Musikalische Gestaltung als Mittel zur Bewältigung manueller Schwierigkeiten

Eben!

Dieses Gefühl - daß die Stelle spielbar, harmlos, ungefährlich etc. ist - dieses Gefühl sollte man sich aneignen.

Ganz richtig- dieses Gefühl, dass eine Stelle angenehm ist, sollte wirklich die generelle Empfindung sein. Denn es wird nie gut funktionieren, wenn wir eine Stelle für gefährlich oder fast unspielbar halten.





Das hängt natürlich ganz davon ab, was das Ziel sein soll. Wenn das Ziel ist, eine Stelle auf Teufel komm raus schnell zu spielen, führt sie natürlich nicht zum "Ziel".

Wer setzt sich denn das Ziel, eine Stelle auf Teufel komm raus schnell zu spielen? Anscheinend gibt es genug, die es tun und die es anderen auch demonstrieren wollen.
Das hat aber mit Musizieren wenig zu tun. Eine Stelle wird immer so schnell gespielt, wie wir es als angenehm und musikalisch empfinden.

Ist auf Grund des Überprozesses die Stelle sicher noch zu langsam müssen wir daran arbeiten uns sie richtig- also im richtigen Tempo - vorzustellen und natürlich diese Vorstellung übend und probierend umzusetzen.

Dass bei längeren Passagen hierzu kleinere Übeabschnitte gewählt werden ist ja sinnvoll.

Jede Wiederholung eines Übeabschnittes sollte wegen der ständigen Kontrolle eine Verbesserung zeigen.

Ich nehme mal wieder die Clementi Sonate, die Franz als Beispiel in seinem Text bringt:

Die C-dur Tonleiter mit dem crescendo muss in allen Einzelheiten kapiert werden. wie laut am Anfang und wie genau mache ich das Lauterwerden- auf welchen Ton spiele ich zu, welcher wird der Lauteste sein usw.

Nach einigen Durchgängen sollte dies dann im richtigen (vorgestellten) Tempo klappen.
Und jetzt kommt der Hammer, wo mir schon mal früher heftig widersprochen wurde:
Wer für diese Stelle länger als eine Übeeinheit braucht, für den ist dieses Stück noch nicht spielbar. Er sollte einfachere Stücke üben.
Und dies gilt dann auf allen Stufen.

Wer die nach oben führenden Arpeggien des Anfangs Mondscheinsonate im 3. Satz nicht in einer Übeeinheit realisieren kann, für den ist dieser Satz noch nicht spielbar.
Um Missverständnissen vorzubeugen. Ich meine nicht, dass der gesamte 3. Satz in einer Übeeinheit (vielleicht 3 Stunden mit Pausen) zu bewältigen ist, sondern ich meine jetzt nur die ersten Takte des cis-moll Arpeggios. Mit diesem Übererfolg werden mir dann die folgenden- wie das Gis-dur - arpeggio entsprechend leichter fallen, denn was ich in cis-dur gut kann wird wohl auch schnell in gis-dur funktionieren.

wie gesagt, es gibt keine haarscharfe Trennungslinie, ab wann manuelle Schwierigkeiten auftreten. Das kann schon sehr früh sein, eben z.b. bei den nicht immer so harmlosen Inventionen, wenn man sie wirklich musikalisch spielen will.

Und dann meine Schlussfolgerung:

Wer die Oktavenstelle der Lisztsonate auch in den kleinen Übeabschnitten nicht innerhalb kürzester Zeit realisieren kann, für den ist diese Sonate noch nicht spielbar. Natürlich braucht so komplexe Musik auch eine gewisse Zeit, bis die gesamte Stelle wirklich inwendig im Ohr ist, aber ein kleiner Abscnitt, den man sich ja direkt merken kann (z.b. 2 Takte) sollte nach kürzester Zeit auch im Tempo klappen . Im Tempo meint das, welches ich mir in meiner Vorstellung als ideal vorhaushöre. Diese Sonate wird von vielen Pianisten gespielt und da gibt es auch beachtliche Unterschiede im absoluten Tempo, je nachdem, wer sie spielt. Und dann kommt noch dazu, dass während einer Aufführung einen spontane Emotionen dazu bringen, es dann doch anderes zu machen, als wir es einstudiert und geplant hatten. Aber jeder dieser Pianisten weiss natürlich, dass es eine untere Grenze gibt, unterhalb welcher die Stelle nicht mehr wirkt.

Wer so etwas wie diese Sonate ernsthaft spielen will, der hat in der Regel bereits eine Vielzahl von Stücken aufgeführt, die auch sogenannte heikle Oktavstellen haben. (z,b, Toccata von Schumann, oder auch die Eroica Etüde von Liszt und vieles andere)-

Vielleicht sollte er auch mal überprüfen, ob er das Thema der Papillons von Schumann leicht spielen kann.

