Grundlegende Spieltechniken

Zur Ergänzung:

wenn man (musikalisch) arbeitet an einem Stück, geht es ja immer um die von Rolf erwähnten Parameter ( Tonerzeugung, Klangqualität, Tonverbindungen, Pedal, Gelöstheit ....) bzw. um deren Verbesserung. Deshalb kann eine Isolierung von Mitteln zu der Umsetzung dieser Verbesserung, also z.B. alle möglichen Bewegungsformen von Arm und Handgelenk etc. - die sog. Technik - eben nur nach hinten losgehen, weil diese ihren Zweck, den Grund für ihre Existenz verneint. Ohne ein Ziel, eben z.B. die Klangqualität zu verbessern, kann ein Üben von Technik nur mechanisch erfolgen und deshalb musikalisch kontraproduktiv sein. Eine klare Klangvorstellung ist also angesagt.

(Ich habe das Gefühl, ich habe mich gerade etwas kompliziert ausgedrückt :p

Nein, finde ich überhaupt nicht. Habe ich in einem Rutsch verstanden, und ist sehr klar ausgedrückt. Das ist ganz spannend. Was ist Technik, wie definiert man: das ist die "Technik beim Klavierspielen"? Bachopin hat ein Buch in seiner Empfehlungsliste: "Kendall Taylor, Klaviertechnik und Interpretation von Zimmermann Musikverlag (1981))". Der Titel verspricht Aufklärung dazu. Ich gebe Dir in allem gesagten voll und ganz recht. Nur entzieht sich der Terminus "Technik" wie ein glitschiger Fisch immer wieder meinem Zugriff. Man könnte die Technik definieren als die Fähigkeit, die Noten auf dem Blatt rein zu reproduzieren. Und alles andere oben genannte ist - Interpretation. Technik bedeutet also also auch und insbesondere: die korrekte Geschwindigkeit zu erreichen, und nicht Töne danebenhauen oder auslassen. Und auch ein Aspekt, der mich oft gängelt: mir geht schlicht und einfach die Kraft aus. Die Muskeln wollen nicht mehr, sie tun weh, sie weigern sich schlicht mir in einem Stück ab einem bestimmten Zeitpunkt zu gehorchen, weil sie keine Kraft mehr haben. Biologisch gesehen, ist wohl (?) der in den Muskeln gespeicherte Blutzucker akut verbraucht, oder es kann nicht mehr genug Sauerstoff durch die Adern nachgeführt werden (*). Das genannte passiert mir z.B. beim Schubert Impromptu op. 90 no. 2, ab einer bestimmten Geschwindigkeit, irgendwann mittendrin. Ich denke ich habe einfach einen unzureichenden Trainingszustand der ja an sich recht schwachen Unterarm-Finger-Hebe-Muskeln. Ich hätte hier also ein absolut und rein technisches Problem.

Und wenn man diesen Gedanken konsequent weiterspinnt, wären Ton-Fehler beim Klaviervortrag plötzlich auch ein Teil der - Technik beim Klavierspielen. Denn sie widersprechen ja der "Definition": Fähigkeit, die Noten auf dem Blatt rein zu reproduzieren. Da sträubt sich etwas in mir. Aber wenn man konsequent sein will, und die beiden Begriffe Technik und Interpretation wirklich einmal "definiert" haben möchte?

Aber mir kommt gerade ein anderer Gedanke, der in Deine oben beschriebene Richtung geht. Man könnte sagen: Technik ist das, was man benötigt, um ein Klavierstück zu interpretieren. Man definiert die Technik also über die Interpretation. Und Interpretation muß dann beinhalten: Fehlerfreiheit und geforderte Geschwindigkeit des Vortrages, sowie natürlich die musikalische Schönheit und Ästhetik.

Eine fehlgeschlagene Interpretation ist demnach also ein Folge unzureichender Technik? Seltsam...

Nein. Aber unzureichende Technik führt zu einem Mangel in der Interpretation. Und eine fehlgeschlagene Interpretation kann sehr wohl in einer mangelnden musikalischen Ästhetik begründet sein.
(Prädikatenlogik).

Ein nicht leicht zu verstehendes Post, fürchte ich. Wer soll da noch folgen können? Vielleicht können sich auch Experten - Rolf? - dazu äußern und meine Unklarheiten/Unwissen/Mißverständnisse beseitigen?

