Eigenkompositionen - Piano Reflections

Hallo, Klavier-Reflektierer,
vorweg zwei (mir) wichtige Rückmeldungen zu Deiner Arbeit:
Ein nächster Schritt wäre, dass du deine Ideen in eine Form gießt. Versuche doch mal, noch stärker mit den elementaren Formkriterien Wiederholung, Variation und Gegensatz zu experimentieren.
Du gehst aber gut mit Harmonien um und findest meiner Meinung nach einen guten Weg außerhalb von
1. "allen gefallen wollen mit billigen, minimal variierten Dreiklangsfolgen" und
2."künstlich, möglichst so schräg wie möglich sein" und machst auch nicht
3. auf klischeemäßigen Berliner Hipster, der die im Endeffekt genau so abgedroschenen wie 1. immer gleichen 2-3 Jazzharmonien verwendet.

Wenn dann noch etwas mehr erkennbar ist, wird es nochmal deutlich aufgewertet.
Ich schließe mich den Vorrednern an. Problem bei der Sache: Es geht nicht darum, Dir etwas zu oktroyieren, was Du vielleicht rigoros ablehnst: Komposition. Wenn ich trotzdem versuche, Dir einen anderen Umgang mit dem Tonmaterial als den rein Improvsatorischen nahezulegen, dann aus dem einfachen Grund, weil Du dafür geeignet bist.

Was spricht gegen Improvisation? Garnix. Du kannst gern noch 50 oder 100 Stücke dieser Art mit hübschen Titeln und gemeinfreien Bildern, GIFS und Filmchen raufladen... aber irgendwann ähneln sich die Titel und der musikalische Inhalt doch zu sehr. Der kompositorische Umgang mit Deinem Material böte Dir die Möglichkeit, Deine Musik stärker zu individualisieren. Das wäre das erste Argument für eine Erweiterung Deiner Arbeitsstils. Argument Nr. 2: Es besteht schon jetzt das Paradox, daß Du Deine improvisierten Stücke als in sich abgeschlossene Audio-Dateien präsentierst. Wir Hörer nehmen sie als Kompositionen wahr, ein Eindruck, den Du durch Titelgebung plus atmosphärische Bebilderung noch verstärkst. Aber wenn dem so ist, kannst Du auch gleich Dein improvisiertes Material reflektierend durchdringen, und das wäre der erste Schritt zur Komposition.

Ein erster Schritt wäre, wenn Du mal ein paar Deiner Stücke (was Dir gerade als das Beste erscheint) zu notieren versuchst. In notierter Form hast Du die Architektur Deiner Musik vor Augen. Da erkennst Du bessere Möglichkeiten zur Kontrastbildung: Spannungsaufbau bzw. -reduktion. Du siehst auch Stärken und Schwächen Deiner musikalischen Einfälle, wobei "Schwächen" heißt: zu klischiert, Deiner unwürdig - oder auch: verbesserungswürdig, das in dem Einfall noch ungenutzte Potential ausschöpfend.

Ein anderer Schritt wäre der normale, Dir vielleicht fragwürdig erscheinende: die Arbeit mit Themen, Melodien und Begleitung, daraus folgend das Songschema (Strophe/Refrain) oder die dreiteilige Liedform (A-B-A'), wobei es das ' schon in sich hat, weil es die Kunst der Verfremdung, Variantenbildung oder gedanklichen Weiterführung lehrt.

Ob das mit Deinem You Tube-Kanalmotto ("Music is not to hear, it is to feel") kollidiert?

Ich wünsche Dir viel Wagemut bei dem Versuch, Dir das vielleicht Ungewohnte zu erlauben.

Was mich betrifft, ich gehe jetzt in die Osternacht.

Herzliche Grüße
Gomez
 
Ich schließe mich den Vorrednern an. Problem bei der Sache: Es geht nicht darum, Dir etwas zu oktroyieren, was Du vielleicht rigoros ablehnst: Komposition. Wenn ich trotzdem versuche, Dir einen anderen Umgang mit dem Tonmaterial als den rein Improvsatorischen nahezulegen, dann aus dem einfachen Grund, weil Du dafür geeignet bist.

Vielen Dank für Deinen wertschätzenden Beitrag und die Anregung, etwas auf das Papier zu bringen! Ich hatte viel zu tun und leider überhaupt keine Zeit für meine Hobbys, deshalb reagiere ich erst jetzt. Ich werde es versuchen, nur ich weiß nicht wie ich die Noten aus meinen Dateien bekomme. Zumindest den Anfang eines Stückes hätte ich gerne notiert. Den Rest würde ichdann sicher mit dem Ohr und vor dem Piano modifizierend ergänzen.

