In 2007 habe ich 3 Monate an der Russischen Musikschule Köln gearbeitet. Auf Honorarbasis heißt. Es ging um 13 Euro pro Stunde. Als ich das Honorar bekommen habe, war es viel weniger als ich erwartet.... Ich war so naiv, dachte, 13 euro pro 45 Minuten (akademische Stunde)... nein das war der Preis für 60 Minuten. Das eigentliche Honorar war 9,75 pro 45 Minuten
Ganz ehrlich - bei solchen Zahlen läuft es einem eiskalt den Rücken runter. Man muss sich das wirklich mal vorstellen, dass hier keine ungelernten Hilfsarbeiter Handlangerdienste verrichten, sondern Dienstleister mit höherem Schulabschluss und anspruchsvollem Hochschulstudium mit Examen und weiteren Hochqualifikationen. Gewissermaßen Top-Manager zu Putzfrauenkonditionen! Dabei soll ja keineswegs die Tätigkeit einer Putzfrau herabgewürdigt werden; man muss sich aber mal klar machen, wie viel ein professioneller Musiker in seine Ausbildung und Existenzgründung reingesteckt hat, während die Putzfrau Staubtuch und Schrubber in die Hand nimmt und sofort damit Geld verdient.
Ich kann mir vorstellen, wie andere Forumsteilnehmer diese prekäre Situation kommentieren würden: Die einen würden aufgrund dieser sozialen Mißstände am liebsten eine Kulturrevolution ausrufen (für die man freilich eine breite Masse mobilisieren müsste, die es nicht gibt). Andere sagen dann: Selbst schuld, wer sich zu so unwürdigen Konditionen verheizen lässt (auch wenn man die Verzweiflung, sonst nichts anderes zu finden, mit Händen greifen kann). Noch andere betonen die Notwendigkeit einer besseren gesetzlichen Regelung (obwohl "Kultur" für in der Politik tätige Funktionäre ein unattraktives Ressort ist, in das alle regierenden politischen Parteien nur ihre jeweiligen Versorgungsfälle abschieben - wo soll da eine gute Politik für Kulturschaffende rauskommen?). Weitere Alternativen könnte man anführen.
Meiner Ansicht dürften sich in den meisten Fällen von den Kulturschaffenden selbst verursachte Fehlleistungen und von wenig kompetenten Personen geschaffene Rahmenbedingungen in etwa die Waage halten - dies ist auch mein Eindruck aus den Beobachtungen in entsprechenden Berufsverbänden, denen so mancher beitritt in der irrigen Annahme, zeitnah an neue Jobs ranzukommen. Da die Verbände nun mal Verbände und keine Künstleragenturen sind, bleiben neue Engagements aus und viele Neumitglieder treten oft schon nach nicht einmal einem Jahr wieder aus dem Verband aus.
Einfache Patentrezepte und unkomplizierte Lösungsvorschläge, die zeitnah funktionieren, gibt es in der Tat nicht. Für den beruflichen Erfolg müssen gleich eine ganze Reihe von günstigen Faktoren zusammentreffen, manche kann die/der Einzelne beeinflussen (Selbstmanagement/Präsentation), andere eben leider nicht (politische Rahmenbedingungen). Vor diesem Hintergrund verstehe ich, dass chiarina nicht die beschriebene prekäre Situation "geliked" hat, sondern die Offenheit, Dinge beim Namen zu nennen, die man wirklich nicht schönreden kann, meint
mit LG Rheinkultur