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(*). Die Lösung dazu: langfristiges und ausgiebiges Training zur Vergrößerung und besseren Verflechtung der Adern und Blutgefäße, und zur Erhöhung der Muskel-Blutzucker(?)-Speicherkapazität. Aber kein zu "gewalttätiges" Training! Sonst werden Muskelfasern zerstört, und müssen erst wieder nachheilen, und man kommt aus diesem Teufelskreis nicht mehr heraus. Und es bewegt sich gar nichts vorwärts.

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Edit: auch Wikipedia enthält einen Artikel zu Interpretation in der Musik. Der Direktlink ist:
http://de.wikipedia.org/wiki/Interpretation_(Musik)
 
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Ein nicht leicht zu verstehendes Post, fürchte ich. Wer soll da noch folgen können?

Trotz der Erwähung der Prädikatenlogik kann ich da zwar folgen, will es aber nicht, weil ich Deine Gegenüberstellung von Technik und Interpretation nebst Deiner Definition dieser beiden Abstrakta für nicht hilfreich halte.

Es mag eine Detailfrage der Interpretation sein, in welchem Grad man irgendeinen Akzent in irgendeiner Tongruppe machen will - und darüber kann man sehr produktiv lange Zeit nachdenken, ohne diese Tongruppe auch nur ein einziges mal zu spielen. Spielt man sie dann irgendwann, z.B. um die eigenen Überlegungen zur Interpretation einem praktischen Test zu unterziehen, so kann ärgerlicherweise folgendes eintreten: es klingt scheußlich - und das kann sogar passieren, wenn die Überlegungen hinsichtlich der Interpretation allesamt völlig ok waren. Woran könnte das liegen? Die einfachste und wie so oft eleganteste Antwort ist: es liegt am mangelnden Können - man könnte auch sagen: es liegt ein Mangel an praktischer Technik vor.

Das eben ist das Dilemma, wenn man praktische Angelegenheiten einzig und allein auf abstrakter Ebene abhandeln will ;) - im Bereich der abstrakten Begriffe lässt sich allerliebst diesem oder jenem Begriff das eine oder andere Prädikat beilegen, und danach kann man allerliebst allerlei wahre, unbestimmte und falsche Satzverknüpfungen konstruieren - - - was will der böse Rolf damit böses sagen? Innerhalb Deiner abstrakten Überlegungen ist ok, was Du schreibst - nur: die Prämissen Deiner Definitionen sind nicht so ganz ok.

Technik am Klavier bedeutet seit Chopin und Liszt, dass man allen manuellen Erfordernissen geschmeidig gewachsen ist - auf diesem Niveau ist verständlich, dass Liszt lapidar und richtig gesagt hat "die richtige Technik kommt aus der Musik". Nun ist aber allen manuellen Erfordernissen gewachsen zu sein eine immense Menge... Ärgerlicherweise setzt sich das sehr verallgemeinerte Abstraktum "Technik" aus vielen Techniken zusammen: Skalen, Doppelgriffe, Akkorde, Tremoli, Arpeggien; dazu Polyphonie, Cantabile, klangliche Mehrschichtigkeit usw. Schaut man sich diese nun genauer an, stellt man fest, dass sie aus einzelnen Bewegungen zusammengesetzt sind, welche Klänge erzeugen - hierbei stellt man auch fest, dass das Klangergebnis sowohl schön als auch scheußlich sein kann ----- und an dieser Stelle kann schon klar sein, dass in der Musik, am Instrument, das Können und Wahrnehmen untrennbar verbunden sind. ----- und so kann man weiter an die Basis, an das Fundament vordringen: einen einzigen Ton mit einem Finger spielen, und dabei nach und nach die verschiedenen Anschlagsarten (stacc.. port., leg./ten.) und Tonstärken (ppp-fff) mit geschmeidigen, stets nach der Aktion gelockerten Bewegungen ausführen; und das allmählich mit allen zehn Fingern.
(jetzt will ich nicht wiederholen, was ich schon bzgl. der hier erfragten Basistechniken geschrieben hatte - aber ich verweise auf den Plural: Techniken)

Das war jetzt mal der umgekehrte Weg: weg vom allgemeinen Abstraktum zum ganz konkreten einzelnen :)

