Stilblüte in New York

Mir hat heute jemand einen interessanten Artikel über die Mannes School geschickt (auf Englisch), falls es jemanden interessiert:
http://musicschoolcentral.com/one-nyc-music-school-changing-future-music-education/
Es geht darum, dass die Schule (endlich) den Aspekt des "Mensch-Sein-im-21-Jahrhundert" nicht mehr vom "Musiker-Sein" abkoppelt, mit allem, was dazu gehört. Also weg mit der Käseglocke - und die entsprechende Ausbildung bitte.
Ob das nun schön dahergerdet ist oder wirklich umgesetzt werden kann bzw. wird, ist natürlich die andere Frage.
 
Nächstes Kapitel in der Fortsetzungsgeschichte: Heute war das Stipendienvorspiel.
Leider war die angegebene Zeit auf meiner Einladung nicht die Vorspiel-Zeit, sondern die Einspielzeit. Womit die Vorspielzeit ungefähr zwei Stunden später gewesen wäre (aber nicht, dass ich mich dann zwei Stunden hätte einspielen können...) womit mein Zug während meines Vorspiels abgefahren wäre.
Zufällig ist jemand ausgefallen, womit meine Vorspielzeit freundlicherweise um eine Stunde vorverlegt wurde. Man ist ja flexibel.
Es ist natürlich bedauerlich, dass nicht die ganze Welt in Bonn wohnt, aber die wenigen Abtrünnigen der 400 Bewerber müssen natürlich auch irgendwie abends nach Hause kommen, vor allem, wenn sie am nächsten Früh um 9 Uhr eine Quintettprobe haben ;-)

Nundenn, ich habe dann vorsichtig gefragt, wieviel ich eigentlich spielen werde. Vorbereitet werden sollten mindestens 30 Minuten aus drei Epochen (darunter Neue Musik), ich hatte etwa 45 Minuten Programm. Es hieß dann, ich soll so 10 Minuten spielen.
Letztenendes war es so: Ich habe höchstens fünf Minuten gespielt und wurde jeweils nach ganz kurzer Zeit abgebrochen (u.a. 4. Chopoinballade bis kurz nach dem ersten virtuosen Ausbruch und die Toccata von Ravel, so ungefähr die erste Minute). Zugehört haben mindestens 30 Professoren und Herrschaften in politischer U-Form um den Flügel herum, zielmich weit weg.
Anschließend wurde ich auf einen Hocker in der Mitte des Kreises gebeten und ausgefragt, wobei dieses Interview auch höchstens fünf Minuten gedauert hat.

Diese mäßig repräsentative Vorstellung einer eher unnatürlichen Konzertsituation nebst drei Fragen entscheidet nun über grob geschätzt 30.000 Euro haben oder nicht haben :-P
(Kommentar meiner Mutter: "Das ist ja wie Lotterie-Spiel". Vielleicht hat sie Recht?).

Das Ergebnis erhalte ich leider oder zum Glück erst nach meiner Aufnahmeprüfung in New York.
Ich verbleibe mal mit den Worten des 100jährigen, der aus dem Fenster stieg und verschwand (allerdings nicht nach New York): Es ist wie es ist und es kommt wie es kommt.

bis bald, eure Stilblüte
 
Zuletzt bearbeitet:
@Stilblüte : Ich drück Dir auch die Daumen! Und selbst wenn es keine 30000 Flöhe gibt, solltest Du Dir Amerika "an Land ziehen". Der westliche, AMERIKANISCHE Einfluss ist doch so wichtig für Klavierspieler...:
Lasst uns daher laut ausrufen: "Freiiii-heiiit!!! :pokal::super:" ( Da haben sie doch sogar eine Statue! )

LG, - Gottschalk of Louisiana -


( Ja, für den gabs auch mal ne Statue, aufm Friedhof, wenn Du in NY bist, kannst Du ja mal hingehen, http://de.wikipedia.org/wiki/Green-Wood_Cemetery
die Statue wurde aber von Nichtsnutzen beschädigt oder zerstört, http://cityroom.blogs.nytimes.com/2010/05/03/a-brooklyn-mystery-solved-vandals-did-it-in-1959/?_r=0 )

Wenn Du Zeit hast, dort hinzugehen, style, kannst Du ja mal ne Zeile schreiben, wie es da aussieht. Mehrere modernde maßgebliche Menschengebeine sind ja dort verscharrt, auf diesem Friedhof...er ist wohl eine Sehenswürdigkeit.
Hätte ich nicht Flugangst, würde ich selbst mal hinfliegen, um den Friedhof zu betrachten. :super:
 
