Stücke, die wir nicht spielen können

  • Ersteller des Themas Tastimo
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Ich hab mich seitdem auch nicht wieder daran getraut...
Vielleicht sollte ich das jetzt mal machen, da ich ja mittlerweile viele sehr viel schwerere Stücke gespielt habe. Aber was ist, wenn ich wieder scheitere? An diesem Pups-Stück ...??? :020:

Dazu fällt mir die Sonate facile von Mozart ein, die ich bis heute gar nicht facile und deutlich schwerer als die meisten Nocturnes oder ähnliches Zeugs finde. Die will ich auch nicht wieder anfassen, obwohl ich 1,5 Jahre später schon son Zeugs wie Rachmaninow Op. 23 5 im Wettbewerb gespielt habe.
 
Der "wilde Reiter" aus Schumanns Album für die Jugend ist ein Stück, zu dem ich jahrelang ein gespanntes Verhältnis hatte. Im Klavierunterricht als Kind nie richtig abgeschlossen, weil mir das durchgängige Staccato der rechten Hand nicht lag, war das Stück eine sehr lange Zeit lang nicht nur eine Leiche im Keller, sondern ein Zombie, der mein musikalisches Selbstwertgefühl angefressen hatte.

Ich hab mich seitdem auch nicht wieder daran getraut...
Vielleicht sollte ich das jetzt mal machen, da ich ja mittlerweile viele sehr viel schwerere Stücke gespielt habe. Aber was ist, wenn ich wieder scheitere?
An diesem Pups-Stück...??? :020:

Vielleicht liegt es auch daran, dass du es (wie ich) doof findest.

Meine Frage an die Profis: „ Führt Ihr Stücke auf, die euch missfallen? Und wie sieht bei euch in diesem Fall der Übeprozess aus. Dauert es länger, bis ihr ein solches Stücke vorspielreif eingeübt hat?
 
Meine Frage an die Profis: „ Führt Ihr Stücke auf, die euch missfallen? Und wie sieht bei euch in diesem Fall der Übeprozess aus.

Man geht gelegentlich Kompromisse ein. Dabei fällt mir oft auf, dass ich - besonders bei Neuer Musik - öfters erst beim zunächst zögerlichen Üben eine gewisse Annäherung und ein umfassenderes Verständnis entwickle.
Letztlich habe ich nur sehr selten Stücke öffentlich gespielt, zu denen ich bis zum Schluss ein distanziertes oder gar ablehnendes Verhältnis hatte. Diese Stücke waren dann auch zäh zu üben.
Aber aus dieser Erfahrung heraus mag ich es nicht, wenn meine Schüler Stücke die ich sorgfältig ausgewählt habe nach einmaligem kurzem Reinhören ablehnen.
 
Meine Frage an die Profis: „ Führt Ihr Stücke auf, die euch missfallen?
Man hat nicht immer die Wahl. Ein Orchestermusiker hat gar keinen Einfluss darauf, welche Stücke er spielen muss. Ein Korrepetitor ebenfalls nicht. Ein Dirigent erst dann, wenn er Chefdirigent ist oder so begehrt, dass er sich als Gastdirigent aussuchen kann, was er annimmt und was nicht. Ein Pianist, der vom Klavierspielen und nicht vom Unterrichten leben will, muss ebenfalls nehmen, was kommt - komplett frei über das eigene Repertoire entscheiden können nur sehr, sehr wenige Musiker.
Was den Profi vielleicht vom Amateur unterscheidet, ist die Fähigkeit, beinahe jedes Stück - zumindest vorübergehend - zu einem "Lieblingsstück" werden zu lassen.

Beispielsweise würde ich mir freiwillig kaum eine Operette wie "Das Land des Lächelns" anhören - aber wenn ich das Ding irgendwo dirigieren müsste, würde ich es mit absoluter Überzeugung und Begeisterung tun.
 