Wieder zur Vermeidung von Missverständnissen: Es ist jedem gegönnt, überall das zu spielen und zu üben, wonach ihm der Sinn steht. Das hat auch seinen Reiz. Nur wird da nie eine Präsentable Aufführung des Stücks draus. Und wenn deer Übende noch so häufig Oktavrepetitionen übt. Diese Zeit sollte er besser verwenden, um die Werke zu studieren, die jeweils realisierbar sind.
 
Oh Rolf...

mit deinen Horrorpartituren kannst du vielleicht Leute erschrecken, die beim bloßen Anblick von Sechzehnteltriolen in Ohnnmacht fallen (oder die nicht wissen, was ossia heißt ;) ). Du postest übrigens gerne Ausschnitte, wo Noten mit vielen Balken notiert sind - was mit dem Tempo erstmal garnichts zu tun hat.

oh Haydnspaß,

nach dieser Stelle hat doch Franz gefragt, oder nicht?

Balken hin, Balken her (und das ossia dort wird selten gespielt, weils nicht so gut klingt): wer das Stück kennt, gar übt oder spielt, weiss dass das Akkordvibrato nicht lahm sein soll.

Horrorpartitur? ich halte es hier für sehr gelungene Musik :)

Gruß, Rolf
 
Wer so etwas wie diese Sonate ernsthaft spielen will, der hat in der Regel bereits eine Vielzahl von Stücken aufgeführt, die auch sogenannte heikle Oktavstellen haben. (z,b, Toccata von Schumann, oder auch die Eroica Etüde von Liszt und vieles andere)-

Vielleicht sollte er auch mal überprüfen, ob er das Thema der Papillons von Schumann leicht spielen kann.

Wieder zur Vermeidung von Missverständnissen: Es ist jedem gegönnt, überall das zu spielen und zu üben, wonach ihm der Sinn steht. Das hat auch seinen Reiz. Nur wird da nie eine Präsentable Aufführung des Stücks draus. Und wenn deer Übende noch so häufig Oktavrepetitionen übt. Diese Zeit sollte er besser verwenden, um die Werke zu studieren, die jeweils realisierbar sind.

wenn ich´s richtig verstanden habe, will hier einer - Franz - ernsthaft den "Liebestod" spielen - - - das muss man weder demotivieren, noch muss man´s als "Horrorpartitur" (Haydnspaß) bezeichnen.

stattdesen könnte man, weil das ja auch ein schönes Beispiel für die hier thematisierte allgemeine Fragestellung ist, mit paar Empfehlungen, Tipps, Ratschlägen usw versehen...

"wer nicht in kürzester [sic...] Zeit" - wie lange brauchte Horowitz für Skrjabins 5. Sonate?... solche Allgemeinplätze helfen niemandem, jedenfalls nicht bei der praktischen Erarbeitung von schönen Wagner/Lisztschen Klavierstücken.

und es gibt Klavierstücke, die allem Mystifizieren zum Possen, für jeden körperlich und emotional anstrengend sind (auch wenn man das während des Spielens nicht wahrnimmt, weil mans wegblendet) - - leicht und mühelos, in kürzester Zeit usw.: das ist übertrieben.

Gruß, Rolf
 
Wieder zur Vermeidung von Missverständnissen: Es ist jedem gegönnt, überall das zu spielen und zu üben, wonach ihm der Sinn steht. Das hat auch seinen Reiz. Nur wird da nie eine Präsentable Aufführung des Stücks draus. Und wenn deer Übende noch so häufig Oktavrepetitionen übt. Diese Zeit sollte er besser verwenden, um die Werke zu studieren, die jeweils realisierbar sind.

In Grunde stimme ich Dir zu, besonders Späteinsteiger neigen gerne dazu, sich zu viel zuzumuten, angeheizt durch diverse Behauptung des berüchtigten Online-Chang.

Das Studium schneller Oktaven wird man in aller Regel nicht mit der Liszt Sonate beginnen. Irgendwann und irgendwie sollte man aber damit anfangen, z.B. mit der Oktavenetüde von Mozkowski, ganz nettes Stück. Es ist wirklich leicht, kann man langsam problemlos vom Blatt spielen. Man kann sich das auch leicht merken, wiel es eben keine recht komplizierte Musik ist.

Wenn man die Etüde aber etwas flotter und dazu noch schön spielen will, kommt man auch hier nicht darum herum, ein bischen zu "trainieren". Das man das nicht gehörlos und mechanisch macht, haben wir ja nun ausgiebig besprochen. Langsames Üben allein bringt allerdings nur begrenzt Erfolg.

