Musikausbildung in Deutschland

Ich habs auch gesehen. Erinnert mich irgendwie an Sportler, die mit Steinen im Rucksack joggen :D
Ich finde es übertrieben, dass die Lehrerin damit versucht, die Leistung der Kinder noch mehr zu pushen. Durch normales intensives Üben werden die Hände sowieso genug gekräftigt. Aber sie sollen ja Wettbewerbe spielen und gewinnen und damit das Image der Lehrerin steigern. Ich finde auch die Lehrerin ist nur Durchschnitt.
Die Musik an sich bleibt meiner Meinung nach ziemlich auf der Strecke. Was ist zum Beispiel noch schön an dem hölzernen Herunterhämmern von Burgmüllers Ballade? Jurygerecht ist es immerhin..

Ich finde auch, es gibt zahllose wirklich gute Klavierlehrer, die ihre Schüler nicht auf Wettbewerbe drillen. Wichtig ist doch in erster Linie, dass man seinen Schülern etwas vermittelt, von dem sie ihr ganzes Leben lang was haben.

Lg

madlon
 
Hab ich gesehen. Ist das gut oder schlecht?


Liebe Ute,

ich finde es sehr schlecht! Wir hatten neulich in einem Faden eine Diskussion über solche Hilfsmittel und ich bin der Meinung, dass solche "Geräte" zum Klavierspielen unsinnig und sogar schädlich sind. Klavierspielen erfordert einen sehr sensitiven, taktilen Umgang mit der Taste - dazu werden Finger, Hand, Arm, Schulter, Rücken...... eingesetzt. Wenn man was für einen schöneren Klang tun will, sollte man sich lieber vorher mal die Fingerkuppen massieren. :-P Und für Geläufigkeit reicht einfach Üben! :D

Liebe Grüße

chiarina
 
An denen, die im Beitrag gezeigt werden, hört man ja auch: Die spielen eigentlich nicht gerade schön, sondern sportlich-muskulös und eher "hackig". Auf die Leute wirkt das natürlich in gewisser Weise beeindruckend, wenn ein kleines Mädchen so "männlich" in die Tasten langt und schon so schnell und laut spielt. Aber mal ehrlich, genießen kann man das Gedudel doch nicht wirklich. Man kann nur sagen: "Alter, nicht übel für ne 8-jährige" oder so.

Und dann irgendwann müssen sie sich das Hackige wieder abgewöhnen, weil sie merken, daß sie "musikalischer", "runder", "ruhiger" spielen müssen, damit es auf ein sehr hohes Niveau gelangt.

Ich halte das für einen Irrweg. Wie auch alle wichtigen Klavierpädagogen (z.B. Neuhaus, Martienssen...) betont haben, muß das Hören auf den Klang und das genuin musikalische Gestalten von Anfang an zentral sein.

LG,
Hasenbein
 
Hasenbein,

ich stimme dir zu. Die Musik als solche ist (noch) nicht wirklich gut.
Aber ich möchte auch der Klavierlehrerin Frau Koyama die ihr gebührende Ehre erweisen: Sie setzt sich ein, sie fordert das von ihren Schülern, was diese leisten können, die Grundlagen der Virtuosität werden gelegt (allerdings sehe und höre ich zu viel unnötige Muskelanspannung) . Und sie erzielt Ergebnisse. Wenn wir das mit den typischen Schnarchnasen-Lehrern vergleichen ...
 
Und sie erzielt Ergebnisse. Wenn wir das mit den typischen Schnarchnasen-Lehrern vergleichen ...

Schmickus, das ist doch gerade die Fehlinterpretation des Gezeigten, die ich in einem vorherigen Beitrag angeprangert habe!

Die Olle hat nur Schüler, deren Papi sehr gut verdient und deren Mami deshalb zu Hause bleiben und die Gören zum Klavierunterricht, Reiten, Chinesischunterricht und Ballett bringen sowie mit denen den ganzen Nachmittag dasitzen und üben kann. (Oder Mami ist so extrem ehrgeizig, daß sie auch arbeitet und trotzdem in der restlichen Zeit dieses Blagen-Programm durchzieht.)

Und die Lehrerin sagt von vornherein: Ich nehm nur "Begabte" (= Fleißige und Ehrgeizige).

Da ist es doch EINFACH, wenn man einigermaßen Ahnung hat, "Ergebnisse zu erzielen"!