Das hätte durchaus Vorteile: Vorbereitung kaum aufwendig, kurze Anfahrt, Kreuzchenmachen erfordert kein Einspielen und ist manuell einfacher als die 4. Ballade, keine Beurteilung fragwürdiger Experten, keine langes Warten auf die Entscheidung, erzielbares finanzielles Ergebnis wesentlich höher. Nur die Chance ist etwas geringer als 1/400.;-)
 
mindestens 30 mäßig interessiert dreinblickende Herrschaften in politischer U-Form

Ich kann dir aus eigener Stipendiums-Bewerbungs-Erfahrung (allerdings in den Geisteswissenschaften) versichern: solche Typen trifft man dort öfter... Vielleicht sind's ja sogar immer dieselben... :-D Heißt aber nicht, dass es nicht klappen kann mit der "Lotterie"! Also weiterhin viel Glück!
 
Ich hoffe und wünsche dir, dass es klappt!

LG, Mick
 
Oh, ich hab mich ja schon vorher bei 14 anderen Stipendien beworben, ich weiß also längst, wie das läuft. Nur weiß ich immer noch nicht, wie man gewinnt. Weil es nämlich nie eine Rückmeldung gibt...
 
Ein Schüler von mir hat sich bei einer Stiftung beworben, wo es eine persönliche, telefonische Rückmeldung gab, das fand ich echt toll.
Aber vermutlich kann eine Absage in vielen Fällen einfach gar nicht wirklich begründet werden. Oder nur mit Gründen wie "Klavierstudenten brauchen wir nicht" oder "Sie waren halt nicht charismatisch genug".
 

Nächstes Kapitel in der Fortsetzungsgeschichte: Heute war das Stipendienvorspiel beim DAAD.
Man sollte ja meinen, dass so ein großer und lange existierender Verein es mittlerweile geschafft hat, solche Bewerbungsvorspiele reibungslos zu organisieren, allerdings...
...war die angegebene Zeit auf meiner Einladung nicht die Vorspiel-Zeit, sondern die Einspielzeit. Womit die Vorspielzeit ungefähr zwei Stunden später gewesen wäre (aber nicht, dass ich mich dann zwei Stunden hätte einspielen können...) womit mein Zug während meines Vorspiels abgefahren wäre.
Zufällig ist jemand ausgefallen, womit meine Vorspielzeit um eine Stunde vorverlegt wurde. Man ist ja flexibel.
Es ist natürlich eine Schande, dass nicht die ganze Welt in Bonn wohnt, aber die wenigen Abtrünnigen der 400 Bewerber müssen natürlich auch irgendwie abends nach Hause kommen, vor allem, wenn sie am nächsten Früh um 9 Uhr eine Quintettprobe haben ;-)

Nundenn, ich habe dann irgendwann vorsichtig gefragt, wieviel ich eigentlich spielen werde. Vorbereitet werden sollten mindestens 30 Minuten aus drei Epochen (darunter Neue Musik), ich hatte etwa 45 Minuten Programm. Es hieß dann, ich soll so 10 Minuten spielen.
Das Ende vom Lied: Ich habe höchstens fünf Minuten gespielt und wurde jeweils nach ganz kurzer Zeit abgebrochen (u.a. 4. Chopoinballade bis kurz nach dem ersten virtuosen Ausbruch und die Toccata von Ravel, so ungefähr die erste Minute). Zugehört haben mindestens 30 mäßig interessiert dreinblickende Herrschaften in politischer U-Form um den Flügel herum, möglichst weit weg.
Anschließend wurde ich auf einen Hocker in der Mitte des erlauchten Kreises gebeten und ausgefragt, wobei dieses Interview auch höchstens fünf Minuten gedauert hat.

Und diese wenig repräsentative Vorstellung einer völlig unnatürlichen Konzertsituation nebst drei Fragen entscheidet nun über grob geschätzt 30.000 Euro haben oder nicht haben :-P
(Kommentar meiner Mutter: "Das ist ja wie Lotterie-Spiel". Vermutlich hat sie Recht).

