Finger fast senkrecht - russische Spielweise?

Man kann die Fingerkrümmung auch von der Art der Musik und dem Instrument abhängig machen:

Wenn man bei Chopin eine belcanto-Linie in die Flügeltasten massieren möchte, ist man mit eher flacherer Handhaltung meiner Meinung nach besser bedient, als wenn man auf der Orgel eine Bach-Fuge mit viel Artikulation und eher luftiger Spielweise darstellen möchte - dort halte ich eine gekrümmte Handhaltung für zweckmäßiger.

Von daher, für mich hat sowohl eine eher flache Handhaltung als auch eine Handhaltung mit stark gekrümmten Fingern Sinn, eben je nach Musikcharakter und Instrument. Wichtig ist nur, in jedem Fall möglichst entspannt zu spielen.
 
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Wichtig ist nur, in jedem Fall möglichst entspannt zu spielen.

Erstens ist genau das eben nicht möglich, wenn man eine bestimmte Fingerkrümmung "vor-einstellt" - man muß nicht Anatomie und Physiologie studiert zu haben, um einzusehen, daß eine standardmäßige Kontraktion der Fingerbeuger im Widerspruch steht zu "möglichst entspannt"...

Zweitens stimmt obiger Satz nicht - ein Einsteiger, der ihn für bare Münze nimmt, könnte sich sehr falsche Dinge angewöhnen.
Was richtig ist: Überflüssige Anspannungen, also insbesondere antagonistische Muskeltätigkeit bzw. Muskeltätigkeit, die nicht der Klangerzeugung zugute kommt, sind zu vermeiden. Ansonsten ist selbstverständlich ganzkörperlich Muskeltätigkeit erforderlich, also sehr wohl "Spannung". Um ausdrucksvoll und energiereich zu spielen, darf ich nicht "entspannt" dasitzen, sondern muß mich - als ganzes - tonisieren und energetisieren und in eine Eu-Spannung versetzen.

Sind Fingermuskeln standardmäßig angespannt, so können die Finger nicht mehr fein auf den Gegendruck reagieren, den die Tasten von unten her leisten und dem man nur nachgeben muß, um die Taste hochkommen zu lassen und den Ton zu beenden. Resultat ist ein un-geläufiges, dynamisch unvariables, "drückiges" Spiel.

Nichts ist für eine "luftige", artikulierte, non-legato perlende Spielweise besser als "lose", unangespannte, auf Arm- und Tastenimpulse feinst reagierende Finger.

LG,
Hasenbein
 
Das ist doch wohl klar, daß das eine elektronisch "schnellergedrehte" Version des Originalvideos ist... hört und sieht man doch sofort...
Und wozu soll das gut sein?:confused::confused:

(OT: Von Maurice André wird berichtet, daß er gelegentlich für Plattenaufnahmen eine Oktave tiefer einspielte, um brillanter im Originaltempo zu wirken...:-?)

Toni

- De mortuis nihil...
 
Hihi geile Idee, mache ich jetzt auch immer. :D
 
Erstens ist genau das eben nicht möglich, wenn man eine bestimmte Fingerkrümmung "vor-einstellt" - man muß nicht Anatomie und Physiologie studiert zu haben, um einzusehen, daß eine standardmäßige Kontraktion der Fingerbeuger im Widerspruch steht zu "möglichst entspannt"...

Zweitens stimmt obiger Satz nicht - ein Einsteiger, der ihn für bare Münze nimmt, könnte sich sehr falsche Dinge angewöhnen.

Das ist falsch: Wenn Finger vollkommen entspannt sind, sind sie nicht gerade ausgestreckt, sondern gekrümmt. Zumindest bei mir ist es so.

Nichts ist für eine "luftige", artikulierte, non-legato perlende Spielweise besser als "lose", unangespannte, auf Arm- und Tastenimpulse feinst reagierende Finger.