Natürlich gibt es tatsächlich "Schnarchnasen-Lehrer", aber sehr viele haben doch nicht deswegen nicht lauter Virtuosen als Schüler, weil sie so scheiße unterrichten, sondern weil sie so nett sind, jeden zu nehmen! Und da sind nun mal die allermeisten nicht so ehrgeizig und fleißig, und die Eltern haben auch nicht die Zeit, sich dauernd um das Klavier-Hobby ihrer Blagen zu kümmmern! Und nicht zuletzt gibt es viele Lehrer, die diesen albernen, sportlichen Wettbewerbszirkus ablehnen.

LG,
Hasenbein
 
Die Olle hat nur Schüler, deren Papi sehr gut verdient und deren Mami deshalb zu Hause bleiben und die Gören zum Klavierunterricht, Reiten, Chinesischunterricht und Ballett bringen sowie mit denen den ganzen Nachmittag dasitzen und üben kann.

...welcher Todsünde machen sich eigentlich die markierten Bevölkerungsgruppen schuldig? :D:D
 
Ja, die Sache ist zweischneidig.
Aber nehmen wir an: Die allein erziehende arbeitslose Mutter schafft es, ihrer fleißigen Tochter qualifizierten Klavierunterricht angedeihen zu lassen (Das ist möglich!). Die Tochter übt wie der Teufel und gewinnt regionale Wettbewerbe.
Wir alle (ich gemeinde dich jetzt mal frech ein, Hasenbein) wären sehr angetan und voll des Lobes. Tolle Mutter, tolle Tochter!

So, und worin liegt jetzt der Unterschied zum Filmbeitrag? Ausschließlich in der finanziellen Ausstattung des Elternhauses.
Die Allermeisten von uns neigen ab und zu zum Sozialneid, und auch ich bin irritiert, wenn ich den Managervater stenographierend im Unterricht sitzen sehe. Na und? Besser da als vor der Glotze.
Und im Übrigen ist es überhaupt nicht leicht, aus Kindern das rauszuholen, was in ihnen steckt. Schnell wird "das arme überforderte Kind" beklagt. Ich hingegen beklage die armen unterforderten Kinder.
 
Ihr mißversteht mich.

Ich beklage nicht die Eltern. Die sind mir in diesem Zusammenhang egal.

Ich sage NUR: Die LEHRERIN (um die geht es mir) hat sich ihre Arbeitssituation so eingerichtet (indem sie nur die entsprechenden "begabten"/sehr fleißigen und von der Lebenssituation her bevorteilten Schüler überhaupt nimmt), daß sie es dadurch LEICHT hat, im Gegensatz zu anderen Lehrern Erfolge einzuheimsen. Dies ist ein billiger Trick, und ich verwahre mich gegen jede Gegenüberstellung zu "normalen" Lehrern, die scheinbar erfolgsmäßig dagegen abkacken.

Ich würde erst dann "Chapeau" zu dieser Lehrerin sagen, wenn sie zustande brächte, aus ganz normalen Durchschnittskindern welche zu machen, die schöne (!!) Musik machen, welche man sich gerne anhört; die gerne von sich aus viel Zeit am Klavier und mit guter Musik verbringen; die auch kreativ sind (Komposition / Improvisation); die nicht nur schnell die Finger bewegen, sondern schon was von MUSIK verstehen. DAS wäre eine gute Lehrerin!

LG,
Hasenbein
 
Ihr mißversteht mich.

Ich beklage nicht die Eltern. Die sind mir in diesem Zusammenhang egal.

Ich sage NUR: Die LEHRERIN (um die geht es mir) hat sich ihre Arbeitssituation so eingerichtet (indem sie nur die entsprechenden "begabten"/sehr fleißigen und von der Lebenssituation her bevorteilten Schüler überhaupt nimmt), daß sie es dadurch LEICHT hat, im Gegensatz zu anderen Lehrern Erfolge einzuheimsen. Dies ist ein billiger Trick, und ich verwahre mich gegen jede Gegenüberstellung zu "normalen" Lehrern, die scheinbar erfolgsmäßig dagegen abkacken.

Ich würde erst dann "Chapeau" zu dieser Lehrerin sagen, wenn sie zustande brächte, aus ganz normalen Durchschnittskindern welche zu machen, die schöne (!!) Musik machen, welche man sich gerne anhört; die gerne von sich aus viel Zeit am Klavier und mit guter Musik verbringen; die auch kreativ sind (Komposition / Improvisation); die nicht nur schnell die Finger bewegen, sondern schon was von MUSIK verstehen. DAS wäre eine gute Lehrerin!

