Frage an die Klavierlehrer, (auch) erwachsene Anfänger unterrichten

R

Rubato

Guest
Hallo,

die Frage kam letztens in ähnlicher Form in einem anderen Faden auf, wurde jedoch dort nicht beantwortet, daher jetzt mal im Klavierlehrer-Forum:

Erwachsene Anfänger im Sinne dieser Frage sind Leute, die jenseits etwa der 20J oder auch noch viel später mit Klavierspielen erstmals angefangen haben (also keine Wiedereinsteiger, die als Kind schon Unterricht hatten) und vorher auch kein anderes Tasteninstrument wie z.B. Orgel oder Keyboard gespielt haben. Frage:

- Habt Ihr / kennt Ihr solche Anfänger, die dann tatsächlich über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren gelernt und regelmäßig geübt haben, und bis zu welchem "Level" haben die es dann gebracht ?

- Stellt Ihr (längerfristig) Unterschiede fest zwischen erwachsenen Anfängern, die als Kind schon ein anderes Instrument (Gitarre, etc.) gespielt haben, und denen, die völlig neu mit Musik anfangen ?

Hintergrund der Frage ist die immer wieder auftauchende Aussage, "als erwachsener Anfänger kann man ja kein Pianist mehr werden" (die sicherlich stimmt). Ungeklärt ist dabei für mich immer noch, wieviele dieser Anfänger denn überhaupt mal solange durchhalten, wie es für Anfänger im Kindesalter bis zum Beginn z.B. eines Musikstudiums dauert, und das sind ja i.d.R. mehr als 10 Jahre.

Natürlich sind auch Aussagen von den Betroffenen selbst erwünscht, wenn es sie denn überhaupt gibt, die langjährigen "zähen Durchbeisser" !

Viele Grüße
Rubato
 
Na, dann lassen wir auch noch Herrn Kratzert zu Wort kommen:

Zitat von Kratzert:
Es gibt aber auch noch andere Vorurteile bezüglich der Lehr- und Lernbarkeit von Klaviertechnik als nur jenes über die Begabung. Es wird - ohne dass man überhaupt etwas anderes ausprobiert - von Generation zu Generation immer wieder neu behauptet, dass man mit dem Klavierspiel sehr früh anfangen müsse, wolle man es weit auf dem Instrument bringen. An eine berufliche pianistische Laufbahn sei bei spätem Beginn überhaupt nicht zu denken. Woher mag dieser Aberglaube rühren? Ist denn z. B. niemandem bekannt, dass Pablo Casals mit 17 Jahren zum ersten Mal ein Cello in der Hand hatte? Und beim Klavier ist alles anders?

Viele Klavierlehrer der jetzigen Generation werden vielleicht - weil es immer häufiger nicht-professionelle erwachsene Schüler gibt, die auch erst im Erwachsenenalter mit dem Klavierspiel beginnen - konzidieren, dass ein später Begin auf dem Klavier zwar möglich sei, aber zugleich auch betonen, dass ein solcher Beginn mit Gewissheit ein Hindernis bilde auf dem Weg zu professionellen Leistungen. Dies ist einfach eine Meinung; nicht mehr und nicht weniger - wenn auch leider die gängige.

Tatsache ist, dass die Art und Weise, wie das Handwerk des Klavierspiels gelernt wird, bei Erwachsenen in vielerlei Hinsicht sehr verschieden von der Art und Weise kindlicher Klavierspieler ist, dass dies aber - nach meiner Erfahrung - nicht insgesamt nachteilig sein muss. [...]

Ein Beginn des Klavierspiels erst im Erwachsenenalter muss selbst für das professionelle Klavierspiel nicht unbedingt das "Aus" bedeuten. [Anm. es folgt ein Beispiel einer Pianistin, die erst mit 20 Jahren das Klavierspiel begonnen hat.] [...]

Auch dies ist ein wichtiges Anliegen dieses Buches: den Leser aufzufordern, sich von den landläufigen Ideologien hinsichtlich unserer Lernfähigkeit frei zu machen. [...]