Rolfs Vorschlag, man möge schnelles Spiel offensiv, also durch schelles Üben kurzer Abschnitte angehen, ist also nicht von der Hand zu weisen.

...rein praktisch wären noch Überlegungen sinnvoll, die sich auf das endgültige Tempo dieser Stelle (sie ist berüchtigt genug) beziehen...

lieber Franz: langsam spielen wird Dir hier nur bestätigen, was Du vom Blatt spielen kannst - denn langsam gespielt ist diese Stelle harmlos. Ich rate Dir, sie in mehrere Ziel-Akkorde aufzuteilen und immer zu diesen hin sehr sehr schnell zu spielen.

Vielen Dank füre diesen Tipp, diese Technik ist mir allerdings nicht unbekannt. Das ist sehr effektiv, mache ich auch. Allerdings hat sich bei mir auch langsames, entspanntes Üben, völlig ohne unmittelbaren Zieldruck sehr gut bewährt.

Ganz blöde Frage: Wozu studiert man eigentlich Etüden?
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
wer das Stück kennt, gar übt oder spielt,

Also niemand in diesem Forum außer dir und Franz 8)

Ich lese gerade nach:

... sind es Wellen sanfter Lüfte? Sind es Wolken wonniger Düfte?
Wie sie schwellen, mich umrauschen, soll ich atmen, soll ich lauschen?
Soll ich schlürfen, untertauchen? Süß in Düften mich verhauchen?
In dem wogenden Schwall, in dem tönenden Schall,
in des Welt Atems wehendem All, ertrinken, versinken,
unbewußt höchste Lust!



also kein

Zitat von rolf:
feuerspuckenden Drachen oder riesigem hungrigem Krokodil
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
I
Langsames Üben allein bringt allerdings nur begrenzt Erfolg.

Rolfs Vorschlag, man möge schnelles Spiel offensiv, also durch schelles Üben kurzer Abschnitte angehen, ist also nicht von der Hand zu weisen.



Vielen Dank füre diesen Tipp, diese Technik ist mir allerdings nicht unbekannt. Das ist sehr effektiv, mache ich auch. Allerdings hat sich bei mir auch langsames, entspanntes Üben, völlig ohne unmittelbaren Zieldruck sehr gut bewährt.

Ganz blöde Frage: Wozu studiert man eigentlich Etüden?

Na da haben wir doch wieder die berühmten Überschneidungen. Genau das sagte ich doch: Kleinen Abschnitte möglichst schnell auf das richtige Tempo bringen.

Und wozu studiert man Etüden?

Ich studiere sie genau dann, wenn es Stücke sind, die mir gefallen.
Und sogar Cramer und Cerny etüden- man muss da eine Auswahl treffen - sind schöne und reizvolle Musikstücke.

Und Eüden, die musikalisch reizlos sind, sollte man links liegen lassen.
 
Wer für diese Stelle länger als eine Übeeinheit braucht, für den ist dieses Stück noch nicht spielbar. Er sollte einfachere Stücke üben.
Und dies gilt dann auf allen Stufen.

Die einen Schwierigkeiten werden schneller bewältigt, die anderen weniger. So ist das nun einmal und man sollte hier wirklich nicht so dermaßen dokmatisch sein! Es kann auch durchaus mal länger dauern bis eine technische Schwierigkeit gut funktioniert. Solange man fortschritte macht und wies wie man diese Schwierigkeit bewältigt, so ist das Stück nicht zu schwer. Natürlich sollte diese "Schwierigkeit" was sie auch immer sei, in einem vorherig mal gespielten Stück irgendwie vorgekommen sein...
aber dennoch manchmal braucht es eben länger bis einer Stelle gut klappt und das liegt nicht immer daran weil sie zu schwer ist, sondern weil man denkt sie sei zu schwer!!!, gar nicht merkt wie einfach sie gespielt werden kann...
ich könnte da Beispiele nennen. Und ich denke nicht diese Stücke waren zu schwer für mich.


Zitat von violapiano :
Es hat sich herausgestellt, das viel langsames Üben nicht zum Ziel führt, wenn eine Stelle schnell gefordert ist.

Das würde ich nicht sagen. Durch langsames Üben auch vor allem leises Üben (mit so wenig wie möglichen Kraftaufwand) verinnerlicht man das Gefühl, dass die zu bewältigende Stelle einfach ist. Und nur wenn man dieses Gefühl hat, kann man auch schnell spielen. Sicher muss schnelles und langsames Üben kombiniert werden. Doch beides halte ich für gleich wichtig.
Ich habe übrigens nur durch langsames leises üben gelernt schnell und leise zu spielen (Gnomenreigen). Leider habe ich das etwas zu spät gemerkt, dass diese ganz simple Methode zum Ziel führt und brauchte darum auch mehr als nur EINE Übeinheit.

lg
Clara
 

(1)
Na da haben wir doch wieder die berühmten Überschneidungen. Genau das sagte ich doch: Kleinen Abschnitte möglichst schnell auf das richtige Tempo bringen.

