Neuer Studiengang an der Musikhochschule München

aber die Bayern waren ja schon immer ....
Ganz, ganz dünnes Eis, meine Liebe! :010:

Ich finde Musikvermittlung, die über das reine Konzertieren hinausgeht in bestimmten Konstellationen sinnvoll. Im Juni werde ich selbst bei so einem Projekt mitwirken. Das Vermitteln übernimmt dort ein Musikdramaturg, der zwar kein solches Studium absolviert hat, das aber trotzdem großartig macht. Ich habe den Entwurf für das Skript schon gesehen, das wird auf jeden Fall eine kurzweilige Sache mit vielen Klangbeispielen unter Beteiligung des Publikums.

Das Programm ist ein Jubiläumskonzert mit Klavierstücken von Giselher Klebe, Luciano Berio und Pierre Boulez - alle haben heuer ihren 100. Geburtstag. Klar, man kann so etwas auch einfach nur anhören! Aber: für den Großteil des Publikums dürfte diese Musik doch erstmal einigermaßen unverständlich sein. Da kann es von sehr großem Nutzen sein, wenn jemand die Hintergründe einordnet, Strukturen erklärt, Neugier weckt und die Ohren öffnet. Ich bin jedenfalls gespannt, wie das funktioniert. Wir tingeln damit zunächst durch ein paar Schulen, am Ende gibt es aber auch ein Konzert für Erwachsene.
 
Liebe Chiarina,
ich hätte eine Frage: Findest Du, dass der Modulplan zu diesem Studiengang
(https://hmtm.de/studiengaenge/musikvermittlung-ma/ , "Studienplan C" oder "Modulplan" anklicken), dem entspricht, was Du hier als Deinen Begriff von Musikvermittlung umreißt? Ich stelle mirauch bei einigen anderen Beiträgen in diesem Faden die Frage, ob die Autor*en nicht eher über ihre Vorstellung von Musikvermittlung sprechen als über das im Studienplan Dokumentierte. Grüße an den lange nicht mehr aktivierten Besen! ;)
Lieber Ambros_Langleb,

ich nehme an, du meinst diesen Studienplan, https://hmtm.de/wp-content/uploads/Studium/Studienplaene/Musikvermittlung_Profil-C_SP_MA.pdf.:


Studienplan Musikvermittlung.PNGStudienplan Musikvermittlung 2.PNG

Dummerweise habe ich ob deiner Frage den Eindruck, ich müsste nun kritisch antworten. :D Aber leider finde ich den Plan ganz gelungen. Mich würde das jedenfalls interessieren.

Es geht zwar aus dem Studienplan nicht explizit hervor, ob mit jungen Menschen gearbeitet wird - das muss aber auch nicht zwingend erwähnt werden. Einziges Manko: wenn auch jemand diesen Studiengang absolvieren kann, der eine rein künstlerische und keine pädagogische Ausbildung hat, fehlt ein Modul, das lehrt, wie Kinder lernen, wie Menschen lernen u.a.. Musikvermittlung benötigt eine genaue Kenntnis desjenigen, dem man etwas vermitteln will. Es kann aber sein, dass dies in bestimmten Modulen gelehrt wird wie zum Beispiel "Musik und Bewegung", "Didaktische Interpretation von Musik" etc..

Natürlich: ob das Ganze qualitativ gut ist, kann man anhand des Studienplans nicht erkennen. Das gilt aber für alles, sogar für Klavierunterricht. Oder Lateinunterricht. :009: :chr01:

Du scheinst aber den Studienplan eher höchst kritisch zu betrachten. Was denkst du denn darüber?

Liebe Grüße

chiarina

P.S.: Was ich übrigens noch nicht gelesen habe, ist, welche Ausbildung für diesen Masterstudiengang erforderlich ist. Von Musik sollte die- oder derjenige jedenfalls etwas verstehen ... .
 
Schrecklich. Zeigt, dass ich genau Recht habe: Völlig schwammiger Laber-Studiengang für primär woke Frauen (äh, ich meine natürlich FLINTA-Angehörige), die "was mit Musik und mit Menschen" machen wollen.
 
