Es ist grundsätzlich nicht verkehrt, als Pianist, Schüler oder Lehrer über die Funktionsweise des Gehirns beim Musizieren Bescheid zu wissen. Ganz besonders kann man beim Üben von solchem Wissen profitieren.
Altenmüller hat nicht umsonst zahlreiche, sehr interessante Vorträge an Musikhochschulen darüber gehalten, die hier im Forum oft verlinkt wurden.
Man MUSS nicht unbedingt darüber Bescheid wissen, denn wenn man sinnvoll und gut übt und unterrichtet, kann man auch durch Empirie (Erfahrungswissen) auf diese Dinge kommen. Deshalb, etwas ketzerisch formuliert, hinkt aus meiner Sicht die Erklärung der Neurophysiologen etc. des Öfteren der Erfahrung hinterher.
In den letzten Jahrhunderten kamen hervorragende Pianisten und Klavierlehrer auch ohne dieses Wissen zurecht. Trotzdem finde ich die Ergebnisse aus der Musik- und Neurophysiologie sehr hilfreich. Die Neurophysiologie ist noch nicht alt und wer weiß, wohin uns ihre Erkenntnisse noch führen.
Wenn man nun eine Hand leiser und eine lauter spielen will, kann man dieses auch ohne neurophysiologisches Wissen lernen. Man kann aber auch darauf zurückgreifen, um dem Schüler bestimmte Sachverhalte deutlicher zu machen. Viele wissen gar nicht, dass die linke Gehirnhälfte die rechte Körperseite und damit auch die rechte Hand steuert und umgekehrt. Dass bei professionellen Musikern der Balken zwischen den Hälften, das Corpus callosum, besonders dick ist, weil es viele Vernetzungen zwischen den beiden Hälften gibt. Musizieren und Musikhören beansprucht sehr viele Teile des Gehirns und gehört laut Altenmüller zu den anspruchsvollsten Aktivitäten für das Gehirn:
https://www.immm.hmtm-hannover.de/de/forschung/musik-und-gehirn/ .
Dieses Wissen kann auch in eine Methodik einfließen, indem man mit dem Schüler, der sich mit motorischen Anforderungen beim Klavierspiel schwer tut, Übungen macht. Dazu zählen beispielsweise die Übungen des
Brain Gym. Solche Übungen wie diese hier können ebenso hilfreich sein:
https://www.diefuehrungsakademie.de...99af2-6957-4916-a427-c9ac5e6b036a?version=1.0 . Inge Rosar, Musikhochschule Würzburg, hat auch solche Übungen mit uns gemacht in ihrem Kurs. Natürlich wird man dann auch dem Schüler erklären, wozu sowas Merkwürdiges gut sein soll und dass er damit womöglich das gewünschte Ziel "eine Hand lauter, eine leise" besser erreicht.
Das Ganze ist also ein methodischer Baustein, den man nutzen kann, aber nicht nutzen muss.
Liebe Grüße und einen schönen gehirnfüllenden Sonntag!
chiarina