Fingersatzfrage Cis-Dur

Ein Stück in des-moll (8 b Vorzeichen! :p ) würde ich sehr viel langsamer spielen als ein Stück in cis-moll (4 #).

Mal davon abgesehen, dass Guendola wahrscheinlich Cis-Dur bzw. Des-Dur meinte (und nicht moll), warum würdest du denn die Geschwindigkeit von den Vorzeichen ausmachen?

Kann ja verstehen, dass bei einem überzeugter Vom-Blatt-Spieler wie du es bist, 8 Vorzeichen schon gewissen Hemnisse darstellen gegenüber 4 Vorzeichen.

Da ich eher ein überzeugter Auswendigspieler bin, stellt die Notenkodierung eh nur den ersten Schritt dar.
Und danach mache ich die Interpretation davon abhängig, wie ich das Stück auffasse, unabhängig von der Anzahl und Art der Vorzeichen (die, wie schon erwähnt, vom Herausgeber hier und da geändert wird (natürlich ohne den Ton selbst zu ändern)).
 
Mal davon abgesehen, dass Guendola wahrscheinlich Cis-Dur bzw. Des-Dur meinte (und nicht moll), warum würdest du denn die Geschwindigkeit von den Vorzeichen ausmachen?

Kann ja verstehen, dass bei einem überzeugter Vom-Blatt-Spieler wie du es bist, 8 Vorzeichen schon gewissen Hemnisse darstellen gegenüber 4 Vorzeichen.

Hier liegt ein Mißverständnis vor :p

Ich würde langsamer spielen, weil es 8 b's sind. Bei 8 # würde ich schneller spielen! Das hat nix mit der "Schwierigkeit" des Notenlesens zu tun ;)
 
Ich würde langsamer spielen, weil es 8 b's sind. Bei 8 # würde ich schneller spielen! Das hat nix mit der "Schwierigkeit" des Notenlesens zu tun ;)

Ja ok, aber mich interessiert, warum du die Geschwindigkeit der Interpretation abhängig machst von den Vorzeichen?

Ich persönlich mache den Charakter eines Stückes jedenfalls nicht von den Vorzeichen, sondern vom Inhalt ab (und der kann bei gleichen Vorzeichen je nach Stück ja wohl äußerst unterschiedlich sein). Sehe überhaupt nicht ein, warum ich ein vonh mir als getragen empfundenes Stück (aufgrund seiner Architektur, Harmonik, Rhythmik, Stimmführung) schneller spielen soll, bloss weil es mit vielen Kreuzen versehen ist. Und langsamer, weil mit vielen B's kodiert?
 
Sehe überhaupt nicht ein, warum ich ein vonh mir als getragen empfundenes Stück (aufgrund seiner Architektur, Harmonik, Rhythmik, Stimmführung) schneller spielen soll, bloss weil es mit vielen Kreuzen versehen ist. Und langsamer, weil mit vielen B's kodiert?

Wenn du's nicht einsiehst, dann kann ich auch nix machen. Die Note b als solche hat für mich einen eigenen Charakter, und zwar einen ganz anderen als die Note ais. Aber es ist unsinnig darüber zu streiten. Du leugnest den Unterschied, für mich besteht er. Mehr kann man dazu nicht sagen.
 
enharmonisch

Man kann die Klaviernotierungen auch komplizierter machen als nötig. His-Dur - Notierung: spätestens da empfinde ich das als akademischen Quatsch; 5 Doppelkreuze + 2 Kreuze in der Notation, wo es ein vorzeichenloses C-Dur auch tun würde.

Wenn ich von C ausgehend 12 Quinten aufeinanderstapele, komme ich wieder bei C an, so ist nunmal unser gleichtemperiertes Stimmsystem aufgebaut.

Warum wird wohl beim WTK1 in meiner Peters-Urtext-Ausgabe( wo sonst keinerlei Herausgeberzusätze enthalten sind!!), z.B. die Es-moll Fuge wahlweise als Des-moll angeboten? Weil manche eben lieber nach 6 B's statt nach 6 Kreuzen spielen (ich auch), oder hat jemand eine andere Erklärung? Dass der Herausgeber (Scholtz) vielleicht zu blöd und musiktheoretisch ungebildet war, um dies zu tun?