Über die Basis- oder Grundlagentechniken haben Feinberg, Goldenweiser, Neuhaus, Bernstein, Werner, Kratzert, Feuchtwanger sehr viel richtiges und sinnvolles geschrieben - ebenso auch Chopin und Liszt (wenn auch leider nicht in Form von Lehrbüchern) Von Chopin stammt eine Basistechnik bezeichnend die schöne Metapher, dass das Handgelenk wie der Atem beim Singen ist (also nie erstarrt!), von Liszt stammt der taktile Impuls von den Fingerkuppen ("leichte Einwärtsbewegung") - - je genauer die Grundlagen der eigenen Tonerzeugung erarbeitet werden (hören, bewegen, fühlen, erneut hören und die Bewegung korrigieren), umso erfreulicher wird es sein, wenn man Töne miteinander verbindet - auch das ist von den erwähnten Autoren und Künstlern ausführlich beschrieben worden.

Sehr schön in diesem Kontext ist eine Kapitelüberschrift von Peter Paul Werner:
das mechanische Werkzeug zum Erwerb der Technik als Voraussetzung zum künstlerischen Bild
 
wenn man es so sehen will, dann ja - - zu fragen ist aber, ob der automatisierte Bewegungsablauf sowie die präzise Klangvorstellung schon vorhanden ist (!!!) ... ist beides vorhanden, dann ist das wunderbar (denn es bedeutet, dass man über die entsprechenden Grundlagen frei verfügt)

hier war primär nach grundlegenden Techniken gefragt - ich hatte mir ein paar Überlegungen dazu gegönnt und diese mitgeteilt (und ich gestehe gerne, dass diese Überlegungen nicht auf meinem Mist gewachsen sind)

pppetc hat wertvolle und richtige Hinweise geliefert, wie das praktisch geschehen sollte - und zwar wie das praktisch geschehen sollte, wenn man zwei Töne miteinander verbindet (also nacheinander spielt)

Bei mir sind weder der automatisierte Bewegungsablauf noch die präzise Klangvorstellung vorhanden. Ich versuchte einfach nur zu verstehen, wie das gemeint sei. Vom Verstehen wie etwas gemeint ist, bis zum verinnerlichten eigenen Verständnis ist bei mir manchmal ein weiter Weg. Wahrscheinlich hilft mir auch das Ausprobieren in der Praxis.

Also werde ich mit a und b anfangen, dann c, dann d.
Wenn ich bei e bin, denke ich, wird der Tipp von pppetc interessant.

...
@Thomas: lies dir auch mal den Text von pppetc bezüglich des Anschlags durch, den er gerade in einem anderen Faden verlinkt hat. Dort wird auch deutlich, was er meint. Ab Seite 34:

http://www.quickrelease.me/peter_feuchtwanger/index.htm

Danke für den Link. Dadurch wird einiges verständlicher.

Grüße
Thomas
 
Technik am Klavier bedeutet seit Chopin und Liszt, dass man allen manuellen Erfordernissen geschmeidig gewachsen ist

Das ist ein Satz, der alle meine Fragen beantwortet und sehr gut das in Worte kleidet, was ich selbst unter Technik verstehen würde. Meine ganzen Überlegungen und Def.Versuche sind damit hinfällig ;). In einem Musikstudium bekommt man sicher diesen Satz vermittelt - ich habe dieses Studium leider nicht, und so entstehen bei mir als Laie solche Fragen. Aber man sollte sich da keinen Kopf machen.
Ich stimme mit allen Deinen interessanten Ausführungen überein. Und ich bin richtig froh, daß es eine so einfache und treffende Beschreibung dessen gibt, was die Technik beim Klavierspiel ist.
Das nächste mal, wenn ich einen Knoten im Kopf habe, wie in diesem Fall beim Begriff "Technik" - wäre es vielleicht einfacher, die Frage:"Was ist ..." ins Forum zu stellen?! Andererseits, hätte sich dann diese - wohl und hoffentlich auch für andere interessante - Diskussion vielleicht nicht entsponnen.

