Beim
Noetzel-Verlag findet man im Gesamtverzeichnis folgenden Eintrag:
Peter Paul Werner
Neue Methodik und Didaktik am Klavier
1993, 348 Seiten mit mehr als 300 Noten-
beispielen, Format 17 x 24 cm, Ganzleinen
49,— / ISBN 3-7959-0615-6
exakt das ist das empfohlene Buch
um noch kurz auf das Thema der grundlegenden Techniken zu kommen:
Tonleitern, Arpeggien, Akkorde usw. sind keine - sie sind nur typische, oft vorkommende musikalische Tonbewegungen.
grundlegende Techniken sind:
a) Tonerzeugung
sämtliche Bewegungen, welche so fein wie möglich Tondauer und Tonstärke differenzieren (also auch das Spiel nahe an der Auslösung und der schwebende Anschlag ohne Tastenboden), also von ppp bis fff und von staccatiss. bis legatiss.
b) Klangqualität
sämtliche Maßnahmen, die in jeder Tonstärke die Differenzierung bei mehreren gleichzeitigen Tönen sicherstellen (d.h. nicht nur z.B. "links leise, rechts laut", sondern auch mehrfache Differenzierung in einer Hand - - z.B. in einer Hand c1-e1-g1-c2: c1 mf, e1 & g1 p, c2 f - dann wird dieser Akkord gut klingen; testen kann man das, indem man mit Pedal nacheinander anschlägt) und die auch die Gleichzeitigkeit des Anschlags sicherstellen
c) Pedal
d) Tonverbindungen
sämtliche Maßnahmen, die klanglich sinnvoll in jeder Tonstärkerelation zwei oder mehr aufeinanderfolgende Töne sinnvoll klingen machen (das setzt schon a), b) und c) voraus) - es setzt aber auch voraus, dass man das alles hören kann. Von hier aus beginnt dann auch das melodische Spielen (cantabile)
e) vorbereitet sein
ist eine Angelegenheit des Verstehens und des Willens: um sich von Ton zu Ton bewegen zu können, muss man die Zeit zwischen den Tönen (exakter: zwischen den Anschlägen) nutzen und - je nach Erfordernis - nach Ton 1 schon in dieser Zeit Ton 2 anfassen oder zumindest sehen. Das gilt vom Anfängermenuet bis zur virtuosen Opernparaphrase!
erst darauf aufbauend ist es sinnvoll, sich über Daumenunter- und Fingerübersatz, weitflächiges Arpeggieren, Albertibässe, Tremoli, Triller, Doppelgriffskalen etc. Gedanken zu machen - allerdings sind das nur Bewegungsabläufe, die ohne die aufgezählten technischen Grundlagen keinen zufriedenstellenden Klang bewirken (ohne Anschlagsdifferenzierung, ohne crescendo oder diminuendo ist auch die einfachste Tonleiter nur Murks)
Man wird in der erwähnten Literatur ähnliches finden :) sehr schön beschreibt Kratzert bzgl. des melodischen Legato die Analogie zur natürlichen Gehbewegung.
In vorweihnachtlicher Gebelaune füge ich noch was an:
Niemand von uns macht sich Gedanken über die Grundlagen, ja Techniken der sprachlichen Artikulation: man kann völlig automatisch allerlei Wörter aussprechen, sowohl beim freien reden als auch beim vorlesen. Das heißt: man macht sich bei einem kurzen Wörtchen wie "Depp" keinerlei Gedanken darüber, dass man trainieren oder kontrollieren solle, wo und wie die Laute d, e, p gebildet werden. - - Am Klavier wird ebenso deklamiert, allerdings vermittels der Tasten. Was die Finger tun, das entspricht dem automatischen sprachlichen Laute bilden - man muss nicht darüber nachdenken,
sobald die Finger ihre Laute artikulieren (stacc-leg usw.) können. - - Niemand presst beim Artikulieren eines "b" die Lippen so fest aufeinander, dass es weh tut, niemand beisst sich beim Artikulieren eines "th" die Zungenspitze ab -
aber beim Artikulieren mit den Fingern wird allerlei ungesunder Kraft- und Spannungsaufwand betrieben, und das sehr wahrscheinlich deshalb, weil man mehr überwachen als hören will. Weder das Sprechen erlernende Kleinkinder, noch Frenmdsprachen lernende Schulkinder haben Muskelkater, Sehnenscheidenentzündungen oder verkrampfte Verspannungen in den Muskeln, welche die sprachliche Artikulation möglich machen -
warum sollte man das Klavierspielen partout anders betreiben???
damit wäre als weitere Grundlagetechnik erkennbar
f) Gelöstheit, Lockersein - und das in Fingern, Hand und Handgelenk, Ellbogen und Schultern (und Kopf - - sehr richtig, was Kratzert zum Ausbalancieren erklärt!!!) und das bedeutet, das jedem aktiven Anschlag sofort und automatisch die Aufhebung der dafür bewegten Muskelspannung folgen muss
g) Gewichtstransport - das betrifft Hauptstimmen und ist ganz analog zum Gehen, wo ebenfalls Gewicht transprotiert wird
h) Integration automatischer, d.h. schon vorhandener Reflexe (Stützreflex, Greifreflex) was nur funktioniert, wenn man das Bewegungsdetail nicht bewusst zu kontrollieren versucht: der sehr böse, oft gelöschte und vehement verschriene pppetc hat mal sehr treffend und richtig erklärt, wie viel vom vordersten Fingerglied (jaja, da sitzen die taktilen Rezeptoren, da fühlt man mehr als auf dem Handrücken) abhängt - - das ist tatsächlich so, denn dort ist der Kontakt zu den Tasten. Und siehe da: Liszt, der kein Esel in Sachen Klavierspiel war, erklärte, dass man Akkorde berühten und beim Anschlag die Finger einwärts bewegen soll. Das ist nichts anderes als der Impuls zu einer Greifbewegung, gesteuert/ausgelöst von den Fingerkuppen. Erstaunlich: indem die Impulse so initiiert werden, bewegen sich alle Fingergelenke, auch das vorderste, und es knickt nicht ein.
(es gibt noch ein paar Grundlagen, aber ich fürchte, dass schon hier spätestens Geschrei entsteht - - vielleicht ein andermal)
Hat man spannungsfrei (!!!) solche Grundlagen, dann übt es sich weitaus sinnvoller, anstrengungsloser und freier. Wer keine zwei Töne sinnvoll nacheinender spielen und die dafür relevanten Bewegungen frei ausführen kann, der wird auch keine Tonleiter und keine schwierige Passage frei und ungezwungen ausführen können.
Um nicht mißverstanden zu werden: zu den erwähnten Grundlagen zählt, z.B. einen vierstimmigen Satz differenziert artikulieren zu können (siehe Klangqualität).
...bei genauer Betrachtung ist das eine ganze Menge... ... ... na ja, niemand sagt, dass Klavierspielen so einfach erlernbar wie Fahradfahren oder Schwimmen ist.
Gruß, Rolf