(2)
Und wozu studiert man Etüden?

Ich studiere sie genau dann, wenn es Stücke sind, die mir gefallen.
(...)

(3)
Und Eüden, die musikalisch reizlos sind, sollte man links liegen lassen.

hallo,

(1)
zum Teil ja, zum Teil nein: das trainieren kleiner Abschnitte (sinngemäß Margulis: "jede schwierige Stelle läßt sich in ihre Bestandteile zerlegen, und diese folgen natürlichen Bewegungen" und danach "läßt sie sich zusammensetzen") ist ein Gewöhnungsprozess für das Denkgehäuse wie für die Motorik - meist begreift man oben eher, als dass man´s motorisch auszuführen in der Lage ist. (der Geist ist willig, das Fleisch...:)) Also sind die kleinen Abschnitte eben eher "motorisches" Training. hier ist "möglichst schnell auf das richtige Tempo bringen" doch als sehr relativ zu verstehen. Und das gilt auch auf "Profi-Niveau", wie nicht zuletzt Horowitz an zwei unterschiedlichen Beispielen mitgeteilt hatte: für Liszts "Les Funerailles" waren zwei Wochen, für Skrjabins recht kurze 5. Sonate über ein halbes Jahr nötig (und das bei seinen nicht unberühmten manuellen Fähigkeiten).

(2)
das mache ich genauso, zudem bieten die viele dankbare Zugaben! und lernen läßt sich an denen immer!!

(3)
wenn man sich´s aussuchen darf oder kann, ja - aber was dem einem reizvoll erscheint, muss dem anderen nicht auch gefallen: ich musste (!) Etüden üben, die mir reizlos vorkamen und mich nicht interessierten (z.B. die Sextenetüden von Chopin und Skrjabin, auch ein paar von Moszkowski), aber ich hatte das gemacht, weil mir klar war, dass ich was dran lerne. Natürlich weiss ich mittlerweile, dass Chopins Sextenetüde ein tolles und reizvolles Stück ist, aber während des Studiums empfand ich das noch nicht so.

Noch was zur "Klangvorstellung": ich kann unter diesem zwar recht weitläufigen Begriff allerlei verstehen, aber insgesamt ist er doch sehr abstrakt. Ich glaube auch nicht, dass man das so naiv beschreiben könnte wie "in jedem Moment wissen, wie es klingen soll" (davon abgesehen, dass das eine merkwürdige Stückelung in Momente bedeuten würde). Als Sänger hat man manches einfacher: man befasst sich mit nur einer Stimme (vereinfacht gesagt). Am Klavier hat man deren mehrere, fast immer bewegt sich der Klavierklang mehrschichtig. Das setzt ein Mit- & Vorausdenken, Fühlen, Wahrnehmen voraus, welches wir ansonsten kaum bis gar nicht benötigen - wer´s nicht glaubt, versuche gleichzeitig (!!) eine Tasse Kaffee einzuschenken UND seinen Namen auf ein Stück Papier zu schreiben - die Ergebnisse sind immer ulkig (Handy-Gespräche beim Autofahren rate ich dagegen nicht, das kostet viel...) - - - ich habe angedeutet, dass man neben der "Klangvorstellung" eben auch vielschichtiges, also simultanes Denken auf mehreren Ebenen benötigt, um sinnvoll Klavier zu spielen. Nun meine Frage erneut an Dich, Klavigen: würdest Du das "polyphone/simultane" Denken unter das Abstraktum "Klangvorstellung" einreihen? Oder eher umgekehrt, nämlich dass Klngvorstellungsvermögen ein Bestandteil des simultanen Denkens ist? zudem kommt hinzu, dass Klänge nicht statisch, sondern beweglich sind, sich bewegen, einen zeitlichen Verlauf haben (und der muss sehr genau abgewogen werden)

meine Frage ernst gemeint, kein small talk (es fällt mir dich schwer, bei diesem Thema nur small talk zu verzapfen) :)

Gruß, Rolf
 
(...)
Durch langsames Üben auch vor allem leises Üben (mit so wenig wie möglichen Kraftaufwand) verinnerlicht man das Gefühl, dass die zu bewältigende Stelle einfach ist. Und nur wenn man dieses Gefühl hat, kann man auch schnell spielen. Sicher muss schnelles und langsames Üben kombiniert werden. Doch beides halte ich für gleich wichtig.
(...)

langsames Üben = Vorbereitung (verinnerlichen, sich gewöhnen, Detailkontrolle usw.)

schnelles Üben in kleinen Abschnitten = motorisches Training (Gewöhnung an die Bewegungsabläufe)

schnelles leises Üben/Proben/Spielen = "unengagiertes üben" zur ständigen Sicherstellung der motorischen UND muskalischen Abläufe OHNE EMOTIONALEN AUFWAND, also ohne jede Anstrengung

spielen im Tempo mit "vollem Einsatz" = das Ziel, das immer wieder neu angestrebt werden muss (und hier gibt es einige Stücke, die dieses immer wieder neu anstreben von JEDEM erfordern)

...irgendwie sagen wir sehr ähnliches, nur die Wortwahl ist verschieden...