Du beschreibst, und legst sehr begründet dar, daß man Technik und Interpretation gar nicht trennen kann. Andere (KLs) im Forum haben darüberhinaus schon beschrieben, daß man beides auch gar nicht trennen darf oder sollte - aufgrund der ungeheuren Gefahren, die ein rein technisch orientiertes Üben mit sich bringt (NUR und im Übermaß Etüden), und aufgrund des Schadens den das verursachen kann. Daß Schüler dann u.U. oftmals erst erlernen müssen, Stellen eines Stückes moduliert-melodisch zu spielen.
Du sagtest an einer Stelle auch einmal sinngemäß:"Die meisten technischen Fertigkeiten kann man sich innerhalb der Übungsstücke selbst erwerben" und "um bestimmte technische Fähigkeiten für ein Stück sich zu erwerben, ist der Einsatz gezielt ausgewählter Etüden ein probates Mittel".

Man könnte noch hinzufügen:"Nutze die kleinen technischen Stolpersteine eines Stückes, um genau an ihnen das Stück neue Technik zu erwerben, welches man dafür braucht." Nicht:"Die Pralltriller in der ersten Bach Invention hauen nicht hin, sind mir zu schwierig, ich lasse ein paar weg oder spiele nur einen Vorschlag", besser wäre vielmehr: an diesem Bach-Stück sich die Pralltriller zu erarbeiten. Ein KL hilft in dieser Hinsicht der Disziplin wohl auf die Sprünge :), bringt aber zusätzlich auch das pädagogische Element mit hinein. Aber letzten Endes, hängt alles davon ab, was man für sich persönlich gesprochen - je nach Phase, in der man sich gerade befindet - erreichen will.;)

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Was ich aber bzgl. vorher nicht ganz verstanden habe, war der Satz:"von Liszt stammt der taktile Impuls von den Fingerkuppen ("leichte Einwärtsbewegung")". Was ist genau damit gemeint?
 
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Was ich aber bzgl. vorher nicht ganz verstanden habe, war der Satz:"von Liszt stammt der taktile Impuls von den Fingerkuppen ("leichte Einwärtsbewegung")". Was ist genau damit gemeint?

Wenn man einen großen Akkord (z.B. g-h-d-f-a) anschlägt, passiert es gerne, dass man sich die Finger sozusagen "breit drückt" (das vorderste Fingergelenk wird nach oben gebogen) - - auf diese Weise wir man keine Gruppe von schnellen Akkorden spielen können
Will man dem gegensteuern, indem man die Finger "fest macht" (anspannt), wird man viel zu viel Kraft verbrauchen und rasch ermüden - - und obendrein wird man auch auf diese Weise keine Gruppe von schnellen Akkorden spielen können
...das ist ärgerlich...
begreift oder besser: begreift man Liszts Anweisung, werden die Akkorde sich schnell und sauber spielen lassen: die "Einwärtsbewegung" der Finger ist nichts anderes als ein winziger Greifimpuls - - und dann knicken die vordersten Fingergelenke nicht ein, sondern im Gegenteil: sie greifen während des Anschlags in den Akkord (und jeder macht beim Greifen eine Einwärtsbewegung mit den Fingern) - - irgendwann ist dieser Impuls gespeichert, so sehr, dass man diese Bewegung von außen nicht sehen kann - aber sie ist bei sauberen Akkorden da.
 
...auf diese Weise keine Gruppe von schnellen Akkorden spielen können...

Sicher ist dies eher eine Technik für Fortgeschrittene Spieler - nichtsdestotrotz aber wohl eine "Basistechnik". Mir fallen noch zwei weitere solcher Techniken ein, die Du irgendwo einmal genannt hast: weit vorne in die Klaviatur greifen, und weit hinten.

Kannst Du mir einige Beispiele schöner Stücke nennen, in denen solche Akkordgruppen enthalten sind? Auch, um meinen nusikalischen Horizont zu erweitern.
 
Sicher ist dies eher eine Technik für Fortgeschrittene Spieler

sicher nicht - es zählt zu den Basistechniken, dass die Finger nicht einknicken (so wie ich es beschrieben hatte), und wie das geht beschreibt Liszt.

im kleinen Soldatenmarsch finden sich schnell aufeinanderfolgene Doppelgriffe, im Knecht Ruprecht auch Akkorde (beide aus Schumanns Album für die Jugend) - da gilt es schon, diese Basistechnik zu beherrschen oder wenigstens es zu lernen.
 

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