Genau, deshalb spiele ich so etwas lieber mit gekrümmten statt gestreckten Fingern. Man braucht die Fingerhaltung entsprechende leuchtender Vorbilder anzusehen, insbesondere was diese Spielweise auf der Orgel angeht (es ging mir nicht nur um Klavier, sondern auch Orgel in meinem Statement).
 
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Das ist falsch: Wenn Finger vollkommen entspannt sind, sind sie nicht gerade gestreckt, sondern gekrümmt. Zumindest bei mir ist es so.
Genau, deshalb spiele ich so etwas lieber mit gekrümmten statt gestreckten Fingern.

Erstens habe ich weiter oben längst geschrieben, daß entspannte Finger leicht (!!!) gekrümmt sind:
Erstens sind die Finger so zu benutzen, daß man von der entspannten Fingerhaltung ohne Aktivität der Fingerbeuger und -strecker ausgeht (dann sind sie leicht gekrümmt, was man leicht überprüfen kann, wenn man den Arm schlapp runterhängen läßt)
(also bitte zukünftig etwas genauer lesen!),

zweitens: Wenn Deine Finger im "entspannten" Zustand mehr als nur ein bißchen (!!) gekrümmt sind, dann kann es gut sein, daß Deine Muskeln durch Fehlgewohnheiten standardmäßig weiter kontrahiert sind als sie sein müßten oder sogar Veränderungen im Faszialgewebe vorliegen; hier würden evtl. Körpertechniken wie Alexandertechnik, Feldenkrais, Rolfing (=Faszienmassage) etc. weiterhelfen, um die Muskeln wieder auf volle Länge kommen zu lassen. (Standardmäßig zu starke Kontrahierung ist ja im übrigen auch nicht gut für die Gelenke, da die ja ständig zusammengezogen werden, anstatt daß im Gelenkspalt Raum sein kann.)

LG,
Hasenbein
 
...zweitens: Wenn Deine Finger im "entspannten" Zustand mehr als nur ein bißchen (!!) gekrümmt sind, dann kann es gut sein, daß Deine Muskeln durch Fehlgewohnheiten standardmäßig weiter kontrahiert sind als sie sein müßten...

Ich kann dich beruhigen, dass ich normalerweise eine sehr entspannte Handhaltung habe, und zwar egal, ob ich die Finger nur ein bißchen krümme oder ein bißchen mehr krümme (ich bin da nämlich ziemlich flexibel).

Ich weiß nicht, wie Du, Hasenbein, z.B. Bach-Fugen auf der Orgel spielst, aber ich weiß, wie die Handhaltung sehr vieler Virtuosen dafür aussieht, nämlich ziemlich stark gekrümmte Finger. Für Chopin auf dem Klavier orientiere ich mich hingegen mehr an einer Handhaltung, bei welcher die Finger weniger gekrümmt sind, eben um z.B. legato-Linien bequemer in die Tasten massieren zu könenn statt leicht und luftig zu spielen.

Bgzl. mehr oder weniger gekrümmt und "entspanntester" Zustand:
Meiner Meinung nach ist die Handhaltung mit dem allergeringsten Muskeltonus der entspannteste Zustand (mal unabhängig vom Klavier gesehen).
Und diese Handhaltung findet man meiner Meinung nach in der sogenannten Schonhaltung, in die die Hand automatisch geht, wenn man z.B. durch einen Schlaganfall eine gelähmte Hand bekommt. Bei dieser Schonhaltung sind die Finger schon mehr als nur ein bißchen gekrümmt (und die Hand zeigt nach innen), aber ich will nicht abstreiten, dass es da Unterschiede von Mensch zu Mensch geben kann bzgl. Grad der Fingerkrümmung bei dieser Schonhaltung. Normalerweise aber schon mehr als nur ein kleines bißchen gekrümmt, aber auch nicht wahnsinnig stark gekrümmt auf der anderen Seite.

