Ich gehe mal davon aus, daß sich hier im Forum keine kleinen Kinder, sondern (halbwegs) erwachsene Menschen tummeln. Und Erwachsene sollten in der Lage sein, sich zumindest das rudimentäre (musiktheoretische) Rüstzeug anzueignen.
Wie bin ich, damals als Jugendliche, vorgegangen, als ich erkannt hatte, daß mein musikalisches Gehör zu wünschen übrig läßt? 1. Schritt: Intervalle (und später auch längere Tonfolgen) auf dem Klavier spielen und nachsingen. 2. Schritt: Definierte Intervalle singen und am Klavier kontrollieren, wie weit ich daneben lag. 3. Schritt: Umkehrungen erkennen - was zu Zeiten, als es noch keine Handys mit Aufnahmefunktion gab, einigermaßen umständlich war. Ich hatte damals zu Trainingszwecken MusicCassetten mit Akkordfolgen aufgenommen. Wie mir ein Lehrer dabei hätte helfen können, weiß ich nicht.
Ähnlich bin ich mit der Harmonielehre verfahren, als ich mir die Frage stellte, warum manche Klänge mir Gänsehaut verursachen und andere Akkordverbindungen mich zu Tränen rühren konnten (und es auch heute noch tun). Akkorde und die rudimentären Akkordverbindungen (T-S-D-T) sind nun wahrlich kein Hexenwerk. Lustig wird es dann in Eis-Dur, die entsprechenden Akkordtöne ohne allzuviel Nachdenken zu benennen. Richtig spannend wurde Harmonielehre dann, wenn es galt, Choralmelodien zu harmonisieren und abzugleichen mit dem, was Komponisten wie Bach u.a. geschrieben haben. Und hier war ich dann in der Tat (!) auf das Wissen meines Lehrers angewiesen, der mir darlegte, wieso, weshalb, warum mein Tonsatz im Vergleich zu Bach nur suboptimal war, und der mich mit den barocken und romantischen "Gewürzen" (Alterierungen) des Harmoniegefüges vertraut machte.
Formenlehre: Ist es so schwer, (wiederkehrende) Strukturen zu erkennen? Ich gebe allerdings zu, daß meine siebenjährige Nichte mir beim Memory haushoch überlegen ist.
Mein Lehrer beklagt sich immer, daß erwachsene (!) KlavierschülerInnen häufig so wenig neugierig sind - und das, obwohl das meiste musikalische Wissen dank Internet und Wikipedia in greifbarer Nähe ist. Sie spielen Stücke, ohne sich dafür zu interessieren, wer der Komponist ist, geschweige denn, in welcher Zeit er gelebt hat. Was bedeuten eigentlich die ganzen italienischen Begriffe über und in den Noten? Und daß Musik, die zweihundert Jahre alt ist, als eingängiger empfunden wird als zeitgenössische Musik - auch darüber braucht man offensichtlich keinen Gedanken zu verschwenden.
Wie pflegt mein Lehrer immer zu sagen: Wollen ist wie Machen - nur viel bequemer!
(Um es noch einmal klarzustellen: ich stelle die Frage an erwachsene KlavierschülerInnen. Guten "Theorie"-Unterricht mit Kindern zu gestalten ist sicherlich eine andere Herausforderung. Kompliment, wem es so gelingt, wie von @chiarina und @Tastatula beschrieben!)