LG,
Hasenbein

Und warum wäre es so lobenswert, wenn man sich zu 95% mit faulen und ergeizlosen Schülern umgibt, die schwer von Begriff sind (Entschuldigung)? Bekommt diese Lehrerin nicht so etwas wie eine Genugtuung, Zufriedenheit? Viele Lehrer der ganz normalen Musikschulen arbeiten mit Kindern, die zu Hause demonstrativ nicht üben, mit Kindern, von denen du nichts verlangen darfst. Wie oft wurde zu mir gerade von deutschen Eltern von vornerein im freundlichen Ton gesagt: "Mein Kind soll selbst entscheiden, ob es übt, denn Klavierunterricht soll ihm schließlich Spaß machen". Oder ganz krass: da kniete eine Mutter vor ihrem 6jährigen Sohn in meinem Unterricht und sagte zu ihm :"Na Malte, gefällt die die Lehrerin immer noch? Du bist dier sicher, daß es nicht zu viel für dich ist?"
 
Und noch wollte ich zum Schild auf dem Flügel der Lehreriun sagen. Ich denke auch, sie hätte es mit der Sprache genauer nehmen sollen. Doch viel schlimmer finde ich sauteuere Blockbuster des Hollywoods oder sogar manche deutsche Filme: man gibt Millionen für die Produktion aus, hält es aber nicht für nötig sich zu erkundigen, ob so manches nicht einfach lächerlich und diletantisch sei. So wie zum Beispiel im Film "Krieg und Frieden" tanzen die russischen Adeligen von 1812 zu einem Walzer von Chatschaturian. Wäre es wenigstens eine Parodie gewesen, aber nein, der Film hatte den Anspruch, ernstgemeint zu sein.
 

Hallo,

ich denke, die faulen und ehrgeizlosen Schüler sind das andere Extrem. Aus Erfahrung wird jeder Klavierlehrer sagen, dass diese Schüler nicht lange dabei bleiben und daher nicht relevant sind, ob der Lehrer gut oder schlecht ist.
Wie schon weiter oben Hasenbein sagte, glaube ich auch, dass diese Lehrerin nur entsprechende Schüler aufnimmt. Mit "Durchnittsschülern" würde sie nicht diese Ergebnisse erzielen.
Es geht auch meiner Meinung nicht darum, ständig neue Wunderkinder zu präsentieren, sondern die Schüler entsprechend ihrer Fähigkeiten bestmöglich zu fördern. Das leisten die meisten "normalen" Musiklehrer und dazu braucht es auch nicht unbedingt die Wettbewerbe.

Es ist sogar ärgerlich, dass solche Beiträge in den Medien ein so völlig verzerrtes Bild in die Welt setzen, denn der Laie glaubt es.

Lg

madlon
 
Meine bescheidene Meinung zu diesen Wunderkindern: Die sind nicht mehr oder weniger begabt als andere Kinder auch, der einzige Unterschied ist, dass sie viel üben.
 
Stilblüte, ich neige auch größtenteils zu dieser Ansicht.

Ich kannte mal eine chinesische Akkordeonspielerin an einer Hochschule, die es bis zur Solisten-Ausbildung geschafft hat. Die hatte echt keine Ahnung von Musik, hat einfach immer nur den ganzen Tag geübt und brav nachgebetet, was die Professorin gesagt hat. Man kann auf die Weise erstaunlich weit kommen und erfolgreich den Eindruck von Künstlerschaft erwecken!

LG,
Hasenbein
 
Ich denke öfter darüber nach, was genau Begabung, Talent, Fleiß, Motivation, Interesse usw. eigentlich ist, was Unterschiede und Gemeinsamkeiten sind, wie das zusammenhängt, sich beeinflusst usw.
Meine gegenwärtige Meinung dazu ist ungefähr, dass es Begabung gibt, sowohl motorische, intellektuelle, musikalische und evtl. noch ein paar andere zum Musizieren nötige.
Begabung und Nicht-Begabung ist vermutlich nach der Glockenkurve verteilt. Das heißt: Die allermeisten Leute haben eine durchschnittlich gute Anlage, die ergo durchschnittlich gutes Klavierspielen ermöglichen könnte [wenn gewisse andere Faktoren ebenfalls günstig stehen].