Eine Anmerkung noch zu hohen Zielen, die man sich steckt: Klar, existiert die Gefahr, daß man am Ende Abstriche machen muß, weil das angestrebte Ziel trotz aller Anstrengungen außer Reichweite bleibt - trotzdem besteht aber die Möglichkeit, daß man es schafft, oder daß man auf dem Weg dorthin ein Niveau erlangt, das man, ohne beharrliches Hinarbeiten auf dieses Ziel, nicht erreicht hätte. Für mich ist es eine Selbstverständlichkeit, daß alles musikalisch und ausdrucksvoll gespielt werden muß - ich sehe nicht, daß dieser Anspruch gefährdet ist, nur weil man sich nicht mit einem einfacheren Repertoire begnügen will. ;)

LG, PP
 
finde dass ein sehr spannendes Thema! ich denke die Frage ist im allgemeinen aber sehr schwer zu beantworten, da es zahlenmäßig einfach nicht sehr viele Spieler gibt, die als Erwachsener angefangen haben zu spielen und dann 10 Jahre dabei geblieben sind. Ob man nun einen Nachteil hat, wenn man erst 20+ angefangen hat, dass glaube ich schon, aber dennoch ist es ja unstrittig, dass es sich trotzdem lohnt, Klavier spielen anzufangen. Ich habe mal von einem 65-jährigen gehört, der sich seinen Kindheitstraum erfüllt hat Klavier spielen zu können und jeden Tag 4 Stunden geübt hat und es dann bis zu Debussy gebracht hat. Man kann also schon noch ein beachtliches Niveau erreichen, wenn auch kein Spitzenniveau mehr.

@cwtoons:
ich erfülle all deine Kriterien, und zufällig übe ich gerade dieses Stück. habe mal ein Video hochgeladen wie weit ich jetzt nach 2 Wochen gekommen bin: Die Wut über den verlorenen Groschen - YouTube

es ist sicherlich nicht sehr souverän gespielt, aber für den Anfang bin ich zufrieden. ob ich es jemals schaffe das ganze Stück spielen zu können das weiss ich nicht. schau mer mal wie es in 1-2 Jahren aussieht. Bis dahin darfst du deinen hunderter behalten ;)
 
@cwtoons:
ich erfülle all deine Kriterien, und zufällig übe ich gerade dieses Stück. habe mal ein Video hochgeladen wie weit ich jetzt nach 2 Wochen gekommen bin: Die Wut über den verlorenen Groschen - YouTube

Lieber Wumbo,
dir ist schon klar, dass dieses Stück ungefähr 5 mal schneller gespielt werden soll? Problematisch dürfte es werden, wenn man die Geschwindigkeit steigert.
Insofern bleibt die Frage offen: klar kann man alles irgendwie spielen auch als Spätanfänger aber wie rolf hier eben sagte: manche Sachen, vor allem wo wirklich Tempo und Präzision erforderlich sind, dürften wahrscheinlich illusorisch bleiben. Wobei gerade dieses Sück finde ich wohl theoretisch noch machbar.

Gruß
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
ja ist mir klar, dass es schneller gespielt werden sollte. momentan spiele ich es aber noch so langsam, um weniger fehler zu machen. ich denke das ist legitim am anfang.
 
@ Wumbo:

Wenn Du das Stück in der von mir beschriebenen Art ( "mit Genuss zuhören....Tippfehler sind okay" ) spielst, gehört der Hunderter selbstverständlich Dir.

Ohne Dir jedoch zu nahe treten zu wollen, bin ich auch der Meinung wie Aleko:
Lieber Wumbo,
dir ist schon klar, dass dieses Stück ungefähr 5 mal schneller gespielt werden soll? Problematisch dürfte es werden, wenn man die Geschwindigkeit steigert.

Aber Du sagst ja, Du wärest erst am Anfang. Richtig. Da kann also noch ´ne Menge kommen.

Jedenfalls: Viel Erfolg!
CW
 
Hallo,

die Frage kam letztens in ähnlicher Form in einem anderen Faden auf, wurde jedoch dort nicht beantwortet, daher jetzt mal im Klavierlehrer-Forum:

Erwachsene Anfänger im Sinne dieser Frage sind Leute, die jenseits etwa der 20J oder auch noch viel später mit Klavierspielen erstmals angefangen haben (also keine Wiedereinsteiger, die als Kind schon Unterricht hatten) und vorher auch kein anderes Tasteninstrument wie z.B. Orgel oder Keyboard gespielt haben. Frage:

- Habt Ihr / kennt Ihr solche Anfänger, die dann tatsächlich über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren gelernt und regelmäßig geübt haben, und bis zu welchem "Level" haben die es dann gebracht ?

- Stellt Ihr (längerfristig) Unterschiede fest zwischen erwachsenen Anfängern, die als Kind schon ein anderes Instrument (Gitarre, etc.) gespielt haben, und denen, die völlig neu mit Musik anfangen ?

Hintergrund der Frage ist die immer wieder auftauchende Aussage, "als erwachsener Anfänger kann man ja kein Pianist mehr werden" (die sicherlich stimmt). Ungeklärt ist dabei für mich immer noch, wieviele dieser Anfänger denn überhaupt mal solange durchhalten, wie es für Anfänger im Kindesalter bis zum Beginn z.B. eines Musikstudiums dauert, und das sind ja i.d.R. mehr als 10 Jahre.