Es soll auch WTK1-Ausgaben mit Des-Dur statt Cis-Dur geben. Habe aber leider persönlich noch keine Ausgabe gesehen; nachdem ich mir das Präludium mühsam in Cis-Dur reingezogen habe, würde ich mir die Arbeit bei der Fuge gerne leichter machen, und nach Des-Dur lernen. Wenn jemand einen Link auf eine Ausgabe in Des-Dur hat, wäre ich sehr dankbar für den Tip!!

Je weniger Zeit und Aufmerksamkeit für das Notenlesen draufgeht, umso mehr kommt dies der eigentlichen Sache zugute: nämlich das Stück richtig gut hinzubekommen (und die WTK-Stücke verdienen es). Mit einer persönlichen Interpretation der korrekten Tasten anhand eines Notensatzes, wie er auch immer gebildet wurde. Das ist schon Aufgabe genug.

Soso, akademischer Quatsch - ich bin mal gespannt, ob andere Berufspianisten in diesem forum das ebenso sehen - oder ob sie sich bereits ausgeklinkt haben. für mich ist die dominante von Eis-dur eben His-dur und keinesfalls C-dur.

Unser Wohltemperiertes System beinhaltet das pytagoräische Komma. diese Differenz wird nun gleichmässig auf 7 Oktaven verteilt. Deshalb ist sie aber nicht beseitigt.

Weniger Zeit für das Notenlesen möchtest du aufwenden ? Was ist das denn für ein argument ? Wenn ich die Cis-dur fuge und das Cis-dur Präl. WTK I nach deinen Wünschen umschreibe wird nach meiner Auffassung die Komposition verhunzt. Einige Herausgeber haben tatsächlich das Präudium in Des-dur herausgegeben, was eine Konzession an die Wünsche der Leser darstellt. Ob das in BAchs Sinn ist, wage ich zu bezweifeln.

Auf jeden fall wäre das ein enormes Betätigungsfeld für unsere Verlage. Alle Musik daraufhin umzuschreiben, dass doppelte vorzeichen wie doppel b´s und doppelKreuze eliminiert werden.

Ich stelle nur für mich selbst fest: Ich höre! solche Tonarten und möchte weiterhin dieselben so notiert sehen und bin gespannt, wer da welcher Meinung ist.
 
Unser Wohltemperiertes System beinhaltet das pytagoräische Komma. diese Differenz wird nun gleichmässig auf 7 Oktaven verteilt. Deshalb ist sie aber nicht beseitigt.

Exakter gesagt ist unser verwendetes System nicht wohltemperiert, sondern gleichtemperiert.

Und da nunmal - wie richtig gesagt - das phytagoräische Komma völlig gleichmässig verteilt ist, gibt es eben auch keinen hörbaren Unterschied mehr - die Unterschiede sind egalisiert worden. Und daher beseitigt.
 
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Ich verstehe nicht, wofür es von Belang ist, ob der Test nun in Moll oder in Dur durchgeführt wird.

Mir ist aber klar geworden, daß es sich bei dieser Diskussion um eine Vermischung von Theorie und Ansichten handelt. Deswegen klinke ich mir hier und jetzt aus, ein Ergebnis wird es nie geben, eine Konsenz schon garnicht.
 
Ich sehe hier auch ein Problem: Hier reden Leute mit, die zwar eine klare Meinung, aber keine sehr grosse Ahnung haben.

Es gibt keine Stücke in des-moll oder Dis-Dur! Diese Tonarten treten lediglich als Nebentonarten resp als Modulationen auf, deshalb gibt es im Stück wohl Doppelkreuze und -Bes, aber nie in einem Stück als Ganzes.

Darum machen Diskussionen keinen Sinn, ob ein Stück in des-moll nicht besser in cis-moll geschrieben werden soll.
Ja, weil es des-moll als Grundtonart so nicht gibt.
Kein Komponist, der alle Tassen im Schrank hat, schreibt was in des-moll.

