Ernsthaftes Erraten von Klavierwerken

  1. Wie heißt das gesuchte Werk?
  2. Wer ist der gesuchte Komponist, und wer war sein berühmter Lehrer?
  3. Welches frühere Werk verwendet dieselbe Tonfolge als "Widmung"?
Ich versuche es mal:
  1. Vierzehn Arten, den Regen zu beschrieben
  2. Hanns Eisler (Schüler von Arnold SCHönberg)
  3. Das weiß ich nicht, aber die Klaviersonate op. 1 des Schülers ist dem Lehrer gewidmet. Jetzt müsste man mehr von Eisler gespielt haben...!
Über die Initialen kommt man auf den böhmischen Ort, dessen Tonbuchstaben in Robert Schumanns Carnaval op. 9 präsent sind.

LG von Rheinkultur
 
Lieber Rheinkultur, alles richtig! Die dritte Frage war von mir vielleicht etwas missverständlich gestellt - ich meinte mit dem früheren Werk Schumanns Carnaval. Aber auch das hast Du trotzdem mühelos herausgefunden - wie immer.

Das Quintett "Vierzehn Arten, den Regen zu beschreiben" war ursprünglich eine Filmmusik zu dem Stummfilm "Regen" von Joris Ivens; Eisler widmete das Werk seinem Lehrer Schönberg zum 70. Geburtstag. Es ist deshalb sicher kein Zufall, dass die Besetzung dieselbe ist wie in Schönbergs "Pierrot lunaire". Ein allerdings erstaunlicher Zufall ist aber, dass es auch in Schumanns Carnaval einen Satz mit dem Titel "Pierrot" gibt ...

LG, Mick
 
Das Quintett "Vierzehn Arten, den Regen zu beschreiben" war ursprünglich eine Filmmusik zu dem Stummfilm "Regen" von Joris Ivens; Eisler widmete das Werk seinem Lehrer Schönberg zum 70. Geburtstag. Es ist deshalb sicher kein Zufall, dass die Besetzung dieselbe ist wie in Schönbergs "Pierrot lunaire". Ein allerdings erstaunlicher Zufall ist aber, dass es auch in Schumanns Carnaval einen Satz mit dem Titel "Pierrot" gibt ...
Zur Abrundung das Ganze nochmals zum Anschauen und Anhören:



Übrigens hat Schönberg selbst eine Plattenaufnahme seines Werks dirigiert:



Als Zufall würde ich die Bezugnahme auf die Figur des Pierrot allerdings nicht einschätzen: Seit den Comedia-dell'Arte-Zeiten ist dieser in allen möglichen Gestalten auf vielen Bühnen zu Hause: http://de.wikipedia.org/wiki/Pierrot
- mal als "Pedrolino", mal als "Peterchen", mal als "Petruschka" oder eben als "Pierrot". Es kann vorkommen, dass gewisse Parallelen über Sprachgrenzen erhalten bleiben: "Hanswurst" und "Jack Pudding" haben beide mit etwas zu tun, das man essen kann...!

LG von Rheinkultur
 
Ich habe mal eine möglicherweise dumme Frage: Ihr sprecht immer von dem "Quintett" von Eisler - aber im Netz habe ich diese Information gefunden: "Variationen für Flöte, Klarinette, Violine, Viola, Violoncello und Klavier". Nach meiner Zählung sind das 6 Instrumente und es müsste doch dann "Sextett" heißen, oder?

Grüße, Jörg
 
Dann frage ich mal nach einem Klavierwerk eines anderen Komponisten, der ebenfalls Gebrauchsmusiken für politische Zwecke komponiert hat, wenn auch nicht in ganz so großer Menge. Paul Dessau nahm Bezug auf Wolfgang Amadeus Mozart und Johann Sebastian Bach - zwei viele Jahre zuvor verstorbene Komponisten, die in einer gänzlich anderen Tonsprache zu schreiben pflegten. Der von mir gesuchte Komponist widmete sein Stück hingegen einem wenige Monate zuvor verstorbenen Zeitgenossen, dessen letztes Werk ebenfalls einer unlängst verstorbenen Person zugeeignet ist.

Fragen an die Mitratenden (mick weiß vermutlich alle Lösungen ohne nachzuforschen):
  • Wer schrieb das gesuchte Klavierstück?
  • Wie lautet der Titel, in dem ein Komponistenname vorkommt?
  • Welches Stück schrieb dieser als letztes und wem ist dieses gewidmet?
LG von Rheinkultur (der nachher zum WM-Rudelgucken geht und sich auf eine schnelle Auflösung freut)
 
Hallo Jörg,

im Prinzip hast du Recht, aber in diesem Stück von Eisler spielen Violine und Viola in keiner der Variationen gleichzeitig - ebenso übrigens wie in Schönbergs Pierrot lunaire. Theoretisch kann der Geiger also zwischen Violine und Viola wechseln, dann braucht man tatsächlich nur fünf Musiker für eine Aufführung. In der Praxis beschäftigt man bei diesem Stück meistens doch sechs Leute, weil alle Partien sehr schwierig sind und es nur wenige Streicher gibt, die beide Instrumente auf dem erforderlichen Niveau beherrschen. Die Wechselei innerhalb eines Stückes ist eine zusätzliche Schwierigkeit, die man nicht unterschätzen sollte.

