Stücke, die wir nicht spielen können

  • Ersteller des Themas Tastimo
  • Erstellungsdatum

:lol::lol::lol:
Es dürfte Dir auch schwerfallen diese Behauptungen ohne Geschwurbel zu belegen.
Der Vergleich zwischen Glenn Gould und anderen Meisterpianisten, in Worte gefasst, würde mich auch sehr interessieren. Das ist in der Tat sehr schwierig.

Das Einzige, was ich beschreibend zu Gould sagen kann, ist, dass er exaltiert, über-spannt spielt. Er versteht es, eine überzeugende Form der Interpretation hinzulegen, die in sich logisch und zwingend ist. Dadurch bringt er die Töne sozusagen „auf den Punkt“, sodass ich mir, zumindest während ich sein Bach-Spiel höre, währenddessen gar keine andere Art zu spielen vorstellen kann.

Das ist bei anderen Pianisten anders.
 
Ich probiere es mal als Nicht-Profi: Gould hat eine völlig "unromantische" Art, sehr klar und durchsichtig, wenig Pedalgebrauch, dabei rhythmisch immer sehr klar und streng im Tempo (kein bzw wenig rubato). Dabei gibt er dem Stück durch eine quasi zwingende Struktur der Stimmen (Artikulation, Phrasierung), die immer klar zu erkennen sind, dabei aber zusammen "tanzen" Leben. Er liebt polyphone Strukturen und ist - wie ich glaube - wie kein anderer in der Lage, dem Hörer allein durchs Zuhören eine Fuge zu erklären.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es dürfte Dir auch schwerfallen diese Behauptungen ohne Geschwurbel zu belegen.

Es dürfte kaum einen anderen Pianisten geben zu dessen Spiel man so leicht das Metrum dirigieren kann. Selbst bei ziemlich wilden Rubati.
Selbst die Webern Variationen sind metrisch (meist, im Gegensatz zu den meisten anderen Aufnahmen) kenntlich.
 
Hier geht's ja ab ;-)

Wenn ich an Gould denke, dann assoziiert sich mir nicht unbedingt sofort das "rhythmische Genie" oder "besonderes Gespür für Timing" gegenüber anderen Weltklassepianisten...

eher ist es seine Perfektion bzw. sein Perfektionismus. Aus vielen seiner Einspielungen hört man (bzw. höre ich) heraus, dass eine ganz bestimmte klangliche Vorstellung vorhanden ist - die dann zu 100% technisch umgesetzt wird. Kein Tönchen ist an irgendeiner Stelle einen Deut zu laut oder zu leise, keine Artikulation nicht ganz genau so, wie er es sich offenbar vorgestellt hat.

Da wird bzw. wurde so lange an einem Stück gearbeitet, bis dieses persönliche Ziel erreicht worden ist.

Ehrlich gesagt, sowas mag ich.

Ansonsten, im Vergleich zu anderen Weltklassepianisten: ich kenne keinen, der nicht irgendwann mal eine Sternstunde hatte, oder irgendwann auch mal danebengegriffen hat. Bei manchen gibt es mehr Sternstunden als bei anderen, meiner Meinung nach (bei Gould sind es relativ viele gewesen, soweit es meinen eigenen Geschmack und mein eigenes Urteil angeht).

Alles meine Privatmeinung zu diesem Thema.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Dreiklang
Hast Du wieder was Pianistisches in Arbeit ?
Demletzt hast Du ja angedeutet, daß zur Zeit der Antrieb erwas lahmt.
Ich würde mich über eine weitere Einspielung sehr freuen.
:super:
 
Konkret gerade nicht, aber seit einigen Tagen spiele ich wenigstens ab und an mal wieder - hauptsächlich die eigenen Kompositionen (die sind technisch nicht unbedingt einfach).

Irgendwann werde ich meinen eigenen "Perfektionismus" mal zum Teufel jagen, mir einen Termin setzen, und zu diesem Termin einfach Einspielungen öffentlich stellen. Egal, ob alles dann nun "perfekt" ist, oder nicht.

Wann das sein wird, weiss ich aber noch nicht genau. Aber danke für's Interesse.
 
Also, der "Entertainer" von Scott Joplin ist nicht geplant. Für Fans empfehle ich Youtube :026:
 

Der Entertainer ist in der Originalfassung gar nicht mal so easy. Ständige Oktavparallelen mit eingeschobenen Terzen und Sexten. Wenn man das schnell gut spielen will, ist das schon eine gewisse Herausforderung. Aber natürlich gibt es auch die Ententrainer-Bearbeitungen, die allesamt deutlich leichter sind.

Aber man muss bedenken, dass Scott Joplin den Entertainer als eher langsames Stück komponiert hat.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Würde sagen so Henle 4 also "Mittel" , sicher kein Anfängerstück der Original "Entertainer"
:-)
 
Nö - sondern es reizt mich einfach nicht. Bei so einem "Projekt" (sprich: dem Erarbeiten eines Stückes) muss man sich als autodidaktisch agierender Hobbyspieler immer die Frage stellen: steht der Übeaufwand in einem annehmbaren Verhältnis zum persönlich empfundenen Nutzen der ganzen Sache.

