Grundlegende Spieltechniken

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18. Aug. 2009
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-gelöscht-
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Flip,
worauf genau zielt Deine Frage denn ab?
Bewegung und musikalische Gestalt sind nicht von einander zu trennen,
weswegen eine losgelöste Beschreibung von Bewegungsformen von
der heutigen Methodik als überkommen angesehen wird.
Zu diesem Thema gibt es ganze Regale an Literatur:
Es fängt an bei Rameau, Forkel, C.P.E. Bach, Czerny, Kullak, Steinhausen,
die Chopin-Schüler, Breithaupt, Caland ... Neuhaus, Hinze-Reinhold
usw. usw.

Vielleicht kannst Du noch etwas konkreter werden.

Beste Grüße
Claudius
 
Mich würden weitere Meinungen zu den grundlegenden Spieltechniken am Klavier interessieren.

Ich fange mal an: (Nr. 2,3 und 4 beziehen sich auf die Armbewegung)
  1. Skalenspiel
  2. Vertikalbewegung (z.B. Oktavengänge, staccati, etc.)
  3. Rotations-/Seitwätsbewegung (z.B. Albertibässe, Triller)
  4. Kreisbewegung (z.B. wiederholte Akkordbrechungen/Arpeggios)
Gibt's noch weitere?

hallo Flip,

ich meine, dass es noch einige weitere gibt, und ich selber halte diese sogar für weit grundlegender, als allgemeine Bewegungsbezeichnungen für verschiedene Spielfiguren.

als enorm grundlegend erscheint mir:

das klangliche Verhalten des Klaviers und die eigene Anopassung an dieses:
a) Diskanttöne verklingen rasch, Basstöne nicht - damit muss man umgehen können
b) diese Eigenschaft des Klaviers potenziert sich bei Pedaleinsatz
Konsequenz, klargemacht an einem Beispiel: man wird die begleitende Achtelfigur in Liszts dritter Consolation ultra-ppp spielen müssen (quasi niente, schwebend), aber die Diskantmelodie in sonorem mezzoforte - das zusammen wird den pp-Charakter herstellen 8wegen der Klangeigenschaften des Klaviers darf man keine Scheu haben, hohe Töne wirklich zum klingen zu bringen

musikalisch-klangliche Grundlagen:
a) wirklich melodisch spielen können, cantabile (und damit kann man gar nicht früh genug anfangen!!)
b) Klangverhältnisse, Klangrelationen: von Anfang an muss die durchaus auch motorische und empfindende sowie wahrnehmende (hörende) Fähigkeit entwickelt werden, verkürzt gesagt Nebenstimmen und Begleitungen "leiser" als die Melodiestimme zu spielen - egal, wo die Melodie liegt.
c) mehr als nur zwei differenzierte Klangschichten wahrnehmen und realisieren (gerne auch in einer Hand, also in einem Akkord)

Ich glaube nicht, dass man diese klanglichen "Basistechniken" erst später, also erst nach einem Absolvieren von rein mechanischer Motorik beginnen sollte.

Ähnliches liest man auch in vielen klavierpädagogischen Publikationen - das freut mich insofern, als es meinen subjektiven persönlichen Eindruck (ich wage das Wort Wissen schon gar nicht mehr zu verwenden...:)...) zu bestätigen scheint. ...vorsichtiger kann man´s wirklich nicht sagen :D

Gruß, Rolf
 
wirklich universelle basics gibts es meines erachtens nicht.
je nach dem was man spielt muss man entscheiden (bzw. der/die KL wenn einem die kompetenz fehlt) welche "hilfsbewegungen" man anwendet....
 
Hallo Flip,

ich vermute mal, du meinst die möglichen, rein motorischen Bewegungen beim Klavierspiel? Die Bewegungen richten sich in ihrer rein motorischen Ausrichtung natürlich nach dem Aufbau und der Beweglichkeit der Gelenke (es gibt ja Kugelgelenke, Scharniergelenke, Sattelgelenke und was weiß ich nicht alles ...:rolleyes:). Mit Skalenspiel meinst du deshalb wahrscheinlich die möglichen Bewegungen von Fingern und Daumen (vor vielen Jahren auch mal "Fingertechnik" genannt ;) ), oder? Dann schließen sich mögliche Bewegungen des Handgelenks an ( hoch/tief, rechts/links, Kreis/Ellipse), dann des Ellbogengelenks ( ich nehme mal an, das meinst du mit Rotations-/Seitwärtsbewegung?) und des Schultergelenks. Außerdem ist natürlich der Körper in seiner Gesamtheit beim Klavierspielen beteiligt (Sitzhaltung etc.).

