Notentreue vs. Improvisation

Schön, dass hier eine Diskussion entstanden ist, vielleicht hätte ich das Thema eher als Umfrage starten sollen:denken:.
Für den Veranstalter ist es jedenfalls ein sehr hohes Risiko, so etwas aufs Programm zu setzen.
Oder Makoto Ozone ist in Japan so ein Superstar, dass man ihm fast alles durchgehen lässt. Die Hütte war zumindest voll. Ob so eine Aufführung außerhalb von Japan möglich wäre, darf bezweifelt werden.
Jeder Veranstalter kauft nicht die Katze im Sack und weiß vermutlich, was ihn ungefähr bei Ozone erwartet. Ich habe diese Aufnahme bewusst gewählt, weil sie so extrem polarisiert. Persönlich bin ich ein Fan von Ozone, in diesem Fall hat mich insbesondere der 2. Satz aber schon sehr irritiert, er gehört für mich zum Schönsten, was je komponiert wurde und so etwas geht für mich dann in Richtung Sakrileg;-). Die Zugabe hat mich dann wieder ein wenig versöhnt;-).
Anbei als weiteres Beispiel die Rhapsody in Blue mit Ozone vom Silvesterkonzert aus der Elbphilharmonie 2021, bei der man sicherlich mit den Abweichungen vom Gewohnten nicht so fremdelt wie beim Ravel. Und noch die damalige Zugabe mit einer der bekanntesten Kompositionen seines im gleichen Jahr verstorbenen Freundes und Kollegen Chick Corea.



 
Bei Ravel zu improvisieren darf getrost als Respektlosigkeit gegenüber dem Komponisten gelten.
War es doch Ravel der während seines Streites mit dem Pianisten Paul Wittgenstein schrieb „Die Interpreten sind Sklaven!“


(Zu finden unter dem Abschnitt Musikerkollegen.)
 
Also ich bin so garnicht Profi, aber ich sehe Kompositionen als Möglichkeit für meinen Ausdruck. Es stellt eine frei veränderbare Grundlage dar. In Konzerten kann man natürlich auch gerne mal historisch korrekt spielen, aber mir ist ehrlich gesagt relativ egal, was der Komponist geplant hat, obwohl es natürlich fair ist, sich vor der Interpretation damit zu beschäftigen .
 
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Bei Ravel zu improvisieren darf getrost als Respektlosigkeit gegenüber dem Komponisten gelten.
War es doch Ravel der während seines Streites mit dem Pianisten Paul Wittgenstein schrieb „Die Interpreten sind Sklaven!“
Aber: Von Ravel stammt auch der Ausspruch, dass die Leute seine Musik nicht interpretieren sollen, sondern sie so spielen sollen, wie er sie notiert hat. Also eine sogar noch engere Anweisung.
 
Ravel hat seine Musik äußerst genau und penibel notiert. Deshalb sind die Sachen eigentlich recht einfach zu handhaben - sofern man die spieltechnischen Voraussetzungen mitbringt. Bei Bach, Beethoven, Chopin oder Debussy muss man sehr viel mehr Fantasie und Wissen mitbringen, um zu einer stimmigen Interpretation zu kommen.
 
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Für mich als ahnungslosen Wiedereinsteiger beantwortet sich die Frage ganz einfach. Wurde ein Werk für Klavier komponiert, wird es so geübt wie es da steht. Damit fällt zwar 99,9% der Klavierliteratur für mich weg. Ist dann halt so. Für Anfänger runter transkriptierte Schriften mag nicht nicht. Das Improvisationen üben wir an lead-sheets, die gibt es für jedes können und jeden Geschmack. An Transkriptionen von Orchesterwerken, wie z.b. Filmmusik haben wir uns im Unterricht auch schon vergriffen und Teile umgebaut, da hat mein Lehrer nichts dagegen.
 
Es gibt eigentlich überhaupt keinen Grund, darüber zu streiten, ob man komponierte Musikstücke verändern darf / kann / soll. Solange in irgendeiner Form die Bearbeitung kommuniziert wird, ist doch alles in Ordnung. Wünschenswert ist nur der Zusatz „nach“, z.B, nach Ravel. Mit Theaterstücken wird das übrigens auch so gemacht. Dort heißt es manchmal sogar „frei nach …“.
 

Jupp, das kenne ich auch. Wir waren vor 14 Tagen im fliegenden Holländer und da hat in der letzten Szene die Mary die Holländer einfach mit einer Flinte abgeknallt :022:, äußerst komischer Schluss für die Oper, auch wenn uns der Rest gut gefallen hat.
 
Anton Bruckner hat 1871 anlässlich der London International Exhibition über zwei Meisterwerke Bachs, die Toccata in F-Dur (BWV 540) und die Fuge in e-Moll (BWV 548) an der Orgel in der Royal Albert Hall improvisiert:
Wo ist das Problem? Nur wenn explizit angekündigt wird AB spielt BWV 540 und BWV 548, nur dann muss sich der Interpret an den Text halten.
Es würde mich beim Eingangspost interessieren, was angekündigt wurde, jetzt mal unabhängig von der Qualität des Dargebotenen (ich habe es noch nicht gehört!).
 
Ich habe mir jetzt doch den ersten Satz angehört! Grauenvolle Chimäre! Nichts richtig, weder das Original noch wirklich eine eigene Aussage oder Etwas was Neu originell oder was auch immer wäre! Dazu Lang Lang Gestik und Mimik: "Ich bin der große Zampano und verbessere Ravel!"

Es wirkt ein bisschen wie Coca Cola in einen schönen gut gereiften Chateau Margeau zu kippen!
 
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Weil ich mich nicht als Historiker sondern als eigenständiger Künstler sehe
In meiner Auffassung gibt es viele Formen von Kunst. Solche Meisterwerke tiefgründig zu erfassen, sie stilvoll und intelligent zu interpretieren und dann in folge anderen schlüssig zu vermitteln (vielleicht eine andere Perspektive, eine andere Idee) ist Kunst. Nachschaffende Kunst.
 

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