Rhythmische Akzentuierung - ein wichtiges Thema, dem häufig zu wenig Beachtung geschenkt wird. Ich meine damit die Akzentuierung (dynamische Abstufung) melodischer Floskeln je nach ihrer Lage im Takt.
Ich hoffe, daß aus meinen Beispielen ersichtlich wird, wovon ich rede. Es geht also nicht um Akzentzeichen, sondern um die Akzentuierung unbezeichneter Notengruppen.
Sehr gut Haydnspaß. Das ist ein sehr interessantes Thema.
Natürlich, der "Klassiker" schreit hier sofort nach Beispielen. Der "Jazzer" sagt, danke für die Anregungen. :D
Das ganze nennt sich im Fachjargon Superimposition, die im Gegensatz zur Subdivision steht.
Verschiebungen sind gleichzeitig auch Ausgangsmaterial für Polyrhythmik, denn irgendwann werden beide Einsen, nämlich die des Metrums und die der Phrase, wieder zusammen kommen. Das wäre dann ein Periode. Joseph Schillinger leitet auf dieser Basis schließlich alle rhythmischen Figuren ab.
In einem anderen Forum schrieb ich mal Folgendes über dieses musikalisch Phänomen:
die Verhältnisse 2:3, 3:4, 3:5, 4:5, 2:7 etc. sind akustisch gesehen alle als Interferenz (Addition) zweier gleichzeitig laufender Wellen (Pulse) mit verschiedenen Geschwindigkeiten zu verstehen.
Die oben aufgeführten Verhältnisse sind allerdings alle sehr einfach verglichen mit denen in der Natur, die dort in allen erdenklichen Nuancierungen vorkommen. Ich stelle mir dabei immer die mit unterschiedlicher Geschwindigkeit um die Sonne kreisenden Planeten vor. Gesetzt den Fall, Erde und Venus würden von einem gemeinsamen Punkt aus starten. Wie viele Jahre (Kreise die die Erde um die Sonne zieht) würde es dauern bis Erde und Venus sich wieder an genau demselben Platz im Universum treffen würden? Würden beide Planeten jeweils beim Passieren des Startpunktes einen Klick von sich geben, ergäbe das akustische Ereignis insgesamt betrachtet eine Interferenz (Addition) zweier gleichzeitig laufender Ereignisse (Pulse). Die Periode dieser Interferenz wäre abgeschlossen wenn sich beide Objekte wieder am Ausgangspunkt treffen würden.
Ein anderes Beispiel wäre, wenn zwei verschieden große Menschen gleichzeitig nebeneinander laufen. Die Schritte werden sich immer nach einer bestimmten Periode, die ist natürlich abhängig von der jeweiligen Schrittgeschwindigkeit der einzelnen Personen, wieder auf den Punkt treffen. So entsteht Rhythmus! Interferenz = Rhythmus!
Würde nur ein einzelner Mensch laufen, könnte man nur von einem Puls reden. Ein Puls, Tok, Tok, Tok, Tok, ist aber noch lange kein Rhythmus sondern eben „nur“ ein Puls. Der wiederum ist allerdings die Ausgangsbasis um einen Rhythmus zu erzeugen. Erst wenn man zwei verschieden schnelle Pulse gleichzeitig laufen lässt kann Rhythmus entstehen.
Das einfachste Verhältnis ist wohl 1:2. Während der Eine einen Schritt tut, macht der Andere 2. Niemand würde über so etwas näher nachdenken, da es als banal und selbstverständlich empfunden wird. Reden wir aber vom Verhältnis 2:3 werden viele schon hellhörig. Wie kann das gehen? 2 gleichmäßig pulsierende Schläge präzise in derselben Zeit, in der auch 3 gleichmäßig pulsierende Schläge gesetzt werden zu spielen?
Des Rätsels Lösung zur musikalischen Realisierung des Bruches liegt in der Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner.
Wir multiplizieren also beide Zahlen und erhalten damit die kleinste Einheit (Nenner) die benötigt wird um das Verhältnis beider Zahlen darzustellen. In unserem Falle wäre die Rechnung: 2 x 3 = 6. (Musikalisch ausgedrückt können das dann später 6 Viertel, 6 Achtel oder sonst etwas sein.)
Also um 3 Schläge darzustellen müsste man den Nenner 6 folgendermaßen unterteilen:
2/6 + 2/6 + 2/6 = 6/6
Und um die 2 Schläge auszudrücken so:
3/6 + 3/6 = 6/6
Das Gleiche nochmals grafisch ausgedrückt:
(o = Schlag, x = Pause, o und x haben den selben rhythmischen Wert)
oxoxox (3 Schläge)
oxxoxx (2 Schläge)
Nun muss man nur noch beide „Pulse“ addieren. Das macht man dann am Besten wieder grafisch.
Addition beider Pulse:
oxooox
Das wäre also der Rhythmus der das Verhältnis 2 gegen 3 darstellt.
Das Verhältnis 3:4.
3 x 4 = 12
12 ist also der kleinste gemeinsame Nenner.
4/12 + 4/12 + 4/12 = 12/12 (3 Schläge)
3/12 + 3/12 + 3/12 + 3/12 = 12/12 (4 Schläge)
Grafisch dargestellt:
oxxxoxxxoxxx
oxxoxxoxxoxx
Addition:
oxxooxoxooxx
Das Verhältnis 3:5.
3 x 5 = 15
15 ist der kleinste mögliche Nenner.
5/15 + 5 /15 + 5/15 = 15/15
3/15 + 3/15 + 3/15 + 3/15 + 3/15 = 15/15
Grafisch dargestellt:
xooooxooooxoooo
xooxooxooxooxoo
Addition:
oxxoxooxxooxooo