Gruß, Rolf
_______________

um etwas Zündstoff für das Thema zu liefern:

sehr gutes Klavierspiel sieht locker und mühelos aus - aber mühelos ist es leider nicht: es sind weniger die Scheinwerfer und Temperaturen, als die körperliche und mentale Anstrenung, welche Erschöpfung und Transpiration bewirken (mag unschön klingen, wird aber praktiziert: in der Pause ein frisches Hemd!) - also: was mühelos aussieht, ist es nicht

und die zweite beliebte Chimäre:
die Bewegungen bei langsamem Spiel sind dieselben wie bei schnellem - auch das stimmt nicht

...weder Klangvorstellung noch simultanes Denken schaffen die reale körperliche Anstrenung von 2 mal 45min plus bis zu 20-30min Zugaben aus der Welt: alle spüren danach, dass sie nicht wenig getan haben!!
 
Noch was zur "Klangvorstellung": ich kann unter diesem zwar recht weitläufigen Begriff allerlei verstehen, aber insgesamt ist er doch sehr abstrakt. Ich glaube auch nicht, dass man das so naiv beschreiben könnte wie "in jedem Moment wissen, wie es klingen soll" (davon abgesehen, dass das eine merkwürdige Stückelung in Momente bedeuten würde).

Och, ich finde das nun weniger naiv, in jedem Moment zu wissen, wie es klingen soll. Es wäre in der Tat naiv, das nicht zu wissen und zu glauben, man würde so eine stimmige Interpretation abliefern.
Der Eindruck einer "Stückelung in Momente" kann nur dadurch entstehen, indem die Klangvorstellung nur punktuell entwickelt ist und noch nicht das Große, Ganze gefasst hat, sozusagen indem noch nicht alle Beziehungen und Verhältnisse in einem Stück entdeckt wurden (wobei es da nie ein wirkliches Entwicklungsende gibt; das hängt ja mit der Biographie des Interpreten zusammen)


Zitat von Rolf:
. Am Klavier hat man deren mehrere, fast immer bewegt sich der Klavierklang mehrschichtig. Das setzt ein Mit- & Vorausdenken, Fühlen, Wahrnehmen voraus, welches wir ansonsten kaum bis gar nicht benötigen - wer´s nicht glaubt, versuche gleichzeitig (!!) eine Tasse Kaffee einzuschenken UND seinen Namen auf ein Stück Papier zu schreiben - die Ergebnisse sind immer ulkig

Dieses Beispiel hinkt ein wenig, aber verdeutlicht gut ein m. E. grundlegendes Missverständnis. Im Falle des Kaffees und simultan erfolgenden handschriftlichen Aufzeichnung handelt es sich um motorisches "dual tasking". Das geht oft in die Hose. Die von Rolf angesprochene mehrschichtige Empfindung des Klanges bzw. des Erklingens ist zunächst völlig unabhängig von jeglicher Motorik. (Dass ausgerechnet Rolf als Beispiel die Motorik-Nummer bringt, ist keine Überraschung ;), allerdings veranschaulicht sie in keinster Weise die Art von Simultanität beim Klavierspielen).....

Zitat von Rolf:
ich habe angedeutet, dass man neben der "Klangvorstellung" eben auch vielschichtiges, also simultanes Denken auf mehreren Ebenen benötigt, um sinnvoll Klavier zu spielen. Nun meine Frage erneut an Dich, Klavigen: würdest Du das "polyphone/simultane" Denken unter das Abstraktum "Klangvorstellung" einreihen? Oder eher umgekehrt, nämlich dass Klngvorstellungsvermögen ein Bestandteil des simultanen Denkens ist? zudem kommt hinzu, dass Klänge nicht statisch, sondern beweglich sind, sich bewegen, einen zeitlichen Verlauf haben (und der muss sehr genau abgewogen werden)

Ich heisse zwar nicht Klavigen (und Sesam eigentlich auch nicht:D), aber, Rolf, es ist doch wurst welchen Namen du dem Kind gibst. Absehen davon dürfte es mit simultanem Denken (wenn der Begriff konkret und eben nicht abstrakt gemeint sein soll) schwierig werden: Oder hast du schon mal gleichzeitig das Alphabet gedacht, dazu simultan von 1 bis 30 gezählt und parallel Alle meine Entchen gesungen? Und wenn du das nicht kannst, dann wird wohl dein "polyphones/simultanes Denken" im Grunde auf dasselbe hinauslaufen wie der profanere Begriff der "Klangvorstellung".
Oder habe ich da etwas übersehen?

