Orgelspielen ohne Kirchenzugehörigkeit?

Wir sollten also Tätigkeiten, die im Dienst eines Ideals stehen und in der Regel auch mit einem wie auch immer gearteten Treueversprechen bewehrt sind, von Tätigkeiten in solchen Bereichen unterscheiden, wo Kirchen und andere Verbände tatsächlich nur sozusagen als Subunternehmer des Staates oder der Gemeinden tätig werden.
Nicht umsonst existiert die Vokabel "Tendenzbetrieb" - wer dort tätig sein möchte, bringt idealerweise den dazu passenden "Stallgeruch" mit. Anderenfalls schlüpft er nur in eine zu spielende Rolle, die er umso schwieriger auszufüllen vermag, je weiter er sich aus freien Stücken abseits der repräsentierten Institution positionieren würde. Spannungen sind da vorprogrammiert - falls Alternativen bestehen, lässt man von solch einer heiklen Konstellation doch besser die Finger.

LG von Rheinkultur
 
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Ich habe jetzt den ganzen Faden gelesen und mir ist noch nicht klar geworden, aus welchen sachlichen Gründen es einem Nicht-Gläubigen verwehrt sein sollte, im Gottesdienst zu spielen.
Die Kirchenmusik ist die Verehrung und der Lobpreis Gottes. Wenn ein Nichtgläubiger sich darin betätigt ist das nichts anderes als Heuchelei.
Es ist einfach das ganz normale Verfahren von künstlerischer Darstellung. Braucht man für das Judenquintett in Strauss' Salome fünf Juden oder tun es auch christliche Sänger (oder gar Atheisten! ;) ). Muss der Sänger des Wotan ein Gott sein? Im Gottesdienst sind wir zwar nicht auf der Opernbühne, aber solange es um die künstlerische Realisierung von Musik geht, ändert sich im Prinzip nichts. Es ist gerade der springende Punkt von künstlerischer Darstellung, dass man nicht selbst sein muss, was man darstellt, sondern dass es entsprechende Kunstmittel gibt, die das unnötig machen.

lg marcus
 
Es ist einfach das ganz normale Verfahren von künstlerischer Darstellung. Braucht man für das Judenquintett in Strauss' Salome fünf Juden oder tun es auch christliche Sänger (oder gar Atheisten! ;) ). Muss der Sänger des Wotan ein Gott sein? Im Gottesdienst sind wir zwar nicht auf der Opernbühne, aber solange es um die künstlerische Realisierung von Musik geht, ändert sich im Prinzip nichts.
Naja, das sieht die Glaubensgemeinschaft sicherlich anders. Eine Opernaufführung ist eine Kulturveranstaltung für Musikinteressierte. Ein Gottesdienst ist eine rituelle Zusammenkunft von Gläubigen, die ihren Gott preisen und verehren. Insofern kann man das nicht ganz miteinander vergleichen.
Spannend ist für mich eher die Frage, was denn jetzt genau "Kirchenmusik" ist? Eine Art von Musik, die eine Glaubensgemeinschaft in gewisser Weise für sich beansprucht (das entnehme ich mal dem Digedag-Zitat) und auch nur unter bestimmten Rahmenbedingungen vorgetragen werden darf/soll. Was ist das genau? Ein Choral, Liturgie? Sicherlich. Aber eine Bach'sche Choralbearbeitung aus dem Orgelbüchlein? Ein Präludium von Buxtehude oder Lübeck?
 
Naja, das sieht die Glaubensgemeinschaft sicherlich anders. Eine Opernaufführung ist eine Kulturveranstaltung für Musikinteressierte. Ein Gottesdienst ist eine rituelle Zusammenkunft von Gläubigen, die ihren Gott preisen und verehren. Insofern kann man das nicht ganz miteinander vergleichen.
Spannend ist für mich eher die Frage, was denn jetzt genau "Kirchenmusik" ist? Eine Art von Musik, die eine Glaubensgemeinschaft in gewisser Weise für sich beansprucht (das entnehme ich mal dem Digedag-Zitat) und auch nur unter bestimmten Rahmenbedingungen vorgetragen werden darf/soll. Was ist das genau? Ein Choral, Liturgie? Sicherlich. Aber eine Bach'sche Choralbearbeitung aus dem Orgelbüchlein? Ein Präludium von Buxtehude oder Lübeck?
naja die eigentliche Einschränkung ist die Teilnahme an der Kommunion, der Rest ist eigentlich egal
 
Nicht umsonst existiert die Vokabel "Tendenzbetrieb" - wer dort tätig sein möchte, bringt idealerweise den dazu passenden "Stallgeruch" mit. Anderenfalls schlüpft er nur in eine zu spielende Rolle, die er umso schwieriger auszufüllen vermag, je weiter er sich aus freien Stücken abseits der repräsentierten Institution positionieren würde. Spannungen sind da vorprogrammiert - falls Alternativen bestehen, lässt man von solch einer heiklen Konstellation doch besser die Finger.