Was den Profi vielleicht vom Amateur unterscheidet, ist die Fähigkeit, beinahe jedes Stück - zumindest vorübergehend - zu einem "Lieblingsstück" werden zu lassen.

Oder anders herum: Der Amateur unterscheidet sich vom Profi dadurch, dass er nicht gezwungen ist, beinahe jedes Stück vorübergehend zum Lieblingsstück werden lassen zu müssen.
:-)
 
Glenn Gould ist mit Sicherheit einer der
polyphonsten
in der sog. kleinen Technik besten
artikularionstechnisch vielfältigsten
intelligentesten
geschäftstüchtigsten
neugierigsten
interessantesten
....
Pianisten des 20. Jh.!

Ob man seine Marotten, seine Tempi, seinen extrem direkt aufgenommenen Klang, ...
mag oder nicht ist eine Sache des persönlichen Geschmacks.
Seine Einstellung zur und seine Einspielung von der Sonate f-Moll op. 57 von Beethoven sind ekelhaft, ob ihn dies als Pianist jedoch im Ganzen abwertet muss jeder für sich entscheiden!
 

Im Zusammenhang mit seinen Äußerungen, über das Werk könnte man das Ganze für einen PR-Streich halten.
Ich halte sowieso nicht viel von Glenn Gould.

Nur um das klar zu stellen:
Glenn Gould ist einer meiner absoluten Lieblingspianisten. Mal weg von Bach jetzt - ich finde seine Interpretationen von Brahms ganz einzigartig und es gibt eine ganz fantastische Einspielung von Beethoven op 110. Seine Appassionata finde ich allerdings auf deutsch gesagt unter aller Sau. Wenn man eine solche Abneigung gegen ein Stück hat, dann soll man das meinetwegen sagen und begründen, aber es auseinander zu nehmen und zu verunstalteten muss nicht sein. Davon unabhängig liebe ich Gould aber!
 
Glenn Gould ist mit Sicherheit einer der
polyphonsten
in der sog. kleinen Technik besten
artikularionstechnisch vielfältigsten
intelligentesten
geschäftstüchtigsten
neugierigsten
interessantesten
....
Pianisten des 20. Jh.!

Ich würde nicht alle Punkte unterschreiben. Einer der größten Pianisten des 20. Jahrhunderts ist er für mich, weil sein rhythmisches Genie und sein Gespür für Timing absolut einzigartig war. Gould machte viele Dinge, die mir nicht unbedingt gefallen - aber wie er diese Dinge machte, ist in jeder Hinsicht erstaunlich und zwingend. Ich kenne nur zwei Musiker, die das auf diesem Niveau auch können bzw. konnten: Wilhelm Furtwängler und Christian Thielemann.
 
Da würde mich mal interessieren, wo sich das „ rhythmische Genie „ und das einzigartige „ Gespür für Timing „ bei G.G. denn bewundern lässt und warum das bei Gould im Vergleich zur pianistischen Spitzenklasse wie etwa Kissin, Trifonov oder Horowitz so bemerkenswert sein soll.
Ist leider etwas schwammig aber klingt unglaublich kompetent. :lol:
 

Darum:
G

Ob man seine Marotten, seine Tempi, seinen extrem direkt aufgenommenen Klang, ...
mag oder nicht ist eine Sache des persönlichen Geschmacks.
Seine Einstellung zur und seine Einspielung von der Sonate f-Moll op. 57 von Beethoven sind ekelhaft, ob ihn dies als Pianist jedoch im Ganzen abwertet muss jeder für sich entscheiden!

ich finde seine Interpretationen von Brahms ganz einzigartig /
Ich erinnere mich nur an eine Aufnahme von der Rhapsodie Op. 79 Nr. 2 in g-Moll. Das würde ich sagen ist eine der schlechtesten, vielleicht sogar die schlechteste Aufnahme eines Profimusikers, die ich jemals gehört habe. Habe das angehört, weil ich das Stück zu der Zeit selbst geübt habe. Das war ohne Übertreibung ohne jegliche Melodiebögen wie mit dem Metronom lustlos runtergehämmert, fast noch schlimmer als seine Appassionata.
Kann aber sein, dass anderes besser ist.
Also ich konnte bislang nur einem Teil von seinen Bachinterpretationen etwas abgewinnen.


es gibt eine ganz fantastische Einspielung von Beethoven op 110.

