Grundlegende Spieltechniken

Hallo Rolf,
ich danke Dir für dieses wunderbare Beschreibung! Für mich scheint es so, daß im Anfängerklavierunterricht eigentlich der Schwerpunkt darauf liegt, im Wechselspiel von Motorik und Hörwahrnehmung der Schüler zunächst erstmal viel Zeit darauf verwenden sollte, auszuprobieren, wie ein Ton oder eine Melodie in Abhängikeit von Schnelligkeit des Tastendrucks, der Länge des Tastendrucks und der Muskelspannung aller Muskeln klingt. Das wird dann immer mehr verfeinert.
Mir fällt dazu noch ein, daß die Haltung des gesamten Körpers eine wichtige Rolle spielt. Wie sitze ich auf dem Klavierhocker, in welchem Abstand vom Klavier, habe ich richtigen Bodenkontakt? Habe ich die richtige Grundspannung im Körper, bin ich auch innerlich wacher und aufmerksamer beim Klavierspielen und ich kann die Arme, Hände und letzlich die Finger unabhängiger und lockerer bewegen. Die Rumpfmuskulatur hält den Körper und die Arme sind dadurch frei und beim Spielen locker bleiben bzw ökonomisch arbeiten. Das unterscheidet uns ja auch von den Vierbeinern. Die Schultergelenke bieten das größte Bewegungsausmaß .
Es dauert lange, bis ich sagen kann, jetzt spiele diese Stelle so oder so, weil sie in einer bestimmten Art klingen soll.

Ist die Anschaffung dieses Fachbuchs denn für Hobbyspieler wie mich sinnvoll oder handelt es sich eher um ein Lehrbuch für Unterrichtende?
 
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Ist die Anschaffung dieses Fachbuchs denn für Hobbyspieler wie mich sinnvoll oder handelt es sich eher um ein Lehrbuch für Unterrichtende?

Die genannten beiden Bücher (eins von Kratzert, eins von Werner) sind auch für Hobbyspieler mehr als nur sinnvoll!!! Die sind wirklich sehr lesenswert, erklären gerade Grundlagen sehr schön und bieten auch viele Übungsmuster für jeden.
 
Das trifft sich gut!

Hab noch diverse Geburtstagsbüchergutscheine rumliegen, die ich zusammenlegen kann!
 
Moin Rolf

und das sehr wahrscheinlich deshalb, weil man mehr überwachen als hören will.

In diesem Zusammenhang ein Buch für jeden Gabentisch:




der sehr böse, oft gelöschte und vehement verschriene pppetc hat mal sehr treffend und richtig erklärt, wie viel vom vordersten Fingerglied (jaja, da sitzen die taktilen Rezeptoren, da fühlt man mehr als auf dem Handrücken) abhängt - - das ist tatsächlich so,

Uffffff - da bin ich beruhigt!

In vorweihnachtlicher Gebelaune füge ich noch was an:

Du erlaubst, daß ich mich Dir anschließe, und nochwas drauflege?

Mal angenommen, irgendein Finger (A) wär bereits auf irgendner Taste (wir übergehn
nonchalant, wie der da hingekommen ist), und nun soll der nächste Finger (O) die
nächste Taste spielen.
Man könnte versucht sein, sich Folgendes vorzustellen:

A spielt O

O tut also gar nix, sondern läßt - schlau, wie er nunmal ist - A die ganze Arbeit machen.
Aber, aber ach: There's no such thing as a free breakfast - jetzt darf O in die Rolle von
A (der sich ausruht, er hat es sich verdient) schlüpfen, und sich seinerseits aweng nützlich
machen, indem er dem nächsten Finger auf die Sprünge hilft.

Prosit und Herzliche Grüße!

stephan
 
(...)
Du erlaubst, daß ich mich Dir anschließe, und nochwas drauflege?
jederzeit!!!
Widerspruch hast Du von mir kaum zu erwarten, schlimmstenfalls was ergänzendes - was die Tasten betrifft, tuten wir ins selbe Horn :) :) :)

ein Prosit zurück und ebenso herzliche Grüße,
Rolf

@Chiarina und Gubu
ich muss (und will) jetzt auf eine Weihnachtsfeier (und da werden mit Gekreisch und Gebrüll über Musik die Trinkhörner kreisen) und wenn ich zurück bin, werde ich vermutlich nicht in der Lage, noch was sinnvolles hier zu äußern - - darum: heute nicht mehr, evtl morgen (es sei denn, der zu erwartende Kater erweist sich als zu mächtig) :D
 
@rolf
Vielen Dank für die ausführlichen Erklärungen.

