine in sich geschlossene phrase, und übe diese in einer endlosschleife. ein metronom wäre hier hilfreich.
dann baue ich "in time" die unterstimme ein.
wichtig ist dabei, dass die rechte hand immer weiterspielt, auch wenn die linke es nicht sofort schafft, abgebrochen werden muss, etc. ich hab ja genug versuche. ich brauche mich nicht hetzen.
ausserdem muss ich nicht auf anhieb alle noten spielen, vielleicht genügt es wenn ich nur ein paar töne hinzufügen kann.

meiner meinung nach übt man so expliziter das trennen und die eigenständigkeit von LH/RH.


falls die idee ein alter hut ist, manche von euch eh auf diese art ein stück einstudieren, dann lasst mich trotzdem in ruhe :)

lg
adatschio
 

Ruhe sanft!

Als echte Unabhängigkeit würde ich das Resultat deiner Bemühungen nicht ansehen. Eher als voneinander unabhängig erreichte Sicherheit, die dazu führt, die perfekte Abhängigkeit zu erreichen...

Wirklich unabhängig: Rechts "Morgen kommt der Weihnachtsmann" und links "Kommet ihr Hirten" oder Ähnliches. Möglichst natürlich in verschiedenen Tonarten. Die Aufnahme davon kannst Du dann hier einstellen.



Klavirus
 
Es gibt keine Unabhängigkeit der Hände. Auch Schlagzeuger trommeln nicht "unabhänig" mit allen Gliedmaßen los. Das wäre ja noch schöner...

@Klavirus, echte Unabhängigkeit der Hände wäre, wenn die rechte Hand "Komment ihr Hirten" in Es-Dur spielen würde, während die Linke "Morgen kommt der Weihnachtsmarkt" in Cis-Dur spielen würde ABER in einem 10% langsameren Tempo!!
 
...wenn die rechte Hand "Komment ihr Hirten" in Es-Dur spielen würde, während die Linke "Morgen kommt der Weihnachtsmarkt" in Cis-Dur spielen würde ABER in einem 10% langsameren Tempo!!

Klar! Aber sollte man nicht erst mal einfacher anfangen? ;) Dann könnte man ja langsam dazu übergehen , die Hirten in Ces-Dur zu kommentieren und übern Weihnachtsmarkt mit Fes-Dur-Stiefeln zu marschieren.

Klavirus

PS: Ne Aufnahme wär schon cool.
 
Es gibt keine Unabhängigkeit der Hände. Auch Schlagzeuger trommeln nicht "unabhänig" mit allen Gliedmaßen los. Das wäre ja noch schöner...

Bravo!

Genauso sieht's aus!

Eine Komposition wie z.B. eine Invention ist ja auch nicht auf Unabhängigkeit der Stimmen hin komponiert, sondern die Stimmen stehen zu jedem Zeitpunkt in einer ganz bestimmten Beziehung zueinander und ergeben stets eine einzige Gesamt-Schallwelle - das ist ja gerade das Kunstvolle.

Deine Übemethode, Adatschio, ist, mit Verlaub gesagt, gar nicht gut.

Kannst Du beide Hände, über lieber mal beide Hände zusammen, indem Du ganz langsam spielst (und zwar eben nicht metronomisch, sondern erlaube Dir, auch mal für manche Töne länger zu brauchen - den richtigen Rhythmus kannst Du ja bereits, es ist ein Irrglaube, man müsse immer genau "in time" üben!) und nimm genau die Zusammenklänge und die "Interaktion" der beiden Hände wahr. Erlebe das Stück ganz detailliert und mit freudiger Neugier - so, als würdest Du mit einem Bummelzug fahren, dabei an jeder Milchkanne halten und aussteigen und die schöne Landschaft ganz genau erkunden.

Dein Übeansatz verhindert wirkliches Hören und ist zu mechanistisch gedacht.

LG,
Hasenbein
 
Au ja! Mach das!
 
echte Unabhängigkeit der Hände wäre, wenn die rechte Hand "Komment ihr Hirten" in Es-Dur spielen würde, während die Linke "Morgen kommt der Weihnachtsmarkt" in Cis-Dur spielen würde ABER in einem 10% langsameren Tempo!!