Das Ergebnis erhalte ich leider oder zum Glück erst nach meiner Aufnahmeprüfung in New York.
Ich verbleibe mal mit den Worten des 100jährigen, der aus dem Fenster stieg und verschwand (allerdings nicht nach New York): Es ist wie es ist und es kommt wie es kommt.

bis bald, eure Stilblüte
Ich drücke auf jeden Fall die Daumen ! Da ich selbst schon Auswahlgespräche für die Studienstiftung des Deutschen Volkes geführt habe und auch ansonsten im Nebenberuf im Hochschulumfeld tätig bin, kenne ich auch die andere Seite und halte den Ablauf dort nicht für ganz ungewöhnlich. Es wird halt überall nur mit Wasser gekocht und vollkommene Gerechtigkeit kann man nicht herstellen, schon gar nicht bei 400 Bewerbern an einem Tag. Und da es ja für die Teilnehmer immerhin um 30T€ und ein Auslandsstudium geht, gehen die Organisatoren wahrscheinlich stillschweigend davon aus, dass die Teilnehmer bei der Rückreise flexibel buchen. Auf jeden Fall wünsche ich Dir, dass Du bei den Auserwählten bist !
 
Na dann drücke auch ich die Daumen! Werde aber in zwei Wochen schon einmal die Luft des Big Appel vorschnuppern ;)
 
kenne ich auch die andere Seite und halte den Ablauf dort nicht für ganz ungewöhnlich.

Zumal die Hauptmasse der Mitbewerber ja schon ausgesiebt ist und der Auftritt in Bonn bedeutet, daß man wirklich zu den ernsthaften KandidatInnen zählt (eine meiner Töchter hat die Prozedur für das USA-Jahresstipendium einmal absolviert, da sind von über 1000 Bewerbern am Ende 50 in Bonn angekommen und etwa die Hälfte ist dann auch genommen worden) und die Auswahlkommission sich somit auf wenige Punkte konzentrieren kann. Und in der sitzen neben Bürokraten natürlich auch Fachleute und Psychologen (meist -innen ;)). Wenn ich nun andernorts auf diesem Forum lese, daß bei Wettbewerben auch nach wenigen Minuten abgebrochen wird, dann scheint es doch so zu sein, daß die Zeit reicht, um einen hinlänglichen Eindruck zu bieten. Und dasselbe gilt auch für die paar Minuten Gespräch, denn die Kommissionsmitglieder haben da doch viel Erfahrung. Selbst wenn da nur 20 Leute angetreten sind und jeder eine halbe Stunde examiniert werden müßte, wäre es völlig illusorisch anzunehmen, daß nach 10 Stunden noch ein greifbarer Eindruck von denen da ist, die als erste aufgetreten sind, Protokoll hin oder her. Ich würde also das ganze nicht von vorneherein als Lotterie verdammen. Ich habe allerlei Gutachtertätigkeit für DAAD, DFG und die Stipendienwerke hinter mir und nie den Eindruck gehabt, daß da gemauschelt oder geschludert wird. Nebenbei bemerkt - wenn ich mir Hoffnungen mache, daß mir jemand 30000 E. gibt (und das dürften wohl nur die Studiengeühren sein; Flug und Unterhaltskosten werden ja i.d.R. vom DAAD auch bezahlt), würde ich ihn nicht öffentlich der Fahrlässigkeit bezichtigen.

Also - hoffentlich klappt es!
 
Zuletzt bearbeitet:
Anschließend wurde ich auf einen Hocker in der Mitte des erlauchten Kreises gebeten und ausgefragt, wobei dieses Interview auch höchstens fünf Minuten gedauert hat.

Und diese wenig repräsentative Vorstellung einer völlig unnatürlichen Konzertsituation nebst drei Fragen entscheidet nun über grob geschätzt 30.000 Euro haben oder nicht haben :-P
(Kommentar meiner Mutter: "Das ist ja wie Lotterie-Spiel". Vermutlich hat sie Recht).

Gerade was Interviews angeht ist es tatsächlich so, wie es heißt, dass Sympathie und/oder Urteil binnen weniger Sekunden feststehen. Ich sitze bei mir im Job auch ab und zu in solchen Kommissionen (sowohl was Bewerbungsgespräche als auch was Bewerbungen um wissenschaftliche Förderung angeht) und weiß nach einer Minute, was ich von der Person (nicht fachlich, sondern persönlich, und darum geht’s ja bei solchen Gesprächen, alles andere entnimmt man eh den Unterlagen) zu halten habe. Und kann das dann auch ziemlich gut begründen. Da muss man also gar nicht mehr Zeit aufwenden …

@Stilblüte : Drücke Dir alle Daumen!

