Siehe hier:
http://www.tertullian.org/fathers/chronography_of_354_06_calendar.htm
Das Datum der Tempelweihe ergibt sich daraus nicht. Aber es bestätigt, was ich oben geschrieben habe:
Der älteste Beleg für ein Sol-invictus-Fest am 25. Dezember stammt aus dem Jahr 354.
Ich sehe mich jetzt in der misslichen Lage, dein Argument offenbar nicht zu verstehen. Ich fasse daher nochmals zusammen, was ich im Augenblick - vom Zugang zur Fakultätsbibliothek bis Dreikönig abgeschnitten - mit Bordmitteln als Mainstream altertumswissenschaftlicher Forschung ausmachen kann, und wenn ich deinen Punkt verfehlt habe, lass es mich bitte wissen.
1. Das Datum der Spiele des Sol invictus, das natürlich mit dem Konsekrationsdatum des Tempels koinzidieren muss, ist der 25.12. Davon geht auch Löhr in dem von Dir zitierten Interview aus (zweite Hälfte des Zitats):
… der sogenannte „Chronograph von 354“ enthält eine Liste der römischen Märtyrer, deren Todestage begangen wurde. Dort findet sich zum 25.12. die lapidare lateinische Notiz: „Natus Christus in Betleem Iudeae.“ Es lässt sich zeigen, dass diese römische Märtyrerliste vor 336 n. Chr. in Rom entstanden sein muss. Offenbar kannte man also bereits zu diesem Zeitpunkt den 25.12. als Geburtstermin und beging ihn festlich. Wie kam man aber gerade auf dieses Datum, das von christlichen Autoren vor dem 4. Jahrhundert gar nicht erwähnt wird?
Auch hierzu enthält der römische Kalender einen Hinweis: Dort findet sich nämlich auch eine Liste heidnischer Festtage. Und darin ist der 25.12. ebenfalls ein Festtag, nämlich – als Tag der Wintersonnenwende – der Geburtstag des „Sol Invictus“, d.h. der auch durch die Finsternis der Winterzeit unbesiegbaren Sonne. Die Heiden feierten am 25.12. also den Sieg des Lichtes und des Lebens über die Finsternis und den Tod.
Das entspricht der üblichen Interpretation des Eintrags N(atalis) INVICTI C(ircenses) M(issus) XXX für den 25.12. *)
Dann macht Löhr zwei Dinge, bei denen man ihm nicht folgen wird:
(1) Er versucht, das Fest sozusagen »jung zu reden«, um auf eine - im weiteren doch nur halbherzig vertretene - Parallelität mit dem ebenfalls jungen Beleg des Weihnachtsfests zu kommen, indem er sich darauf beruft, dass beides erst in den Philocalus-Fasten bezeugt ist (
»Die Sol-Invictus-Feier war anscheinend nicht uralter Brauch. Vielmehr scheint der „Chronograph von 354“ der erste Beleg zu sein.«). Das ist methodisch nicht einwandfrei, denn späte Bezeugung impliziert ja nicht automatisch spätes Datum der bezeugten Begehung (kein Mensch käme etwa auf die Idee, aufgrund der »späten« Redaktion der attischen Siegerlisten die Chronologie des attischen Dramas umschreiben zu wollen). Außerdem setzte der Charakter der Philocalus-Fasten, einer repräsentativen Prachtausgabe, selbst wenn wir von der Existenz von Fasten nichts wüssten, zwingend die vorgängige Existenz eines entsprechenden Archivs voraus. Dessen spätes Publikationsdatum hat, wie schon gesagt, damit zu tun hat, dass das Material erst kurz nach 300 überhaupt öffentlich zugänglich wurde.
(2) Vor allem aber lässt Löhr die andere Quellengruppe, die der Historiker, einfach unter den Tisch fallen. Da werden wir ihm natürlich nicht folgen, auch wenn es ihm nur um das Weihnachtsdatum geht, für das die Historiker nichts ausgeben (und er ja auch nur ein Interview gibt). Zumal die Quellensituation für einen antiken Historikern bei römischen Kaiser gut ist, vor allem im Vergleich mit einem galiläischen Wanderprediger. Die historeographischen Quellen schreiben nun die Dedikation des Sol invictus - Tempels unisono dem Aurelian zu, womit das Datum der Stiftungsurkunde nicht nach dem Jahr 275 liegen kann. Die genauere Datierung auf 274 wird nach A. Watson, Aurelian and the Third Century, 2004, aus Zosimos erschlossen (
»The text of Zos. 1.61 implies that the temple was begun […], before Aurelian left to reclaim the western provinces in 274«).
Ich sehe also im Moment keinen Anlass, von der traditionellen Datierung der Stiftung des Sol-invictus-Tempels durch Aurelian abzugehen, lasse mich aber gerne eines Besseren belehren. In der Zwischenzeit könnte der Bundestag, via mehrfacher
translatio imperii eigentlich doch Rechtsnachfolger des römischen Senats, endlich mal wieder seiner Pflicht nachkommen, und zu Weihnachten ein ordentliches Pferdrennen veranstalten. Und zwar mit den vorgeschriebenen dreißig Runden. Ich setze einen illyrischen Denar auf die Weißen.
*) Oder wolltest Du darauf abheben, dass in der von Dir verlinkten Seite der sich nicht findet? Es haben nicht alle Mss. alle Einträge.