Guten Tag!
Nach Lektüre der zurückliegenden Beiträge melde ich mich zu Wort - nicht ohne den Zusatz,
daß ich über das Ausmaß an Ignoranz, das bei einigen zutagegetreten ist, erschüttert bin.
Ich will versuchen, meine Gedanken coram publico auszuformulieren,
und zwar möglichst systematisch.
1.) Vorweg: Destenay stellt eine Pianistin vor, die ein Konzert im Vatikan gibt,
und bittet die Forum
smitglieder um ihre Meinung. Ein Forum
smitglied -
pppetc - äußert daraufhin seine Meinung, die als off-topic eingestuft wird,
weil sie von der Pianistin weg zu den Problemen führt, die der Aufführungsort verursacht.
Der Vorwurf, off-topic zu argumentieren, erscheint mir prinzipiell fragwürdig.
Er impliziert einen durch den Threadtitel quasi determinierten Gesprächsverlauf,
der es erlaubt, jede davon abweichende Denkfigur zu ächten. Das ist mit der Idee
der Forumsöffentlichkeit unvereinbar. Der Versuch, einen bestimmten Gesprächsverlauf
zu ächten, belegt nur eines: das Bedürfnis, Diskurshoheit dadurch zu erlangen,
daß man anderen das Maul verbietet. Außerdem diskreditiert sich der off-topic-Vorwurf
durch selektiven Gebrauch wie von selbst. Ich habe in diesem Forum noch keinen Puristen erlebt,
der sich hier nicht auch schon "mit Nebendingen beschäftigt" (Professor Unrat)
oder angebliche Themenabweichungen geduldet hätte, wenn's ihm nur in den Kram paßt.
Ferner: Wer einen Diskussionsverlauf nur selektiv zur Kenntnis nimmt,
d.h. verlinkte Text-, Audio- oder Videodateien als Bestandteil eines Beitrags ignoriert,
sollte sich besser nicht zu Wort melden.
2.) Kindesmißbrauch ist eines der schwersten Verbrechen schlechthin: an wehrlosen Menschen verübt,
die für den Rest ihres Lebens traumatisiert bleiben. Pädophil veranlagte Menschen
sind nicht steuerungsfähig. Sie w o l l e n die vollständige Machtausübung,
die ihnen der sexuelle Mißbrauch verschafft (nur wem der heroische Kraftakt gelingt,
sich das Ausleben dieser Bedürfnisse prinzipiell zu versagen, dem tue ich unrecht).
Aus dieser Einsicht heraus wird heute die "nachträgliche Sicherungsverwahrung" verhängt,
nicht als Fortsetzung der Strafe - auch wenn es in der Praxis auf eine fortgesetzte Einschränkung
der Handlungsautonomie des Betroffenen hinausläuft -, sondern zum Schutz anderer
wie auch des Täters vor sich selbst.
3.) Pädophile gehen den Weg des geringsten Widerstands. Darum findet
Pädophilie am häufigsten in der Familie und in deren näherem Umfeld statt -
sowie in Organisationen mit einem ausgeprägten Machtgefälle zwischen Alt und Jung:
also in Kirchengemeinden, Internaten und Sportvereinen eher als in einem Kaninchenzüchterverein.
4.) Die Reaktionen dritter auf sexuellen Mißbrauch scheinen überall nach demselben Verhaltensmuster
abzulaufen: dem Beschweigen - egal ob in den Familien, Kirchen, Schulen oder Vereinen.
Das Verhalten sonst rational handelnder Menschen wird hier plötzlich irrational. Der eigene Ruf,
der Schutz eines Angehörigen oder Nahestehenden, die Sorge um die Glaubwürdigkeit
einer Institution oder der von ihr vertretenen "guten Sache" haben Vorrang vor dem Nächstliegenden:
dem Schutz des Opfers - der Betreuung des Opfers.
5.) Eine Institution wie die Kirche, die entschieden mehr ist als die moralische Instanz,
als die sie wahrgenommen wird, die vielmehr ihrem Selbstverständnis nach Sakrament ist,
deren Hauptaufgabe darin besteht, anderen den von ihr verkündigten Glaubensinhalt
glaubwürdig vorzuleben und zu deren nicht geringster Aufgabe die Seelsorge gehört,
schändet sich, wenn sie Täter in ihren Kreisen nicht sofort isoliert, ihrer Ämter enthebt
und der weltlichen Gerichtsbarkeit zuführt, mit anderen Worten: wenn sie die Täter weiter agieren läßt.
Ich danke Rolf für das Gregor-Zitat:
Zitat von Gregor I. der Große:
Besser, es gibt Skandale, als daß die Wahrheit zu kurz kommt.
Gruß, Gomez
.