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Wenn ein (womöglich auch noch "starker") Finger wegfällt, ist ohne Unterstützung durch die anderen Teile des Spielapparats (Handgelenk, Unterarm etc.) der Verlust nicht zu kompensieren. Ohne Anpassung an die sich dann ergebenden "Anschlagswinkel" geht nichts mehr....bevor dir das furchtbar unbequem, überkreuzend, verhakend etc. vorkommt: niemand ist gezwungen, Finger und Arm sklavisch parallel zu den weißen Tasten zu halten!!
Eigene Erfahrung: Ich nehme im Tourbus eines namhaften Salonorchesters Platz, in dem ich als Pianist kurzfristig eingesprungen bin. Vor mir steigt der Flötist ein und schlägt sofort hinter sich die Bustür ins Schloß und klemmt mir den Mittelfinger der rechten Hand ein. Angesichts des strömenden Blutes bin ich mir mit einem Mal gar nicht mehr so sicher, ob das anstehende Pensum zu schaffen ist: Verständigungsprobe und Konzert mit einem Chor - ohne den dritten Finger der rechten Hand nennenswert belasten zu können. Sofort springt der Konzertmeister vom Fahrersitz und öffnet den Verbandkasten.
An dieses Konzert erinnert mich heute noch eine Doppel-CD (auf der meinem Klavierspiel nichts anzumerken ist) und eine gut sichtbare Narbe am Finger. Was ich damals in dieser Situation gemacht habe, auf die ich mich natürlich schnell einstellen musste? Es war eine Kombination aus der Wahl von Alternativ-Fingersätzen und Anpassung des Anschlagswinkels mit noch intensiverer Handgelenk-Unterstützung, da man die Hand beim Skalenspiel in Sekundenbruchteilen unterschiedlich "kippen" musste. Daumenuntersatz kam natürlich häufiger als sonst zur Anwendung. Der betroffene Finger konnte gelegentlich zum Einsatz kommen, war ansonsten aber (auch schmerzbedingt) überwiegend ruhig zu halten. Da er "getaped" war, bestand sonst immer die Gefahr, zusätzliche Tasten zu erwischen. Auch das nennt sich "Schule des Lebens"...!
LG von Rheinkultur