Harmonielehre

Szymanowski, Ravel, ... : Da hat jeder seine ganz speziellen Macken:puh:
 
Ich denke - in meinem jugendlichen Leichtsinn - dass Ravel sich aber deutlich näher an der Tonalität befindet als Szymanowski. Falls ich mich irre, lasse ich mich gerne belehren.

Da weder Ravel noch Szymanowski atonal komponiert haben, kann sich keiner von beiden "näher an der Tonalität" befunden haben als der andere. Szymanowskis Harmonik ist in den früheren Werken durch extreme Chromatik geprägt, die hörbar von Wagners Tristan und Strauss' Elektra inspiriert ist. Nach und nach kamen dann zunächst impressionistische Effekte hinzu, die er sich bei Debussy und Ravel abgeschaut hat, später die mystische Harmonik Skrjabins, gekoppelt mit der archaischen Rhythmik Strawinskys. All diese Stile hat Szymanowski zu einem ganz eigenen Stil verbunden; den Rahmen der Tonalität hat er aber nie verlassen.

Wenn du Tonalität auf das Dur-/Moll-System beschränkst (was aber der Begriff nicht hergibt), dann findet sich sowohl bei Szymanowski als auch bei Ravel einiges, was dieses System sprengt. Ravel hat mit modalen Strukturen experimentiert, aber auch mit Bitonalität (in Ansätzen schon in der Ondine) und sogar mit Multitonalität. Hier ist ein entzückendes Beispiel, und das auch noch für Klavier zu fünf Händen:


View: https://www.youtube.com/watch?v=ATT-1vmZZAk
 
Wenn du Tonalität auf das Dur-/Moll-System beschränkst (...)

ist das wieder ein Zeichen dafür,

dass ich - bei mangelndem theoretischen und pianistischen Vermögen

etwas nicht als harmonisch wahrnehme, wenn ich keine Akkorde, Kadenzen und harmonische Zusammenhänge erkennen kann.

Szymanowskis Harmonik ist in den früheren Werken durch extreme Chromatik geprägt

Also z.B. sein neuntes Präludium, falls ich nicht schon wieder etwas falsch deute.
 

Anhänge

  • Szymanowski_Praeludium_op_1_No.9.pdf
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Also z.B. sein neuntes Präludium, falls ich nicht schon wieder etwas falsch deute.

Op. 1 ist ja noch ein Jugendwerk. Harmonisch geht es darin nicht über das hinaus, was Chopin schon in seinen späten Mazurken gezeigt hat.

Aber schon in seinen Variationen op. 3 gibt es dann chromatische Extreme, die an Wagner erinnern. Danach wird es immer wilder, manches erinnert an Reger und in seiner zweiten Klaviersonate lassen sich dann schon harmonische Progressionen nachweisen, die Strauss für seine Elektra "erfunden" hat.
 
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Was ist denn das "Stabat Mater Dolorosa Thema"? Und inwiefern ist es berühmt? :denken:
"Thema" meine ich hier nicht musikalisch, sondern eben als allgemeines Thema, das Ausgangspunkt für Gemälde, Musik und andere Kunstformen sein kann. Maria ist in der christlichen Geschichte das Sinnbild der schmerzerfüllten Mutter, mit der sich viele identifizieren konnten/können. Ein große Herausforderung für jeden Künstler, diesen tief empfundenen Schmerz nachhaltig auszudrücken.

Franz Schubert hat es, wie viele andere auch ( https://de.wikipedia.org/wiki/Stabat_mater#Vertonungen ), umgesetzt (Das Gemälde ist von Tizian):


View: https://www.youtube.com/watch?v=iKO7YhLv_Rg

Ich denke, ein Komponist, der tiefes, dramatisches Leiden ausdrücken möchte, kann sich hier an den ganzen Vertonungen orientieren.
 
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"Thema" meine ich hier nicht musikalisch, sondern eben als allgemeines Thema, das Ausgangspunkt für Gemälde, Musik und andere Kunstformen sein kann.
Das ist aber in dem Sinne kein "Thema", sondern ein liturgischer Text, der - wie die meisten liturgischen Texte - unzählig oft vertont wurde. Weder die Vertonung von Schubert noch die von Szymanowski sind allerdings besonders berühmt - wenn überhaupt, dann sind es diejenigen von Pergolesi, Verdi (aus den Quattro pezzi sacri) und Dvorak.

Ein große Herausforderung für jeden Künstler, diesen tief empfundenen Schmerz nachhaltig auszudrücken.
Das verstehe ich nicht. Warum ist es eine große Herausforderung? Für die meisten Komponisten waren solche Vertonungen eher Brot- und Butter-Aufträge als echte Herzensangelegenheiten. Erst in der Spätromantik entschieden sich Komponisten aus freien Stücken zu solchen Kompositionen - wenn sie es sich wirtschaftlich leisten konnten, so großformatige Sachen auftragslos in Angriff zu nehmen (z.B. Verdi und Dvorak).
 

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