Und jetzt kommen PianoAktiv und Rolf ins Spiel:
einerseits kann man diese Bewegungen beim Klavierspielen nicht isoliert betrachten, weil sie sich gegenseitig beeinflussen und voneinander abhängen. Andererseits sind diese Bewegungen ohne Klangvorstellung in der Regel vollkommen sinnlos - und umgekehrt kann man auch eine Klangvorstellung ohne bestimmte Bewegungen nicht umsetzen. Nur wenn man hört, was man spielt, weiß man im besten Fall, ob die verwendeten Bewegungen richtig sind oder nicht.
Wenn meine Schüler z.B. hören, dass die Melodie ihres Stückes nicht so cantabile oder legato klingt, wie sie (oder ich :D) es gern hätten, sind sie bereit, Spieltechniken uind Spielbewegungen auszuprobieren, um das Klangbild, aber auch ihre eigene Klangvorstellung zu verbessern.

In der Hoffnung, dich richtig verstanden zu haben!

Viele Grüße

chiarina
 
Dann schließen sich mögliche Bewegungen des Handgelenks an ( hoch/tief, rechts/links, Kreis/Ellipse)
dann hat man meistens ein problem, sofern diese bewegung nicht dem auf/absetzen eines akkords, tons oder sonst was dient ;)

alle möglichen bewegungen darf man NICHT anwenden.
 
Die späteren dynamischen und phrasierungstechnischen Ausführungen, können dann in der richtigen Dosierung dieser vorher trainierten Techniken, gut erzielt werden.

hallo Flip,

ich fürchte, dass das nicht so ohne weiteres funktioniert. Wenn ich es richtig verstehe, müsste man Hanon & Co. (da gibt´s viele) trainieren, dann hat man in allerlei Kombinationen fast sämtliche Bewegungsmuster "drauf" - aber eben noch keine Musik "drin".

ohne crescendo/diminuendo, ohne verschiedene Anschlagsarten (stacc., port., ten., leg.), ohne melodischen Sinn (und damit ohne Atem), ohne Klangdifferenzierung - - und dann soll man das alles erst danach irgendwie dosiert dazu tun? Im schlimmsten Fall hat man sich doch zuerst eine rein mechanische und klangsinnleere Spielweise antrainiert, und dann müsste man sich diese wieder abgewöhnen, indem man "phrasierungstechnische" (((ein schöner Ausdruck))) Tugenden einflicht?

Ich meine, dass hören und differenzieren von Anfang an dazu gehören und in diesem Sinne eben auch relevante "Basistechniken" sind - denn wenn die fehlen, ist das Ergebnis ziemlich unbefriedigend.

Gruß, Rolf

ach ja: manchmal wird ja geklagt, dass es gar nicht so ohne weiteres gelingt, die eine Hand lauter als die andere zu spielen (das ist auf sehr schlichtem Level die Beschreibung einer mangelhaften Klangdifferenzierung) - offenbar tritt dieses Problem schon recht früh auf: es wird sich folglich um eine der "Basistechniken" oder besser gesagt Voraussetzungen handeln.
 
Hallo Flip,
der Begriff von Technik, den Du hier verwendest, ist die gängige
Auffassung des 19. Jahrhunderts (wenn man von herausragenden Köpfen wie Chopin, Deppe, Liszt... einmal absieht). Du verstehst Technik als eine
Art Kompendium von "abstrakten" musikalischen Spielformen wie Tonleitern,
Doppelgriffe, Sprünge, Fesselungen etc, die Du gesondert trainieren willst, um
sie dann "in der Musik" parat zu haben.
Wenn Du darin für Dich einen Nutzen siehst, lohnt sich ein Gang in die Bibliothek. Dort findest Du schränkeweise "technische" Übungen, die in
den letzten 200 Jahren diesem Ansatz folgend geschrieben worden sind. Die kannst Du alle üben.
Zugleich empfehle ich Dir die Lektüre von Amy Fays Buch, in dem Du nachlesen kannst, wie es im 19. Jahrhundert vielen begabten Klavierspielern mit dieser Auffasung von Technik und den daraus resultierenden Übungen ergangen ist.
Einen Einstieg in ein verändertes Technik-Verständnis bietet Harold Taylors Buch oder wenn Du etwas modernes mit Übungen möchtest, kann man das
Buch von Rudolf Kratzert durcharbeiten.