Wenn das bei dir anders ist, Hasenbein, und du Verspannungen bekommst, wenn du die Finger mehr als nur ein "bißchen" krümmst oder streckst, insbesondere für Musikrichtungen und Instrumente, die dafür geeignet sind, solltest du mal lieber selber prüfen, ob sich bei dir da Fehlgewohnheiten eingeschlichen haben (z.B. fehlende Gewohnheit, mit unterschiedlichen Fingerkrümmungen zu spielen).
 
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stehen die Fingerkuppen senkrecht auf der Taste, dann werden sie, sofern sie greifen, sozusagen nach innen rutschen - stattdessen kann aber dann mehr aus dem Fingergrundgelenk gespielt werden, d.h. die steilen senkrechten Finger klopfen/pieksen in die Tasten (kann man machen, wenn forte staccato gefordert ist und man schnell wieder hochkommt - ist aber nicht optimal, sondern anstrengend)

geschickter ist, eben nicht ganz so steil anzusetzen und das "anschlagen" als minimale Greifbewegung zu machen und sofort wieder loszulassen (schaut man bei raschen Passagen genau hin, dann geschieht da meist sowas)

auf der Orgel mag das anders sein - aber deren Tasten reagieren ja auch anders als die Klaviertasten
 
[...]geschickter ist, eben nicht ganz so steil anzusetzen und das "anschlagen" als minimale Greifbewegung zu machen und sofort wieder loszulassen

ist bestimmt plausibel..;)

Was mir noch einfällt - ist zwar nicht viel - aber: Wenn man die Finger (Beispiel: r.H.) in dieser "Hämmerchen"-Haltung, mit Handrücken waagerecht, auf den Tisch oder die Tasten legt, und einen Triller mit 2-3 spielt, oder wenn man die Finger eher streckt und nur ganz wenig krümmt: Was ist schneller ?

Würde also eher zu relativ flachen Fingern tendieren, wobei sie aber auf jeden Fall "greif"-fähig bleiben müssen.

Allerdings: Ausflüge in die "Hämmerchenhaltung"-Welt machen AUCH mal Spaß, wie etwa bei Bach, find ich. Oder mal Hämmerchen bei CHOPIN anwenden, und flach bei Bach. *g*

LG, Olli !
 

Ja, da stimme ich dir zu, Rolf!

Aber das nach-innen-rutschen bei senkrecht stehenden Fingerkuppen auf den Tasten (zugegebenermaßen schon seeeehr gekrümmte Haltung) war bei den alten Meistern erwünscht, und wurde Bach nachgesagt, es getan zu haben (im Zusammenhang mit dem "Schnellen", einer Fingerbewegung, die quasi auf den Tasten nach innnen rutscht und damit die Taste loslässt, (bei der Orgel den Druckpunkt verlässt). Ich kann das nicht, aber es soll zu einer perfekten sehr schnellen non-legato Spielweise führen können.

Und auch Zustimmung zu LMG: flexibel bleiben, und verschiedene Fingerstellungen nutzen können!
 
Aber das nach-innen-rutschen bei senkrecht stehenden Fingerkuppen auf den Tasten
z.B. bei Tonrepetitionen mit Wechselfingersatz, da ist recht steil ansetzen völlig ok -- das "schnellen", non legato / staccato in sehr schnellen Passagen (die eigentlich nur leggierro und stacc gut bzw. sauber und perlend klingen) muss allerdings nicht so steil ansetzen (und die Bewegung ist da auch minimal greifend)
 
Meine Finger-"Werte": :)

entspannt: 30 - 40 Grad
ein bisschen gekrümmt: ca. 45 Grad
Spielwinkel: alles zwischen ca. 20 und 80 Grad, bevorzugt ca. 45 - 50 Grad.

Dasselbe bei der Computer-Tastatur (wobei der Mittelfinger naturgemäss in der "Grundstellung" einen steileren Winkel einnimmt als die anderen Finger, da länger)

Es wäre auch noch interessant herauszufinden, wie sehr die Finger bei Kindern in der Entspannungshaltung gekrümmt sind.