Schrecklich. Zeigt, dass ich genau Recht habe: Völlig schwammiger Laber-Studiengang für primär woke Frauen (äh, ich meine natürlich FLINTA-Angehörige), die "was mit Musik und mit Menschen" machen wollen.
Die Leute, die ich kenne und Musikvermittlung studiert haben, sind alles Männer. Und die werden von hochrangigen kulturellen Institutionen beschäftigt. Dann gibt es noch Professorinnen wie Barbara Stiller, die weiß, wovon sie spricht.

Labern kann man überall und Diversität findet sich nur in einer Lehrveranstaltung.

Der Studiengang richtet sich, wie ich nun gelesen habe, an "Hochschulabsolvent*innen, die einen
musikbezogenen, künstlerischen, pädagogischen oder wissenschaftlichen Studiengang abgeschlossen haben. Auch Absolvent*innen eines kommunikations-, medien- oder kulturwissenschaftlichen Bachelor-Studiengangs können sich bewerben."

Kritisch sehe ich die möglichen Bewerberinnen und Bewerber, die im letzten Satz genannt werden. Ein grundlegendes Verständnis von Musik, die Liebe zur Musik und mindestens gute Fähigkeiten im eigenen Musizieren sehe ich als zwingend an für eine gelungene Musikvermittlung.

Liebe Grüße

chiarina
 
Dummerweise habe ich ob deiner Frage den Eindruck, ich müsste nun kritisch antworten.

Allerliebste Lichtgestalt,

"Dummerweise" ist dieser Eindruck völlig unzutreffend, und ein wenig beschleicht mich das Gefühl, dass Du mir bedeuten willst "sei still, davon verstehst du nichts". Fachlich gesehen - wie wahr. Anderseits habe ich in den Jahren 2004-2007 für meine Fakultät das ganze Bolognasystem "implementiert", wie es so schön hieß, und habe daher noch eine bescheidene Vorstellung davon, wie derlei Studiengänge zustandekommen. In meinen Fächern etwa, aber nicht nur in denen, verdanken sie ihre Existenz zum Teil dem nur mühsam verhüllten Wunsch, den Rückgang der Studentenzahlen in alten Kernfächern (hier Lehramt) zu kompensieren, zum Teil der Notwendigkeit, dem politischen Zeitgeist zu willfahren und Studiengänge anzubieten, bei denen man im Vergleich zu einem klassischen Studium wie Jus, Medizin, Philosophie oder sicher auch Musikwissenschaften keine allzu dicken Bretter bohren muss.

Nun, was mir zunächst auffällt ist, dass hier in einem wissenschaftlichen (!) Studiengang der eigentliche wissenschaftliche Anteil (“Profil C”) nur rund ein Drittel ausmacht (41 von 120 ECTS, wenn ich mich nicht verzählt habe), wovon der Löwenanteil von 25 ETCS auf die MA-Arbeit plus Begleitprogramm (Mentoring, Präsentation) entfällt; für das eigentlich wiss. Studium stehen damit 16 ECTS, rund 13% der Studienleistungen, zur Verfügung. Alle übrigen Module machen den Eindruck, dass die Studies sozusagen allseitig ein wenig zartrosa angebraten werden, aber Tiefgang sorgfältig vermieden wird. Und auch bei den Prüfungsleistungen scheint das Ausweichen ins Bequeme Programm zu sein (z.B. “Schreiben über Musik”: neben “Analyse” und “Konzerteinführung” steht da tatsächlich “Programmheft”, und man kann sich ausmalen, wie das vor sich gehen könnte).