Interesse / Motivation / Fleiß ist ein Bereich dieser Faktoren, Intellekt / Musikalität / Kreativität ein weiterer.
Der Fleiß-Bereich ist zunächst wichtiger, denn ohne ihn kommt überhaupt keine Fertigkeit zu stande. Der Musikalität-Bereich wird später wichtig, wenn zwischen den sehr Guten die Herausragenden gesucht werden. Dummerweise oder glücklicherweise (wer weiß das schon) kann der Fleiß-Bereich den Musikalitäts-Bereich ziemlich lange (scheinbar) ersetzen, nämlich durchs Nachmachen.
Wie du sagst, Hasenbein, funktioniet das bis auf hohes Niveau, und es ist wohl kein Zufall, dass man vielen (nicht allen) Asiaten 1. Fleiß und 2. mangelnde Musikalität nachsagt. Die ist dort nämlich genauso verteilt wie unter anderen Menschen auch, nur sind die alle fleißig.

Aus diesen Gedanken resultiert eine mögliche These, die erklärt, warum viel mehr Frauen Klavier studieren, aber mehr bekannte Pianisten männlich sind:
Ich unterstelle Männern einfach mal, dass sie weniger fleißig sind als Frauen und darum bei mangelnder Musikalität mangels der daraus resultierenden Lust gar nicht erst Klavier studieren. Wenn sie es also doch tun, sind sie im durchschnitt musikalischer als Frauen, die auch mit einer aus Fleiß und Ehrgeiz resultierenden Motivation studieren.
Ich hoffe, man kapiert, was ich sagen will.

Ergo: Fast jeder, der fleißig genug ist, kann theoretisch so gut Klavierspielen lernen, dass die meisten ihn beneiden würden.
Dass dazu viel Zeit nötig ist, die sich nicht jeder nehmen kann oder möchte, sowie ein guter Lehrer, der Wissen und Können entsprechend vermittelt, steht auf einem anderen Blatt.

Ich hoffe, ich werde jetzt nicht gevierteilt, aber ich bin ja auch nur eine dumme junge Studentin, deren Meinung sich noch ganz oft ändern wird ;) ;)
 
Liebe Stilblüte,

deine Schilderung gefällt mir außerordentlich gut und ich teile zum größten Teil deine Meinung.
Über den kleineren restlichen Teil habe ich selbst einfach noch nie nachgedacht, was ich wohl ändern werde, wenngleich nicht heute.

Gute Nacht, Raskolnikow
 
Aus diesen Gedanken resultiert eine mögliche These, die erklärt, warum viel mehr Frauen Klavier studieren, aber mehr bekannte Pianisten männlich sind:
Ich unterstelle Männern einfach mal, dass sie weniger fleißig sind als Frauen und darum bei mangelnder Musikalität mangels der daraus resultierenden Lust gar nicht erst Klavier studieren. Wenn sie es also doch tun, sind sie im durchschnitt musikalischer als Frauen, die auch mit einer aus Fleiß und Ehrgeiz resultierenden Motivation studieren.
Ich hoffe, man kapiert, was ich sagen will.
Diese These habe ich vor vielen Jahren, mit umgekehrten Vorzeichen für einen anderen Bereich aufgestellt: Den Ingenieursbereich. Leider wird die Leistung von Frauen in diesem Bereich aber immer noch nicht angemessen gewürdigt, weswegen der Zusammenhang dort nach außen weniger gut erkennbar ist. Aber das ist ein anderes Thema.

Begabung ist ein Themenbereich der mich immer sehr interessiert. Meine Beobachtung ist, Menschen haben eine Reihe von Fähigkeiten. Einige angeboren andere erworben. Wie diese Fähigkeiten ausgeprägt sind, setzt sich bei jedem Menschen anders zusammen. Je komplexer eine Tätigkeit ist umso mehr dieser Fähigkeiten kommen zum Einsatz. In allen künstlerischen Bereichen halte ich die Vorstellungskraft für die entscheidende Fähigkeit. Ohne Vorstellungskraft kann man nur reproduzieren und nichts Eigenes erschaffen. Und grade diese Fähigkeit finde ich auch besonders interessant. Ob sie sich erlernen lässt ist recht umstritten. Ich persönlich glaube, sie kann nur zerstört aber nicht erlernt werden.
 
Zitat von Thomas A. Edison:
Genius is one percent inspiration, ninety-nine percent perspiration.

Wirklich beurteilen (und Unterschreiben!) kann ich das eher für die Math.-Nat. Fächer. Und so hat Edison das ja vermutlich auch gemeint. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass es in der Musik nicht so viel anders ist...?
 

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