Ja, und?

Ich hab mal n Konzert gegeben mit Collagen deutscher Schlager und
Volkslieder:
Minimum immer drei auf einmal, plus gleichzeitige Improvisation, also
beispielsweise irgendwo links "Mit siebzehn hat man noch Träume",
oben "Im Frühtau zu Berge" und irgendnen Roland-Kaiser-Dingens,
und in der Mitte die Daumen hamm lustig musiziert, wie das die
Musikanten eben nun so machen.

Was ist schon dabei?
Lang Lang ists her - nachher wars einerlei....

Unabhängige Grüße

stephan
 
allerspätestens wenn man sie abhackt, sind die Arme unabhängig - aber allerspätestens dann merkt man, wie wenig unabhängig man davon ist, welche zu haben: um Klavier zu spielen :rolleyes:

"Unabhängigkeit der Hände" ist nicht irgendeine Tatsache oder irgendwas, was man üben könnte - dieser Ausdruck ist nur eine Metapher dafür, dass es möglich ist, verschiedene Klangebenen simultan zu gestalten.
 
allerspätestens wenn man sie abhackt, sind die Arme unabhängig - aber allerspätestens dann merkt man, wie wenig unabhängig man davon ist, welche zu haben: um Klavier zu spielen :rolleyes:

"Unabhängigkeit der Hände" ist nicht irgendeine Tatsache oder irgendwas, was man üben könnte - dieser Ausdruck ist nur eine Metapher dafür, dass es möglich ist, verschiedene Klangebenen simultan zu gestalten.


Aah endlich weiß ich das jetzt... hätte mal früher jemand erwähnen sollen. Hmmm.... eine Metaffer, wat isn det?

So, gutes Nächtle!

Morgen kommt dann der Weihnachtsmarkt zum Hirten und versteckt dort die Eier!
 

So, nun kommt der Weihnachtsmarkt also doch schon heute zu den Hirten.

DAS nenne ich mal ordenliche Unabhängigkeit der Hände!

Yeah!



Der UNTERSTE funktioniert... wenn ich die anderen Player rauslösche, dann sind sie alle weg... ein Mysterium!
;)

[mp3="[mp3="http://www.quickrelease.me/ulrika/Quatsch.mp3"]blablablabl[/mp3]"][/mp3]

[mp3="http://www.quickrelease.me/ulrika/quatsch.mp3"]Quatsch[/mp3]

[mp3="http://www.quickrelease.me/ulrika/Quatsch.mp3"]blablabl[/mp3]
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
die frage lautet: wie übe ich konkret die unabhängigkeit der hände?

beispiel bach inventionen:
...
sobald beide hände "sitzen", nehme ich bspw. einige takte der oberstimme, am besten eine in sich geschlossene phrase, und übe diese in einer endlosschleife. ein metronom wäre hier hilfreich.
dann baue ich "in time" die unterstimme ein.
wichtig ist dabei, dass die rechte hand immer weiterspielt, auch wenn die linke es nicht sofort schafft,...
Also für ausnotierte Musik finde ich eine solche Übung unnötig, da reicht es doch, wenn jede Hand unabhängig von der anderen im Fall eines Ausrutschers weiterspielen / an vielen Stellen wieder einsteigen kann. - Abgesehen davon, dass man sich beim Erlernen die einzelnen Stimmen und deren Zusammenklang verdeutlichen kann, so wie Hasenbein es am Bummelzug gut beschrieben hat.

Du hast aber mal was zu Jazz/Blues geschrieben und da finde ich es sinnvoller, wenn LH stur eine Phrasenfolge als Schleife spielen und RH dazu improvisieren kann, also genau umgekehrt als Du vorschlägst. Und z.B. links "straight" und rechts "laid back", Triole, Synkopen... Natürlich wär's noch schöner, man könnte die Rollen der Hände auch tauschen, aber einsteigen würde ich so.
 
