'Nebenbeschäftigung' beim Üben

Müssen eigentlich Nebenbeschäftigungen während des Klavierspielens beim Finanzamt angegeben werden?
fragt sich cb
 
Gould knackte auf diese Weise eine schwierige Passage, indem er einen Teil der Aufmerksamkeit ablenkte, das ist was vollkommen anderes.
Inwiefern?

Ich möchte das heute Nachmittag mit einigen Stellen versuchen.
So oft sagt mein KL zu mir, ich soll bitte nicht nachdenken und mir bloß keine Mühe geben - Und siehe da: Der Triller klappt, der Lauf ist geschmeidig.
Ich selbst sag mir innerlich während des Spiels: "Loslassen."
Von daher macht ein Versuch in diese Richtung schon Sinn für mich, muss mir bloß überlegen, welcher Art die passende Ablenkung für den Kopf sein könnte.
 
Ich war noch nie Multitasking-fähig. Wenn ich - jetzt hier - am PC sitze, und jemand will mit mir reden, dann geht nur das eine oder andere. Wenn ich beides versuche, geht beides schief - ich vertippe mich am PC und bekomme nur 30% des Gesagten mit.
Ich könnte auch nie beim Autofahren (über Bluetooth!) telefonieren. Ein einziges Mal habe ich (beim nach Hause fahren von einem stressigen Tag) ein Hörspiel gehört, musste dann aber ausmachen, weil ich mich nicht auf den Verkehr konzentrieren konnte.
Multitasking wird überbewertet, warum soll das eine positive "Fähigkeit" sein? Verstehe ich nicht.
Viele Leute, die viel auf einmal machen, machen das Meiste nicht sooo sorgfältig.
Ein interessanter Artikel dazu:
 
Antje, das ist kein Multitasking, was du beschreibst. Das sind Störungen im Ablauf, der von außen kommt. Wenn ich vollgequatscht werde und alle paar Sekunden umswitchen muss, funktioniert bei mir auch nichts mehr.
Aber mehrere Dinge selbst gleichzeitig machen, denken usw. ist was vollkommen anderes und das können die meisten sehr wohl doch.
 
War es nicht Henselt(?), der kulturell korrekt in der Bibel las, während er des fünften Evangelisten wohltemperirtes Clavier durchspielte?

(wundert mich eh, dass das noch keiner hier gebracht hat)
 
...ja, man sollte vierstimmige Fugen aus dem Verkehr ziehen, weil man nur einer Stimme folgen kann...
Das sagt so ähnlich auch die Kirche :heilig::-D derzufolge man nur dem HErrn folgen soll, kein multidings mit anderen Göttern
Oha, somit wäre Oper für einen Single-Tasker wie mich der Overkill. ;-)

Ist doch klar, dass sich meine Bemerkung zu Multitasking darauf bezieht, völlig unterschiedliche Sachen auf einmal zu machen.
 
Habe gestern tatsächlich Klavier mit Nebenbeschäftigung gespielt, empfand ich als Übegewinn. Muss man nicht sehr oft machen, aber bei den Inventionen war`s mir hilfreich.

Edit und PS: Weiß jemand was Anekdotisches zu Goulds Umgang mit schwierigen Stellen? Klavirus hatte leider nicht geantwortet und im Internet hab ich nix gefunden.
 
Ob GG als Erwachsener überhaupt groß geübt hat, ist auch nicht bekannt. Er war ja auch kein High-End-Virtuose.
 

So!!??!!
Mozart und Beethoven Sonaten in irren Tempi, Ravel La Valse oder Chopin op. 58 Finale ohne Agogik.
Alles möglicherweise keine musikalischen Spitzenleistungen, aber mit Glenn Gould Pickup technisch schon recht eindrücklich. Ich rede dabei noch nicht von seinem glasklar artikulierten Bach (Finale Italienisches Konzert, ...) oder der wirklich beeindruckenden 7. Prokofieff Sonate.
 