@pppetc
Mein Dank geht auch an Dich, nur ganz verstanden habe ich das wahrscheinlich nicht.
Bedeutet das, während A spielt, soll man sich schon auf O konzentrieren?

Grüße
Thomas
 
Hai Thomas

@pppetc
Mein Dank geht auch an Dich, nur ganz verstanden habe ich das wahrscheinlich nicht.
Bedeutet das, während A spielt, soll man sich schon auf O konzentrieren?

Diese Formulierung wäre mir viel zu kompliziert.

Suetin
sagte sinngemäß:
"Schachspielen ist einfach: man muß lediglich drauf achten, daß immer alle
Figuren ausreichend gedeckt sind."

Ich habe mich bemüht, eine nach Möglichkeit einfache Darstellung zu finden.
Der böse Hrolf sagt beispielsweise irgendwo: Betrachte die Tastatur als Trampolin,
Peter Feuchtwanger schreibt Quick Release, und ich sage es eben so:

A spielt O​
O spielt nicht: O wird gespielt (in diesem Falle von A).

Jedes Kind weiß es: Du sitzt auf der Schaukel, und Du weißt exact, wann Du
die Beine austrecken, und wann Du sie einziehen mußt.

Daß später mal auf ner Schaukel noch ganz andre Dinge machbar sind,
ergibt sich dann sozusagen natürlich....



gruß

stephan
 

Dann machst du vielleicht einen geistigen Kopfstand, aber mehr nicht... ;)
 
Bedeutet das, während A spielt, soll man sich schon auf O konzentrieren?

was hältst Du von der Idee, dass man schon O weiß und vorbereitet, während man (das längst vorbereitete) A spielt oder gar noch davor?

Ich bezeichne es gerne so: man sollte sich die Zeit zwischen den Tönen bewußt und zunutze machen; später folgt (etwas phasenverschoben) die Zeit "zwischen den (verautomatisierten) Tongruppen".

was aber bei pppetc´s Darstellung relevant ist: zu verstehen, dass man absolut nichts denken oder überwachen muss, wenn man "A" spielt - denn das ist schon längst vorbereitet. Also: bevor man Taste A spielt, ist Taste B schon längst sicher anvisiert. Vereinfacht gesagt: wenn man etwas berührt, um es zu spielen, muss man darüber nicht mehr räsonnieren.

freilich funktioniert das nur, wenn man vorher sicher gestellt hat, dass man sowohl A als auch O mit der erforderlichen Intensität (stacc., leg. usw.) anschlagen kann - - was pppetc hier beschrieben hat, ist das präzise voraus-denken: also der Detailablauf von zwei aufeinander folgenden Tönen. Und was er hierbei metaphorisch klar gemacht hat: jeder einzelne Anschlag soll (ja muss!) mit der geringst möglichen Mühe ausgeführt werden, d.h. es soll völlig selbstverständlich sein (so, wie man Laute artikuliert beim sprechen) - - - und hierbei rekurriert pppetc auf eine sehr sinnvolle Übung: wenn man die Finger auf A und O legt, aber dann mit der anderen Hand auf den vorbereiteten Fingern spielt, dann merkt man in der eigentlichen Spielhand, wie wenig Anstrengung oder Aktion nötig ist. Ich mache das gerne und oft mit meinen Studenten: dass ich eine Tongruppe auf deren Fingern spiele - - - - - für den Fall von Verständnisschwierigkeiten: pppetc hat klar gemacht, wie wenig Mühe und Denken und Kontrolle nötig ist, wenn man eingedenk der Zeit zwischen den Tönen auf die richtige Weise (nämlich mit der geringstmöglichen Anspannung!) zwei Töne musikalisch und motorisch sinnvoll anschlägt.

...ich hoffe, ich habe das trotz hochprozentiger Weihnachtsfeier einigermaßen klar ausdrücken können...
 
Danke für die Erklärungen.
Die Vergleiche:
  • Beine strecken und anwinkeln beim Schaukeln,
  • Salto - machte ich zwar nie von einer Schaukel, aber mit Schi ist der Bewegungsablauf ähnlich
  • Das Formen der Laute beim Sprechen
haben mir die Sache näher gebracht.

Soweit ich das jetzt im Bezug auf das Klavierspiel verstanden habe, wäre erstrebenswert, dass die Klangvorstellung einen automatisierten Bewegungsablauf auslöst, wobei die Klangvorstellung etwas vorauseilend sein muss.

@rolf: Deine Erklärung war trotz der hochprozentigen Weihnachtsfeier besser als ich das dadurch Verstandene in eigenen Worten zusammenfassen kann. - Danke.