Die Dateien liegen als Audacity-Files vor, z. B:
Datei von filehorst.de laden

Kennt jemand eine Software, die das in Noten übersetzen kann?
 
Ich werde es versuchen, nur ich weiß nicht wie ich die Noten aus meinen Dateien bekomme. Zumindest den Anfang eines Stückes hätte ich gerne notiert. Den Rest würde ichdann sicher mit dem Ohr und vor dem Piano modifizierend ergänzen.
Stell dir Notenpapier und Schreibwerkzeuge an die Tasten.
Dann kannst du etwas interessantes direkt notieren, solange es noch frisch ist.

Ich habe hier haufenweise Notenzettel rumliegen, die nur mit "Idee" oder so betitelt sind, und nur ein oder zwei Phrasen umfassen. Dieses Material nutze ich immer wieder, und ich kann zu Beginn einer Improvisation nie genau sagen, was ich da heute draus machen werde.
Wenn das mit dem Aufschreiben noch lange dauert, dann mach dir da keine Sorgen ... das wird mit der Zeit immer besser werden, sobald du dich dran gewöhnt hast, Ideen kurz zu skizzieren, bevor du mit ihnen weiter arbeitest. Noten schnell und sicher zu schreiben braucht halt einfach ein bisschen Übung.

Ansonsten wurde hier eigentlich schon alles gesagt.
Mehr Form würde deiner Musik nicht schaden.
Mir persönlich haben manchmal etwas lebhaftere Passagen gefehlt. Durch die würde auch die Wirkung der langsamen, beinahe sparsamen Pasagen etwas verstärkt.
Eventuell hilft dir da ein beinahe philosophischer Gedanke. Das "Nichts" ist erst durch das "Sein" wirklich wahrnehmbar, Schatten braucht Licht.
Es hat schon jemand auf Gegensätze hingewiesen, mit denen du mehr arbeiten solltest. Ich habe das so interpretiert, dass die langsamen, melancholische Passagen durch etwas lebhaftere Zwischenspiele aufgelockert werden könnten. Im Anschluss an obigen philosophioschen Gedanken ... so richtig melancholisch wirkt es nur, wenn es nicht die ganze Zeit melancholisch bleibt.
Licht und Schatten eben.

Wiederholungen bieten dazu die Möglichkeit ... andere Dynamikkurve, lebhaftere Begleitung, eventuell ein paar Extratöne in der Melodie eventuell auch mal eine neue Tonart ... die Möglichkeiten sind nicht unbegrenzt, aber da geht einiges.
Dann verlässt du auch langsam den Bereich des Improvisierens, und kommst zum Komponieren.
Lass dir auf jeden Fall die Zeit, die du eben brauchst ... sowas kann man eh nicht erzwingen.
 
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@PianoReflections

Ich sage mal nichts zur musikalischen/pianistischen Qualität Deiner Einspielungen, da kennen sich andere besser aus.

Zum Sound: Ich weiß nicht, auf welchem Instrument Du die Aufnahmen machst? Vielleicht liege ich daneben, meine Vermutung ist die: Es ist ein Digitalpiano der oberen Mittelklasse, das gesampelte Konzertflügel-Sounds verwendet. Der Grund-Klang ist gut!

Was aber fast gar nicht vorhanden ist, sind Seitenresonanzen, Pedalgeräusche, Obertonreichtum. Selbst wenn Du pedalisierst, klingt es trotzdem alles ziemlich "trocken".

So verschenkst Du viel an klaviertypischem Klangpotenzial, gerade bei den schräg/scary/dark/romantic Nummern.

Auf einem akustischen Instrument würdest Du das automatisch/intuitiv anders machen und es würde "reicher" , "saftiger" und nuancierter klingen.

Deshalb musst Du Dir nicht gleich einen Konzertflügel und sündhaft teure Mikrophone kaufen.

Seitenresonanzen etc. kann man bei den meisten besseren Digitalpianos dazu mischen, das wäre ein Anfang.

Wenn man Deinen Sound mit Hall, Raumklang und Equalizer nachbearbeitet, geht da auch einiges (freie Software hierfür gibt es zu Hauf). Man muss nicht Toningenieur sein um da relevante Verbesserungen zu erzielen.

Und Du könntest auf ein zeitgemäßes Software-Piano upgraden, das Dir einen realistischeren Basissound liefert (Pianoteq z.B. oder eine Sample-Libary).