Lg, Nessie
 
Bedenkt, auch bei math. - geom. Ansatz von Nessie, folgendes:

Reichweitenvorteil beim "greifen" von Spannen von Oktaven (Kind) oder Erwachsenen (jenseits der Oktave): Durch Krümmung wird Reichweite von Griff geringer, egal wie groß die Hand.
Woraus folgt: Bei für JEDE Hand weitestmöglichen GRIFFEN müssen MINDESTENS Daumen und kleiner Finger FLACH sein, Spannweite wird möglicherweise sogar größer,
wenn auch die 3 mittleren Finger dann "flach" werden.

LG, Olli !
 
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Nessie, wo mißt du den Winkel?

Ich gehe vom vordersten Fingerglied, der Fingerkuppe aus.

Da unterscheiden sich unsere Werte etwas, aber nicht viel; im Ruhetonus schätze ich es bei mir auf ca. 45 Grad (weil alle Fingerglieder etwas gekrümmt sind, am stärksten das Fingerglied hinter den Knöcheln, und das summiert sich auf diesen Winkel insgesamt). Der Spielwinkel geht locker bis 90 Grad bei mir, und, ja, vielleicht auch von ca. 20 Grad an. Bevorzugt vielleicht irgendwas bei 60-70 Grad. Ich will nicht ausschließen, das es auch daran liegt, dass ich von klein auf auf eher runde Handhaltung getrimmt worden bin (Sprüche wie "man muss einen Tennisball in der Hand halten können" kamen von meiner wohl eher old-school-Klavierlehrerin). Trotzdem oder gerade deswegen ist es immer noch eine sehr entspannte Fingerhaltung bei mir, und das sehe ich überhaupt als das allerwichtigste an. Wichtiger als alle "Gradmessungen"....

@ LMG: Zustimmung bzgl. Spannweitenargument!
 
Woraus folgt: Bei für JEDE Hand weitestmöglichen GRIFFEN müssen MINDESTENS Daumen und kleiner Finger FLACH sein, Spannweite wird möglicherweise sogar größer,
bringt man dann nicht mehr Tasten als gewünscht nach unten? ;)
auch weite Intervalle, Oktaven, Nonen, Dezimen sollten gegriffen werden, und sei es nur mit dem vordersten Fingerglied -- ich schreib das lieber so klein, weil es Anlaß zu Buhuhus geben könnte
 
bringt man dann nicht mehr Tasten als gewünscht nach unten? ;)
auch weite Intervalle, Oktaven, Nonen, Dezimen sollten gegriffen werden, und sei es nur mit dem vordersten Fingerglied -- ich schreib das lieber so klein, weil es Anlaß zu Buhuhus geben könnte

Da besteht eine gewisse Gefahr..das stimmt wohl..aber bei gleichzeitigen, un-arpeggierten Sachen ist irgendwann halt auch mal Ende, ODER es ist STOFF gegeben, unsere grauen Zellen zu BESSERER Effizienz anzuregen..

Ich sehe und verstehe die Einwände, wegen möglicherweise gleichzeitigem Herunterdrücken unerwünschter Töne / Noten, aber..ich denke, man kann TRAINIEREN !!

Nebenbei: "Greifen, so viel wie möglich" halte ich für keine schlechte Idee..
Und: Wenn man das alles sogleich fehlerlos könnte- WO blieben dann die AUFGABEN ? ;)

Liebe Grüße, Olli !
 
Da besteht eine gewisse Gefahr..das stimmt wohl..aber bei gleichzeitigen, un-arpeggierten Sachen ist irgendwann halt auch mal Ende, ODER es ist STOFF gegeben, unsere grauen Zellen zu BESSERER Effizienz anzuregen..!
jepp :):) und wenn die tätig werden, wird man rauskriegen, dass weite Griffe mit hoch gehaltenem Handgelenk bequemer werden, weil die Finger dann etwas steiler auf die Tasten kommen - trotzdem bissel greifen, damit nix abknickt
 

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