Liebe Grüße,
Sesam
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
hallo,

(1)
zum Teil ja, zum Teil nein: das trainieren kleiner Abschnitte (sinngemäß Margulis: "jede schwierige Stelle läßt sich in ihre Bestandteile zerlegen, und diese folgen natürlichen Bewegungen" und danach "läßt sie sich zusammensetzen") ist ein Gewöhnungsprozess für das Denkgehäuse wie für die Motorik - meist begreift man oben eher, als dass man´s motorisch auszuführen in der Lage ist. (der Geist ist willig, das Fleisch...:)) Also sind die kleinen Abschnitte eben eher "motorisches" Training.

vielleicht aber auch nicht. Wenn ich ein Gedicht auswendig lernen will oder einen Text nehme ich auch erstmal kleinere Abschnitte, die ich mir merken kann und wiederhole diese, bis sie mir geläufig sind. Das ist Gedankentraining und eigentlich nicht motorisch. Und oft ist es so, dass das Fleisch richtig fleissig ist, während der Geist eher träge bleibt.



hier ist "möglichst schnell auf das richtige Tempo bringen" doch als sehr relativ zu verstehen. Und das gilt auch auf "Profi-Niveau", wie nicht zuletzt Horowitz an zwei unterschiedlichen Beispielen mitgeteilt hatte: für Liszts "Les Funerailles" waren zwei Wochen, für Skrjabins recht kurze 5. Sonate über ein halbes Jahr nötig (und das bei seinen nicht unberühmten manuellen Fähigkeiten).

das war schon immer unbestritten, dass ein gesamtes Werk länger braucht, bis es aufführungsreif ist. Ich sprach davon, dass eine kurze Sequenz innerhalb eines Stückes innerhalb einer Übeeinheit (Das Wort können wir auch mal ändern- es scheint nicht sehr zu gefallen). Horovitz wird mit Sicherheit jede Stelle, die man sich nur denken kann innerhalb kürzester Zeit realisiert haben.

Wir müssen aber nicht immer diese KLavierhämmer auspacken. Ich sagte schon, dass auf allen Ebenen so gearbeitet werden sollte. Das ist auch nicht dogmatisch wie hier gemeint wurde. Da kann man immer etwas vor oder nachgeben. Prinzipiell darf aber eine solch kurze Sequenz nicht zu lange dauern bis zur richten Ausführung. Sonst ergeben sich ja für ein gesamtes Werk irre lange Übezeiten und das Repeertoire bleibt auif der Strecke.



. Am Klavier hat man deren mehrere, fast immer bewegt sich der Klavierklang mehrschichtig. Das setzt ein Mit- & Vorausdenken, Fühlen, Wahrnehmen voraus, welches wir ansonsten kaum bis gar nicht benötigen - wer´s nicht glaubt, versuche gleichzeitig (!!) eine Tasse Kaffee einzuschenken UND seinen Namen auf ein Stück Papier zu schreiben - die Ergebnisse sind immer ulkig (Handy-Gespräche beim Autofahren rate ich dagegen nicht, das kostet viel...) - - - ich habe angedeutet, dass man neben der "Klangvorstellung" eben auch vielschichtiges, also simultanes Denken auf mehreren Ebenen benötigt, um sinnvoll Klavier zu spielen. Nun meine Frage erneut an Dich, Klavigen: würdest Du das "polyphone/simultane" Denken unter das Abstraktum "Klangvorstellung" einreihen? Oder eher umgekehrt, nämlich dass Klngvorstellungsvermögen ein Bestandteil des simultanen Denkens ist? zudem kommt hinzu, dass Klänge nicht statisch, sondern beweglich sind, sich bewegen, einen zeitlichen Verlauf haben (und der muss sehr genau abgewogen werden)

meine Frage ernst gemeint, kein small talk (es fällt mir dich schwer, bei diesem Thema nur small talk zu verzapfen) :)

Gruß, Rolf

Ja, das polyphone/simultane Denken ist für mich ein fester Bestandteil dessen, was ich Klangvorstellung nenne. Der Begriff Klangvorstellung ist insofern irreführend, weil er immer den realen Klang zu meinen scheint. Da hier aber auch Emotionen, Psychologie, Bewegungsempfindungen und noch mehr dazugehören ist der Begriff eben unscharf.
aber wir haben das schon in so vielen Posts beschrieben, dass wir doch wissen, was darunter zu verstehen ist.