Bei dem, was adatschio eigentlich meint handelt es sich um polyphones DENKEN. Kann man nich polyphon denken, so kann man beide (oder mehrere) Melodiephrasen nicht gleichzeitig GESTALTEN. Was man in diesem Falle macht ist so etwas wie Schreibmaschine tippen lernen: völlig losgelöst vom Inhalt (der schwedisch oder Spanisch sein kann) tippt man einfach die richtigen Buchstaben, was nicht leicht ist. Aber da gibt es - auch auf der Schreibmaschine - Virtuosen!
Auf dem Klavier denkt man in dem Falle weiterhin vertikal (also welche Töne werden zusammen gespielt und welche nicht) und kann sich nicht auf die horizontale Denkweise umswitschen.

Also, es hat mit den Händen erst einmal nichts zu tun sondern ausschließlich mit dem Denken. Das hier jetzt per Buchstaben zu verschriften ist mir einfach zu anstrengend. Das muss die Lehrkraft vor Ort in ausgewähten Übeeineihten vermitteln, falls sie es selbst beherrscht. Ich habe schon mit Kollegen diskutiert, sogar Konzertpianisten auf dem Niveau von Kurkonzerten, die sehr viel spielen und rumkommen, also diese Kollegen meinten, dass es unmöglich wäre bei einer Fuge alle Stimmen mitzudenken. Da ich das jedoch kann (und viel geübt habe) wurde ich durchaus nachdenklich, was ich da meinen Kinderchen zum Teil abfordere. Vielleicht ist das normal, dass Interpreten einfach in die Tasten hauen ohne den Inhalt zu verstehen. Sogar mein Argument, dass doch die Komponistenzunft ihre Fugen nicht einfach so hinkritzeln sondern dass DIESER Personenkreis doch in der Lage sein sollte 5-stimmige Fugen zu denken, wurde oftmals (sogar von einem Professor) mit Abtun dieses Gedankens bedacht.

Nun ja, ich halte es durchaus für möglich, dass ALLE Pianisten dahin geschult werden können, polyphon zu denken.

Vielleicht sollte es mal dazu einen Faden geben...

AL

Viola
 
Der menschliche Geist kann sich nicht gleichzeitig auf mehrere Dinge fokussieren. Unmöglich! Egal ob Genie oder Durchschnittsmensch!

Man kann nur seine Aufmerksamkeit sehr schnell zwischen Dingen hin- und herswitchen lassen!

Das ist ein wenig ähnlich wie Multitasking bei Computern mit Einkern-Prozessoren: Auf dem Bildschirm laufen mehrere Programme gleichzeitig ab - was aber intern passiert, ist, daß der Prozessor jede Sekunde vieltausendfach zwischen den Programmen hin- und herschaltet, daß also jedes Programm immer nur kurze "Zeitscheiben" der Prozessor-Rechenzeit zugeteilt bekommt.

Glaubt jemand, er könne tatsächlich mehrere Dinge gleichzeitig fokussieren, so ist dies eine Illusion, die auf ungenaue Selbstbeobachtung zurückgeht - derjenige nimmt nur nicht wahr, daß er immer auf eine Stimme fokussiert und dabei zwangsläufig kurzfristig alles andere in den Hintergrund des Bewußtseins tritt.

Ähnlich ist das übrigens auch beim Sehen: Uns kommt es so vor, als sähen wir unsere Umgebung scharf - in Wirklichkeit sehen wir aber immer nur einen winzigen Ausschnitt des gesamten Gesichtsfeldes scharf, und die Illusion des flächenhaften Scharfsehens entsteht durch das Hin-und Herbewegen der Augen! Das fällt uns aber, sofern wir nicht mal extra drauf achten, nicht auf.

LG,
Hasenbein
 
Da pflichte ich Dir völlig bei, Hase, man muss sehr schnell hin und her Denken. Das eigentliche Denken bleibt weiterhin linear. Doch wenn das gut trainiert ist, dann geschieht das so schnell, dass man fast das Gefühl der Gleichzeitigkeit haben kann.