LG von Rheinkultur
Eben; wer katholisch ist, sollte nicht bei der Evangelischen Kirche anheuern, nur weil dort der Verdienst höher ausfällt. Ich sehe den Grund dafür allerdings weniger im Stallgeruch, als einmal in der eigenen Glaubensheimat, und zum zweiten in der stark abweichenden Ausbildung. Wenn man mal so eben von hier nach da wechseln könnte, wäre es ja ein leichtes die Studiengänge Ev/Kath. Kimu zusammenzufassen in eine leichtverdauliche Lösung für alle.
 
Eben; wer katholisch ist, sollte nicht bei der Evangelischen Kirche anheuern, nur weil dort der Verdienst höher ausfällt. Ich sehe den Grund dafür allerdings weniger im Stallgeruch, als einmal in der eigenen Glaubensheimat, und zum zweiten in der stark abweichenden Ausbildung. Wenn man mal so eben von hier nach da wechseln könnte, wäre es ja ein leichtes die Studiengänge Ev/Kath. Kimu zusammenzufassen in eine leichtverdauliche Lösung für alle.
Das eigentlich Spannende daran ist, daß dieses "Tendenzbetrieb"-Privileg vollkommen einseitig ist. Katholiken dürfen also Protestanten ausschließen, Konfessionslose jedoch dürfen sich aber ihrerseits nicht entscheiden, zum Beispiel nur Atheisten einzustellen, dann kommt nämlich ganz schnell jemand mit dem Artikel 3 um die Ecke. ;-) Soviel zur Säkularität...
 
Ein Gottesdienst ist eine rituelle Zusammenkunft von Gläubigen, die ihren Gott preisen und verehren. Insofern kann man das nicht ganz miteinander vergleichen.
Spannend ist für mich eher die Frage, was denn jetzt genau "Kirchenmusik" ist? Eine Art von Musik, die eine Glaubensgemeinschaft in gewisser Weise für sich beansprucht (das entnehme ich mal dem Digedag-Zitat) und auch nur unter bestimmten Rahmenbedingungen vorgetragen werden darf/soll. Was ist das genau? Ein Choral, Liturgie? Sicherlich. Aber eine Bach'sche Choralbearbeitung aus dem Orgelbüchlein? Ein Präludium von Buxtehude oder Lübeck?
Ich würde die Frage herunterbrechen auf einen ganz praktischen Ansatz: eine Kirchengemeinde feiert ihren Gottesdienst, dazu braucht sie einen Organisten. Du kannst zwar Orgel spielen (alles hypothetisch), hast aber dezidiert erklärt, dass du mit der Kirchengemeinde und ihren Gebräuchen nichts zu tun haben willst. Erstens, will die Gemeinde so jemanden bei ihrer Feier dabeihaben? Wäre ein bisschen, wie wenn ein Veganer ins Steakhaus eingeladen wird. Und Zweitens: was willst du da? Dich amüsieren, langweilen, oder was kommt erstrebenswertes in Frage. Klar, in der Not sitzt auch mal ein Atheist an der Orgel, aber der Wunsch der Beteiligten wird das nicht sein.
 
Das eigentlich Spannende daran ist, daß dieses "Tendenzbetrieb"-Privileg vollkommen einseitig ist. Katholiken dürfen also Protestanten ausschließen, Konfessionslose jedoch dürfen sich aber ihrerseits nicht entscheiden, zum Beispiel nur Atheisten einzustellen, dann kommt nämlich ganz schnell jemand mit dem Artikel 3 um die Ecke. ;-) Soviel zur Säkularität...

Wie bitte? So ganz verstehe ich nicht, wovon du sprichst, nur soviel noch erklärenderweise zu meinem post: das Gehaltsgefälle ist in Richtung RKK abwärts. Deshalb wird kein Evangelischer Organist auf die Idee kommen, bei einem katholischen Gottesdienst zu spielen.
 
I Du kannst zwar Orgel spielen (alles hypothetisch), hast aber dezidiert erklärt, dass du mit der Kirchengemeinde und ihren Gebräuchen nichts zu tun haben willst. Erstens, will die Gemeinde so jemanden bei ihrer Feier dabeihaben? Wäre ein bisschen, wie wenn ein Veganer ins Steakhaus eingeladen wird. Und Zweitens: was willst du da? Dich amüsieren, langweilen, oder was kommt erstrebenswertes in Frage. Klar, in der Not sitzt auch mal ein Atheist an der Orgel, aber der Wunsch der Beteiligten wird das nicht sein.