Damit will ich es bewenden lassen, weil ich Deine Auffassung von Technik nicht teile und offen gesagt für einfach nicht zutreffend halte, ich es aber als unmöglich ansehe, die methodische Diskussion
seit 1860 hier darzulegen.

Beste Grüße
Claudius
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
[*]diese Techniken sind relativ schnell erlernt (½ – 1 Jahr)
[*]man kann praktisch jeder Schwierigkeit adäquat begegnen damit
[*]man erspart sich Schädigungen der Hand/des Arms (Stichwort: Sehnenscheidenentzündung)
[*]man erreicht eine Sicherheit, die es erlaubt, auch im hohen Tempo fehlerfrei zu spielen[/LIST]
@rolf
ich denke, dass die von Dir beschriebene Anschlagsarten nur eine Variation einer oder mehrerer Basistechniken darstellen. Und über Hanon kann man trefflich streiten, ich bin mittlerweile auch nicht mehr so überzeugt davon. Aber ich musste ihn noch von vorn bis hinter durchspielen, hat mir aber dennoch nicht geschadet.


Hallo Flip,

um mal aus der Praxis des Klavierunterrichts zu sprechen:

der riesige! Nachteil von Hanon & Co. besteht m.E. nach darin, dass die Schüler erlernen , Sechzehntelfiguren jedweder Art mit unterschiedlicher Intervallstruktur und unterschiedlicher Gestalt immer gleich!!! zu spielen. Da gruselt's mich! Wenn sie dann in einer Beethovensonate z.B. Sechzehntelketten spielen, spielen sie diese genau wie bei Hanon. Der Gedanke ist. "Ach, da kommt ja so was wie Hanon, das kenne ich schon, also spiele ich es genau so." Die Schüler hören den Sechzehnteln nicht mehr zu - leider ist das Gehör manchmal schon so verdorben, dass sie selbst nicht mehr hören, wie mechanisch und unlebendig ihr Spiel klingt!

Das ist bei deiner Methode eben die große Gefahr - Abläufe werden mechanisch eingeübt und leider oft in Stücken auch mechanisch gespielt!

Ich habe allerdings überhaupt nichts gegen Übungen - im Gegenteil, dadurch kann man sich bei Problemen die Dinge leichter machen und isoliert betrachten. Gerade im Anfangsunterricht verwende ich z.B. Handgelenksübungen, da dieses bei Anfängern oft fest und verkrampft ist. Wenn sie z.B. ein Stück im staccato spielen und dieses Titel wie "Frosch" oder "Clown" hat, muss das staccato eben auch so klingen (z.B. kurz und frech oder leicht und luftig). Wenn das entsprechende Bewegungsmuster dann probiert und geübt wird, merken die Schüler schnell, wie viel besser das staccato jetzt klingt und wieviel mehr es dem gewünschten Klang entspricht. Und natürlich erarbeiten wir uns eine Übung, weil es viel leichter ist, den Bewegungsablauf an einer simplen 5-Finger-Übung zu üben als sofort am Stück. Aber die Klangvorstellung des zu erarbeitenden Stückes muss auch bei der Übung an erster Stelle stehen!

Dadurch, dass auch bei kleinen Anfängerstücken schon intensiv musikalisch gearbeitet werden kann, vermischen sich dann Schulung des Gehörs, musikalische Vorstellungskraft, die Basistechniken, die Rolf schon erwähnt hat und die dafür nötige technische Umsetzung.

Ich verstehe deine Argumente, aber was nützt die Sicherheit, wenn die Lebendigkeit darunter leidet?

Vielleicht wäre ein Kompromiss für dich, wenigstens viel Unterschiedlichkeit in Dynamik und Artukulation (s. Rolf) in deine Einspielübungen zu bringen?

Viele Grüße

chiarina
 
dann hat man meistens ein problem, sofern diese bewegung nicht dem auf/absetzen eines akkords, tons oder sonst was dient ;)

alle möglichen bewegungen darf man NICHT anwenden.

Hallo xXpianOmanXx,

ich weiß leider nicht genau, was du meinst :confused: . Das Handgelenk ist ein für das Klavierspielen sehr wichtiges Gelenk, weil es die Verbindung der Hand zum Arm darstellt. Man braucht es in Verbindung mit dem Arm, um sich z.B. schnell auf dem Klavier bewegen zu können, um Bewegungen abzufedern, um die unterschiedlich Länge der Finger ausgleichen zu können... . Es sollte also immer gelöst und unverkrampft sein. Um die vielfältigen Spielbewegungen auszuführen, kommt man gar nicht umhin, alle die dem Handgelenk möglichen Bewegungen (vertikal, horizontal, Kreis/Ellipse) auch zu nutzen (selten allerdings gleichzeitig :D).