Gruß

lavendel

P.S. Ich wäre übrigens auch vorsichtig, über eine Institution, von der DU was willst (DIE brauchen DICH nicht ;-)) öffentlich so zu schreiben ... Wenn ich entdecken würde, dass einer "meiner" Bewerber so über meine Organisation schreibt, flöge der hochkant aus jeder Überlegung, ihn zu fördern .... Hat auch was mit Loyalität zu tun.
 
So ganz stimmen die Schlussfolgerungen noch nicht - die 400 Bewerber sind tatäschlich fast alle, die sich auch schriftlich beworben haben. Wobei ich das so verstanden habe, dass nicht alle persönlich eingeladen werden bzw. wurden. Es können sich ja Deutsche und Ausländer bewerben, und ich glaube von den Ausländern wird in manchen Gremien ohne persönliche Auswahl entschieden.
Und auch nicht alle 400 an einem Tag, das möchte man natürlich keinem zumuten, sondern es sind mehrere Auswahltagungen, die länger als 24 Stunden dauern ;)

Was @lavendel schreibt, kenne ich auch. Ein Urteil über einen Menschen steht nach wenigen Sekunden fest und ist dann auch ziemlich klar, nachdem man drei Sätze gewechselt hat, so geht es mir auch persönlich.
Allerdings ist eine Stipendienbewerbung ja noch ein bisschen anders, denn es geht nicht so sehr darum, ob Persönlichkeiten übereinstimmen und die Wellenlänge passt, denn eine Zusammenarbeit ist ja nicht vorgesehen. Sondern es geht denke ich darum, dass überhaupt Persönlichkeit und (irgendwie interessanter) Charakter vorhanden ist, Leistungswillen, Organisations- und Planfähigkeit, eine gewisse Wordgewandheit und so weiter. Schlielich präsentieren wir auch irgendwie Deutschland nach außen als Leute, die eine große deutsche Förderung erhalten (das meiste Geld kommt aus öffentlichen Mitteln).
Klar kann bei einer solchen Menschenmasse kein Teeseminar mit jedem einzelnen abgehalten werden, und je weniger Kosten Auswahlseminare verursachen, desto mehr Geld bleibt für Förderung auch übrig.

Im Gegenzug bleibt halt immer die "Gefahr" bestehen, dass z.B. schüchterne Menschen oder solche, die einen kurzen Moment der Gewöhnung brauchen, hintenrunter fallen. Dabei braucht man in der Gesellschaft doch genauso auch besonnene, etwas langsamer agierende Menschen, die länger über etwas nachdenken, viel beobachten, sich nicht nach vorne drängen usw.

Aber ich habe leicht Reden, ich war auch noch nie Teil von so einer Kommission.
 
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Dann erkläre uns doch bitte mal, wie das Auswahlverfahren hier läuft. So wie Du es schreibst, klingt es ja, als ob ihr erst in der Vorrunde wärt. Wenn das so ist, wäre auch der "Durchschleußungsprozeß" kein Wunder. Gibt es da keine weiteren Runden? Ich kenne die Prozedur aus den geisteswiss. Fächern etwa so: (1) schriftliche Vorauswahl (vorher TOEFL-Test), (2) Einzel-Bewerbungsgespräche mit den verbliebenen Teilnehmern, (3) Auswahl unter den Empfohlenen und deren Einladung nach Bonn zum "Verhör". Kommt bei Dir noch was? Und wie heißt denn das Stipendienprogramm genau?
 
wenn ich mir Hoffnungen mache, daß mir jemand 30000 E. gibt würde ich ihn nicht öffentlich der Fahrlässigkeit bezichtigen.
P.S. Ich wäre übrigens auch vorsichtig, über eine Institution, von der DU was willst öffentlich so zu schreiben ...
Vielleicht sollte ich mal meine Bewerbungsunterlagen hier hochladen? :lol:
Also im Ernst, ich denke nicht, dass die meine schriftliche Bewerbung überhaupt genau gelesen haben bzw. lesen konnten. Wer soll sich denn mit 400 Bewerbungen beschäftigen? Das kann doch kein Mensch leisten. Da zählt der Gesamteindruck, das wird auf verschiedene Personen aufgeteilt, quergelesen und so weiter.

