Das funktioniert gerade dann, wenn man das Übernommene nicht in die Qualitätsbewertung einfließen lässt, sondern eben nur das, was der Künstler macht: das Einbauen. Ich glaube, der Punkt ist aber für manche genau der, dass der Betrachter verleitet werden könnte, diesen Unterschied nicht zu machen, wenn er die Vorlage nicht kennt; z.B. bei Zitaten von Grieg finde ich diese Gefahr sehr real. Und indem man dieser Gefahr nicht durch Kennzeichnung des Zitats entgegentritt, so könnte man argumentieren, hat man eine Mittäterschaft daran, dass andere das Zitierte als originäre Erfindung interpretieren (sprich: man kann sich nicht einfach auf deren Unwissenheit ausreden, weil man mit deren Unwissenheit rechnen kann/muss), und damit wäre es eine Form davon, sich mit fremden Federn zu schmücken.Die Grundlage kann nämlich sehrwohl eines beeinflussen: Das Wohlgefallen, das das Stück auslöst; wie schön es klingt. Und sofern das vom Zitierten getragen wird, darf es dem Zitierenden bestenfalls als Zeichen guten Geschmacks angerechnet werden, aber nicht als Zeichen genialer Erfindertätigkeit.
eine abgewogene und vernünftige Betrachtungsweise!
zu bedenken ist, dass in heutigen "copyright-Zeiten" umso mehr Genauigkeit verlangt ist, da sich ggf herbe juristische Probleme ergeben können (Gezänk der Art, dass A klagt, weil B A zitiert ohne es kenntlich zu machen, kennen wir zur Genüge aus der Unterhaltungsbranche; ansonsten ist sowohl bei wissenschaftlichen Arbeiten wie bei "kreativen" das Plagiieren meist mit Ärger verbunden).
der als intellektuell und politisch-kritisch bezeichnete Popkünstler Sting hatte in einem seiner Songs (? ist das der richtige Begriff?) während der Ära der Reaganregierung sowohl an der Haltung der US-Regierung, als auch an der Perestroika Gorbatschows Kritik geäußert:
"Mr. Reagan said, hi will protect You,
i don´t subscribe to this piont of view"
usw. Interessant ist, dass er seinem Popsong ein eher wenig gebräuchliches Moll-Schema (ein wenig im Stil der "langsamen Rock-Ballade") unterlegt, aber zwischen den Strophen des schematisierten Refrainsongs Musik aus der Suite "Leutnant Kis" von Prokovev einfügt (und zwar eine sehr "melancholisch-russische" Stelle). Einerseits bezieht er mit dieser Integration musikalisch Position (eher pro Perestroika als pro Reagan), andererseits machte er aber das umfangreiche Zitat aus dieser zur Sowjetzeit komponierten Filmmusik-Suite nicht kenntlich. Urheberrechtlich dürfte das Prokovev-Werk noch nicht frei gewesen sein zu diesem Zeitpunkt (80er Jahre)
--wie auch immer: zur Popularisierung Prokovevs hat Sting nicht so wirklich beigetragen
ein techno-Song Anfang der 90er Jahre hatte den Frauenchor aus der Massenszene "Polowzer Tänze" der Oper "Fürst Igor" von Borodin mit Rhythmusmaschinerie unterlegt, wobei der Opernausschnitt das wesentliche Moment der Komposition ist - auf Borodin wurde meines Wissens nicht verwiesen, obgleich sich diese Nummer in den Radiosendern großer Beliebtheit erfreute.
ein Heino-Lied (sic :D) wurde ebenfalls techno-mäßig "berbeitet" und hatte eine amüsante Wirkung.
...als es noch keine copyright-Problematik gab: Mozart hatte seine frühen Klavierkonzerte aus den Sonaten mancher Mannheimer Schule Komposition kompiliert, Clementi jammerte darüber, dass das Hauptthema der Zauberflötenouvertüre eigentlich von ihm sei... Liszt nannte in Paraphrasen stets die Vorlage...
eine Kennzeichnung des Zitierten wäre redlich - ob diese das jeweilige Publikum interessiert, ist eine andere Frage. Aber könnte so der Gefahr entgehen, sich den Schmuck fremder Federn vorhalten lassen zu müssen.
Gruß, Rolf