Sie dient eigentlich nur dazu, dass der Schüler (vorher ungläubig ob der eigenen Fähigkeit, mit unterschiedlicher Dynamik spielen zu können) merkt: aha, das geht! Wenn ich schon soooo leise begleiten kann, dass gar kein Ton herauskommt, ist es kein Problem, mit etwas Klang zu spielen.
@Musikanna ...der einzige Vorteil, den ich in diesem Unsinn sehen kann ist der, dass man bei tonlosem (stummem) spielen falsche Töne nicht hören muss
- - mag sein, dass mancher anfangs infolge motorischer Ungeschicklichkeit erst mal drastisch erfahren muss, dass kein Ton aus dem Klavier kommt, wenn man die Taste zu langsam oder zu wenig bewegt -
das hat aber mit der eigentlichen Frage nach "einzeln üben oder nicht" erstmal kaum was zu tun!
Nebenbei wird diese "Übung" komische Ergebnisse erzielen, wenn unterschiedliche Dynamik in einer Hand erforderlich ist (und das ist schon bei manchen Anfängerstücken, sollen sie gut klingen, nötig) - bevor jetzt in ggf gar pampigem Tonfall Widerworte kommen: Feinberg, Werner, Kratzert & Marek nachlesen (da wird sogar grafisch (!) gezeigt, wie das geht - ohne stumme Töne)
_____________________
(cum grano salis) je weniger fortgeschritten jemand ist, umso mehr einzeln (einhändig) üben wird nötig sein, schon allein um peu a peu die gebräuchlichen Bewegungsmuster (Arpeggien, Albertifiguren usw.) überhaupt erstmal zu erlernen; und natürlich auch, weil anfangs der Überblick noch fehlt (insofern ist für Anfänger einhändiges erarbeiten von Akkordfolgen kein no go)
Je fortgeschrittener es dann wird, umso mehr kann gleich mit beiden Händen geübt werden - ausgenommen Abschnitte, die offensichtlich schon allein für eine Hand zunächst unübersichtlich oder "schwierig" sind: z.B. die kleingestochenen Passagen im Des-Dur Nocturne von Chopin.
=> dass freilich möglichst rasch das einhändige üben isolierter schwieriger Abschnitte klanglich gestützt werden soll (z.B. wenigstens die Bässe mit der l.H. mitspielen, oder einfach akkordisch die Harmonien, falls die Problemstelle in der r.H. ist) sollte selbstverständlich sein (((und wer das erwähnte Nocturne angehen kann, sollte Grundlagen wie pp-ff und klangliches diferenzieren schon drauf haben!!)))
Weil aber das einzeln üben anscheinend eher als verpönt angesehen wird, schauen wir´s uns mal bei
ein paar sehr fortgeschrittenen Sachen an, und zwar bei solchen, die niemand ohne einzeln erarbeiten (!) hinkriegen kann:
Skrjabin op.8 Nr. 2 und Nr.4
beide Etüden sind nicht gerade leicht, aber auch nicht unüberwindlich schwierig; hier muss infolge des polyrhythmischen Klaviersatzes erst jede Hand einzeln ins Tempo gebracht werden, um dann gleich im Tempo alles zusammen zu spielen -
langsam mit beiden Händen beginnen ist hier nicht nur kontraproduktiv, sondern sogar nahezu unmöglich (sinnlos ohnehin)
Trotzdem kann und soll beim üben z.B. nur der r.H. mit der l.H. entweder der Bass oder die Harmonie (als Akkord) mitgespielt werden
Skrjabin op.8 Nr.12
(natürlich kriegt kein 2-4 Jahre Anfänger so eine Etüde vorgesetzt, sondern man kann sich darauf verlassen, dass diejenigen, die das erarbeiten sollen, schon genug Erfahrung mit diversen Konzertetüden haben usw) Hier kann man sehr langsam gleich mit beiden Händen spielen, um Bewegungsverläufe en Detail unter die Lupe zu nehmen; trotzdem ist es ratsam, die exotische l.H. allein zu üben (und zwar bis zu den Repetitionen)
Wagner/Liszt Tannhäuser
(das Notenbeispiel ist eigentlich leicht verständlich: die l.H. spielt das Choralthema akkordisch, die r.H. imitiert pianistisch die flirrenden Streicher) speziell dieser Abschnitt muss von jedem einzeln geübt und hierbei ins Tempo gebracht werden, ja auch die scheinbar leichte l.H.. Halbe = 80 ist gefordert, und das ist verdammt schnell: die 16tel müssen trainiert werden, damit sie dann ungehindert herumrieseln können. ABER ebenso muss die l.H. internalisiert werden, damit kein verpatztes Durcheinander wegen der weiten Arpeggien entsteht (die müssen jeweils vor der Zählzeit einsetzen und dürfen die r.H. nicht durcheinander bringen)
Nebenbei: das folgende Notenbeispiel aus derselben Transkription übt niemand, nicht mal beim allerersten durchprobieren, einzeln:
warum? fortgeschrittene Spieler haben mit Skalen keine Probleme, und die l.H. ist übersichtlich und einfach; danach beim precipitato (das übrigens sauschwer ist!) wird auch nicht einzeln geübt, sondern die versetzten Oktaven werden ohne Choralakkorde trainiert.
...jaja blablubb... jetzt könnte man sagen "mimimi was hat denn der Anfänger von so schwierigen Notenbeispielen?" und zeigt damit, dass man nicht begriffen hat, worum es ging und dass man auch nicht begriffen hat, was erläutert/illustriert wurde
Wo es nicht gleich zusammen geht, da wird natürlich einzeln geübt! Und wie man sieht, kommt das auch auf technisch hohem bis höchstem Niveau vor.
Der relative Anfänger, der jetzt erstmals z.B. Chopins posthumes cis-Moll Nocturne oder das Regentropfenprelude angehen soll/darf, der steht vor diesen beiden Stücken ähnlich da wie der sehr fortgeschrittene, der etwa die beiden polyrhythmischen Skrjabinetüden lernen soll.
-- der fortgeschrittene hat seine Hausaufgaben längst gemacht, überschaut die harmonischen Zusammenhänge (früher Skrjabin ist kein Kadenz-ABC mehr...) und hat die Basics (differenzieren, Pedal, elastische Bewegungsweisen etc) drauf, stochert also nicht buchstabierend im Notentext herum, sondern übt sinnvoll (s.o.)
-- der noch nicht so forteschrittene mit cis-Moll Nocturne & Regentropfenprelude sollte eigentlich für sein Niveau nötige Basics (Klangkontrolle, notenlesen, Grundzüge der Harmonielehre, differenzieren, sicheres nachgetretenes Pedal)*) ebenfalls drauf haben**) ebenfalls drauf haben, und dann nicht alles einzeln buchstabieren, sondern den harmonischen Verlauf erkennen und alles übersichtliche gleich mit beiden Händen spielen; ABER die speziellen Schwierigkeiten, z.B. die Skalen am Ende des Nocturnes oder die akzentuierten Töne innerhalb der Oktaven im Prelude sollte er einzeln erarbeiten.
Eigentlich alles ganz selbstverständlich!
_____________
*) ...klar... ein Exemplar der Gattung
ääääh männo Harmonielehre is was für Nerds voll uncool so´n Scheiss mach ich nich wird halt von Ton zu Ton herumstochern und ... niemandes Ohren große Freude bereiten...
**) denn wenn nicht, dann war der vorangegangene Unterricht entweder nutzlos oder schlecht und die vertane Zeit damit war (und ist) eine Zumutung für die Ohren...