Der Musiker ist das "Mulitaskingtalent" (um mal diesen Modebegriff zu verwenden) schlechthin.

Der Dirigent hört natürlich nicht immer nur eine Stimme sondern er hört in der Tat vielschichtig. worauf er in einem genau zu differenzierenden Augenblick tatsächlich hört ist genau so schwer zu bestimmen wie die Frage, worauf der focus des Auges in einem bestimmten Moment gerichtet ist.

Wenn ich eine mehrstimmige Fuge höre, einstudiere oder gerade spiele sind alle Stimmen Bestandteil meiner Klangvorstellung.
Ja und das alle diese Teile einen zeitlichen Verlauf haben ist nun mal das Wesen der Musik.

Dein Beispiel mit der Tasse Kaffee ist lustig und ich habe auch schon als spass Schüler mit der linken Hand ein Lied spielen lassen, während sie mit der rechten Hand auf ein Blatt Papier einen Satz schreiben mussten.

Mit etwas Training werden diese Aufgaben dannn aber immer besser. Inwieweit unser gehirn das abarbeitet und ob es ähnlich einem PC einen Cache verwendet, in dem die Daten gepuffert werden, kann ich mangels Fachausbildung nicht sagen. Jedenfalls lässt sich das trainieren.
Linkshänder schreiben dann eben mit links und spielen rechts das Lied.
 
Oder habe ich da etwas übersehen?

Liebe Grüße,
Sesam

vielleicht manches missverstanden?

bekannt genug ist die "Fuge", und wo sie für Klavier komponiert wurde, wird sie traditionellerweise auch an diesem gespielt ;) und zwar unter Einsatz des Denkgehäuses wie der Greifwerkzeuge.

Spaß beiseite: mehrere Stimmen gleichzeitig zu spielen - spätestens das dürfte klar machen, dass man diese gleichzeitig denken können muss und dass man diese gleichzeitig spielen können muss.

kann man das motorisch nicht hinkriegen, ist man durchaus in derselben Situation wie bei Kaffee und Unterschrift. Nebenbei: ulkig ist, dass "Rechtshänder" mit der linken deutlich schlechter schreiben, Bälle werfen, Tischtennis spielen usw - klavierspielende Rechtshänder aber können mit der linken durchaus Melodien spielen (Chopin Prelude h-Moll) und schnelle Läufe (Chopin Revolutionsetüde). ...schon manchmal sonderbar bestellt, um die Fähigkeiten der Extremitäten :D

ach ja: Polyphonie bzw. Mehrschichtigkeit des Klangs sind nicht allein der Fuge vorbehalten, und in jedem Fall bedarf die Realisierung eine differenzierende Gewichtung der Zusmmanklänge und Zusammenhänge - viel zu tun hat man da...

Gruß, Rolf
 
____

um etwas Zündstoff für das Thema zu liefern:


und die zweite beliebte Chimäre:
die Bewegungen bei langsamem Spiel sind dieselben wie bei schnellem - auch das stimmt nicht

Wer hätte das je behauptet ?

Natürlich sind die Bewegungen bei langsamem Spiel andere als bei schnellem Spiel.

Meine Vorstellung: Ich spiele was Langsames bzw eine langsame Stelle oder eine eigentlich schnelle Stelle langsam, um sie mir genaueinzuprägen- folgerichtig werden die Bewegungen langsamer sein.

Wenn ich die Stelle schneller spielen will, werden sich automatisch meine Bewegungen meiner veränderten Klangvorstellung anpassen.
 
Spaß beiseite: mehrere Stimmen gleichzeitig zu spielen - spätestens das dürfte klar machen, dass man diese gleichzeitig denken können muss und dass man diese gleichzeitig spielen können muss.

Ja, das ist klar. Eigentlich ein alter Hut :cool: Ich dachte, du wolltest mit deinem "simultanen Denken" auf etwas anderes, neues hinaus.

Bemerkenswert auch hier: erstmal muss man sie hören, um sie spielen zu können. Die Fuge ist da wirklich ein super Beispiel: ohne Klangvorstellung verlaufen sich die Finger ins Nirvana. Und mit Klangvorstellung wird so manche Stimmführung sehr viel einfacher in der motorischen Unabhängigkeit der "Greifwerkzeuge".

Lieben Gruß, Sesam
 
Ja, das polyphone/simultane Denken ist für mich ein fester Bestandteil dessen, was ich Klangvorstellung nenne. Der Begriff Klangvorstellung ist insofern irreführend, weil er immer den realen Klang zu meinen scheint. Da hier aber auch Emotionen, Psychologie, Bewegungsempfindungen und noch mehr dazugehören ist der Begriff eben unscharf.
aber wir haben das schon in so vielen Posts beschrieben, dass wir doch wissen, was darunter zu verstehen ist.