Hätteste mal lauter gerufen, so klammeraffenmäßig...
Die Staubsaugeranekdote findest Du in verschiedenen Dokus über Gould, ebenso in Biographien. Das wurde ziemlich breitgetreten, obwohl mein Eindruck ist, dass es eine einmalige Angelegenheit war. Ich glaube nicht, dass Gould öfters mit "Stellen" oder Technik kämpfen musste. Bei ihm war das Ereignis psychischer Natur, es war was mit dem Flügel, was ihn störte und er überwand es, indem er den Staubsauger den Missklang übertönen ließ.
 
Gould selber beschreibt es so:
Somehow, I cannot help thinking of something that happened to me when I was thirteen or fourteen. I haven't forgotten that I prohibited myself anecdotes for tonight. But this one does seem to me to bear on what we've been discussing, and since I have always felt it to have been a determining moment in my own reaction to music, and since anyway I am growing old and nostalgic, you will have to hear me out. I happened to be practising at the piano one day – I clearly recall, not that it matters, that it was a fugue by Mozart, K. 394, for those of you who play it too – and suddenly a vacuum cleaner started up just beside the instrument. Well, the result was that in the louder passages, this luminously diatonic music in which Mozart deliberately imitates the technique of Sebastian Bach became surrounded with a halo of vibrato, rather the effect that you might get if you sang in the bathtub with both ears full of water and shook your head from side to side all at once. And in the softer passages I couldn't hear any sound that I was making at all. I could feel, of course – I could sense the tactile relation with the keyboard, which is replete with its own kind of acoustical associations, and I could imagine what I was doing, but I couldn't actually hear it. But the strange thing was that all of it suddenly sounded better than it had without the vacuum cleaner, and those parts which I couldn't actually hear sounded best of all. Well, for years thereafter, and still today, if I am in a great hurry to acquire an imprint of some new score on my mind, I simulate the effect of the vacuum cleaner by placing some totally contrary noises as close to the instrument as I can. It doesn't matter what noise, really – TV Westerns, Beatles records; anything loud will suffice – because what I managed to learn through the accidental coming together of Mozart and the vacuum cleaner was that the inner ear of the imagination is very much more powerful a stimulant than is any amount of outward observation.

You don't have to duplicate the eccentricity of my experiment to prove this true. You will find it to be true, I think, so long as you remain deeply involved with the processes of your own imagination – not as alternative to what seems to be the reality of outward observation, not even as supplement to positive action and acquisition, because that's not the way in which the imagination can serve you best. What it can do is to serve as a sort of no man's land between that foreground of system and dogma, of positive action, for which you have been trained, and that vast background of immense possibility, of negation, which you must constantly examine, and to which you must never forget to pay homage as the source from which all creative ideas come.
"Advice to a Graduation", Toronto 1964
 
Er hat sicher das zu Übende der linken Hand so ausgewählt, daß die Schokolade bequem erreichbar war.:005:
 
Ich habe einmal als Student in einem anderen Fachbereich aus Interesse eine Vorlesungsreihe über Kognitionspsychologie gehört. Der Dozent äußerte dabei, dass es prinzipiell keine zahlenmäßige Begrenzung von parallel ausgeübten Beschäftigungen gibt. Grundsätzlich ist bereits Klavierspiel Multitasking, denn linke und rechte Hand machen mehr oder weniger eigenständige Tätigkeiten Spielt jemand an der Orgel und singt dabei, kommt man so auf fünf parallel durchgeführte Beschäftigungen.

Da GG erwähnt wurde - es gibt eine Folge seiner TV-Interview-Konzerte, wo er eine Fuge spielt und dazu das Werk erklärt. Hat schon mal jemand versucht, ein Stück zu spielen und zeitgleich zu erklären? Ich scheitere beim spontanen Versuch. Nun ist es bekannt, dass GG seine Auftritte minutiös vorbereitet hat. Er wird das geübt haben - wenn ich das übe, geht das auch - der Effekt ist verblüffend.
 

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