Ich stelle fest, dass sich hier einige Leute ereifern, die meinen, klüger zu sein als alle Musikwissenschaftler, Komponisten, Musiker, für die dieses Denken in den Tonarten (und zwar korrekt, also die Dominante von gis-moll ist halt wirklich Dis-Dur und nicht Es-Dur!) absolut selbstverständlich und nachvollziehbar ist.

Man kann auch etwas für "akademischen Quatsch" halten. Das machen noch viele Leute, die es nicht verstanden haben. Sie meinen, das System sei doof. Vielleicht sind aber auch nur sie selber doof.

Aus diesem Grunde werde ich in Zukunft auch zu andern Themen keine grossen Beiträge mehr liefern.
Es hat leider ein paar ganz Kluge, die meinen, nur weil sie die Frage formulieren können, auch eine richtige Antwort zu haben.
Es sind lustigerweise auch oft solche, die zwar glauben, an Konservatorien und Musikhochschulen werde nichts Schlaues gemacht und das seien dort alles Deppen. Aber dann selber eine Diskussion führen, die allein deshalb schon ein Witz ist, weil sie schon von einer falschen Annahme ausgehen.

Auf Wiedersehen, ich ziehe mich aus diesem an sich interessanten Forum zurück, denn es hat hier viele super gute Leute, die haben zu den fachspezifischen Themen wirklich interessante Ansätze.

Leider meinen aber gewisse Leute, nur weil sie auch ein Klavier haben, hätten sie auch von allem gleich viel Ahnung wie jene, die es wirklich können.

Es geht hier nicht darum, ob man eine eigene Meinung haben darf oder nicht. Ich bin sehr liberal. Aber es geht darum, dass gewisse Dinge einfach nur eine Meinung haben, nämlich die richtige. Bei 2+2=4 kenne ich auch keine andere Meinung.
Auch wenn gewisse Leute das behaupten, weil sie es nicht verstehen (wollen).
Und nur weil gewisse Behauptungen hier immer wieder repetiert werden, werden sie deshalb auch nicht richtiger.

Alles Gute!
 
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Wenn eine Anfängerfrage mit nachfolgender mehr oder weniger sinnlosen
Besserwisserdiskussion den Rückzug einer der kompetentesten Personen
in diesem Forum zur Folge hat...ganz großes Tennis...
 
Man kann auch etwas für "akademischen Quatsch" halten. Das machen noch viele Leute, die es nicht verstanden haben. Sie meinen, das System sei doof. Vielleicht sind aber auch nur sie selber doof.

Da ich den besagten Ausdruck gebrauchte, möchte ich was dazu klarstellen.

1. Dies bezog sich auf die Tonartsbezeichnung "His-Dur". Ich nehme den Ausdruck "akademischen Quatsch" zurück, ersetze ihn durch "ohne Praxisrelevanz". Weil ich kein Musikstück in dieser Tonart kenne, und auch die Website www.cisdur.de, welche sich die Arbeit machte, Musikstücke in exotischenTonarten aufzulisten, kein Musikstück in dieser Tonart gefunden hat. Nochmal zum Geniessen: His-Dur hat (besser gesagt: hätte) 2 Kreuze + 5 Doppelkreuze...

2. Damit habe ich keinesfalls das Tonartensystem insgesamt in Frage gestellt, auch nicht die Notwendigkeit von Kreuzen, Doppelkreuzen, B's oder Doppel-B's. Jedoch ist es meine Meinung, dass durch 24 Tonarten, wie z.B. von Bach im WTK oder in Chopin's Preludes zelebriert, der praktisch nutzbare Tonartenraum vollständig abgedeckt ist.

3. Ich ziehe es vor, auf der Sachebene zu diskutieren. Es macht mehr Spaß, und man lernt durch die Argumente anderer was dazu. Andere als doof zu bezeichnen, hilft hierbei nicht wirklich.
 