Danke für die ausführliche Antwort!

"Klangvorstellung" enthält also so ziemlich alles, was zum Musik machen am Klavier benötigt wird - da das viel ist und nicht jeder das a priori hat, wird man sich schon mit manchen Teilaspekten beschäftigen müssen.

-- die vielen "Posts" (= Beiträge? ich bin nocht sonderlich pc-fit), welche genau das definieren (nämlich einen so umfassenden wie abstrakten Begriff), sind mir in dieser Deutlichkeit nicht aufgefallen - evtl. stehen die woanders? aber egal: jetzt ists geklärt. --

Wenn das Klangvorstellung meint, na die braucht man in höchstem Maße!! aber die hat man nicht so ohne weiteres, und wo doch Anlagen dazu vorhanden sind, wird dennoch sehr viel weiterentwickelt werden müssen

spaßeshalber: die 5. Skrjabinsonate muss aus sehr sehr vielen Abschnitten, die Horowitz in kürzester Zeit spielen konnte, bestehen - anders wäre über ein halbes Jahr für ca. 12 Minunten Klaviermusik nicht denkbar. es sei denn, sie enthält Abschnitte, an denen selbst Horowitz lange üben musste und geübt hat, wie er selber sagte

der Vergleich mit den Gedichten: natürlich ist das "Kopfarbeit", und wenn man sie schön aufsagt, dürfte man meistens die Aussprache auch nicht extra trainieren müssen (obwohl Rezitatoren und Schauspieler das machen...) - aber die Aussprache, das Sprechen (mehr oder weniger deutlich) sind meiner Ansicht nach nicht mit dem motorischen Part des Klavierspiels direkt vergleichbar.

sehr interessant ist, dass Du "Bewegungsempfindungen in das Klangvorstellungsvermögen (so dieser Begriff bei Marek) mit einschließt. Ich meine jetzt nicht, dass eine sanfte Stelle wie "sanft gestreichelt" gefühlt und entsprechend "angefasst" wird - das ist Kleinkram. Es müsste ein Bewegungsempfinden gemeint sein, welches z.B. schwierige bis schwierigste Stellen quasi vorausfühlen lässt, und zwar vorausfühlen lässt, wie man sie dann in Bewegungen ausführt - ich glaube, dass sich derartiges erst nach immenser Praxis einstellt, und selbst dann nicht alle Eventualitäten abdeckt. Darin dürfte einer der Gründe sein, wehalb selbst "Super-Profis" an manchen Stücken viel Einarbeitungszeit verbrauchen: weil sie mit Spezialitäten zu tun haben, die etwas ausgefallener sind, als sie innerhlb einer normalen pianistischen Technik vorkommen (zu Erinnerung: wie Du selbst schreibst, spielt nicht jeder alles, und das hat nicht nur Geschmacksgründe)

ich fürchte, der Weg zu einer umfassenden Klangvorstellung ist ebenso mühsam und lange, wie der Weg zu wirklich schnellen Oktaven oder ähnlichem. voraussetzen kann man diese Klangvorstellung nicht, man kann nur dabei helfen, sie zu entwickeln (das geschieht im Unterricht, sofern er gut ist) - insofern ist der Hinweis, man müsse alles aus der Klangvorstellung entwickeln, irreführend: diese muss erst entwickelt werden.

..."Klavierhämmer" meint extrem schwierige Stücke? na ja, davon gibt es einige und die sind sehr sehr schön (und die müssen nicht zwingend "Zirkusnummern" sein) - wer weit gekommen ist, soll ruhig versuchen, seine Grenzen auszudehnen!

der Kopf ist manchmal träge, und dann sinds die Finger auch: darum wird man vieles anfangs sehr langsam sich angewöhnen; das kehrt sich aber allmählich um, der Kopf (zumal mit Klangvorstellung) überholt die Finger, und dann gilt es, dieses Defizit abzubauen: in kleinen und allmählich größeren Abschnitten üben, und nicht langsam. Sowie der Kopf mit seiner Klangvorstellung die Finger überholt hat, kann er "ausruhen" (etwas in die zweite Reihe treten, was nicht heisst, dass er abgeschaltet ist!!!): leises "unengagiertes" spielen, üben, trainieren. Ich sehe da kein Problem, und sehe auch nicht, dass hierbei die Klangvorstellung zu kurz käme - sie ist immer dabei, aber nicht permanent im Zentrum. ihre reale Entfaltung hat sie ohnehin erst bei vollem emotionalem Engagement, also im Vorspiel oder im Konzert.

Gruß, Rolf
 

Zurück
Top Bottom