"Jau, das ist allerdings auch zu mir vorgedrungen". Rosenspieß, ich hatte nicht im mindestens die Absicht, dich zu belehren. Ich bin mir aber sicher, die meisten Musiker würden protestieren, wenn man ihnen die Warnvorzeichen nähme. Manch Ensemble-Spieler will möglichst sogar Warnvorzeichen in seiner Stimme, wenn die Alterierung in einer anderen Stimme aufgetaucht war, weil man hört, daß gerade moduliert wurde, und man deswegen die Anweisung braucht, daß nun wieder zurückmoduliert sei, um nicht den falschen Ton zu spielen. Das ist dann wohl ein ähnlicher Automatismus, wie du ihn entwickelt hast.
In Ensemble-Proben erlebt man öfter, daß wegen fehlender Warnvorzeichen falsche Töne gespielt werden. Dann bleistifteln sich die Spieler die Vorzeichen eben selber in die Noten.
Vielleicht hilft zum Verständnis, warum es nicht egal ist, ob man g oder fisis schreibt, folgende Überlegung:
Der Einfachheit halber könnte man sich darauf einigen, daß man nur noch Kreuze benutzt. Dann würde man eine Es-dur-Tonleiter so schreiben:
dis-f-g-gis-ais-c-d-dis.
Auch ein Anfänger, der das selber mal so aufschreibt, sollte beim Anblick einer solchen Notation auch ohne weitgehende Theorie- und Harmonie-Kenntnisse eigentlich sofort einsehen, daß das hanebüchener Unsinn wäre und keine Vereinfachung, sondern Erschwernis. Gis und as, eis und f, fisis und g sind zwar Zwillinge, aber auch Zwillinge lieben es nicht, verwechselt zu werden.
Eine andere Frage ist, ob ein Komponist wie in Haydnspaß' Beispiel unbedingt in B-Tonart bleiben muß, wenn er genauso gut an geeigneter Stelle zur Kreuztonart hätte umdeuten können. César Franck gehört zu jenen, die eine sadistische Ader haben, und ein bekanntes Beispiel ist Bachs Cis-dur-Präludium, das entsetzlich viele Doppelkreuze hat. Hätte Bach das in Des notiert, wäre es angenehmer zu lesen. Allerdings entstehen auch dann einige Doppel-B, wenn auch entschieden weniger; weder das eine noch das andere kann man vermeiden, wenn man harmonisch konsistent schreiben will.
Haydnspaß, dein Beispiel kommt mir bekannt vor, aber ich weiß nicht, woraus es ist. Verrat's mal.