Muss ich mir mal anhören. 101-111 sind immer eine sehr spezielle Sache, da gefallen mir viele Interpretationen nicht.


Seine Appassionata finde ich allerdings auf deutsch gesagt unter aller Sau. Wenn man eine solche Abneigung gegen ein Stück hat, dann soll man das meinetwegen sagen und begründen, aber es auseinander zu nehmen und zu verunstalteten muss nicht sein.

100% Zustimmung.

Da würde mich mal interessieren, wo sich das „ rhythmische Genie „ und das einzigartige „ Gespür für Timing „ bei G.G. denn bewundern lässt und warum das bei Gould im Vergleich zur pianistischen Spitzenklasse wie etwa Kissin, Trifonov oder Horowitz so bemerkenswert sein soll.

Was das angeht, sehe ich Gulda ganz vorne.
 
Ich erinnere mich nur an eine Aufnahme von der Rhapsodie Op. 79 Nr. 2 in g-Moll.

Op 79/1 und einige der Klavierstücke op 117/118/119 hat er auch eingespielt. Man hört auf jeden Fall, dass er Brahms mochte. Und er spielt ihn auf seine eigene, ungewöhnliche Art. Da ich op 79/1 am Spielen bin, habe ich verschiedene Interpretationen angehört. Gould fällt halt schon aus dem Raster, beim ersten Hören vielleicht etwas irritiert, nach 2-3 mal hören überzeugt er mich aber dann doch auf ganzer Linie. Aber bis auf wenige Ausnahmen finde ich ihn einfach toll und kann (außer Gulda mit Mozart) keinen anderen Pianisten so gut verstehen.
Wenn es um Bach geht, finde ich, geht es nicht besser. Gleichwertig (anders): ja!
 
Da würde mich mal interessieren, wo sich das „ rhythmische Genie „ und das einzigartige „ Gespür für Timing „ bei G.G. denn bewundern lässt und warum das bei Gould im Vergleich zur pianistischen Spitzenklasse wie etwa Kissin, Trifonov oder Horowitz so bemerkenswert sein soll.

Nein, es interessiert dich nicht. Sonst würdest du anders schreiben.
 
Ist ein Pianist auch dann ein Genie, wenn er kein Vorbild für die J6gend ist?

Glenn Gould - oder jeden beliebigen andeen großen Pianisten - zu imitieren, oder seine Qualität am eigenen Wunsch so zu spielen festzumachen ist doch sehr naiv!
 
Ist ein Pianist auch dann ein Genie, wenn er kein Vorbild für die J6gend ist?

Vom Lebensstil oder von seinem Klavierspiel her? Beim Klavierspiel kann man drüber diskutieren, ob es überhaupt möglich ist, ein Genie zu sein und nicht zumindest In Teilen Vorbild.

Also bei Glenn Gould finde ich das meiste, was ich gehört habe, zwar ziemlich bescheiden, ein paar sehr gute Sachen sind aber schon auch dabei (wobei das Gesumme einem den Genuss dann schnell wieder versaut).

Gulda finde ich z.B. (wie auch GG) ganz und gar nicht sympathisch, aber dafür ist jede Aufnahme mindestens sehr gut, wenn nicht überragend.

Seinen Charakter halte ich für nicht vorbildhaft, über sein Auftreten kann man diskutieren.
Ob es als Vorbild taugt, hängt auch davon ab, ob derjenige es sich leisten kann, sich so zu verhalten.
 

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