Er hat mir einen Band Ragtimes dagelassen. Mal auch einiges Andere an Rags, als immer nur Scott Joplin rauf runter.
Den Notenband werde ich in Ehren halten, so lange ich lebe. Das ist mal gewiss.
Sein Tod hatte mich besonders angefasst, er war nur ein gutes halbes Jahr älter, und er war auch den leiblichen Genüssen - wie ich - sehr zugetan. Bei ihm: Schweinsbraten. Von ihm auch lernte ich Kaiserschmarrn zu machen. Ich traktierte ihn mit selbstverfertigter Bolognese aus Kalbsbäckchen in Rotwein. Da passte immer deutlich mehr als ein hoher Teller rein in so einen Klaviermacher...
Also eine Warnung auch: Zu gut gelebt? Soll ich sagen, wir sprachen drüber? Sage ich. Ich wies auf meinen Bauch, dann sprach ich seinen Ansatz an. Aber von sowas wollte er nichts wissen. Immer vorwärts. Immer positiv. Immer lebensfreudig.
Dann nach dem Mahl von der Bank gekippt.
Tja. So kann's gehen.
Wenn auch viel zu früh, aber eigentlich klasse. Kein langes Leiden. So möchte man selber gehen, vielleicht aber besser erst mit ca. 86.
Nichtmal 60 war er, das ist doch noch kein Alter.
Sein Berufsleben habe ich bewundert. Als Junge zuvor bei den Wiener Sängerknaben, die nehmen nur die Besten, die Schlauesten. Seine unglaublich hohe Musikalität. Heute noch in den Videos zu bewundern, der Entchen-Rag. Der Kuckuck und der Esel. Strömungen. Diese Spielfreude. Diese Ambition, Disziplin, jedes Jahr ein dickes Ding zu machen. Die Aufnahme seiner Revolutionsetüde hier am riesigen Konzerter.
Mit 14 schon gleich mal den richtigen Job ausgesucht, dann sein gesamtes Leben lang drangeblieben. Ich finde das unglaublich gut.
Er war schon ein Schlauie. Er kam hier erst mit seinem 270er Diesel an. Als er auf den Renault-Transporter wechselte, versuchte er mir den Benz anzudrehen. ... Seine Preisgestaltung passte nicht, die Karre war auch gnadenlos vermüllt und brutal zugeräuchert. Ich winkte ab. Das nahm er einem nicht übel. Dieses freiheitliche Denken. Das galt ihm immer auch bei anderen. Er war keiner, der einen zu irgendwas drängelte. Im Gegenteil - man musste ihn drängeln.
Als ich den Flügel "neu" hatte, war er erkennbar sehr auf den Drachen gespannt. Hat den dann in mehr als zwei Tagen gründlichst nach-verarztet, all das gefittet, was der Verkäufer übersehen oder falsch gemacht hatte. Überall die Reibung raus, neu auswiegen. Das, was von 10 oder 20 solchen welchen vielleicht nur einer oder zweie draufhaben, wie er mit dem Volldurchblick in allen Zusammenhängen einer vor 200 Jahren nun patentierten Mechanik.
Wieviel Zeit hatte es mich gekostet, ihn zu bequatschen, dass wir hier die nagelneuen Hämmerchen (nicht von ihm) mal rausmachten. Er hielt das über lange Zeit für dummes Zeugs, obschon ich die uralte Schore hier hatte. Das war für ihn Blödsinn, alte Hämmerchen aus der Schrott-Tonne zu sichern ... Probehalber dann aber doch: vier andere, uralte Hämmerchen einbauen, war sein Vorschlag dann, das auszuprobieren.
Und plautz pardautz, da war auch er geplättet, als wir die ersten neuen Töne vernahmen... Ein Unterschied wie Tag und Nacht.
Da nahm er die Hämmerchenbaustelle mit und fittete sie.
Ein halbes Jahr später dann alles umbauen, neu einwiegen...
Das werde ich nie vergessen, was er hier für den fast 150jährigen Drachenflügel und für mich tat.
So, wie er ihn machte, so soll er bleiben. Er wird gestimmt. Er wird repariert, wenn was dran ist, aber so bleibt er nun.
Er hatte es so überhaupt nicht mit Fremdsprachen und dem Lesen.
Aber mein Spruch war wohl auch seiner, vielleicht,
This day is the first day of the rest of your life.
Faustdick hatte er es auch hinter den Ohren.
Ein unvergesslicher Typ.
Einst die Seele dieses Forums.
-zig Menschen, die ihn vermissen. Hier nur eine Stimme.
Möge ihm nun Frederic Chopins Klavierunterricht gefallen.
Micha ist uns nur vorausgegangen.
Friede seiner musikalischen Seele.