Hallo Guendola,
natürlich ist ein selbständiger Klavierlehrer in der Regel auch ein Freiberufler, aber selbständig und freiberuflich ist nicht dasselbe, und ob jemand einen freien Beruf ausübt, ist für teachers Frage nicht relevant, ob der Betreffende selbständig ist oder Arbeitnehmer schon eher.
Nuri, gib doch mal ein konkretes Beispie, wann ein Mindesthonorar für Klavierlehrer gilt.
Nie. Es gibt kein gesetzliches Mindesthonorar für Klavierlehrer. Letzteres würde voraussetzen, dass entweder eine Tarifbindung besteht (für den angestellten Klavierlehrer) oder eine Gebührenordnung (für den Selbständigen). Beides existiert nicht. Im Grunde ist ein Klavierlehrer also frei darin, welche Vergütung er vereinbart. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass teacher liebend gerne für 5 Euro die Stunde arbeiten möchte und wissen will, ob er das darf. Wenn das so gemeint war: Er darf. Wenn der Hintergrund aber ein anderer ist, darf er – je nachdem, was er will – möglicherweise auch nicht.
Gut, dann nenn ich mal Beispiele:
a) Der ganz auf eigene Faust unterrichtende Klavierlehrer XY hat einen armen Kerl als Schüler, dem er sagt: „Komm, gib mir 5 Euro die Stunde, das reicht“.
- Völlig erlaubt.
b) Klavierlehrer XY arbeitet als selbständiger Klavierlehrer in einer Musikschule. Der Inhaber der Musikschule hat – weil er keinen internen Preiskampf wünscht – mit den dort unterrichtenden Klavierlehrern Rahmenverträge geschlossen, wonach der Unterricht für 18,50 Euro die Stunde anzubieten ist. Klavierlehrer XY unterrichtet in dieser Musikschule einen armen Kerl, dem er sagt … (siehe oben).
- Das wäre vertrags- und damit gesetzwidrig.
c) Der ganz auf eigene Faust arbeitende Klavierlehrer XY meint, die Welt wäre eine bessere, wenn jeder Klavier spiele. Da er auch zum Leben nicht viel braucht, unterrichtet er grundsätzlich für 5 Euro.
- Ganz legal, keine Frage.
d) Der reichlich mit finanziellen Rücklagen ausgestattete Klavierlehrer XY betreibt eine Klavierschule und beschließt, sich endlich die lästige Konkurrenz vom Hals zu schaffen. Zwar zahlt er den für ihn arbeitenden Klavierlehrern 20 Euro pro Stunde, die Schüler selbst bezahlen jedoch nur 5 Euro, und zwar so lange, bis dem letzten Mitbewerber die Puste ausgegangen ist. Und dann – hihi – kann er Preise nehmen, bei denen es sich so richtig lohnt.
- Uuuuuh! Unlauterer Wettbewerb und so …
e) Klavierlehrer XY gründet eine Musikschule. Andere Klavierlehrer sollen auf Honorarbasis mitarbeiten. Weil aber Klavierlehrer XY das Kostenrisiko nicht kalkulieren kann, sich die getätigten Anschaffungen erst amortisieren müssen, auch ein bisschen Gewinn für ihn noch hängen bleiben soll, beschließt XY, das Honorar für die auf Honorarbasis arbeitenden Klavierlehrer möglichst gering zu halten. So hält er es denn, und selbst für 5 Euro die Stunde findet sich noch Leute, die gerade von der Uni kommen und dringend etwas suchen.
- Keine Ahnung, was ein auf Honorarbasis arbeitender Klavierlehrer in einer Musikschule üblicherweise so verdient. Nehmen wir mal an, der Durchschnittsverdienst läge bundesweit so bei – öööh – ... Sagen wir einfach mal 20 Euro, weil sich’s gut rechnet. Damit wäre der Durchschnittsverdienst eines auf Honorarbasis arbeitenden Klavierlehrers viermal so hoch (auf jeden Fall aber mehr als 2,5 mal so hoch) wie der Verdienst der Klavierlehrer von XY. Eine solche Differenz zwischen Durchschnittshonorar und tatsächlichem Honorar begründet nach ständiger Rechtsprechung die Vermutung eines wucherischen Rechtsgeschäftes. Und letzteres ist rechtswidrig.
Wo kein Kläger, da kein Richter. Solang Klavierlehrer XY friedlich mit seinen Honorarkräften zusammenarbeitet, wird ihm niemand einen Strick daraus drehen. Danach schon. Denn die Honorarkraft hat Schadensersatzansprüche und die bestehen in der Differenz zwischen Wucherlohn und Durchschnittslohn. Klavierlehrer XY muss also im schlimmsten Fall 15 Euro pro Stunde nachzahlen, für den Zeitraum, in dem noch keine Verjährung eingetreten ist, also für maximal 3 bis 4 Jahre.
Teacher, nun weiß ich nicht, ob es dir bei deiner Frage um a), b), c), d) oder e) geht, um ganz etwas anderes oder nur darum, wieweit einem Klavierlehrer das Honorar vorgegeben ist.
Variante e) ist übrigens verdammt gefährlich, es sei denn, man kalkuliert die Kosten vorsorglich mit ein.
Ich hoffe, ihr könnt damit etwas anfangen.
Liebe Grüße,
Nuri