Sicher, das dritte Scherzo ist sehr schwer,
@jannis
Nein!
"sehr schwer" ist Chopins drittes Scherzo nicht (die Oktavgänge sind im Vergleich mit der Etüde op.25,10 harmlos (zu schweigen von Oktavgängen bei Liszt); die Achtelgirlanden im "Choral" liegen allesamt bequem (man muss halt begreifen, wie die funktionieren); die Coda hört sich trotz ihrer linke-Hand-Sprünge schwieriger an, als sie tatsächlich ist) - mag sein, dass das cis-Moll Scherzo rein manuell das schwierigste der vier Chopin-Scherzi ist, aber alle vier Chopin-Scherzi befinden sich im "normalen" Schwierigkeitsbereich von Konzertstücken. Keines der vier Scherzi betritt manuell den extrem virtuosen Bereich, in welchem die Paganini/Liszt-Etüden angesiedelt sind. Fazit (banal gesagt) die gis-Moll Etüde ist deutlich schwieriger als das komplette cis-Moll Scherzo.
Die Liszt-Etüden sind manuell ganz anders aufgebaut, als die Chopinschen: Chopin verarbeitet konsequent
ein manuelles Problem (Terzen, Sexten usw) - Liszt integriert in jeder seiner Etüden mehrere. Und ein spezielles Anliegen haben die Lisztschen Paganini-Etüden: exotischerweise
spezielle geigerische Techniken auf das Klavier zu übertragen. Hier lohnt sich bzgl. der Campanella ein Blick in Paganinis Violinfiguren, von denen die Lisztschen figuralen Varianten abgeleitet sind. Und Liszt gelingt das Kabinettstück, die geigerische Virtuosität Paganinis im Klaviersatz adäquat wiederzugeben.
La Campanella ist natürlich
thematisch-inhaltlich von Paganinis Rondo-Konzertsatz abhängig (und überträgt kongenial all das Fageolett-Geflirre der Violine brillant aufs Klavier) - aber hier ist primär zu konstatieren, dass Paganinis Konzerte keine musikalischen Leichtgewichte sind!! Derart spielfreudige, tänzerische, charmante, überwältigende und klangrauschhafte Musik findet sich unabhängig von Paganini im frühen 19. Jh. kaum! Paganini war quasi der Rossini der Instrumentalmusik (und das ist nichts geringes, man denke nur an Heines Hochschätzung von Rossinis Musik) - überschwenglich virtuos und mit einem Schwung, den die Musik zuvor nicht kannte. Und das alles
versteht Liszt und
inszeniert es am Klavier. Und hierbei wird der gewohnte konzertante Schwierigkeitsgrad deutlich überschritten. Grob gesagt: wer Chopins erste Ballade oder viertes Scherzo, Schumanns Kreisleriana oder Beethovens Waldsteinsonate wirklich
kann, der wird in dieser Etüde zu spüren bekommen, dass es manuell schlimmeres gibt...
Und abgesehen von all dem Klavierklangzauber, den Liszt vor dem piu mosso veranstaltet: das Paganinithema erhält eine betörende gänsehautige Tiefendimension, die man ihm gar nicht zutrauen würde, in der 32stel-Variante... Ich stoppe hier. Qui habet aures audiendi, audiat. Am Ende stürzt Lizt das charmante Thema in einen tragisch-furiosen Kehraus, gespickt mit Oktavrepetitionen und unausweichlicher Moll-Kadenz - all der raffinierte Zauber führt... in ein tragisch-heroisches Ende, welches man dam Paganinithema gar nicht entnehmen kann... Warum?
Die Etüde ist alles andere als ein
musikalisches Leichtgewicht
(leider wird zu oft der Tempogegensatz zwischen charmantem allegretto und furiosem piu mosso nivelliert... wird das allegretto zu schnell genommen, gibt es kein deutliches piu mosso mehr (leider machen das die allermeisten - Rubinstein ist eine der wenigen löblichen Ausmahmen))