LG, Mick
 
im Prinzip hast du Recht, aber in diesem Stück von Eisler spielen Violine und Viola in keiner der Variationen gleichzeitig - ebenso übrigens wie in Schönbergs Pierrot lunaire. Theoretisch kann der Geiger also zwischen Violine und Viola wechseln, dann braucht man tatsächlich nur fünf Musiker für eine Aufführung. In der Praxis beschäftigt man bei diesem Stück meistens doch sechs Leute, weil alle Partien sehr schwierig sind und es nur wenige Streicher gibt, die beide Instrumente auf dem erforderlichen Niveau beherrschen. Die Wechselei innerhalb eines Stückes ist eine zusätzliche Schwierigkeit, die man nicht unterschätzen sollte.
Genau richtig: Violine und Viola waren laut Partitur als Wechselinstrumente einem Spieler zugeordnet. Dass der Flötist auch Piccolo und der Klarinettist auch Bassklarinette spielen soll, ist hingegen nicht so ungewöhnlich. Es gab Zeiten, in denen der Violaspieler nicht wie heute als Spezialist für sein Instrument angesehen wurde und eigentlich immer "von der Geige herkam". In dieser Zeit entstanden vermutlich auch die ersten Bratscherwitze. In der Praxis ist diese Auffassung kompletter Unsinn: Sololiteratur und Kammermusik stellt längst absolut gleichwertig hohe Anforderungen an beide Instrumente und deren Spieler. Inzwischen hat sich in der Tat die Spezialisierung auf eines der Instrumente von Anfang an durchgesetzt - mit den Nebeninstrumenten der Bläser ist diese Praxis nicht vergleichbar. Zu den ersten Interpreten der frühen Jahre gehörte Rudolf Kolisch, der in der Tat beide Instrumente exzellent spielte und mit seinem Quartett alle Schönberg-Streichquartette in einer vom Komponisten autorisierten Einspielung aufnahm.

LG von Rheinkultur
 
Danke, @mick und @Rheinkultur für eure Erläuterungen. Je länger ich mich hier aufhalte, umso mehr wird mir schmerzhaft bewusst, wie wenig ich eigentlich weiß ...

Grüße, Jörg
 
Solche kompositorischen "Kniefälle" gibt es in seinem Lebenswerk gleich mehrere. Besonders fragwürdig ist eine 1976 uraufgeführte Jubelkantate "Gruß an die Partei" für Bass-Solo, Chor und Orchester, in der er Ausschnitte einer Honecker-Rede vertont hat. Besonders regen Gebrauch macht er vom Drei-Ton-Motiv Es - E - D, das trotz der frei dodekaphonischen Satzstruktur stets sehr präsent ist. Übrigens hat Heiner Müller das "Libretto" zusammengestellt, in dem so plastische Formulierungen vorkommen wie: "Der Imperialismus ist in der Defensive,
Der Fortschritt ist auf dem Vormarsch
Mit der Kraft des ganzen Volkes".

Es ist für freiheitsgebeutelte Wessis (zu denen ich auch zähle) leicht, sich über solche "Kniefälle" zu moquieren. In der DDR und in anderen Ostblockstaaten gab es für Künstler kaum private Entfaltungsmöglichkeiten. Maler, Schriftsteller und Komponisten waren vom Staat (= Auftraggeber und Abnehmer ihrer Arbeiten) abhängig. Sie pflegten dabei irgendwo zwischen den Extremen 'Anpassung' und 'Widerstand' hindurchzulavieren. Die Freiheit, in den Hauptwerken gegen die Doktrin des sozialistischen Realismus (Volkstümlichkeit, Parteilichkeit, permanenter Frohsinn) zu verstoßen, wurde mit doktrinkonformen Gelegenheitswerken erkauft.