Natürlich sind auch Aussagen von den Betroffenen selbst erwünscht, wenn es sie denn überhaupt gibt, die langjährigen "zähen Durchbeisser" !

Viele Grüße
Rubato


Hi, ich habe den Faden jetzt gar nicht gelesen aber meine Erfahrung - durchgängig - ist: Erwachsene lernen genau so gut und schnell wie Kinder. Sie verfügen über wesentlich mehr Konsequenz sowie Lernkonzepte. Bei GLEICHEM Übeaufwand sind sie wesentlich besser! Das intelektuelle Herangehen an die Basics (Noten, Theorie usw) beschleunigt sie ungemein. Kommen dann die "echten" Schwierigkeiten motorischer Art (so ab Alla Turca im 2. Lernjahr) bewältigen sie das mit Hartnäckigkeit - je nach Typ oder geben sich mit einem langsameren Tempo bewusst zufrieden. Eine Dame hat bei mir seit 30 Jahren Unterricht aber mit dem Anspruch, die Stücke nur gut kennen zu lernen und die Zeit am Klavier zu genießen. Sie spielt viel Mozart, Bach usw. aber nichts "perfekt" - was mich am Anfang völlig irritierte, weil ich anfangs natürlich noch im Kopf hatte, NUR die Perfektion gilt. Ein anderer Schüler kam in seine allererste Klavierstunde mit dem 1. Satz der A-Dur-Sonate von Mozart. 6 Monate autodidaktisch erlernt und völlig ohne Basics. 66 Jahre alt, ich dachte: ein hoffnungsloser Fall. Aber: Fehlanzeige! Dieser sehr sensible und wache Mensch arbeitet wie besessen an Klangformung, Motorik, musikalischer Vorstellungskraft und ist jetzt richtig gut geworden! Er will: Perfektion, nur das gilt für ihn! Ich brauche nicht zu erwähnen wie ich diese Klavierstunden genieße!!! Jetzt nach 2 Jahren hat er so viel gelernt wie andere in 10 Jahren! Okok, er übt auch viel! Doch entscheidender ist die Richtung und das Niveau, was man erreichen WILL!

Ich habe früher Kampfsport gemacht. Mit 33 Jahren begonnen. Ich musste dann wg Schwangerschaft aufhören. Aber andere sind dabei geblieben und haben es bis zum 1. Dahn (nach Schwarzgurt) gebracht.

Wo ein Wille, da ein Weg.

Mittlerweile werden ja sogar die Hochschulen offener gegenüber älteren EinsteigerInnen. Letztens hat eine 35 jährige noch Konzertexamen gemacht (sie hatte einen psychisch seelischen und körperlichen Totalausfall über lange Jahre...)

Also, locker bleiben und immer das EIGENE Ziel vor Augen!
 
Na, dann lassen wir auch noch Herrn Kratzert zu Wort kommen:
Ist denn z. B. niemandem bekannt, dass Pablo Casals mit 17 Jahren zum ersten Mal ein Cello in der Hand hatte?

Ich weiß nicht, woher Herr Kratzert das hat... Laut Casals' "Autobiografie" ("Licht und Schatten auf einem langen Weg") hat Casals als 11jähriger mit dem Cellospiel angefangen.
11 und 17 - das ist schon ein erheblicher Unterschied.
 
Ich weiß nicht, woher Herr Kratzert das hat... Laut Casals' "Autobiografie" ("Licht und Schatten auf einem langen Weg") hat Casals als 11jähriger mit dem Cellospiel angefangen.
11 und 17 - das ist schon ein erheblicher Unterschied.
Dann nehmen wir doch einfach ein anderes Beispiel: Wilhelm Lanzky-Otto, der mit achtzehnjährig, ein Jahr vor Beginn seines Klavierstudiums, mit seinem Zweitinstrument von der Violine zum Horn wechselte. In der Folge trat er dann mit beiden Instrumenten als Solist auf (teilweise sogar im selben Konzert). Und das Ergebnis konnte sich durchaus hören lassen: http://www.wlo.se/english/listen.html.

(Natürlich muß ich da zugeben, daß Lanzky-Otto außerhalb Skandinaviens weitaus geringere Bekanntheit erlangt hat als Casals. Aber das war ja auch nicht das Thema...)
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich weiß nicht, woher Herr Kratzert das hat...

