Ich denke das war es schon immer, auch zu Mozarts Zeiten.
Also, ich denke, das kann man nicht so einfach sagen. Mittlerweile liest man ja schon auf den Buchtiteln der Komponistenbiografien in den Fachgeschäfen:
Biografie eines Superstars, jedoch glaube ich nicht, dass die „Stars“ der damaligen Zeit mit denen der unseren in Vergleich zu setzen sind.
Dass ein Mozart oder ein Liszt umjubelt wurden, weil sie fantastische Musiker auch in der Aufführung und nicht nur im Schaffen waren, und dass unter den Verehrenden auch nicht selten solche sich einfanden, denen das Bemerken von musikalischen Strukturen versagt war, das darf nicht verwechselt werden mit der gleichsam blinden Götzenanbetung, die natürlich auch aus den technischen Optionen der Kulturindustrie erwachsen ist. Was von den Medien heute beispielsweise in Form von Lang Lang angepriesen wird, das ist nicht der Idealtypus des >Musikers<, sondern der ideale >Mensch< per se – eigentlich ein Gott. Wo früher die Mythenbildung um große Künstler noch ein Natürliches hatte und wo alle erdachten Geschichten sicherlich nichts an der Figur an sich änderten, sondern ihre bestehenden Charakteristika fortsetzten (so jedenfalls meine Vermutung), werden heute den Figuren auf den Werbeplakaten und auf den Presse-Fotos die Zähne gebleicht und die Haut gestrafft, um alle Erscheinungen von Verfall, von Menschlichem also auszuschließen. Das ist es ja, wonach wir so oft uns sehnen – Unsterblichkeit, Reinheit, Allmacht. Das also, was, ganz nach Feuerbach, uns dazu antreibt, uns Götter, die wir mit dem belegen, das wir selbst nicht sein können, zu erfinden, wird fortgesetzt in der Masche der Kulturindustrie, unsere „Stars“ jugendlich und frei von Lastern zu halten.
Nicht ist jedoch diese durchaus oberflächlich vermittelte Quasi-Gottesanbetung die einzige Anlage in dem ganzen Tumult um die „Großen“: Gerade bei solchen Figuren wie Lang Lang ist noch eine ganz andere Implikation angelegt, die sich aus der Biografie des Künstlers, die ja immer und immer wieder als eine besondere Referenz behandelt wird, ergibt, nämlich:
Ertrage alles Leid und alle Schmach, denen dein Herr dich aussetzt, und erledige widerstandslos deine dir gegebene Aufgabe, ganz gleich, wie viele Prügel du ertragen musst, und vielleicht hast du dann das Glück, eines Tages reich und berühmt zu sein. Und dieses Muster ist durchaus identisch mit der Methode, nach welcher die Rap-Künstler, aus den "Ghettos" kommend, unter wilden Schießereien und verhängnisvollen Drogengeschäften doch noch das sichere Ufer erreichten oder alle großen Rockmusiker einmal unter der Missgunst der eigenen Eltern als Rebellen in der Hinterhofgarage begonnen haben. Letztendlich soll das nur bedeuten, man solle um jeden Preis jede noch so harte Arbeit ohne Einspruch erledigen. Die Romantik dabei ist nur ein wirksames Mittel, die ökonomischen Absichten zu verbergen.
Kulturindustrie ist nicht einfach stumpfe Unterhaltung, sie ist fein durchdacht und bedarf notwendigerweise all der lauten und glanzvollen Stumpfsinnigkeit, um jene ihre Elemente versteckt zu halten, die eigentlich substantiell sind; jene, die an das Unbewusste, das Unterbewusstsein adressieren.