Ich habe den Verdacht, dass musikkundige Menschen, die Mendelssohn hören oder spielen, gerne mal Chopin oder Schumann als Maßstäbe anlegen. Damit wird man jedoch meiner Meinung nach der kompositorischen Leistung Mendelssohns nicht gerecht. Mendelssohn ist doch in vielen Kompositionen mehr Klassizist als Romantiker. Ich betrachte ihn in dieser Hinsicht in einer Linie mit Mozart. Leidenschaften werden musikalisch nicht ausgereizt, sondern oft nur angedeutet, wie z.B. auch in der Etüde in b-moll. Da ist viel Ausdruck drin, jedoch nicht exzentrisch, sondern mit Contenance (eine Eigenschaft, die Mendelssohn mit Fauré teilt).
Und daneben gibt es dann doch echte romantische, zukunftweisende Musik von Mendelssohn, z.B. die Schottische Sinfonie, die mit großer Wahrscheinlichkeit Wagner im Fliegenden Holländer inspiriert hat.
Aber es steht auch außer Frage, dass Chopin und Schumann vielseitiger sind.