Viele Grüße

chiarina
 
Hallo Flip,

die Gefahr besteht, dass Musik dann eine Aneinanderreihung von technischen Übungen wird!

Was heißt "gekonnt"? Besteht nicht die Gefahr, dass die Tonleiter o.ä. im Stück genauso klingt wie bei den Basisübungen? Will man das oder ist es nicht vielmehr so, dass jede Tonleiter o.ä. in einem besonderen musikalischen Kontext steht und daher jedes mal anders gespielt werden muss? Bringt man dieses Zuhören und diese Flexibilität auf bzw. ist man dafür gerüstet, wenn man mechanisch sich auf den rein motorischen Aspekt konzentriert? Wird dann nicht erlernt, diese Tonleiter o.ä. immer gleich zu spielen? Lernt man nicht auch, die Tonleiter immer gleich zu hören? Und ist das "gekonnt"?

Du siehst, eine Menge Fragen ;) . Aber wenn es dich beruhigt: natürlich üben meine Schüler Tonleitern. Aber immer mit einem bestimmten Ziel bzw. einer bestimmten Klangvorstellung. Den Unterschied zu anderen sehe ich dann, wenn ich einen fortgeschrittenen Schüler bekomme, der auf die von dir beschriebene Weise geübt hat und der erst einmal lernen muss zu hören.
Es passiert nämlich leicht, dass man deine beschriebenen Basisübungen "runternudelt" (Entschuldige :) ), um dann zu den Stücken zu kommen und dort Musik zu machen.

Viele liebe Grüße

chiarina
 

Grundtechniken

Hallo zusammen,

ich mag noch zwei "Grundtechniken" hinzufügen:

Rhythmusschulung: Mir ist erst bewusst geworden, wie wenig ich über Rhythmus weiss, als ich versucht habe, jazziges zu spielen (und auch das nur nach Noten). Ternäre Spielweise und reicher Gebrauch von Synkopen sind eine eigene Herausforderung.

Ensemblespiel uind Begleitung: Man hört sich nicht nur selbst zu sondern auch den Mitspielern und bemüht sich um Anpassung. Das wird besonders interessant, wenn andere Instrumente auch ganz andere Möglichkeiten der musikalischen Gestaltung bieten.

Beides erfordert einige Übung und bringt einen in jeder Hinsicht weiter und: es ist definitiv nicht stupide und geistlos.

Gruss LA
 
@rolf
ich denke, dass die von Dir beschriebene Anschlagsarten nur eine Variation einer oder mehrerer Basistechniken darstellen. Und über Hanon kann man trefflich streiten, ich bin mittlerweile auch nicht mehr so überzeugt davon. Aber ich musste ihn noch von vorn bis hinten durchspielen, hat mir aber dennoch nicht geschadet.

hallo Flip,

um nicht mißverstanden zu werden:
ich halte sehr viel vom ausfeilen und präzisieren der technischen bzw. manuellen Fähigkeiten! Mir waren da die 51 Übungen von Brahms, die technischen Übungen von Liszt und natürlich ein Großteil der Konzertetüden und Kadenzen/Passagen sehr hilfreich. Und wer wirklich in den Bereich des Klavierspielens kommen will, welcher Sachen wie Liszts Opernparaphrasen oder Transzendentaletüden, Chopins Sonaten in b-Moll & h-Moll, manches von Ravel und Strawinski, der hatte und wird sich oft immer wieder in eine Art "Maschine" verwandeln müssen - also mit Ausdauer und Geduld Bewegungsweisen optimieren: und das ist ein langwieriger Prozess auch und gerade des rein körperlichen Trainierens, in welchem es übrigens um die Optimierung feinster Wahrnehmungen (fühlen & hören) geht. Aber das alles - also jede notwendige (humorvoll gesagt) "sportliche Konditionierung" - ist sinn- und nutzlos, wenn noch keine selbstverständlich gewordene Basis an Klanggestaltung geschaffen wurde! Etwas plakativ und verkürzt formuliert: wer eine Invention nicht klangschön und musikalisch sinnvoll darstellen kann, der wird nach viel Hanon & Co. leider auch keine Chopinetüde klangschön und musikalisch sinnvoll darstellen (es sei denn, einem Wunder gleich käme diese Fähigkeit über ihn, was wohl nur sehr selten geschieht).