Das trifft bei mir halt nur bei wenigen Stücken zu bzw. ich übe halt nur das, was ich selbst auch mag.

Und auch nur so, wie ich es mag, und mit dem Ziel, das ich mir selbst dabei vorstelle - sprich, ich bin der Alptraum eines jeden KL ;- ))
 
He does not bite ....:zunge:
 
Meine Frage an die Profis: „ Führt Ihr Stücke auf, die euch missfallen? Und wie sieht bei euch in diesem Fall der Übeprozess aus. Dauert es länger, bis ihr ein solches Stücke vorspielreif eingeübt hat?
Bisher habe ich noch an jedem Stück, das ich spielen musste, etwas Positives gefunden. Ich will es mal mit einem kleinen Beispiel aus der Kammermusik erklären, das ich schon kürzlich erwähnt habe (weiß nicht mehr, in welchem Faden): Wenn zum Beispiel ein Streichquartett auf höchstem Niveau spielt, ist egal, was genau sie spielen. Wenn mir die Musik gefällt, ist es natürlich gigantisch toll, aber selbst wenn sie nicht meine erste Wahl ist (und dabei aber keine grottenschlechte Komposition) ist es ein unvergessliches Erlebnis. Denn die Musik ist nur das Mittel, etwas viel Umfassenderes zu transportieren - Die "Gleichschwebung", die Absolute Verlässlichkeit, das aufeinander Eingespielt sein und sich verlassen, das perfekte gemeinsame schwingen mehrerer Menschen. Das gibt es nur sehr selten überhaupt. Bei Kammermusik, beim Tanzen, vielleicht wenigen anderen Tätigkeiten. Das zu erleben ist ein Geschenk.

Wenn ich Musik spiele, die nicht als Komposition wirklich flach und schlecht ist, steckt dort auch immer Sinn und Inhalt darin. Den herauszuarbeiten, sichtbar bzw. hörbar zu machen, die kleinsten musikalischen Elemente schön zu spielen und den großen Bogen herauszuarbeiten, das ist bei jedem einigermaßen guten Stück möglich und bringt dabei Genugtuung und Schönheit, völlig unabhängig von der Komposition. Das ist es meiner Meinung nach, was beinahe jedes Stück zum "Lieblingsstück" werden lassen kann.

Das, was bei einem ungeliebten Stück so anstrengend ist, ist die Arbeit, die vorher erledigt werden muss. Also es kennenlernen, verstehen, durchschauen, sich merken, die Hände sortieren. Es kann natürlich sein, dass der Klang und die "Botschaft" einen wirklich abstoßen. Wenn die Motivation fehlt, kostet es viel Energie, sich zu dieser Arbeit, bei der man seinen Geist dem Stück gegenüber öffnen muss, zu bewegen.

Ich musste vor einigen Jahren Stücke von Max Reger üben. Das hat mich sehr viel Nerven gekostet, und eines der drei Stücke habe ich tatsächlich abgelehnt, weil ich es wirklich absolut abscheulich hässlich und dabei noch krachschwer fand. Die übrigen drei habe ich geübt und fand sie auch teilweise reizvoll, außerdem hat eines davon mich später zu einer Komposition inspiriert, ohne dass ich mir dessen in dem Moment so bewusst war. Heute lehne ich Stücke ab, wenn sie mir nicht gefallen, es sei denn, es bringt mir einen besonderen Vorteil, sie zu spielen.
Ich sehe es nicht so, dass man sich als Profi nicht aussuchen kann, was man spielt. Ich such emir immer aus, was ich spiele, das ist dann mein Klavierabendprogramm. Wo ist das Problem?
 
Es gibt aber auch den umgekehrten Fall, (übrigens auch eine Art, Stücke nicht spielen zu können):

z.B. Beethoven op. 28 finde ich zauberhaft schön, aber das Einüben des ersten Satzes habe ich relativ bald abgebrochen, weil durch das handwerkliche Erlernen des relativ sperrigen Notentextes (die beinahe endlos langen Melodiebögen) für mich der Zauber verloren zu gehen drohte.

Das ist mir bisher auch nur bei diesem Stück passiert.
 
das perfekte gemeinsame schwingen mehrerer Menschen. Das gibt es nur sehr selten überhaupt. Bei Kammermusik, beim Tanzen, vielleicht wenigen anderen Tätigkeiten. Das zu erleben ist ein Geschenk.
Ein solches Geschenk durfte ich vor einigen Jahren im Chor erfahren und trage es seitdem in mir.
Es war bei den Proben vom Brahms‘ Requiem – der Chorleiter ließ uns während des Singens der Nr. 4 (Wie lieblich sind...) kreuz und quer durch die Kirche wandeln, jeder für sich. Es war ein unvergessliches Erlebnis. Man ging und sang, und die Stimmen kamen von allen Seiten, flogen nach oben und vermischten sich zur völlligen Harmonie. Unglaublich schön!
 

Ähnliche Themen


Zurück
Top Bottom