Geübtes ist im Unterricht nicht reproduzierbar

Du arbeitest doch viel mit Sängerinnen - da sollte Dir doch eigentlich geläufig sein, wie völlig anders Hirne sein können :lol:
Die Klischees ("dumme Stimmbesitzer") stimmen allerdings bei der jungen Sänger-Generation nicht mehr, jedenfalls nicht bei denen, die es schaffen, ein Engagement an einem besseren Opernhaus zu ergattern. Die sind in der Regel blitzgescheit und haben eine durchaus schnelle Auffassungsgabe. Das mag früher manchmal anders gewesen sein, aber die Konkurrenzsituation ist inzwischen so, dass eine schöne Stimme längst nicht mehr reicht.
 
Was bei Euch die Tenöre, sind bei uns Jazzern die Bassisten (also Kontra-/ E-Bass)...
 
Wenn ein Gummibärchen irgendwo auf dem Tisch liegt, kann jeder das auf Anhieb ergreifen,
[...]
Wer kann das seltsame Phänomen erklären? Ich habe es noch nie verstanden.
Das liegt daran, dass wir ein solches Greifen meistens schon fast so lange üben, wie wir alt sind.

ohne dafür in irgendeiner Form üben zu müssen
Und das stimmt eben nicht.
Du kannst dich nur nicht daran erinnern, wie du deine ersten Greifversuche gemacht hast, und wie putzig das alle fanden.
 
Wenn ein Gummibärchen irgendwo auf dem Tisch liegt, kann jeder das auf Anhieb ergreifen, ohne dafür in irgendeiner Form üben zu müssen und ohne kurz vorher die Bewegung zu stoppen und die Finger in die richtige Greifposition zu bringen. Ist das "Gummibärchen" eine Taste oder ein Akkord auf dem Klavier, treten bei praktisch demselben Vorgang schier unüberwindbare Schwierigkeiten auf.

Wer kann das seltsame Phänomen erklären? Ich habe es noch nie verstanden.
Ich, ist ganz einfach: Das Ergreifen von Gummibärchen habe ich von Kindesbeinen an gelernt. Ein Profi hat das Klavierspielen von Kindesbeinen an gelernt. Ich habe das Klavierspielen dagegen erst im fortgeschrittenen Erwachsenenaltern angefangen zu lernen. Und diese Fehlzeit ist nicht mehr aufzuholen und macht den Unterschied aus: Die Spontaneität ist flöten gegangen, das Hirn hat die Oberhand gewonnen. Du kannst mir nur glauben, diese Erfahrung wirst Du leider/gottseidank nie machen.

Deshalb: Ja, ich habe Schwierigkeiten, die sind aber nicht unüberwindbar. Dauert halt alles nur ein bisschen länger.
 
Das liegt daran, dass wir ein solches Greifen meistens schon fast so lange üben, wie wir alt sind.
Das ist überhaupt nicht der Punkt. Wir können etwas greifen, wenn wir es sehen. Wir können sogar Gegenstände auf Anhieb greifen, die wir bis dahin noch nie in der Hand hatten und deren Form wir zum ersten Mal ertasten. Nur am Klavier klappt das bei vielen nicht (bei einigen allerdings schon!) und das wundert mich immer wieder auf's Neue. Da muss es eine Blockade geben, woher auch immer die kommt. Eine schwarze Taste mit einem Finger anzuschlagen ist viel einfacher, als ein Gummibärchen auf dem Tisch mit diesem Finger zu berühren. Trotzdem scheitern viele an der Taste - am Gummibärchen scheitert niemand.
 

Nur am Klavier klappt das bei vielen nicht (bei einigen allerdings schon!) und das wundert mich immer wieder auf's Neue. Da muss es eine Blockade geben, woher auch immer die kommt. Eine schwarze Taste mit einem Finger anzuschlagen ist viel einfacher, als ein Gummibärchen auf dem Tisch mit diesem Finger zu berühren. Trotzdem scheitern viele an der Taste - am Gummibärchen scheitert niemand.

Achso, ja.
Das ist wie beim Tanzen.
Alle können gehen, zumindest bis zum Tanzstudio.
Aber sobald Musik läuft, klappt selbst das normale Gehen nicht mehr, und es werden stattdessen die unnatürlichsten Verrenkungen gemacht und sich verspannt.

Wenn Leute sich beim Essen mit einer Gabel so verkrampfen würden, wie am Instrument oder auf dem Parkett, würde ihnen das hoffentlich wenigstens auffallen.
 
Leg drei Gummibärchen nebeneinander und bitte den Probanden, das mittlere / linke / rechte zu berühren. Es wird immer klappen! *)

*) außer bei Frauen, die können oft links und rechts nicht unterscheiden... :lol:
Beim MITTLEREN sollte das egal sein! ;)

Leg 88 nebeneinander.