Also:

(1) nach meiner Ansicht hilft alles motorische üben nicht, wenn es ohne musikalisch-klangliche Grundlage absolviert wird. In diesem Sinne sind Einteilungen in 4 oder mehr Bewegungsmuster als motorische Grundlagen eher akademischer Natur - man kann sich das tabellarisch anschauen.

(2) und das große Problem ist das Erlernen, denn da kommt eben viel auf einmal: Klanggestaltung (differenzieren, cantabile usw.), Klangsinn (Verstehen) und zunehmende motorisch Geschicklichkeit sowie Freiheit. Weil das alles seltenst von Anfang an vorhanden ist, ist man in aller Regel abhängig von der Aufmerksamkeit und dem Können des zuständigen Lehrers - kann es dieser selber nicht sonderlich (was vorkommt), lernt man unter suboptimalen Bedingungen.

(3) berühmt ist Liszts Bericht, dass er stundenlang Terzen, Sexten, Oktaven trainiert hat - und dabei Bücher las. ... nun ja, das war eben Liszt, und der setzte diese "sportliche Optimierung" nicht auf dem Nichts an, sondern auf seinem schon vorhandenen extremen Können bzgl. Klanggestaltung etc. - das darf man bei dieser Geschichte nicht vergessen! Und letztlich ist das auch ganz normal: jeder hat mal dies oder das ausführlich trainiert (z.B. rasante Oktaven kommen natürlich nicht allein aus dem Willen, auch nicht allein aus der Klangvorstellung - aber ohne diese werden sie weder schnell noch gut genug!)

(4) ich meine, dass während des langjährigen (und nicht notwendig zum Erfolg führenden! Garantien gibt es keine! auch keine Supertricks oder Wundermethoden!) Lernprozesses, sich an das Klavier, an dessen motorische Bedingungen, an die Musik und ihre Klänge und Aussagen zu gewöhnen, viel der progressiven Arbeit innerhalb der Klavierliteratur absolviert werden kann - Hanon-, Brahms- oder Lisztübungen können im Fall von Problemen oder Stockungen als temporäres Spezialtraining eingesetzt werden. Das allerdings entscheidet für den Lernenden der Lehrende. Wenn letzterer dabei darauf achtet, dass alles motorisch flüssig geht, dass alles differenziert geht, dass alles in verschiedener Weise ausgeführt wird (wenn also auch diese Spezialübungen mit Klangsinn gemacht werden sollen), dann wird es nicht schaden sondern nützen :) - aber auch nur in so einem Fall.

Leider erlebt man oft zweierlei:
- mancher spielt "manuell" ganz flink und fehlerfrei, klanglich aber katastrophal
- mancher spielt motorisch ungesund (und erwirbt damit körperliche Beschwerden)
Fehler können sich sowohl im Klanggestalten, als auch in der Umsetzung der Klänge in Beegungen festfressen - beide sind nicht leicht zu beheben.

Ich meine nach wie vor: wenn von Basistechniken die Rede ist, dann zählen zu diesen unbedingt alle Fähigkeiten, die mit dem Gestalten und Wahrnehmen des Klangs zu tun haben. Aus diesem Grund sollten sie von Anfang an geschult werden. Das Beschleunigen der Motorik kann dann sinnvoll erfolgen.

Gruß, Rolf
 
Ich kann mich auch nur absolut und vollkommen rolfs Meinung anschließen.:)

Was mir allerdings nach wie vor, wie auch hier beim Lesen dieses Fadens hier nicht einleuchten will, ist:

Warum will man immer Klangvorstellung und Technikübungen als Grundlagen trennen?
Oder: warum Technikübungen verteufeln, wenn sie doch auch einen Sinn haben im Lernprozess?

Hm, vllt merkwürdig ausgedrückt:confused:, ich will sagen, jemand, der Klangvorstellung /Klangempfinden hat, wird wahrscheinlich auch eine Hanonetüde nicht ganz ohne diese spielen.

Ich meine, wenn man beides parallel lernt, Klangempfinden schult und Technik weiterbringt, ist daran doch nichts Verwerfliches.

Wenn sich ein Schüler nur sportlich ertüchtigen will, so sollte das ein KL unterbinden, denke ich. Aber ist das nicht auch eher ein seltener Fall?