Grüße
Thomas
 
Soweit ich das jetzt im Bezug auf das Klavierspiel verstanden habe, wäre erstrebenswert, dass die Klangvorstellung einen automatisierten Bewegungsablauf auslöst, wobei die Klangvorstellung etwas vorauseilend sein muss.

wenn man es so sehen will, dann ja - - zu fragen ist aber, ob der automatisierte Bewegungsablauf sowie die präzise Klangvorstellung schon vorhanden ist (!!!) ... ist beides vorhanden, dann ist das wunderbar (denn es bedeutet, dass man über die entsprechenden Grundlagen frei verfügt)

hier war primär nach grundlegenden Techniken gefragt - ich hatte mir ein paar Überlegungen dazu gegönnt und diese mitgeteilt (und ich gestehe gerne, dass diese Überlegungen nicht auf meinem Mist gewachsen sind)

pppetc hat wertvolle und richtige Hinweise geliefert, wie das praktisch geschehen sollte - und zwar wie das praktisch geschehen sollte, wenn man zwei Töne miteinander verbindet (also nacheinander spielt)
 
Sehr schöne Beiträge von euch, Rolf und pppetc!!!

Ich möchte auch an diesem Beispiel gern noch mal verdeutlichen, wieso ich ppetc's Art des Lehrens so gut finde:

So wie ich das verstehe, gibt er anfangs immer einen Denkanstoß, der für viele (auch mich :p ) oft rätselhaft ist. Gerade diese Rätselhaftigkeit bringt mich aber zum Nachdenken und spornt mich an, das Rätsel zu lösen.

So kommt man durch eigene Erkenntnis, die durchaus auch lange dauern kann (und auch bei pppetc nach eigenem Bekunden teilweise lang gedauert hat) auf den richtigen Weg. Das bringt zumindest mir sehr viel mehr, als wenn mir ein Lehrer haarklein erklärt, was zu tun ist. Es ist natürlich bequemer, aber ist es für das eigene Soiel auch besser, alles erklärt zu bekommen? Wobei noch in Frage steht, ob das überhaupt geht.

Außerdem lässt diese Rätselhaftigkeit zumindest mir viel Freiraum, eigene Wege zu gehen und den eigenen und für mich besten Weg der Erkenntnis zu finden.

Deshalb mag ich diese Art der Herangehensweise so. Und bei Nachfragen wird ja auch immer mehr deutlich.

Liebe Grüße

chiarina


@Thomas: lies dir auch mal den Text von pppetc bezüglich des Anschlags durch, den er gerade in einem anderen Faden verlinkt hat. Dort wird auch deutlich, was er meint. Ab Seite 34:

http://www.quickrelease.me/peter_feuchtwanger/index.htm
 
Hallo chiarina,
Sehr schöne Beiträge von euch, Rolf und pppetc!!!
ich schließe mich an!

Außerdem lässt diese Rätselhaftigkeit zumindest mir viel Freiraum, eigene Wege zu gehen und den eigenen und für mich besten Weg der Erkenntnis zu finden.

Deshalb mag ich diese Art der Herangehensweise so. Und bei Nachfragen wird ja auch immer mehr deutlich.

Liebe Grüße

chiarina

m-hm... allerdings, hab ich auch nicht unbedingt übergroße Einwände, wenn mir jemand einfach direkt erklärt, was er meint... naja, soweit das nunmal möglich ist... aber solange wir den Rolf einige Posts später mit einer gelungenen Interpretation, wenn nicht gar zu sagen: - Transskription - vorfinden, halte ich den Schaden für eng begrenzt ;)
 
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Zur Ergänzung:

wenn man (musikalisch) arbeitet an einem Stück, geht es ja immer um die von Rolf erwähnten Parameter ( Tonerzeugung, Klangqualität, Tonverbindungen, Pedal, Gelöstheit ....) bzw. um deren Verbesserung. Deshalb kann eine Isolierung von Mitteln zu der Umsetzung dieser Verbesserung, also z.B. alle möglichen Bewegungsformen von Arm und Handgelenk etc. - die sog. Technik - eben nur nach hinten losgehen, weil diese ihren Zweck, den Grund für ihre Existenz verneint. Ohne ein Ziel, eben z.B. die Klangqualität zu verbessern, kann ein Üben von Technik nur mechanisch erfolgen und deshalb musikalisch kontraproduktiv sein. Eine klare Klangvorstellung ist also angesagt.

(Ich habe das Gefühl, ich habe mich gerade etwas kompliziert ausgedrückt :p - ich lass es trotzdem mal stehen....)

Liebe Grüße

chiarina
 

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