Alle können gehen, zumindest bis zum Tanzstudio.
Oder sobald sie sich beim normalen Gehen beobachtet fühlen.

Auch das könnte ein Grund sein: Unterbewusste / automatisierte Bewegungsabläufe funktionieren flüssig. Sobald man die selben Bewegungen bewusst macht und die einzelnen Muskeln gezielt ansteuern möchte, funktioniert der gleiche Ablauf nicht mehr.
 
Ich kann das Stück im Unterricht auch nie so gut wie zuhause. Die Aufregung ist allerdings mit den Jahren besser geworden und an das Klavier meiner Lehrerin habe ich mich auch sehr gewöhnt.

Was allerdings wichtig ist für mich:
Gerade am Anfang zum reinkommen: halbes Tempo!
Wenn meine KL merkt, dass ich noch reinkommen muss, spiele ich meist erst nur eine Hand und sie die andere.

Es ist auch besser geworden, seit ich mehr und intensiver übe, das gibt mir eine höhere Sicherheit. Manchmal sage ich auch: ich habe nur diese Takte geübt oder nur die eine Hand und dann besprechen wir nur diese Teile.

Viel besser ist es auch geworden mit der Aufregung, seit meine KL mit mir regelmässig vierhändig vom Blatt spielen übt. Sie hat da so ein ganz wunderbares französisches Heftchen mit super einfachen Stückchen (alles in 5 Fingerlage), die aber sehr schön klingen, aus dem wir dann zusammen spielen. Hat erheblich dazu beigetragen, mich sicherer am Klavier zu fühlen.
 
Wer kann das seltsame Phänomen erklären?
Das ist recht einfach:
Etwas zu nehmen, erfordert relativ wenig motorische Fähigkeiten, weil es große Toleranzen erlaubt (so genau muss man das Bärchen gar nicht treffen, um es zu greifen). Das Bärchen dagegen exakt auf einen ganz bestimmten Punkt zu legen, ist wesentlich anspruchsvoller.
Einen Akkord / eine Taste greifen erlaubt in etwa so wenig Toleranzen wie das Platzieren des Bärchens auf einen bestimmten Punkt.

Probiere es aus: Zwei Bärchen mit einem Abstand von 50-100 cm gleichzeitig greifen vs. zwei Bärchen gleichzeitig platzieren (und bitte in für dich ungewohnten Positionen).

Leg drei Gummibärchen nebeneinander und bitte den Probanden, das mittlere / linke / rechte zu berühren. Es wird immer klappen!
Bei der Vorgabe natürlich. Sooo klappt das aber auch am Klavier.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn ein Gummibärchen irgendwo auf dem Tisch liegt, kann jeder das auf Anhieb ergreifen, ohne dafür in irgendeiner Form üben zu müssen und ohne kurz vorher die Bewegung zu stoppen und die Finger in die richtige Greifposition zu bringen. Ist das "Gummibärchen" eine Taste oder ein Akkord auf dem Klavier, treten bei praktisch demselben Vorgang schier unüberwindbare Schwierigkeiten auf.

Wer kann das seltsame Phänomen erklären? Ich habe es noch nie verstanden.
Ganz einfach.... Weil Du vor dem Ergreifen des Gummibärchens auf keinen Lageplan schauen musst und direkt nach dem Gummibärchen aufgrund der seit Deinem 3. Lebensmonat geübten perfekten Fähigkeit der Auge-Hand-Koordination ohne das oben beschriebene wichtige, aber störanfällige Blickmanagment greifen kannst.
 
Einen Akkord / eine Taste greifen erlaubt in etwa so wenig Toleranzen wie das Platzieren des Bärchens auf einen bestimmten Punkt.
Da bin ich anderer Meinung. Beim gezielten Platzieren eines Gegenstandes muss der Muskeltonus im Arm und auch im Rumpf, der Wahrnehmung der Unterstützungsfläche , also des Bodens und des Klavierstuhls viel feiner justiert sein als beim Greifen bzw einer Taste oder eines Akkordes. Das Ziel ( das Gummibärchen, die Taste, der Apfel,...) liegt da, ich greife danach in dem einen Fall. Also ist meiner Meinung das Gummibärchen das Gleiche wie die Taste.
Das Ziel ist auch da beim Platzieren, aber für das erfolgreiche Platzieren ist z.B. die Geschwindigkeit, in der sich der Arm bewegt, die Entfernung zur Ablagefläche, das Gewicht des Gegenstandes, etc...
Mein Gehirn muss einen anderen Plan entwickeln für ein Gummibärchen oder für ein rohes Ei oder für einen Barren Gold.
 

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