So, nun nehme ich mir Zeit, zu antworten.
zunächst: @ Klimperline:
Du hast dir die Antwort schon selbst gegeben. Wenn deine unterschiedlichen Übungstempi im Gesamtdurchlauf auffallen, sind sie nicht Zielführend. Ich halte es nicht für schädlich, unterschiedlich schwere Stellen eines Stückes unterschiedlich schnell zu üben, wenn man es schafft, schließlich ein gemeinsames, passendes Tempo durchzuhalten. Innerhalb eines Stückes das Tempo zu verändern, weil Passagen nicht gekonnt werden, halte ich nicht für sinnvoll.
Als Anfängerin habe ich eigentlich eine gegenteilige Erfahrung gemacht: es hilft mir ungemein, bei unsicheren Stellen die Augen zu schließen.
Dadurch bin ich gezwungen, langsam, in sich und seine Finger reinfühlend und sehr bewußt zu spielen, da ich sonst völlig danebenhänge.
Das ist sicher nicht nur bei Anfängern so; das Augenschließen zieht ein genaues Erfühlen ja zwangsläufg nach sich. Ich meinte mit "Finger beobachten" genau genommen nicht das starre Draufblicken, sondern das überhaupt-Wahrnehmen und als hilfreich / hinderlich Einordnen der Bewegungen. In der Regel muss man das sehen, bevor man es fühlt.
@ fisherman: "Klaviergedanken" soll schon der Titel sein, aber ich dachte, man kann im Blog eine Art Ordnungssystem einrichten und nicht nur einzelne Artikel schreiben.
Witz hab ich übrigens absichtlich erstmal rausgelassen, ich wollte nur das Wesentliche schreiben. Ich habe ja auch hier keinen speziellen Adressaten, der das noch unterhaltsam finden muss ;)
Anschaulichkeit habe ich weggelassen, weil das den Rahmen sprengen würde...
Das wäre viel zu Umfangreich und viel Arbeit. Ich habe ja extra gesagt, wem etwas unklar ist, der soll fragen, dann versuch ich genauer darzustellen, was ich gemeint habe. Das passiert ja auch gerade.
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So, nun zur Bewegungschoreographie.
von der Klangvorstellung, dem denken in Tönen, dem polyphonen Denken war in den drei Blogs bislang kaum die Rede
Exakt. Ich wollte in den drei Beiträgen nicht über Klang(erzeugung) schreiben, sondern über das pianistische Handwerkszeug, welches dabei gebräuchlich ist. Über Klang zu schreiben, ist noch viel komplizierter, vielleicht traue ich mich das mal später.
Ich versuche nochmal zu erklären, was ich mit mit der Bewegungschoreographie bzw. der guten Handposition gemeint habe.
Ich habe
nicht gemeint, dass Bewegung und Klang voneinander abgekoppelt werden, auch nicht, dass man für jede Stelle eine unveränderliche Bewegung trainieren soll. Ebensowenig soll irgendwo Starrheit vorkommen. Dass alles ein Bewegungsfluss ist, bestreite ich nicht im Geringsten, ganz im Gegenteil.
Und dass die Bewegung individuell aus dem (spontanen? !) Klang(-Wunsch) erfolgt, widerspricht unterschreibe ich ebenfalls.
Aber das ist doch was anderes als die von Stilblüte propagierte haarklein eingepaukte Bewegungschoreographie!
Das habe ich nicht gemeint, sondern
bei [...] richtig und zweckdienlich erkannten Bewegungsmustern [...] bleiben
Wozu sollte man sich Gedanken über "gute Fingerposition" machen? Will man irgendwelche Tastenfolgen spielen, dann fasst die Tasten so bequem wie möglich an, damit man so beweglich wie möglich ist
Genau das zu machen ist aber sowas von überhaupt nicht einfach! Und aus diesem Grund sollte man sich darüber Gedanken machen. Und
Zitat von rolf:
dazu ist das Erfühlen/Ertasten des jeweils leichtesten und bequemsten Berührens völlig ausreichend
Nichts anderes wollte ich sagen.
