Warum muss man sich überhaupt einspielen? Was muss hier warm gemacht werden?
Man muss sich nicht einspielen, aber vielen hilft es. Warm werden dabei die Finger, Arme und Schultern (besser durchblutet), dadurch werden sie beweglicher und schneller. Warm wird auch das Hirn, das sich aufs Spielen einstellt - sowie die Ohren, die sich auf den Klang einstellen. Auch der Rest des Körpers gewöhnt sich an die Sitzposition, Stuhl, Geräuschkulisse etc.
Die Hanon Fingerübungen bedienen ja hauptsächlich die lokale Fingertechnik. Ist diese lokale Technik entscheidend für den Top Spieler? Weil ich selbst würde das warm machen, was später entscheidend ist.
Hanon bedient nicht nur lokale Technik, auch wenn man sie daran üben kann. Und ja, für einen Top Spieler ist die unerlässlich.
Ebenso beim Üben zu Hause. Wird durch ein Einspielen das Üben besser oder nicht? Oder genügt es sofort das Stück zu üben?
Die Frage ist zu pauschal. Eingespielt ist man auch ganz von allein nach 5-30 Minuten (je nach Spieler und Situation, Raumtemperatur etc.), wenn man sofort am Stück übt. Das Üben wird also nicht besser, wenn man vorher etwas anderes spielt als die Literatur, die man sowieso übt.
Ist dieses warm spielen gar Zeitverschwendung beim Üben zu Hause? Oder gar in der Klavierstunde zeitverchwendung (auch wen nes nur 5 Minuten) sind.
Zeitverschwendung ist es dann, wenn du es als solche empfindest (ohne Ironie). Ich spiele mich nie speziell ein, weil ich das nicht brauche (auch ohne Ironie). Wenn ich Lust habe, ein bisschen herumzuspielen, tue ich das, wenn nicht, fange ich direkt mit dem Stück an. Manche fühlen sich wohler, wenn sie erstmal x Minuten Tonleitern spielen etc., da gibt es kein Patentrezept.
Hanon ist ja ein mechanisches spielen/einspielen. Wenn man sich einspielt dann zumindest etwas musikalisches?
Bingo. Hier liegt die Crux: Natürlich kann man auch Hanon musikalisch spielen, aber er gibt halt an Musik nicht viel her. Gemeint ist aber auch nicht, dass man etwas "Schönes" daraus macht, was es nicht ist, sondern dass man die musikalischen "Grundbausteine" nicht ignoriert - bzw. wenn man das tut, dann absichtlich und aufmerksam (falls man z.B. meint, alle Töne exakt gleichlaut spielen zu müssen). Du siehst -
fast alles kann sinnvoll sein, solange es absichtsvoll geschieht.
Kann man mit derartigen Fingerübungen das Klavier schneller kennen lernen und somit das Stück sicherer machen?
Die Frage ist schief gestellt - es gibt keine Abkürzung beim Klavierspielen lernen. Der schnellste Weg ist eine Kombination aus Fleiß, Intelligenz und gutem Unterricht. Dazu können auch Fingerübungen gehören, von mir aus sogar Hanon. Aber allein durch dreimal täglich durchspielen wird man weder besser noch schneller besser. Sicherer wird ein Stück dadurch auch nicht. Ich kann ja auch nicht Autofahren lernen, wenn Dreirad fahre.