Zweitens frage ich mich, welchen Stellenmarkt es für die Absolventen gibt; darüber machen sich die Designer solcher Studiengänge leider oft viel zu wenig Gedanken oder erliegen ihrem Wunschdenken (im “Europastudiengang” meiner Fakultät heißt es u.a. “Verlagstätigkeit”, tja). Wenn sie reine Musiker sind, d.h. ein "musikalischer" BA vorausgeht, werden sie sicher auf MH-Vollabsolventen oder Juristen und Wirtschaftswissenschaftler mit einer ähnlichen, anderweitig erworbenen, Zusatzqualifikation treffen, und dann kommt es wie üblich: die besetzen die Spitzenpositionen, und aus dem stolzen Inhaber:innen eines "Testats in interkultureller Musikpraxis" wird das Fußvolk rekrutiert. *)

Schließlich frage ich mich, welcher Begriff von "Vermittlung" hier zugrundeliegt. Vermitteln kann man ja nur Gegenstände, die man auch hinreichend kennt. Eigentlich müsste ein solcher Studiengang ein abgeschlossenes musikwissenschaftliches oder künstlerisches Studium voraussetzen, möglichst im MA-Umfang. Darüber erfährt man leider nichts, und ich finde es fast schon ein wenig dreist, dass zur Bewerbung eingeladen wird, ohne dass über solche Voraussetzungen informiert wird, und stattdessen lapidar mitgeteilt wird "Die Fachprüfungs- und Studienordnung sowie das Modulhandbuch werden baldmöglichst publiziert"; im Sprichwörterbuch heißt das “die Katz im Sack kaufen”. Und solange diese Informationen nicht vorliegen, ist es vorschnell, diesen Studiengang zu bejubeln, und natürlich auch, ihn zu verdammen. Doch eine leise Skepsis zu unterdrücken, fällt nicht ganz leicht.

*) Nachtrag: Vergleiche die eben von Dir genannte Prof. Barbara Stiller: Musikpädagogikstudium, Studium der allgemeinen Pädagogik, Promotion - nix Master Musikvermittlung.
 
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So sinnvoll ich den Gegenstand Musikvermittlung auch finde - der Sinn eines solchen Studiums erschließt sich nicht so recht. A und O einer solchen Tätigkeit ist musikalisches Können und Wissen, das „Vermitteln“ ist vielleicht eher eine Typfrage. Kommunikativ Unbegabte - oder sagen wir mal: Unsichere - wird ein solches Studium nicht befähigen, kommunikative Musiker, die sich ihrer Fachkompetenz sicher sind, brauchen ein solches Studium nicht.

Der Dramaturg, mit dem ich im Sommer zusammenarbeite, ist ausgebildeter Sänger und promovierter Musikwissenschaftler. Und hat überdies auch viel Erfahrung mit solchen Formaten - das alles bringt einem kein Studiengang bei.

Und ich bin ziemlich sicher, dass du, @chiarina, als Musikvermittlerin weitaus geeigneter wärst als so ziemlich jeder zukünftige Absolvent dieses Studiums. Einfach schon deshalb, weil solche Studiengänge überwiegend Leute ansprechen, denen ansonsten eine berufliche Perspektive fehlt.

Ich frage mich schon, wann es wohl den ersten Studiengang für Influencing gibt…
 
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Kann man eigentlich irgendwo auf Diplom-Punkrocker studieren?
 
Diplomstudiengänge sind rar geworden, hab auch schon vergeblich nach dem Jodeldiplom gesucht:
 

Diplomstudiengänge sind rar geworden, hab auch schon vergeblich nach dem Jodeldiplom gesucht:


Grüße
Häretiker
 
Ich vermisse im Studienplan eine Komponente, wo vermittelt wird, wie man solche Vermittlungsprojekte seriös durchkalkuliert. Diesbezüglich herrscht, auch unter hochgeachteten Künstlern, die sich irgendwann auch mal an's Organisieren machen, schon mal absolute Talentfreiheit.
 
Ich vermisse im Studienplan eine Komponente, wo vermittelt wird, wie man solche Vermittlungsprojekte seriös durchkalkuliert. Diesbezüglich herrscht, auch unter hochgeachteten Künstlern, die sich irgendwann auch mal an's Organisieren machen, schon mal absolute Talentfreiheit.
Selbständige Kulturvermittler wird es kaum geben - die sind in der Regel bei irgendwelchen Institutionen angestellt. Das sehe ich deshalb eher als Aufgabe von Geschäftsführern, Kulturmanagern, Konzertagenten oder sonstigen Erbsenzählern.
 

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