Nun in seinem Buch steht keine Angabe zur Quelle, aber du kannst ihn ja direkt fragen ;): r.kratzert@web.de

Von den Pianisten habe ich von Ingolf Wunder mal gelesen, daß er erst mit 14 oder 15 mit dem Klavierspiel angefangen hat - davor hatte er Violine gespielt. Also für VPP besteht Hoffnung :D - und ich denke, daß außer ihr kein Spätanfänger hier wirklich Ambitionen zeigt, das Klavierspiel zu seinem Beruf zu machen.

Für cwtoons der ja das Wetten liebt, habe ich hier noch ein Spezialangebot:

Ich spiele jetzt seit Juni 2010, seit September 2010 nehme ich Unterricht.

Ich wette mit dir, daß ich es innerhalb der nächsten 5 Jahre schaffe, den "Groschen" auf akzeptablem Niveau zu spielen. Der Einsatz 2.500 Euro - gewinne ich, nenne ich dir eine namhafte NGO, der du das Geld überweist, gewinnst du, werde ich das Geld an eine namhafte NGO deiner Wahl überweisen.

Natürlich geht es bei so einem Deal nicht an, daß du darüber entscheiden kannst, ob das Niveau ausreicht oder nicht - diese Aufgabe sollte eine kleine Runde von Fachleuten übernehmen und ich schlage hier mal Rolf, Chiarina und Hasenbein vor.

Über die weitere Vorgehensweise, zwecks Wahrung der Anonymität etc. können wir uns ja später noch Gedanken machen, wenn du an meinem Angebot Interesse hast. :D

LG, PP
 

@ Pianopuppy:

Für cwtoons der ja das Wetten liebt, habe ich hier noch ein Spezialangebot:

Stimmt. Wetten finde ich gelegentlich gut.

Halte meine Einsätze jedoch immer in sozialverträglichen Dimensionen und vor allem so, dass ich mich im Verlustfall nicht ärgere.
Das wäre bei dieser Summe jedoch nicht gegeben.

Also muss ich leider ablehnen.

Ich unterstelle, dass Du damit gerechnet hast. Dir bleibt noch, weitere vierundzwanzig Teilnehmer à 100 Euro ausfindig zu machen. Dann könntest Du noch auf Deinen Schnitt kommen........
CW
 
Halte meine Einsätze jedoch immer in sozialverträglichen Dimensionen und vor allem so, dass ich mich im Verlustfall nicht ärgere.
Das wäre bei dieser Summe jedoch nicht gegeben.

Also muss ich leider ablehnen.

Ich unterstelle, dass Du damit gerechnet hast. Dir bleibt noch, weitere vierundzwanzig Teilnehmer à 100 Euro ausfindig zu machen. Dann könntest Du noch auf Deinen Schnitt kommen........
CW

Naja, die Sozialverträglichkeit meines Angebots ist ja schon dadurch gewährleistet, daß durch meine Bedingung der Wetteinsatz einer NGO zugute käme, insofern würde ich mich im Verlustfall auch nicht allzu sehr ärgern.

Bezüglich der Unterstellung - ich habe zwar befürchtet, daß dir das Risiko zu hoch ist, ich hätte mich aber über diese Herausforderung gefreut - dennoch eine einseitige Risikominimierung, wie du sie vorschlägst, ist nicht in meinem Sinn. Für mich sind 2,5 K auch kein Pappstiel und warum sollte es im Verlustfall nur mich schmerzen. ;)

LG, PP
 
Ok, alles akzeptiert. Es gibt also leider keine Schnittmenge. Dann wünsche ich Dir gutes und schnelles Weiterkommen am Piano.
CW

P.S.: Ich meinte natürlich Sozialverträglichkeit in Bezug auf mich.
 
@marcus, @hoehueq:
Freut mich, dass mein Postscriptum Euch zu solch intellektuellen Höhenflügen angeregt hat. Manch einer braucht halt den Kick von außen....
Und "bieten" schreibt man mit "t": "bieten", nicht mit "d". Diese beiden Buchstaben liegen auf der Tastatur in unterschiedlichen Reihen.
CW
 
MIt einem guten KL wärst Du vermutlich viel weiter... - Wie schaut's mit dem Fingersatz aus?

C.
Sol

Ich habe das Stück autodidaktisch angefangen, übe es aber inzwischen mit einem Lehrer. Er zeigt mir auch den Fingersatz - ohne ihn wüsste ich gar nicht so recht, welchen ich nehmen sollte.
Ich habe gelesen, dass Beethovens Werke im allgemeinen viel zu schnell gespielt werden - oftmals doppelt so schnell. In welchem Tempo sollte man eurer Meinung nach das Stück spielen? Ist das ein gutes Beispiel? Beethoven - rage over the lost penny op 129 - YouTube
 

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