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enharmonik

@Mindenblues,

der praktisch Nutzbare Tonraum ? Welcher wird denn da benutzt ?

Bach schreibt in diesem Werk WTK Stücke in allen Tonarten, die als Grundtonarten! möglich sind. Der Tonraum innerhalb des Verlaufs der Stücke wird jedoch durch Modulationen erweitert, sodass wir im Cis-dur Präl. z.b. auch nach dis-dur gelangen.
Ich frage nochmal, ob jemand der Meinung ist, man sollte dann diese Stellen besser in Es-dur notieren ?
 
@ klavigen:

Mit Tonartenraum meinte ich die Grundtonarten, wie von dir beschrieben - hatte mich unklar ausgedrückt. Um damit die Grundtonarten für alle 12 Halbtonschritte in Dur/moll darstellen zu können. Und weiterhin meine ich, dass diese Grundtonarten durch max. 6 B's oder max. 6 Kreuze als Vorzeichen beschreibbar sind.

Dass jede Grundtonart dann durch Modulationen erweitert werden kann, ist mir klar. Auch, dass diese Modulationen sinnentsprechend erfolgen sollten, also - um deine Frage zu beantworten: wenn das 3.Präludium in Cis-Dur notiert ist, sehe ich ein dass die Modulation nach Dis-Dur und nicht Es-Dur notiert werden sollte.

Vertrete nur eben dieselbe Meinung wie J. Gedan hier äußerte, dass das Präludium komplett genausogut in Des-Dur notiert sein könnte. Aber dann natürlich die Modulation nach Es-Dur statt Dis-Dur, um die innere Konsistenz zu wahren.
 
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Wtk

@Mindenblues,

bitte noch mal genau hinsehen, mit 6 Kreuzen ist es nicht getan, es sind dero sieben. Bach hat das cis-dur Präl. tatsächlich mit 7 Kreuzen bestückt, ei der Daus ! naja, ist schon scherzhaft gemeint, aber man macht wirklich ab und zu Denkfehler, was mir natürlich auch passieren kann.

warum es hingegen kaum Stücke - oder keines - in Ces-dur (hätte 7 b´s) gibt erklärt sich wieder aus dem menschlichen Hörverhalten, weswegen es auch keine Stücke ind His-dur gibt (die modulierende Tonart innerhalb von Stücken sehr wohl).

Wir brauchen immer einen referenzton, grundton, von dem aus wir wandern. Die bekannten Stücke von Schubert in Ges-dur zeigen wunderbar die spezielle Atmo dieser Tonart - für mein gehör ist das einfach weicher gezeichnet als Fis-dur. Aber Ges ist ein realer Ausgangston in einer realen Tonart.

Ces als grundton hingegen kann am anfang tatsächlich nicht von H unterschieden werden, es kann alerdings schon unterschieden werden, wenn man in den Kadenzen erst dahin gelangt. Ich weiss jetzt nicht, ob ich mich verständlich genug ausdrücke - aber vielleicht kann man es ja nachfühlen.
 
bitte noch mal genau hinsehen, mit 6 Kreuzen ist es nicht getan, es sind dero sieben. Bach hat das cis-dur Präl. tatsächlich mit 7 Kreuzen bestückt, ei der Daus ! naja, ist schon scherzhaft gemeint, aber man macht wirklich ab und zu Denkfehler, was mir natürlich auch passieren kann.

Neiiiiiin! Bitte noch mal genau hinsehen, wie ich es formuliert habe. Habe bewußt geschrieben, dass die Grundtonarten der 12 Halbtonschritte mit max. 6 B's und 6 Kreuzen beschreibbar sind.
Ich habe nicht geschrieben, dass Bach dies so getan hat (im Gegensatz zu Chopin`s Preludes). Man könnte es aber, indem Cis-Dur eben durch Des-Dur ersetzt wird (wie es nette Herausgeber offensichtlich getan haben - ich glaube sogar, in einer Urtext-Ausgabe)! Ich weiss dass Cis-Dur dero 7 Kreuze hat, aber Des-Dur hat nur dero 5 B's! Darum geht doch die ganze Diskussion hier. Ei der Daus...
 
