Dieser "Klaviermacher-Rag" war der allererste Rag, den ich abseits der Kompositionen von Joplin lerrnte.
Michael war mir im Januar 2010 Rat- und Mutgeber in der Entscheidungsphase, ob man so bekloppt sein dürfe, einen über 130 Jahre alten Konzertflügel zu kaufen. Er sagte, dass das Instrument von moderner konstruktion sei, da könne man - bei dem Preis - nichts falsch machen. Später kümmerte er sich intensiv um die noch durchaus suboptimale Spielmechanik, so weit, dass ich ein angefangenes Prokjekt einer zweiten Spielmechanik bis heute ad acta habe, aber ungemein viel lernte.
von 20 Klavierbauern ist kaum einem zuzutrauen, dass er in den Innereien der Spielmechanik so beschlagen war wie Michael.
Aber das war nicht das essentielle. Michael war ein echter Mensch. Auch das zwar selten, aber nicht einzigartig. Einzigartig war seine Hingabe und tiefe Liebe an seinen Beruf, an alles, was mit Klavieren und Flügeln zu tun hatte, und an das Drumherum, zu dem eben auch Menschen, sein Kunden, Musikliebhaber, Pianisten, und auch seine Mitmischer, die Klavierbauer gehörten. Auch wenn er teils angefeindet wurde - weil er ja mit seinem Stimmtouren anderen die Kunden wegnahm...
Er war in Wien geboren, wurde ein echter Wiener Sängerknabe..., was bei weitem nicht jedem gelingt, der das versucht., lernte dann beim Bösendorfer das Klaviermacher-Handwerk - und hat in der Folge niemals mehr irgendetwas anderes beruflich angefasst, als eben Klaviere und Flügel.
Das ist ungeheuer in der heutigen Zeit. Das ist etwas, das ich zutief wertschätze, und bewundere. Ein einziger Beruf, und den solange auszuüben, wie es irgend geht. Warum? Weil man in ihm aufgeht. Weil man jeden Morgen mit Spass und Freude aufsteht, weil man das tut, wozu man geboren ist. Michael hatte irgendwie so gar keine Vorstellung, wie das gehen könne, eines Tages mal ohne Klaviere zu sein, nicht an ihnen zu arbeiten und sie zu verbessern. Klar - er hat auch komponiert, er hat auch gezeichnet und gemalt - aber: er woilte mindestens acht Stunden seines wachen Tages an Klavieren arbeiten. Insofern ist es 20 Jahre zu früh, aber auf eine Weise hat er es echt geschafft: im Beruf zu gehen. Auf Reise zu sein, abends abzutafeln - und BUMM. Tiefschlag. Arbeitet man, um zu leben? So machen es die meisten. Sind im Tageslauf gebunden an die interessen anderer Leute. Lebt man, um zu arbeiten? Michael Szecsenyi. Wo Arbeit etwas ist, das so tief in einem steckt, dass man "ohne" gar nicht sein mag. Als ich hörte, dass er seine Frühjahrstournee 2015 hatte unterbrechen müssen wegen einer schweren Erkältung, drei Tage Hotel, nur eingemummelt, war war mir klar, dass das ein tiefer Einschnitt war.
Klaviere machen - das war sein Ding. Eines ist ihm entgangen: sein 50j. Berufsjubiläum zu feiern. Das wäre in fünf Jahren fällig gewesen. Ein Jubliäum, das ich im Kreise meiner Arbeitskollegen nur ein einziges Mal habe feiern gesehen. Das war zu Tränen rührend, einen alten Mann so freudvoll, soi mit leuchtenden Augen zu sehen. Lustvoll von einem halben Jahrhundert Arbeit und dem Umgang mit Menschen erzählen zu hören. Das hatte auch Michael: dieses Leuchten. Diese tiefe Freude und Verbundenheit mit seiner Arbeit. Ich habe mich lange schon gefreut gehabt, solch ein Jubiläum einmal noch mitzufeiern. Die Menschen, die leuchtender Augen etwas zu erzählen wissen: sucht sie. Sie zeigen, wozu es lohnt, auf der Welt zu sein. Seine Welt waren die Klaviere und Flügel.
"Begnadet", das wäre mein Wort. "Erwählt" vielleicht noch. "Beruf" in seiner allerbesten Ausprägung. Berufung.
Es ist, wie es ist. Ungerecht. Sei es, wie es sei. Nun nimmt er bei Monsieur Frederic C. Klavierunterricht, und spielt Jassen mit Johann Sebastian und Wolfgang Amadee auf Wolke 17... Vielleicht lassen wir dereinst wieder unsere Klaviere und Flügel machen - auf Wolke 17 kenne ich nun schon einen, dem ich dafür blind vertraue. Das wird uns das Schwerste werden. Wer macht jetzt unsere klaviere? Ich muss wohl das Stimmen erlernen. Mag ich wen anderen an den Drachen lassen..?... ui juijui.. Auf immer wird der Flügel, seine Spielmechanik die Handschrift von Michael tragen.
Mein Mitgefühl ist bei seiner Familie. Die vielleicht bei seiner intensiven Hinwendung zum Beruf mitunter etws kurzgekommen sein mag. Er jedenfalls, Trost, kam wohl nicht zu kurz. Es war zu kurz, hätte noch 20 oder 25 Jahre andauern sollen - aber er hat sein Ding gemacht. Er bekam das, was er wollte. Da fehlte nichts. Er tat das, und nur das, wozu er geboren war.
Nur zu früh war das nun. ...
Friede seiner musikalischen Seele. Du hinterlässt eine solche riesen Lücke - du könntest alle deine rostigen Tansporter reinfahren, die Lücke ist immer noch auf. ... . Mann mann, machst dich einfach vom Acker... Baahhh ich fasse es nicht. All diese Worte - hohl.
Wenn aber in ein paar Monaten, nach aller kundigster Stimmstabilität - der Flügel doch in Drift kommt, wird mir erst richtig klar werden, was nun fehlt. ....
Der Drache hat meine alten Tage ungemein bereichert. Wird es weiter. Ich habe versucht, dich öfter wissen zu lassen, wieviel mir das bedeutet. Du hast einen riesigen Anteil daran. Es hat dich gefreut. Mit dem Drachen bist du. Du wirst nicht vergessen. Geht nicht.
Ciao Michael.