LG
violapiano
 
Hallo Flip,

um mal aus der Praxis des Klavierunterrichts zu sprechen:

der riesige! Nachteil von Hanon & Co. besteht m.E. nach darin, dass die Schüler erlernen , Sechzehntelfiguren jedweder Art mit unterschiedlicher Intervallstruktur und unterschiedlicher Gestalt immer gleich!!! zu spielen. Da gruselt's mich! Wenn sie dann in einer Beethovensonate z.B. Sechzehntelketten spielen, spielen sie diese genau wie bei Hanon. Der Gedanke ist. "Ach, da kommt ja so was wie Hanon, das kenne ich schon, also spiele ich es genau so." Die Schüler hören den Sechzehnteln nicht mehr zu - leider ist das Gehör manchmal schon so verdorben, dass sie selbst nicht mehr hören, wie mechanisch und unlebendig ihr Spiel klingt!

Das ist bei deiner Methode eben die große Gefahr - Abläufe werden mechanisch eingeübt und leider oft in Stücken auch mechanisch gespielt!

Ich habe allerdings überhaupt nichts gegen Übungen - im Gegenteil, dadurch kann man sich bei Problemen die Dinge leichter machen und isoliert betrachten. Gerade im Anfangsunterricht verwende ich z.B. Handgelenksübungen, da dieses bei Anfängern oft fest und verkrampft ist. Wenn sie z.B. ein Stück im staccato spielen und dieses Titel wie "Frosch" oder "Clown" hat, muss das staccato eben auch so klingen (z.B. kurz und frech oder leicht und luftig). Wenn das entsprechende Bewegungsmuster dann probiert und geübt wird, merken die Schüler schnell, wie viel besser das staccato jetzt klingt und wieviel mehr es dem gewünschten Klang entspricht. Und natürlich erarbeiten wir uns eine Übung, weil es viel leichter ist, den Bewegungsablauf an einer simplen 5-Finger-Übung zu üben als sofort am Stück. Aber die Klangvorstellung des zu erarbeitenden Stückes muss auch bei der Übung an erster Stelle stehen!

Dadurch, dass auch bei kleinen Anfängerstücken schon intensiv musikalisch gearbeitet werden kann, vermischen sich dann Schulung des Gehörs, musikalische Vorstellungskraft, die Basistechniken, die Rolf schon erwähnt hat und die dafür nötige technische Umsetzung.

Ich verstehe deine Argumente, aber was nützt die Sicherheit, wenn die Lebendigkeit darunter leidet?

Vielleicht wäre ein Kompromiss für dich, wenigstens viel Unterschiedlichkeit in Dynamik und Artukulation (s. Rolf) in deine Einspielübungen zu bringen?

Viele Grüße

chiarina

Hi FLIP,
ich bezog mich auf Chiarinas post s.o., sie weist auf die Gefahr, des mechanischen Einschleifens und Außerachtlassens von klanglichem Gehalt bei übermäßigem, vom Stück getrennten Techniktraining hin.

Ich wollte sagen, mMn ist nicht jeder Schüler gefährdert, sich durch Technikübungen unabhängig vom Stück die jklangvorstellungen zu verderben. Das ist bestimmt individuell. Du hast janun sehr flotte Finger, somit wird Dir das Techniktraining anhand von Etüden nicht geschadet haben.:);)
Mir ging es darum, ob das Einüben von technischen Abläufen gleichzeitig auch das Einüben von, wie soll man sagen, "Einheitsphrasierungen" bedeutet.

Mir bringt das Etüden üben schon etwas, die Finger kennen das Problem, und, anstatt sich zu sehr mit dem technischen Gehalt auseinander setzen zu müssen, können sie sich schneller der musikalischen Ebene zuwenden.:)

Ob das nun für jede technische Fragestellung der Fall ein muss, also immer eine passende Etüde her muss, sei dahin gestellt.

Offenbar gibt es da auch verschiedene Fraktionen von Klavierpädagogen.

Ich möchte zu Bedenken geben, wer sich zu sehr am Stück um die technische Umsetzung bemühen muss, kommt nicht zum Musikmachen.
 
Ich versuche gerade mal eine Analogie zum Malen eines Bilds zu entwickeln.

Normalerweise hat eine Vorstellung von dem, was man malen will und man kontrolliert mit den Augen, ob das, was man auf die Leinwand bringt, mit der Vorstellung übereinstimmt.

Man kann auch rein vom Bewegungsablauf (abstrakte) Bilder malen - dabei würde ich annehmen, daß schöne, natürliche Bewegungen schöne batürliche Kurven erzeugen - und ruckartige, schnelle Bewegungen zackige Linien.

