So, Freunde der Tasten, ich habe mal eine kleine Tour durch die Klavierläden meiner Stadt gestartet und habe schon vier oder fünf solche Läden besucht. Ich muss gestehen, ich habe im Moment SEHR gemischte Gefühle. Das wird wohl entweder ein sehr langer und steiniger Weg sein, oder ich verliere irgendwann die Geduld und kaufe mir irgendwas.
Als erstes möchte ich als allernächstes einige Stücke auffrischen. Es ist (mir selbst gegenüber) unglaublich peinlich, wenn ich mich an einen Flügel setze und nichts außer Fetzen von 3-5 Stücken auf die Reihe bekomme. Auf dem Rückweg nach Hause gingen mir alle Stücke durch den Kopf, die ich mal im Unterricht hatte und die alle bei 60-90% gelassen wurden. Wenn ich die alle drauf hätte, könnte ich wahrscheinlich ein einstündiges Konzert geben, das zumindest für einen nicht ganz abgebrühten Hörer mehr als genussvoll wäre. Jetzt habe ich also ein klares Ziel (hatte ich bis jetzt wohl nicht), ein gutes Gefühl habe ich dabei auch. Es ist schon ein unglaublich geiles Gefühl, wenn jemand zuhört und man etwas auf die Reihe bekommt, da findet eine Kommunikation durch die Musik statt - unvergesslich!
Ich war sehr überrascht, wie genau der Eindruck von einem Instrument ist, der bei mir beim einfachen Anspielen entsteht. Vor dem allerersten Flügel hielt ich mich für einen unbedarften Laien, der vor einem großen Flügel steht und sich zu benehmen hat. Es hat sich aber schnell geändert: es fehlt Substanz im Bass, der Tastengang ist irgendwie nicht weich und homogen, der ganze Flügel wackelt, wenn ich Pedal drücke, kurzum es ist definitiv nicht etwas, wofür ich 15000 EUR ausgeben möchte. Ich möchte an dieser Stelle allen Suchenden ausdrücklich Mut machen: das eigene Ohr und die eigenen Sinne sind schon eine Macht und man spürt und hört viel mehr, als man ursprünglich dachte.
Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich nie ein richiges Instrument besaß und alles weitere stellt nur meinen Eindruck dar, sprich: will explizit keine Marke schlechtreden.
Angespielt habe ich 3 oder 4 Bechstein, paar Schimmel, ein Grotrian Steinweg, irgendein Kawai, Yamaha c3 und c5, 2 neue Blüthner für 40.000 und 50.000 EUR, einen Dyusen, 2 Förster, einen kleinen Steinway und noch diverseste Klaviere zum Vergleich. Was ich verstanden habe:
- ich will wohl eher kein Klavier, nach einem Flügel kann ich an einem Klavier nicht spielen, der Unterschied ist irgendwie gewaltig (aufgrund von der anderen Mechanik?), also die Flügel spielten sich 100 mal einfacher und 100 mal präziser als die Klaviere (das teuerste war von Sauter für 16000 EUR). Außerdem ist mir erst jetzt irgendwie überraschend aufgefallen, dass es mich nervt an einem Klavier quasi vor einer Wand ohne freie Sicht zu sitzen. Wirklich komisch, früher merkte ich das nicht.
- ich tendiere jetzt absolut zu einem Flügel ab 200cm Länge. Ich kann es nicht erklären, die 215cm Nonameflügel (für mich, der eine war von Atlas oder so glaube ich) waren klanglich und spieltechnisch eine Klasse für sich.
- Bechtein konnte ich keinen finden, der mir zugesagt hätte. Hatte aber auch die ganze Zeit den Eindruck, dass es ganz andere Bechsteins gibt und ich nur schlechte Instrumente erwischt hab.
- Einen Schimmel fand ich zuerst ganz gut aber nach dem Probieren weiterer Instrumente hat mir die Tastatur nicht mehr zugesagt. Aber der Klang war echt nicht schlecht für meinen Geschmack. Der war 190 lang und kostete um die 10000.
- Steinway ist Steinway, es hat ihm etwas an Volumen gefehlt (170cm) aber Spielbarkeit und Ausgewogenheit des Klangs waren ganz toll.
- Yamahas waren ok aber etwas seelenlos fand ich die schon. 10000 EUR Preisunterschied zwischen c3 und c5 konnte ich definitiv nicht nachvollziehen.
- neue Blüthner habe ich aus purem Spaß angespielt (40000 EUR hallo :). Kann das sein, dass Blüthner nicht für jede Musik passt? Romantische Musik fand ich ganz gut aber Barock und Klassik hat mir absolut nicht zugesagt, ich konnte es überhaupt nicht so hinbekomen, wie ich es wollte. Schon komisch!
- Ein Förster BJ 1975 oder so, 215cm hat mich ziemlich neugierig gemacht. Preis war noch unklar und es musste noch was gemacht werden, weil er gerade gekommen ist, aber es läuft wohl eher auf 12-13000 EUR hinaus. Ich hatte einen sehr starken Eindruck, dass man aus dem Instrument sehr viel ausholen könnte. Selbst überrascht habe ich dann gemerkt, dass ich so ein deutliches Gefühl bei einigen davor angespielten Instrumenten nicht hatte.
Insgesamt habe ich bis jetzt wohl definitiv nichts gefunden, was mich nachts nicht schlafen ließe. Ich muss sagen, das Besuchen von Klavierhändlern ist ab und zu sehr anstrengend, jeder kennt jeden, manche quatschen einen voll, andere versuchen Kollegen aus anderen Läden schlechtzureden. Insgesamt ist es fast immer leer, definitiv haben mich alle gemerkt und ich würde jetzt 3 mal nachdenken, eher ich ohne unbedingt kaufen zu wollen einen besuchten Laden noch mal besuche, weil manche doch ziemlich penetrant sind. Vielleicht geht es auch nur mir so aber ich hasse es, wenn ich irgendwo essen gehe und mich der Kellner kennt und genauso hasse ich in einem kleinen Boutique Klamotten zu kaufen, weil es einfach immer leer ist und man unweigerlich zu viel Aufmerksamkeit bekommt und einfach nicht seine Ruhe hat. Genauso ähnlich war das in manchen Klavierläden auch.
So jetzt aber gute Nacht :)