Da haben wir uns aber missverstanden. Es ist nicht mein Ziel im Gottesdienst zu spielen. Diesbezüglich kann ich Deine Vorbehalten absolut nachvollziehen. Es wäre für beide Seiten komisch, für mich sicherlich inkonsequent. Es ging mir um die Definition des Begriffs "Kirchenmusik" und die Darbietung derselben, unabhängig von Gottesdiensten oder Messen.
 
Da haben wir uns aber missverstanden. Es ist nicht mein Ziel im Gottesdienst zu spielen. Diesbezüglich kann ich Deine Vorbehalten absolut nachvollziehen. Es wäre für beide Seiten komisch, für mich sicherlich inkonsequent. Es ging mir um die Definition des Begriffs "Kirchenmusik" und die Darbietung derselben, unabhängig von Gottesdiensten oder Messen.

Der Gemeinde sollte das doch relaiv egal sein. Woher sollte sie auch wissen? Ich habe noch nie erlebt, dass vorm Kirchenportal ein Schild steht. Zertifizierter, TUV geprüfter katholischer Organist. Aus eigenem Nachwuchs gezüchtet.

Wenn er/sie gut spielt.

Wenn Hilary Hahn zwar nicht in einer Messe, aber zum Geburtstag des Papstes für ein Konzert ausgewählt wird,

Nochmal. Für die Liturgie ist doch völlig uninteressant, welcher Religion oder keiner die Musiker angehören.
 
Spannend ist für mich eher die Frage, was denn jetzt genau "Kirchenmusik" ist? Eine Art von Musik, die eine Glaubensgemeinschaft in gewisser Weise für sich beansprucht (das entnehme ich mal dem Digedag-Zitat) und auch nur unter bestimmten Rahmenbedingungen vorgetragen werden darf/soll. Was ist das genau?

Darüber, was Kirchenmusik ist, braucht man sich nicht den Kopf zerbrechen, denn das ist in den einzelnen Kirchenrechten definiert. Ich nehme exempli gratia das erste, das sich ergoogeln ließ (Das katholische Recht unterscheidet sich davon nur, daß es ausführlicher ist):

§ 1 1Die Kirchenmusik hat den Auftrag, bei der Verkündigung des Evangeliums zum Lobpreis Gottes mitzuwirken. 2 Sie ist ein wesentliches Element des Lebens der Kirche und ihrer Gemeinden. 3 Die Kirchenmusiker nehmen diesen Auftrag wahr, indem sie musikalische Gaben und Kräfte in den Gemeinden wecken und fördern sowie in den Gottesdiensten, kirchenmusikalischen und anderen Veranstaltungen alte und neue geistliche Musik zum Klingen bringen. (Ev. Kirche v. Kurhessen-Waldeck)

Kirchenmusik ist demzufolge zunächst Musik, die von ihrem Urheber zu dem in §1 Satz 1-2 definierten Zweck oder einem sinngemäßen komponiert worden ist. Davon, daß die »Glaubensgemeinschaft die Musik für sich beansprucht«, wird man wohlweislich nirgendwo etwas finden. Zudem ist klar, daß die Zweckbindung maximal bis zum Ende des Copyrights möglich ist. Nach einer gewissen Zeit hat historisch gesehen, fast noch jede sakrale Musik den kanonischen Säkularisierungsprozeß von kultisch nach ästhetisch durchlaufen. Das früheste Beispiel bietet die griechische Tragödie, ein Musiktheater des attischen Dionysoskults, die zum ungläubigen Erstaunen der Athener noch zu Lebzeiten des Euripides außerhalb Athens losgelöst von jeder kultischen Bindung als rein ästhetisches Ereignis aufgeführt wurde. So wie man die für den Leipziger Thomasgottesdienst komponierte Matthäuspassion eben heute auch im Konzertsaal aufführt, ohne daß jemand sich darüber aufregt, von ein paar evangelikalen Ultras vielleicht abgesehen.

Keinerlei Spannung also in der Frage.
 
Zuletzt bearbeitet:


Die Antwort liefert die Überschrift zur verlinkten Dokumentensammlung:

Von den deutschen Bischöfen beschlossene rechtliche Dokumente

Von den katholischen nota bene. In der evangelischen Kirche ist das kein Problem, noch nicht mal im Schatten des Mantels der heiligen Jungfrau von Altötting:

http://www.altoetting-evangelisch.de/jazz-gottesdienst
 
Der Gemeinde sollte das doch relaiv egal sein. Woher sollte sie auch wissen? Ich habe noch nie erlebt, dass vorm Kirchenportal ein Schild steht. Zertifizierter, TUV geprüfter katholischer Organist. Aus eigenem Nachwuchs gezüchtet.