Ich bemühe mich, eine andere Formulierung zu finden. Mit "
Fingerposition" meine ich den Berührungspunkt des Fingers mit der Taste. Mit einer solchen
guten meine ich, dass der Punkt so geartet ist, dass die Taste gut gefasst, gefühlt und demnach angeschlagen werden kann.
Das hat also überhaupt nichts mit Starrheit zu tun, da ich keinen Zustand, sondern einen Vorgang beschreibe: Das "Landen" des Fingers an an einer Art und Weise und an einer Stelle, die es ihm ermöglicht, die Taste bequem, locker, geplant, gewollt, was noch immer anzuschlagen sowie der Vorgang desselben.
Ich bin nicht sicher, ob verständlich ist, was ich meine, bzw. ob der Unterschied zu etwas achtlosem Spiel klar wird. Vielleicht hat dieser Punkt auch nur für mich allein so eine große Tragweite. Mir ist an einem bestimmten Punkt eine gewisse Sache klargeworden, dir mir das Klavierspielen erleichtert hat, und ich habe versucht, das auszudrücken. Ohne Zeigen ist das halt nur begrenzt möglich...
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Mit
Bewegungschoreographie meine ich eine Art "Armsatz", analog zum "Fingersatz" (davon sprach Klavigen irgendwann mal, glaube ich. Ich finde die Bezeichnung nicht schlecht). Die wenigsten kämen auf die Idee, einen Fingersatz als starr und damit hinderlich zu bezeichnen. Vielmehr ist er nützlich und für die meisten unverzichtbar.
Der Armsatz beschreibt nun so etwas ähnliches: Die Bewegung des Armes, wie er die Hand führt, so dass eine gute "Fingerposition" (s.o.) gewährleistet wird.
Dass dies bei der gleichen Passage bei zweimaligem Spielen in Nuancen unterschiedlich sein kann, steht außer Frage.
Es ist aber dennoch so, dass man sich mit der Zeit, absichtlich oder unabsichtlich, besonders an virtuosen Stellen einen solchen Armsatz angewöhnt. Man kann nicht jedes Mal beim Spielen die Bewegung neu erfinden, die wird sich mit der Dauer des Übens beim Wiederholen der Passagen ähneln (Negativ-Beispiel: Ellebogen nach außen strecken beim Daumen-Untersatz).
Beim langsamen Durchspielen kann man sich bewusst überlegen, wie die Führung der Hand und Finger durch den Arm geschieht und ob man zusätzliche, unterstützende Bewegungen durch den Arm machen oder hinderliche (Ellebogen...) weglassen kann.
Bewusst wurde mir das zum ersten Mal bei der es-moll-Etude op.33 von Rachmaninov in der rechten Hand.
Es bedeutet nicht, dass die Bewegung festgelegt ist und ich den Klang danach richte, sondern die Bewegung muss so flexibel sein, dass ich sie jeder Zeit an den Klang anpassen kann - bzw. dass sie aus dem gewünschten Klang resultiert.
Sie soll aber trotzdem nicht willkürlich, gar hinderlich, sondern unterstützend sein. Und da die meisten das nicht automatisch richtig machen, muss man sie sich eben bewusst machen.
Ich hoffe, das ist jetzt etwas klarer. Es ist für mich selbst jedenfalls selbstverständlich, dass ich während dem Spielen alles nach meinem Vermögen klanglich beeinflussen kann, wie ichs mir vorstelle. Die Bewegung soll dem folgen.
@ Rolf
Ich gebe zu, es mag durchaus Situationen geben, bei denen die Hände wirklich simultan bewegt werden. Beispiel für nicht-simultane seitwärtsbewegungen sind für mich aber z.B. sämtliche Sprünge in der Coda der 2. Ballade.
Ziemlich simultan gehts dagegen im Presto con Fuoco-Teil zu, aber das sind ja auch (zumindest rechts) keine richtigen Sprünge, und auch nicht nach außen.
Wer tatsächlich hier unten angekommen ist- danke fürs lesen. Das Schreiben hat noch länger gedauert. Ich geh jetzt schlafen...