Aber ich hoffe dennoch, dass nicht nur die sehr knappen Minuten ausschlaggebend sind, sondern auch die Bewerbung, die fand ich nämlich schon gelungen.

Und Fahrlässig finde ich das nicht, das ist das falsche Wort. Es ist halt einfach nicht möglich, jedem in angemessener Weise gerecht zu werden, im direkten und übertragenen Sinne. Ich hätte denen gerne drei Stunden was erzählt, aber das geht halt nicht.
Ein bisschen mehr Zuwendung hätte ich aber schön gefunden, so einen Abschluss wie "Haben Sie noch eine Frage?" oder "Möchten Sie noch etwas sagen?"
Wenn das nicht kommt, traue ich mich auch nicht, noch von mir aus zu sprechen, das könnte vorlaut und wichtigtuerisch kommen. Man weiß halt nie, wie es richtig ist.

Friedrich, zum Ablauf:
Ich nehme an, dass die Musikerauswahl anders läuft. Die schriftliche Bewerbung war sehr umfangreich, umfasste TOEFL-Test, Bewerbungsformular, tabellarischen Lebenslauf, sehr ausführlichen Fließtext über Vorhaben, Persönlichkeit, Studienverlauf, Bio usw., zwei Empfehlungsschreiben, Zeugnisse, und bestimmt hab ich noch was vergessen.
Die persönliche Auswahl ist nun der zweite Schritt und beinhaltet ein Vorspiel und ein Gespräch. Bei mir ist das halt einfach sehr kurz ausgefallen. Kann gut oder schlecht sein oder unbedeutend.
Jeder Bewerber erhält eine Punktzahl, die dann eine Rangfolge ergibt, und die ersten X bekommen ein Stipendium.
 
Ein bisschen mehr Zuwendung hätte ich aber schön gefunden, so einen Abschluss wie "Haben Sie noch eine Frage?" oder "Möchten Sie noch etwas sagen?"
Da gebe ich Dir vollkommen recht. Denn die Leute, denen Du da Respekt zollen sollst, zahlen Dir die 30 Mille ja nicht aus eigener Tasche, sondern sind lediglich Verwalter FREMDEN Geldes! Das führt bei kleinen Geistern aber dennoch schon mal gerne zu Größenwahn und Unhöflichkeit.
 
Das führt bei kleinen Geistern aber dennoch schon mal gerne zu Größenwahn und Unhöflichkeit.

So, da geb ich Dir jetzt mal in aller Form Kontra, denn sei mir nicht böse, das ist doch ein starkes Wort. Ich kannte die DAAD-Prozedur bei den Musikern nicht und bin ein wenig überrascht, daß da 400 in der Endrunde sind, die dann notwendigerweise dem einzelnen nicht viel Aufmerksamkeit schenken kann; bei den Geisteswissenschaftlern ist das, wie oben geschrieben, anders. Doch auch bei diesem Auswahlmodus von "kleinen Geistern" zu reden, ohne auch nur einen dieser Geister, wie ich vermute, zu kennen, ist ziemlich heftig. Hast Du eine wirklich Ahnung, was für eine Arbeit so eine Gutachtertätigkeit ist? Da sitzt man ein, zwei Tage (in diesem Falle offenkundig sogar mehr), in denen man weiß Gott was dringenderes zu tun hätte. Man bekommt dafür - nichts, außer den Reisekosten, denn wir sind ja schließlich keine Juristen und Mediziner, bei denen robustere Sitten herrschen. Wenn es um schriftliche Gutachten "nach Verhör" geht, braucht man eine Stunde Zeit für das Gespräch, macht sich dann Notizen und formuliert danach das ganze - flugs sind 2-3 Stunden zum Teufel. Bei Gutachten für langfristige Habil-Stipendien muß man sich durch das ganze Schriftgut, das die Leute bisher produziert haben, arbeiten, da ist auch mal eine ganze Woche perdu. Und dennoch macht das praktisch jeder, der gebeten wird, einfach weil es eine, altmodisch gesagt, Ehrenpflicht ist, der man sich nicht entziehen kann. Und ich habe noch nie jemand kennengelernt, der sie zum Anlaß nahm, sein Mütchen zu kühlen oder Größenwahn zu entwickeln; das hat weiß Gott da niemand nötig. Kleingeistig ist es, ohne Einblick in die Materie sich in die allgemeine deutsche Mecker- und Maulpose zu werfen, und dem anderen einfach prophylaktisch mal die Ehre abzuschneiden.
 
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