Wenn er/sie gut spielt.

Wenn Hilary Hahn zwar nicht in einer Messe, aber zum Geburtstag des Papstes für ein Konzert ausgewählt wird,

Nochmal. Für die Liturgie ist doch völlig uninteressant, welcher Religion oder keiner die Musiker angehören.

Der Organist ist im Gottestdienst aber nicht nur lebender Ersatz für einen CD-Player, sondern Teil der Gemeinde, die mit der Musik den Herren preist.

Wenn er also nicht hinter dem religiösen Sinn der Musik steht, die er spielt, ist das Lobpreis nicht echt.
 
Der Organist ist im Gottestdienst aber nicht nur lebender Ersatz für einen CD-Player, sondern Teil der Gemeinde, die mit der Musik den Herren preist.

Wenn er also nicht hinter dem religiösen Sinn der Musik steht, die er spielt, ist das Lobpreis nicht echt.
Nach meinem Verständnis ist er einfach nur Dienstleister für die jeweilige Gemeinde.
Ich rede jetzt nocht vom festangestellten Organisten der jeweiligen Gemeinde.
Der Lobpreis der singenden Gemeine ist wichtig. Da erscheint mir ein guter muslimischer Organist als Unterstützung besser, als ein schlechter katholischer Organist, und vor allem besser als ein CD player.
 
Nach meinem Verständnis ist er einfach nur Dienstleister für die jeweilige Gemeinde.
Ich rede jetzt nocht vom festangestellten Organisten der jeweiligen Gemeinde.
Der Lobpreis der singenden Gemeine ist wichtig. Da erscheint mir ein guter muslimischer Organist als Unterstützung besser, als ein schlechter katholischer Organist, und vor allem besser als ein CD player.

Das ist eben der Unterschied zwischen Orchestermusikant und Organist. Wenn jemand im Orchestergraben eigentlich keinen Bock auf Oper hat, das Zeugs aber trotzdem passabel spielt ist das total egal.

Das ist es beim tieferen spirituellen Sinn der gesamten Veranstaltung Gottesdienst eben nicht. Genauso könnte man ja auch den Redner da vorne beim Altar durch irgendeinen Stand-up-Comedian austauschen. Soll ja nur irgendwelche Texte ansprechend vortragen.
Soll er eben nicht.
Und der Organist soll auch nicht nur einfach Töne aus dem Instrument rausholen.

Beim Gottesdienst geht es einfach um mehr, als nur eine Performance.
 
Darüber, was Kirchenmusik ist, braucht man sich nicht den Kopf zerbrechen, denn das ist in den einzelnen Kirchenrechten definiert.
lieber @sla019
das ist aber vielen von denen, die Kirchenmusik geschaffen haben, herzhaft scheißegal :-D:-D
Und wenn sich die gelegentlich kulturlos dumm agierende(n) Kirche(n) in dieser Sache lächerlich machen, indem sie Rossini (Stabat mater, petite messe solennelle), Verdi (Messa da Requiem, quattro pezzi sacri), Britten (war requiem), Bernstein (Chichester Psalms) als "Kirchenmusik ablehnen, dann kann man nur kopfschüttelnd quittieren, dass unter den heiligen Männern der sancta ecclesia sehr viele eklatante Esel beheimatet sind :-D:-D:-D
Und gleichgültig, was für ein kirchenrechtliches heilig-heilig-blabla diese Esel absondern: eine Kirche, die z.B. Beethovens Missa solemnis als "zu weltlich" ablehnt, diskreditiert sich aufs gräßlichste!

...aber... der Verein namens Kirche kann sich aus Gründen, die nachzuvollziehen mir nicht gegeben ist, aussuchen, wen er in Brot und Arbeit setzt: ein Verwaltungsangestellter im großen Verwaltungsapparat eines kath. Bistums muss katholischer Konfession sein, darf nicht geschieden sein, darf keine Scheidung durchführen usw. - man fragt sich konsterniert, warum ansonsten übliche arbeitsrechtliche Bedingungen bei einer Anstellung bei der Kirche außer Kraft gesetzt sind (ein Verwaltungsangestellter im öffentlichen Dienst z.B. bei einer Gemeinde kann sich scheiden lassen, so oft er will, kann kath., ev., atheist. oder muslim. sein)

Mein Fazit aus diesem mittelalterlichen Tohuwabohu: wer meint, dass irgendeine Kirche definiert, was Kirchenmusik ist und wer sie spielen darf, der ist ein Esel.
 

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