Beide Herangehensweisen sind möglich. Es ist auch abhänhig davon, was man malen will. Also den Zusammenhang zwischen Bewegung und Klang sollte man nicht aus den Augen/Ohren verlieren.
 
eher off-topic - - ins Tempo bekommen

Ich erzähl mal wie ich mit diesen Methoden in Berührung gekommen bin. Es war, wen wunderts, zu Beginn des Studiums. Ich habe zur Aufnahmeprüfung u.a. den 3. Satz der Mondscheinsonate vorgespielt. Mein Lehrer meinte später, ich hätte das ganz gut gemacht, aber es wäre zu langsam gewesen. Ich konnte mir aber zu dem Zeitpunkt nie und nimmer vorstellen, den Satz auch nur annähernd im geforderten Tempo (Presto agitato) zu spielen. Wir haben also mit dem Training dieser Übungen begonnen – immer so 10 Minuten in der Stunde. Und nach einem Jahr etwa, hatte ich das Tempo annähernd drauf. Das sind also keine Wundertricks, sondern ganz pragmatische Übungen.

hallo Flip,

bitte sei mir nicht böse!

Mich wundert dieser enorme Zeitverbrauch, um den dritten Satz von op.27,2 ins erforderliche Tempo zu bringen!!! Fast ein ganzes Jahr, und das für ein Stück, mit dem Du selber seinerzeit erst mal zufrieden warst und es sicherlich bis ins letzte Detail kanntest? Sicherlich hast Du in diesem Jahr auch noch eine ganze Menge andere Sachen geübt und gelernt, aber ich finde diesen Zeitverbrauch trotzdem sehr sehr hoch - und das lässt mich ein wenig am Sinn oder besser Nutzen der ganz pragmatischen Übungen zweifeln.

Als zweites wundert mich sehr, wass Du über das "nie und nimmer vorstellen" gesagt hast (und alle Achtung dafür!!!), und zwar wundert es mich, weil man doch heutzutage nahezu restlos alles vorab hören (Aufnahmen) kann, sich also allein über die Kenntnis des geplanten Stücks unschwer einen Höreindruck des Tempos holen kann - mit anderen Worten, dass und wie schnell dieser Satz ist, war Dir doch sicher bekannt.

Ich kenne von Schülern und Studenten ein anderes Problem gerade dort: die rasanten Albertibässe beim zweiten Thema (Du weißt schon, die verengen sich in ein Tremolo) leise genug zu spielen, später diese dann auch in der rechten Hand spielen zu können.

Wie auch immer - wenn Dir die Übungen da geholfen haben, ist das ok; mich wundert halt der Verbrauch an Zeit (was ja auch ein pragmatischer Ansatz ist) :)

Gruß, Rolf
 
Hi FLIP,
ich bezog mich auf Chiarinas post s.o., sie weist auf die Gefahr, des mechanischen Einschleifens und Außerachtlassens von klanglichem Gehalt bei übermäßigem, vom Stück getrennten Techniktraining hin.

.....

Mir bringt das Etüden üben schon etwas, die Finger kennen das Problem, und, anstatt sich zu sehr mit dem technischen Gehalt auseinander setzen zu müssen, können sie sich schneller der musikalischen Ebene zuwenden.:)
Ich möchte zu Bedenken geben, wer sich zu sehr am Stück um die technische Umsetzung bemühen muss, kommt nicht zum Musikmachen.



(4) ich meine, dass während des langjährigen (und nicht notwendig zum Erfolg führenden! Garantien gibt es keine! auch keine Supertricks oder Wundermethoden!) Lernprozesses, sich an das Klavier, an dessen motorische Bedingungen, an die Musik und ihre Klänge und Aussagen zu gewöhnen, viel der progressiven Arbeit innerhalb der Klavierliteratur absolviert werden kann - Hanon-, Brahms- oder Lisztübungen können im Fall von Problemen oder Stockungen als temporäres Spezialtraining eingesetzt werden. Das allerdings entscheidet für den Lernenden der Lehrende. Wenn letzterer dabei darauf achtet, dass alles motorisch flüssig geht, dass alles differenziert geht, dass alles in verschiedener Weise ausgeführt wird (wenn also auch diese Spezialübungen mit Klangsinn gemacht werden sollen), dann wird es nicht schaden sondern nützen :) - aber auch nur in so einem Fall.



Hallo allerseits,

vielleicht habe ich es mißverständlich ausgedrückt, aber ich bin keinesfalls gegen Übungen etc.!

Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass eine rein mechanische Anwendung von Übungen ohne eine musikalische Aussage dazu führt, dass, wenn die Bewegungsabläufe dieser Übungen in Stücken auftritt, diese dort quasi genauso gespielt werden und überhaupt nicht auf den musikalischen Kontext geachtet wird. Gerade bei Laien führt diese Übemethode durch das tägliche, immer wieder gleiche Spielen zu einer Abstumpfung des Gehörs, so dass selbst die rein motorischen Übungen manchmal nicht mehr gut klingen ( Einstellung: ich spiel das jetzt mal runter ;) ).

Es ist mir klar, dass man auf keinen Fall alle über einen Kamm scheren kann, aber ich habe noch keinen gehört/gesehen, bei dem es nicht so gewesen wäre.

Ich habe aber gar nichts, wie gesagt, gegen Übungen und Etüden zur Bewältigung technischer Probleme. Da habt ihr absolut recht, wenn ihr sagt, wie soll man sonst besser werden bzw. Lösungen für Probleme finden. Ich erfinde z.B. oft mit meinen Schülern Übungen, die ihre speziellen Probleme lösen (hoffentlich ;)). Dann aber ist die Übung ja in einen musikalischen Kontext eingebettet - der Schüler oder ich ist/bin mit dem klanglichen Ergebnis des Stückes eben nicht zufrieden und möchte das verbessern. Und da ist der Schüler gefordert, beim Spielen der Übung sich genau zuzuhören.

Wahrscheinlich ist das der Punkt: immer gefordert zu sein, sich genau zuzuhören und die gewünschte Klangvorstellung mit der gespielten zu vergleichen!

Wie gesagt, spielen meine Schüler auch Tonleitern. Aber mal brillant wie eine funkelnde Perlenkette, mal ganz legato, staccato, leggiero etc. und unterschiedlich in der Dynamik. Da muss man sich sehr gut zuhören! Ich kann mich noch erinnern, wie während meines Praktikums an einer Musikschule ein Schüler Tonleiten spielte - damals noch nach der gängigen Methode, nach Metronom immer einen Metronomstrich schneller zu spielen ( hoffentlich gibt es das heute nicht mehr!). Eine so furchtbare Tonleiter habe ich noch nie gehört. Und um sich Tonleitern überhaupt zu erarbeiten, mache ich natürlich Vorübungen.

Auch gegen Etüden habe ich nichts. Ich bevorzuge bei Schülern allerdings Etüden mit mehr musikalischem Gehalt, z.B. Burgmüller, Cramer-Bülow ... . Rolf hat sehr schön gesagt, dass die Klangvorstellung schon sehr entwickelt sein müsse, dann können auch die Übungen von Liszt, Brahms etc. nur von Vorteil sein.

Es ist übrigens interessant, dass gerade Kinder zu einer solch mechanischen Ausrichtung von Übungen überhaupt!!! keine Lust haben - wenn sie aber merken, dass das Stück nicht gut klingt oder sie bestimmte Dinge nicht hinkriegen, sind sie (fast) immer zu Übungen bereit!

Viele Grüße

chiarina
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Mich wundert dieser enorme Zeitverbrauch, um den dritten Satz von op.27,2 ins erforderliche Tempo zu bringen!!! Fast ein ganzes Jahr, und das für ein Stück, mit dem Du selber seinerzeit erst mal zufrieden warst und es sicherlich bis ins letzte Detail kanntest? Sicherlich hast Du in diesem Jahr auch noch eine ganze Menge andere Sachen geübt und gelernt, aber ich finde diesen Zeitverbrauch trotzdem sehr sehr hoch - und das lässt mich ein wenig am Sinn oder besser Nutzen der ganz pragmatischen Übungen zweifeln.

hallo Flip,

vielleicht ist es jetzt verständlicher, ich hätte es wohl so augenscheinlich markieren müssen.

dass mich dieser lange Zeitraum wundert, ist meine Meinung - und die darf ich hoffentlich äußern - ich bin nun mal andere Zeitrelationen gewohnt (und zwar deutlich kürzere), da ist es hoffentlich verständlich, dass ich mich wundere (zumal meiner eigenen Erfahrung nach op.27,2 dritter Satz keine extremen Anforderungen stellt)

Ich hoffe, Du weißt jetzt, warum ich mir gestattet habe, mich zu wundern.

"erheitert" hat mich übrigens gar nichts daran. Und im Gegenteil: ich hatte Dir deutlich meine Achtung ausgesprochen für Dein offenes Bekenntnis, dass Du Dir seinerzeit nie und nimmer vorstellen konntest, das Stück im besagten Tempo (presto agitato) zu spielen.

was also regt Dich so sehr auf, dass Du giftig wirst? ("wohl auch studiert"...)

Gruß, Rolf
 

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