Frage: denkst Du zwei Töne, die Du gleichzeitig drückst, hintereinander oder ist es EINE Aktion und EIN Klang? Nehmen wir mal Links eine Quinte....

Würde mich mal interessieren.

PS: und es ist sicherlich eine Frage des Trainings: für einen Anfänger sind die leichtesten Gegenbewegungen der Hände erst mal eine Herausforderung. Mit steigendem Ausbildungsstand steigen auch die Herausforderungen! Und immer ist es vor allem eine Schulung des (schnelleren) Denkens!
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Frage: denkst Du zwei Töne, die Du gleichzeitig drückst, hintereinander oder ist es EINE Aktion und EIN Klang? Nehmen wir mal Links eine Quinte....

Selbstverständlich muss es eine Aktion und ein Klang sein!

Das sage ich auch immer meinen Schülern!

Alles andere hat ja mit der Realität der zu erzeugenden Schallwelle nichts zu tun!

Gibt es ernsthaft jemanden, der das "hintereinander" denkt ??? :o

LG,
Hasenbein
 
Nun ja, für mich sind das zwei Ereignisse, da jeder Ton im Zusammenhang einen eigenen Klang mit auf den Weg erhält. Manchmal mag der Grundton der gewichtigere Kandidat sein, manchmal die Quinte mehr Kern im Ton erhalten. Also muss ich jeden Ton - auch eines Akkorde - im Detail gewichten. So kann ich aus Akkordfolgen durchaus einige Melodien herausmodellieren, also nicht nur die klassische Ober- und Unterstimme. Bei Beethovensonaten ist das ein herrliches Hobby, den Akkorden gelegentlich eine Nebenstimme zu entlocken. Klar, das ist nicht neu.

Nun ja. Beschleunigte Rechenprozesse des Denkapparates... sie simulieren eine Fokussierung auf mehrere Ereignisse gleichzeitig.

Aber das hat nun eher mit den geteilten Händen zu tun, denn, unter uns, wir können ja durchaus mit einer Hand so tun, als würden wir Melodie UND Begleitung gleichzeitig performen!

;)
 
natürlich, ich mag den bummelzug. langsames, beidhändiges durchschreiten der harmonie, mit willkürlichem oder eigentlich gar keinem rhythmus.


zum polyphonen denken:

der begriff mag ein unding sein, vielleicht sollte man eher polyphones bewusstsein sagen.
das passiert ja in der musik. sonst würden wir nur eindimensional hören und den unterschied zwischen solisten und orchestern nicht reflexartig erfassen

es passieren viele dinge gleichzeitig, und der mensch ist in der lage viele dinge gleichzeitig "auszuführen". das hat nix mit denken zu tun, eher mit internalisierung.
sonst wär ich ja schon längst tot, da ich beim schreiben dieser zeilen keine sekunde lang ans ein- und ausatmen gedacht hab.
ok, extremes beispiel

und internalisierung ist etwas ganz! wichtiges beim musikmachen (und auch hören)
und da komm ich wieder auf meine anfänglich gepostete idee zurück.

lg
 
zum polyphonen denken:

der begriff mag ein unding sein, vielleicht sollte man eher polyphones bewusstsein sagen.
das passiert ja in der musik. sonst würden wir nur eindimensional hören und den unterschied zwischen solisten und orchestern nicht reflexartig erfassen

man kann es ruhig als "polyphones denken" bezeichnen, denn erstens ist das ein Vorgang, der zeitlich verläuft, zweitens ist es im Gegensatz zum eher passiven "nur hören" doch ein wenig aktiver: nämlich dann, wenn man polyphone Musik selber gestalten will.

ein großes Wunder ist es nicht: man kann ganz klein anfangen und z.B. hörend wie spielend zwei Stimmen in einem Anfängermenuet von Bach wahrnehmen und gestalten lernen - - und das lässt sich dann weiter ausbauen.

ebenso ist es kein Wunder, eine Melodie und eine Begleitung simultan zu realisieren und mitzudenken.
 

Zurück
Top Bottom