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Setzt man voraus dass jeder Ton nur einfach hoch- bzw. tiefalteriert werden kann, gibt es 15 verschiedene Dur- bzw. Molltonarten, die da wären:



Dur Tonarten:
C# F# B E A D G C F Bb Eb Ab Db Gb Cb


Molltonarten:
A# D# G# C# F# B E A D G C F Bb Eb Ab


Die fettgedruckten Tonarten sind die, für die sich Bach in seinem Werk entschied.
Bach hat nämlich im WTK enharmonische Überschneidungen vermieden und somit genau 12 Durtonarten und 12 Molltonarten benutzt.

Nun kommt eben die große Frage. Warum hat sich Bach für die Varianten C# bis Ab Dur und nicht F# bis Db Dur oder sogar B bis Gb Dur entschieden????
Hat das etwa mit der damals noch vorherrschenden mitteltönigen Stimmung zu tun?
Der Tonvorrat der mitteltönigen Stimmung war nämlich Folgender:
c/c# d eb/e f/f# g/g# a bb/b.

Fragen über Fragen. Vielleicht gibt es ja Antworten.
 
Fred, die fettgedruckten Tonarten sind nicht ganz vollständig, neben es-moll (Präludium), hat Bach auch dis-moll (Fuge) benutzt.

Natürlich schreibt man in sich kosistent, d.h. man wechselt nicht beliebig zwischen Kreuz- und B-Notation. Umdeutungen sind dennoch an beliebiger Stelle möglich, und man findet zahlreiche Beispiele, wo Komponisten innerhalb eines Stücks von Kreuz- auf B-Tonarten ausweichen und umgekehrt. Oben wurde Chopins f-moll-Ballade genannt. Dort bleibt Chopin manchmal in der B-Tonart und notiert Doppelvorzeichen, nicht selten weicht er aber auf die Kreuztonart aus.
Haydnspieß' Meinung, daß eine Stelle in des-moll langsamer zu empfinden sei als eine in cis-moll, würde in Chopins Ballade bedeuten, daß Agogik von der enharmonischen Notation abhängig wäre, also alles, was auf Kreuztonarten ausweicht, grundsätzlich schneller zu spielen sei als das, was in B-Tonart bleibt -- eine kühne Regel.

Komponisten deuten oft genug um, je nach notationstechnischer Bequemlichkeit. César Franck beginnt die Aria aus "Praeludium, Aria und Finale" in cis-moll-Vorzeichnung. Schon im dritten Takt gibt es Doppelkreuze, im fünften nehmen sie überhand, denn dort ist der Akkord, der zugrundeliegt, ein Dis-dur-, bzw. Es-dur-Septakkord. Das folgende konsistenterweise in Kreuztonart zu belassen, wird selbst César Franck, der sonst mit Doppelvorzeichen nicht zimperlich ist, zu dumm, und er weicht ab dem achten Takt auf As-dur-Vorzeichnung aus. Hätte er gleich mit dieser Vorzeichnung begonnen, wären auch die ersten sieben Takte viel einfacher lesbar gewesen, ohne daß es der Musik irgendeinen Abbruch getan hätte, denn es wären ja dieselben Tasten anzuschlagen gewesen, und harmonisch hätte sich nichts geändert, allenfalls wäre dem unbedarften Spieler der tonartliche Zusammenhang mit dem vorherigen Satz verborgen geblieben.
Man findet zahllose Stellen enharmonischer Umdeutungen bei bekannten Komponisten, und aus keiner läßt sich ableiten, daß diese Umdeutung gerade an dieser Stelle statt an anderer zwingend war. Die Kühnheit, daß man hören könne, wann in der Notation umgedeutet wird, muß entweder dem Grundsatz geschuldet sein, daß man etwas nur deswegen bis zum Geht-nicht-mehr verteidigt, weil man es einmal behauptet hat, oder man hört es tatsächlich.