Dadurch hätte Dein Spiel vermutlich nochmal deutlich mehr Wirkung.

Aber vielleicht warst Du für Deine Aufnahmen auch in einem Studio mit Steinway-Flügel...

LG

TJ
 
Stell dir Notenpapier und Schreibwerkzeuge an die Tasten.
Dann kannst du etwas interessantes direkt notieren, solange es noch frisch ist.
Das mache ich! Ich muss mir nur erst das Papier besorgen und die Zeit frei nehmen..
Mehr Form würde deiner Musik nicht schaden.
Mir persönlich haben manchmal etwas lebhaftere Passagen gefehlt. Durch die würde auch die Wirkung der langsamen, beinahe sparsamen Pasagen etwas verstärkt.
Eventuell hilft dir da ein beinahe philosophischer Gedanke. Das "Nichts" ist erst durch das "Sein" wirklich wahrnehmbar, Schatten braucht Licht.
Es hat schon jemand auf Gegensätze hingewiesen, mit denen du mehr arbeiten solltest. Ich habe das so interpretiert, dass die langsamen, melancholische Passagen durch etwas lebhaftere Zwischenspiele aufgelockert werden könnten. Im Anschluss an obigen philosophioschen Gedanken ... so richtig melancholisch wirkt es nur, wenn es nicht die ganze Zeit melancholisch bleibt.
Licht und Schatten eben.
Das sind auch wertvolle Tipps, die ich dann versuchen werde zu berücksichtigen, vielen Dank!
Zum Sound: Ich weiß nicht, auf welchem Instrument Du die Aufnahmen machst? Vielleicht liege ich daneben, meine Vermutung ist die: Es ist ein Digitalpiano der oberen Mittelklasse, das gesampelte Konzertflügel-Sounds verwendet. Der Grund-Klang ist gut!

Was aber fast gar nicht vorhanden ist, sind Seitenresonanzen, Pedalgeräusche, Obertonreichtum. Selbst wenn Du pedalisierst, klingt es trotzdem alles ziemlich "trocken".
Es ist ein Roland FP 30. Die Qualität kann ich nicht bewerten. Ich bin sehr unzufrieden, weil ich auf einem echten Instrument gelernt habe und mir auf dem Roland FP 30 über die Zeit wahrscheinlich viel Mist angewöhnt habe. Sobald es die Wohnsituation zulässt, wird ein richtiges Instrument angeschafft.
 
Das mache ich! Ich muss mir nur erst das Papier besorgen und die Zeit frei nehmen..

Das sind auch wertvolle Tipps, die ich dann versuchen werde zu berücksichtigen, vielen Dank!

Es ist ein Roland FP 30. Die Qualität kann ich nicht bewerten. Ich bin sehr unzufrieden, weil ich auf einem echten Instrument gelernt habe und mir auf dem Roland FP 30 über die Zeit wahrscheinlich viel Mist angewöhnt habe. Sobald es die Wohnsituation zulässt, wird ein richtiges Instrument angeschafft.
... bis die Wohnsituation es zulässt zulässt, empfehle ich Dir dringend Pianoteq oder ein anderes Software-Piano. Denn, wenn es besser klingt und sich realistischer spielt, dann spielst Du auch besser und lernst, den Klang besser zu steuern. Das wäre ein signifikantes Upgrade und ist kostenmäßig ziemlich überschaubar. In die Klangbearbeitung muss man sich ein bisschen reinfuchsen, aber der Aufwand lohnt sich. Wäre für Dich vielleicht sinnvoller als 17 weitere Einspielungen, die alle sehr nett, aber eben auch sehr ähnlich und zu trocken klingen.
 

Ich wünsche Dir viel Wagemut bei dem Versuch, Dir das vielleicht Ungewohnte zu erlauben.

Vielen Dank an alle Rückmeldungen. Deine Rückmeldung hat mich motiviert, etwas auf das Papier zu bringen. Ich hatte wenig Zeit für mein Hobby, deshalb reagiere ich erst jetzt.

Den Kanal habe ich aufgegeben und einen ersten Versuch gestartet und etwas komponiert. Ich habe es im entsprechenden Bereich gepostet.


Damit Du hörst, was ich bzgl. Seitenresonanzen, Pedalgeräusche, Obertonreichtum meine, hier von mir unausgereiftes Geklimper. Ist auch über eine Roland-Tastatur gespielt mit einem Softwarepiano (Pianoteq). Mein "Dark Piano Song" :015:

Das Ende fetzt doch. Dark finde ich es aber nicht, eher ein bisschen jazzig.
 
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