Neuer Studiengang an der Musikhochschule München

Man muss, um Klassik zu goutieren, nichts über Reprisen, Ritornelle etc. wissen, genausowenig wie man bei Pop-Hits etwas über Chorus oder Bridge wissen muss oder bei Jazz-Stücken darüber, dass im B-Teil ein Cmaj#5 vorkommt.

Die Musik muss nur gut gespielt werden, und die Leute müssen dieser Musik ausgesetzt werden. Das ist alles.
 
Es gibt komischerweise eine weit verbreitete Annahme, man müsse in irgendeiner Weise hörtechnisch, musikhistorisch oder wie auch immer "geschult" sein, um klassische Musik zu goutieren. Ich verstehe das nicht ganz, aber an Weihnachten habe ich wieder gemerkt, dass ich das z.B. meinem Vater nicht ausreden konnte. Die Idee, dass man klassische Musik einfach anhören und gut finden kann, ohne großartig viel darüber zu wissen, scheint nicht sehr verbreitet. Mit sowas muss sich Musikvermittlung auch auseinandersetzen. Ich persönlich würde ja sagen, man gehe ins Konzert oder in die Oper und alles, was man braucht, ist: Ohren auf, Augen auf, und das wars.

lg marcus
 
Da wurde denen nicht erstmal die Musik "zugänglich gemacht" oder gefragt, wie die das finden, oder die Musik "jugendlichengerecht" ausgesucht oder zurechtgezuppelt. Sondern es wurde gesagt: "So, Leute, wir tanzen HIERZU. Stillgestanden, los geht's, wer dummes Zeug macht, kann gehen."
Ja, ich kenne das Projekt und halte es für ein sehr gelungenes Beispiel der Musikvermittlung.
Und wer hat das entwickelt und initiiert? Den Jugendlichen hat doch sicher irgendwer ein entsprechendes Angebot gemacht? Und angemessen betreut werden mussten sie auch.
Google sagt mir leider nicht so genau wie, aber es wurde von Simon Rattle und den Berliner Philharmonikern initiiert und von einem Choreographen und Tanzpädagogen und seinem Team betreut. Eventuell gefördert von der Deutschen Bank, die sind "Partner".
Und vorallem, es wurde in den folgenden Jahren weitergeführt, mit anderen Projekten.

Ich habe noch nie Jugendliche auf der Strasse zu Strawinsky tanzen.
Ich denke nicht, dass sie zu dumm sind, diese Art von Musik zu erfassen, sie kommen nur einfach in ihrem normalen Leben nicht in einer Weise in Kontakt mit der Musik, die sie auf diese Idee bringen würde. Deshalb meine ich, man muss den Menschen den Zugang eröffnen.

Das hierzu etwas vereinfacht werden müsste, war Deine Annahme.

Nein, wir brauchen sehr gute Künstler, die ihre authentische künstlerische Vision kompromisslos den Rezipienten nahebringen,
Und es schadet gar nichts, wenn die Leute auch noch pädagogisch geschult sind, oder fachlich kompetente Unterstützung bekommen.
Oder einfach nur ein Backoffice, das die Organisation abnimmt.

Wir brauchen nicht Pädagoginnen, die sich mit irgendwelchen dämlichen Konzepten an die Menschen (die durch diese Konzepte im Grunde für etwas beschränkt erklärt werden) ranwanzen,
Von welchen Konzepten sprichst Du denn konkret?
Anscheinend kennst Du ja viele Negativbeispiele, willst Du nicht mal eines teilen?
 
Ich lehne Konzepte in dem Bereich grundsätzlich ab.

Ein Kunstwerk wirkt von sich aus auf den Rezipienten, peng, aus. Es müssen lediglich die Bedingungen hergestellt werden, damit Rezipienten möglichst ungestört und möglichst oft guten Kunstwerken ausgesetzt werden. Dies ist aber heute nicht gegeben - meist wird der Rezipient mit Blödsinn beschallt und hält dies für die "normale Musik", oder es wird (in seltenen Fällen) irgendwas Konzeptionelles veranstaltet mit der Absicht, "den Rezipienten besser an die hohe Kunst heranzuführen".

Wie gesagt, ich finde es unerträglich, wie z.B. in "Klassiksendern" versucht wird, durch Gerede, das immer möglichst begeistert klingen soll, dem Hörer zu suggerieren "verstehst Du jetzt, dass das ganz tolle Musik ist?".
 
Dieser Annahme unterliege auch ich, alleine durch das viele Lesen auf Clavio.
Klar, Mozart und Vivaldi gefallen mir schon immer, auch ohne irgendeine Hörerfahrung oder gar -bildung.
Bei Inventionen von Bach hört das allerdings auf und immer wieder habe ich das Argument gelesen, dass man sich an Bach herantasten muss, es reifen muss usw....
War es das jemals?

Was mich am meisten triggert, sind die elitären Konventionen, die mit Klassik in Verbindung gebracht werden. Und speziell ausgebildete Pädagogen zur Vermittlung von Klassik machen das nicht besser.
 
Was mich am meisten triggert, sind die elitären Konventionen, die mit Klassik in Verbindung gebracht werden.
Was genau meinst Du damit? Anzüge usw. - da bin ich bei Dir. Aber dass man bei Klassik die Klappe hält und zuhört und auch nicht zwischendrin dauernd klatscht, ist GANZ HERVORRAGEND und sollte als Errungenschaft der westlichen Zivilisation unbedingt beibehalten werden!
 
Selbst in die elitäre Bayerische Staatsoper gehen die Leute heutzutage ganz selbstverständlich in Jeans. Auch lange Abendkleider sind eher die Ausnahme als die Regel; höchstens bei Premieren sieht man sowas noch öfter. Man darf natürlich im Anzug erscheinen, aber man wird schon lange nicht mehr schräg angesehen, wenn man in Freizeitklamotten aufkreuzt.

Diejenigen, die sich über die elitären Konventionen echauffieren, kennen selbige meist nur aus älteren Filmen, aber nicht aus eigener Erfahrung.

Ok, in der Vorstellung mitsingen oder laut rülpsen wie auf der Wiesn kommt tatsächlich nicht so gut an. :lol:
 

Für auswendig spielende Pianisten sind auch die 'an-den-falschen-Stellen-laut-Blätterer' im Publikum lustig.
 

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