Als halbwegs wissenschaftlich denkender Mensch, schlage ich vor, daß derjenige, der es zu hören vermeint, sich folgendem Test stellt: Ich schreibe ein paar kleine Präludien, die voller Modulationen sind, deswegen irgendwo von B zu Kreuz umdeuten oder von Kreuz zu B, jemand anders spielt sie ein, und das Hörgenie nennt uns die Stellen, an denen umgedeutet wird.
Falls das nicht auf gefälligen Zuspruch trifft, schlage ich vor, man diskutiert hier stattdessen über die Frage, wie viele Kamele durch ein Nadelöhr gehen.
 
Hallo Gedan,

ich kann Deinen Gedankengängen sehr gut folgen und finde sie allesamt schlüssig.

Notationstechnische Bequemlichkeit sollte natürlich immer zugunsten des Interpreten ausfallen, sprich, die Anwendung enharmonischer Umdeutungen/Verwechslungen sollte auch ab und an zu einer „Besänftigung“ des Notenbildes beiführen. Wenn dadurch harmonische Zusammenhänge verschleiert werden, sollte der Interpret sich gefälligst noch einmal auf seinen Allerwertesten setzen und Harmonielehre pauken.
Das Erkennen harmonischer Zusammenhänge wird durch inkorrekte enharmonische Schreibweise zwar erschwert, der Spielfluss kann allerdings dadurch gesteigert werden. Nun fragt es sich wo die Priorität liegt. Ich komme aus dem Jazz/Popularmusikbereich, und bevor ich einem Trompeter ein Doppel-b präsentiere muss schon einiges passieren. Will heißen, man macht es äußerst selten. Theorie und Praxis gehen da anscheinend eigene Wege.

Aber zu meiner eigentlichen Frage, der Bach’schen Tonartauswahl betreffend, hast Du Dich etwas zurückgehalten. Schade.


Zu den anderen Sachen möchte ich sagen, Agogik kann nicht von enharmonischer Notation abhängig sein und dass Umdeutung in der Notation hörbar wäre, muss ich ebenfalls negieren.

Deinen Vorschlag zum ultimativen „Enharmonictest“ finde ich klasse!


P.S.:
Habe gerade noch folgenden Beitrag in einem engl. sprachigen Jazz-Forum gefunden:

double sharps ( and double flats ) are a pedantic theoretical construct to "technically" spell certain chords "correctly" in situations involving a lot of either set of accidentals.
In practice for sightreading, they are a major pain in the ass.
Thank god for the "respell chord" function in Finale. I use it quite often!
 
Haydnspieß' Meinung, daß eine Stelle in des-moll langsamer zu empfinden sei als eine in cis-moll, würde in Chopins Ballade bedeuten, daß Agogik von der enharmonischen Notation abhängig wäre, also alles, was auf Kreuztonarten ausweicht, grundsätzlich schneller zu spielen sei als das, was in B-Tonart bleibt -- eine kühne Regel.

Da fühle ich mich jetzt aber etwas überinterpretiert und auch schon etwas angebrutzelt :p

Also meine Aussage war, daß ich dasselbe Stück, wenn es in einer b-Tonart notiert ist, langsamer spielen würden im Vergleich zur #-Notation.

Wenn innerhalb eines Stückes aus Gründen der leichteren Lesbarkeit die Notation enharmonisch verwechselt ist, sieht es natürlich völlig anders aus. Obwohl ich auch dort vermutlich (unbewußt) Kreuztonarten heller und leichter (aber nicht unbedingt schneller) spiele.
 
P.S.:
Habe gerade noch folgenden Beitrag in einem engl. sprachigen Jazz-Forum gefunden:

double sharps ( and double flats ) are a pedantic theoretical construct to "technically" spell certain chords "correctly" in situations involving a lot of either set of accidentals.
In practice for sightreading, they are a major pain in the ass.
Thank god for the "respell chord" function in Finale. I use it quite often!


Es wäre mir allerdings auch neu, daß Jazzer überhaupt Wert auf korrekte Notation legen :cool:
Ausnahmen bestätigen die Regel :)
 

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