Diese Ergebenheitsadressen an Staat und Partei wirken sehr uninspiriert. Das Lob auf die Partei löste offenbar keine Kreativitätsschübe aus - oder die Künstler haben sich ihre guten Einfälle für was Besseres aufgehoben. Bei manchen Sachen habe ich den Eindruck - auch bei Dessaus und Müllers "Gruß" -, daß die Stücke unter dem Deckmantel der Affirmation reine Verarschung sind. Parteibonzen sind idealerweise zu blöd, um das zu merken. Gerade bei Heiner Müller, der ein Punk avant la lettre war, sollte man vorsichtig sein; er hat die Technik der affirmativen Subversion wunderbar beherrscht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Diese Ergebenheitsadressen an Staat und Partei wirken sehr uninspiriert. Das Lob auf die Partei löste offenbar keine Kreativitätsschübe aus - oder die Künstler haben sich ihre guten Einfälle für was Besseres aufgehoben. Bei manchen Sachen habe ich den Eindruck - auch bei Dessaus und Müllers "Gruß" -, daß die Stücke unter dem Deckmantel der Affirmation reine Verarschung sind. Parteibonzen sind idealerweise zu blöd, um das zu merken. Gerade bei Heiner Müller, der ein Punk avant la lettre war, sollte man vorsichtig sein; er hat die Technik der affirmativen Subversion wunderbar beherrscht.
Ein brillantes Beispiel:



Parteibonzen, die so etwas toll fanden, waren möglicherweise nicht einfach blöd, sondern so verblendet und von Scheuklappendenken besessen, dass sie nicht zwischen den Zeilen lesen konnten, wenn denn dort wirklich etwas zu lesen gewesen wäre. Obwohl eine Überlegung tabubesetzt sein dürfte, sollte man sie nicht ganz verdrängen und sie mal als Frage formulieren: Sind solche Konstellationen und totalitären Strukturen nicht deshalb so allmächtig und allgegenwärtig geworden, weil gerade in der Konsolidierungsphase so viele freudig und enthusiastisch alles mitgemacht haben? Möglicherweise dank jener Personen, die hinterher behaupten, doch eigentlich immer gegen die verordnete Doktrin gewesen zu sein. Es gab sicherlich nicht nur Täter und nur Opfer, sondern unzählige Zwischenstufen zwischen diesen Extremen - also nicht nur "Gute" und nur "Schlechte"... .

Muss los zum Chorauftritt. Wenn im Laufe des Tages keine Lösungsvorschläge eintreffen, werde ich ein paar ergänzende Hilfen nachliefern.

LG von Rheinkultur
 
Wenn im Laufe des Tages keine Lösungsvorschläge eintreffen, werde ich ein paar ergänzende Hilfen nachliefern.
Offensichtlich ist das noch nicht gelöste Rätsel doch schwerer als gedacht - oder mick will nicht zugeben, dass er die Lösung schon längst kennt.

Das letzte Werk des kurz zuvor verstorbenen Komponisten-Kollegen ist keinem Musiker gewidmet und enthält ein ausführliches Zitat aus einem Werk "finalen" Charakters aus der Feder eines lange vorher verstorbenen anderen Komponisten. Ein weiterer Komponist zitierte dasselbe Werk am Ende seiner letzten Komposition und setzte daraufhin seinem Leben seinerseits ein Ende.

Mit einem weiteren Rätsel Lösungshilfen geben - naja, vielleicht hilft es weiter.

LG von Rheinkultur
 

Dann meinst Du vermutlich Vogels "Epitaffio per Alban Berg", Bergs Violinkonzert, den Choral "Es ist genug" in Bachs Aussetzung und Zimmermanns "Ich wandte mich und sah an alles Unrecht, das geschah unter der Sonne"?

Bergs Violinkonzert ist Manon Gropius ("dem Andenken eines Engels") gewidmet, der Tochter des Architekten Walter Gropius - aus dessen unglücklicher Verbindung mit Alma Mahler-Gropius-Werfel stammend.

HG, Gomez
 
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Dann meinst Du vermutlich Vogels "Epitaffio per Alban Berg", Bergs Violinkonzert, den Choral "Es ist genug" in Bachs Aussetzung und Zimmermanns "Ich wandte mich und sah an alles Unrecht, das geschah unter der Sonne"?

Bergs Violinkonzert ist Manon Gropius ("dem Andenken eines Engels") gewidmet, der Tochter des Architekten Walter Gropius - aus dessen unglücklicher Verbindung mit Alma Mahler-Gropius-Werfel stammend.

HG, Gomez
Alles perfekt auf den Punkt gebracht! Der Bach-Choral beschließt das vorliegende Werk:



Vogels Grabschrift zum Anhören:



Gomez macht weiter, wenn er möchte.

LG von Rheinkultur
 
Ich mach's einfach: Gesucht wird das Werk einer Komponistin, das thematisch direkt an Wladimir Vogel anschließt.
 
War wohl etwas schlampig formuliert - also: Gesucht wird das Werk einer Komponistin, das inhaltlich direkt an den 'Epitaffio' anschließt.
 
Njet? Eine Russin?

Es ist nicht so meine Musik aber man sollte ja für alles offen sein.

Ein Versuch: Galina Iwanowna Ustwolskaja, Sonate Nr. 2 oder 3?
 
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