Und wenn sie irgendwo falsch geschrieben stehen, springt das sofort ins Auge. So wie in der verlinkten Ausgabe der letzte Akkord in Takt 7, bei dem es eine hässliche Leittonverdoppelung gibt, die obendrein zu einer nachschlagenden Oktavparallele führt. Ein klarer Stimmführungsfehler, den Chopin so ganz sicher nicht geschrieben hat. Der kannte die Theorie nämlich auch.
Richtig!
In dieser Ausgabe ist es entsprechend notiert (immer Urtext nehmen)!
Was das Auswendig spielen angeht:
ich mache keinen Unterschied zwischen Üben und Auswendig lernen. Denn zum Üben gehört das Verstehen und Erfahren der Strukturen unbedingt dazu und wenn man so übt, dass man das Stück musikalisch durchdringt, lernt man es "inwendig" und, wenn man will, auch recht schnell auswendig kennen.
Ich habe gerade wenig Zeit, deshalb nur ein paar Hinweise:
a) wenn man die Melodie mit rechts spielt und auswendig lernen will, kann man versuchen, sie zu singen (vielleicht erstmal 4 Takte) und dann auch von anderen Tönen aus spielen (transponieren). Das ist auch sonst sinnvoll.
Man kann sie mit rechts, aber auch mal mit links oder zusammen unisono spielen, mal laut, mal leise, mal zart, mal leidenschaftlich oder sogar zornig.
Durch diese Variationen wird das Üben dieser 4 Takte der Melodie nicht langweilig, aber man wiederholt sie oft und erlebt sie aus immer anderen Perspektiven. Dann sollte das Auswendig lernen nicht so schwer sein - man muss sie ja auch nicht
sofort auswendig können.
Als sehr sinnvolle weitere Hilfe ist natürlich das Verständnis der Intervalle und Richtung der Melodie. Transponieren hilft da wie gesagt weiter, aber auch eine genaue Analyse (auftaktiger Beginn mit Quartsprung nach oben, dann Sekundschritte aufwärts ....). Durch Klatschen, Zählen etc. kann man sich die Melodie auch rhythmisch gut merken.
Nach diesen 4 Takten merkt man, dass die nächsten Takte fast genauso anfangen (ohne Auftakt) und nur ein bisschen anders enden. Da muss man sich nur die Änderungen merken.
Um ein differenziertes Klangbild zu erreichen, lohnt es sich, diesen Walzer stimmenweise zu üben. Wir haben drei Klangschichten, die jede eine andere Dynamik haben:
a) einmal die Melodie, die Chefin der Truppe, die entsprechend am Wichtigsten und im mf-Bereich angesiedelt ist.
b) die Bässe auf den Taktschwerpunkten (Einsen), die das Fundament bilden und etwa im piano-Bereich gespielt werden.
c) die innenliegenden Akkorde, die die Bässe und die Melodie färben, aber sehr leise im pp gespielt werden müssen, damit sie im Dreierpack nicht die Melodie überlagern.
Diese dynamischen Angaben sind nur als grobe Richtung zu verstehen - natürlich wird jede Klangschicht in sich noch einmal fein dynamisch differenziert.
Diese Struktur des Stücks wird nun musikalisch und klanglich durch das stimmenweise Üben hörbar gemacht. Dabei muss man sich auch nicht zuviel merken und kann es leichter auswendig lernen.
Nachdem also nun die Melodie wie oben geübt worden ist, kann man mal nur die Bässe spielen. Sie sollen wie Glocken klingen (Armeinsatz!) und lassen sich in den ersten vier Takten leicht merken, denn es geht immer eine Quarte nach oben.
Nun Melodie + Bass: auch das wird nach einiger Zeit auswendig gehen. Man muss ja auch nicht gleich das ganze Stück auswendig können - sich vorzunehmen, Teil AA (s. Stephan), also die ersten 16 Takte auswendig zu können, kann schon ein gut erreichbares und motivierendes Ziel sein.
Als nächsten Schritt kann man nur die linke Hand, also Bass + Akkorde, spielen. Üben kann man das u.a., indem man die Töne eines Taktes der linken Hand alle gleichzeitig, also den Bass mit links, die Akkorde mit rechts gleichzeitig spielt. So hört man die Harmonien besser, versteht, dass sie in Beziehungen von Spannung und Entspannung stehen und analysiert im besten Fall, was man da vor sich hat (1 Takt a-moll = Tonika; 2. Takt d-moll = Subdominante.....). Anschließend spielt man wie notiert alles mit links.
Später kann man dann alles zusammen spielen.
Durch eine solche Herangehensweise werden viele Hirnbereiche angesprochen, man variiert und übt auf vielfältige Weise, man mutet sich nicht zu viele Informationen auf einmal zu. Dadurch lernt man das Stück musikalisch zu verstehen, in seinen Strukturen zu hören und technisch umzusetzen. Dabei lernt man es es nicht nur in-, sondern auch auswendig. Wenn man will.
Nach ein paar Tagen sollten zumindest die ersten 8 Takte auswendig gelernt sein. Dann ist es sehr hilfreich, auswendig zu üben und die Noten aufs Klavier oder den Flügel (Notenpult runter) zu legen. Ab und an sollte man sich immer vergewissern, dass man richtig spielt oder sich die Noten nochmal auf dem Sofa anschauen.
Liebe Grüße und viel Erfolg!
chiarina